In Deutschland gelten rund 5,7 Millionen Menschen als pflegebedürftig. So sollte man doch meinen, dass diese hohe steigende Anzahl an Pflegebedürftigen ein Wahlthema wäre. Insbesondere unter dem Aspekt, dass die Pflegekassen ihre Pleite kundtun. Eine Pflegebedürftigkeit kann mit einem Pflegegrad und dem möglicherweise zugestandenem Pflegegeld zumindest finanziell ein wenig abgefedert werden. Pflege kostet Geld. Zum einen belastet es die Pflegekasse, das Gesundheitswesen und zum anderen schlagen diese Kosten bei den Pflegebedürftigen und deren Angehörigen existenziell zu buche. Das können Medikamente sein, die nicht mehr verschrieben werden oder die eigene Zuzahlung für ein Pflegeheim. Auch der ambulante Pflegedienst oder eine Haushaltshilfe zum Reinigen der Wohnung kosten Geld. Da ist das Pflegegeld schnell weg und mögliche Zuzahlungen müssen selbst geleistet werden.
Was sagen die Parteien?
Krankheit muss man sich leisten können. Die Mehrheit der Parteien sucht nach Lösungsansätzen für pflegende Angehörige, für die Pflegebedürftigen und den Pflegefachkräften. So wollen CDU/CSU, SPD, FDP, Grüne und Die Linke die professionelle ambulante Pflege stärken. Die AfD schreibt in ihrem Wahlprogramm, dass sie „die häusliche Pflege deutlich höher finanziell honorieren“ möchte – die Partei hat zum Thema Pflege, wie überhaupt zu allen Sozialthemen, nur schwammige Allgemeinplätze anzubieten. Die Linke steht hingegen für das Konzept einer Pflegevollversicherung: Sie soll alle pflegerischen Leistungen abdecken. Die Exorbitanten Zuzahlungen von 3000 Euro und mehr pro Monat würden dann entfallen. Dies würde auch die Kommunen entlasten, da diese für die Eigenanteile von Menschen aufkommen müssen, die diese nicht selbst bezahlen können. Auch SPD und Grüne sind theoretisch für die Pflegevollversicherung, haben sich innerhalb der Ampel jedoch kaum dafür starkgemacht. Die FDP lehnt diese ab und die CDU/CSU bleibt neutral.
Wer pflegt, kann oftmals nicht arbeiten. Die Mehrheit der Pflegebedürftigen wird zu Hause versorgt. Das sind immerhin vier von fünf. Für die pflegenden Angehörigen geht ein Teil der Rentenansprüche damit verloren. Mal abgesehen vom möglichen Verlust eines Lohnes durch eine Erwerbstätigkeit. Aus diesem Grund gibt es aus den Sozialverbänden den Vorschlag, Pflegezeiten mit Ersatzleistungen für entgangenes Arbeitsentgelt auszugleichen. Die Höhe soll dem Elterngeld entsprechen. Die SPD, die Grünen und Die Linke finden das gut. Die CDU/CSU und die FDP haben eine neutrale bzw. keine Meinung dazu. Anzumerken ist, dass das Pflegeunterstützungsgeld ausgeweitet wurde. Seit 2023 können zehn Tage kurzfristige Freistellung beim Arbeitgeber in Anspruch genommen werden. Die weiteren Empfehlungen von einem unabhängigen Bereit zur Entlastung von pflegenden Angehörigen und Lohnersatzleistungen wurden bereits 2022 an die Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) übergeben. Eine gesetzliche Umsetzung ist bis heute nicht geschehen.
