Spahn, Merz, Pistorius – Die verdeckten Lobbynetzwerke der Konzerne

Mindestens 670 Lobbyist:innen im Berliner Regierungsviertel waren früher selbst Teil des politischen Apparats – oder sind es immer noch. Recherchen zeigen ihre Verbindungen bis in die Spitzen der Koalition: Ein Duzfreund von Verteidigungsminister Boris Pistorius verkauft Kampfdrohnen, ein Vertrauter von Unionsfraktionschef Jens Spahn lobbyiert für internationale Konzerne.

Von Lisa Wölfl, Tania Röttger und Martin Reyher

Wer die Zentrale des Rüstungs-Start-ups Stark Defence (SKD SE) aufsucht, steht vor einem wilhelminischen Bau im Berliner Regierungsviertel und vor einem Rätsel.

Französische Straße 12, beste Lobbylage, zum Bundestag sind es nur ein paar Gehminuten. Hier soll Stark seinen Sitz haben, so gibt es das Unternehmen jedenfalls im Handelsregister und im Lobbyregister an. Doch am Eingang fehlt jede Spur. Kein Logo, kein Klingelschild. Nur eine lange Liste am Briefkasten im Foyer weist Stark als Kunden eines Anbieters für Büros und virtuelle Geschäftsadressen aus. Spahn, Merz, Pistorius – Die verdeckten Lobbynetzwerke der Konzerne weiterlesen

Der Mindestlohn bleibt auch 2027 unter 15 Euro

Kampagne für den gesetzlichen Mindestlohn an der ver.di-Bundesverwaltung CC BY 2.0, barockschloss, via FlickrWieder einmal hat sich gezeigt, dass die Mindestlohnkommission eine Fehlkonstruktion ist und der SPD-Wahlkampfslogan: „Wir garantieren 15 Euro Mindestlohn“ die Wähler bewusst hinter die Fichte geführt hat.

Die paritätische Besetzung mit jeweils drei Personen von den Gewerkschaften und der Unternehmen spielt nur ein Verhandeln auf Augenhöhe vor, weil auf Seiten der Gewerkschaften im Gegensatz zu den Tarifauseinandersetzungen jegliches Druckmittel fehlt. So ist immer wieder bereits vorgezeichnet, dass die Gewerkschaftsseite den völlig unzureichenden Erhöhungen zustimmt, damit es überhaupt eine Verbesserung gibt. Aktuell fiel der Beschluss für die 13,90 Euro im kommenden Jahr und die 14,60 Euro für 2027 mal wieder einstimmig.

Dem DGB und der SPD bleiben in ihrer desaströsen Krisensituation nichts anderes übrig, als das Ergebnis der Mindestlohnkommission auch noch schönzureden.

Der folgende Beitrag befasst sich mit dem Koalitionsstreit um