Ähnlich sieht es bei der Forderung aus, dass die Rentenabsicherung der pflegenden Angehörigen verbessert werden soll. Nur Die Linke und die SPD stimmen dem zu. Die anderen Parteien haben entweder eine neutrale Meinung (CDU/CSU) oder keine. Wer pflegt, braucht auch mal Luft zum Durchatmen. Dafür gibt es Entlastungs- und Unterstützungsangebote. Das kann eine ambulante Tagespflege sein oder die Verhinderungspflege über die Pflegekasse. Diese Angebote sollen weiter ausgebaut werden. Zwar gibt es inzwischen, initiiert durch die Vorarbeit der vorherigen Regierung, mehr kommunale Förderprogramme, die jedoch durch regionale Versorgungslücken geprägt sind.
Wer in ein Pflegeheim kommt, zahlt erstmal kräftig drauf. Rund 3.000 Euro monatlich sind im ersten Jahr für einen Platz im Pflegeheim selbst zu zahlen. Diese reduzieren sich nach der Wohndauer und den steigenden Zuschlägen durch die soziale Pflegeversicherung. Trotzdem bleiben bei mehr als drei Jahren Pflegeheim durchschnittlich monatlich 1.800 Euro Selbstbehalt. Dazu kommen sehr starke regionale Unterschiede. In Sachsen-Anhalt ist der Durchschnitt um rund 1.000 Euro günstiger als im Saarland. Derzeit wird ein weiterer Preisdeckel durch das Gesundheitsministerium geprüft. Immerhin schaffte es die Ampel-Koalition, dass die Zuschläge ab 2024 erhöht wurden. Die CDU/CSU bleibt hier neutral; die anderen Parteien bewerten das positiv. Nur die FDP äußert keine Meinung.
Fachkräftemangel für die Pflege in der Politik
Viele Punkte, die für einige Parteien keine Punkte sind. Das kann natürlich am fehlenden Fachkräftemangel für die Pflege innerhalb der Parteien liegen oder das Thema interessiert sie einfach nicht. Zwar wollen fast alle Parteien eine bedarfsgerechte Personalausstattung bei angemessener Bezahlung, aber um diese zu finanzieren, lehnen die Konservativen und die Liberalen eine einheitliche Pflege-Bürgerversicherung ab. Das mag vielleicht daherkommen, dass beide Parteien die Gestaltung der Pflege nicht als eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sehen. Als Parteien lehnen sie eine größere Verantwortung für den Staat ab. Und wir damit erneut beim Punkt sind, das Pflege Geld kostet. Wer Geld hat, kann sich diese leisten. Wer kein oder wenig Geld hat, kann schauen wo sie oder er bleibt oder vegetiert dahin. Eine Alternative wäre die Einführung einer freiwilligen, paritätisch finanzierten Pflegevollsicherung zur vollen Übernahme der Pflegekosten. Zu den Vorschlägen, die durch eine Expertenkommission von 2024 mit unterschiedlichen Szenarien erstellt wurde, wurden bisher keine konkreten gesetzlichen Schritte eingeleitet. Im Fazit stelle ich fest, dass die „Fortschrittskoalition“ nur rund die Hälfte der versprochenen Pflege-Vorhaben umgesetzt hat. So versprachen sie mehr Unterstützung für pflegende Angehörige, eine gerechtere Finanzierung und eine bessere Versorgung vor Ort – doch die Umsetzung lässt auf sich warten. Nur Die Linke hat ein umfassendes Konzept für eine Pflegereform, die Menschen wirkungsvoll vor dem Armutsrisiko Pflege schützt. Zudem plant die Die Linke auch die deutlichsten Entlastungen für Pflegende Angehörige, die Geldleistungen, Rentenansprüche und Urlaubsansprüche erhalten sollen, wie in einem regulären Beschäftigungsverhältnis. Dies zeigt, dass Die Linke die Dimension der Herausforderungen in der Pflege als einzige Partei wirklich erkannt hat.
Eine Reform ist mehr als dringend notwendig. „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ – das gilt ebenso für Pflegebedürftige und deren Angehörigen, deren Rente für ein Pflegeheim oder für die Pflege zu Hause nicht reicht. Eine soziale Politik und deren Gesellschaft muss Alte und Kranke in Würde versorgen und begleiten.
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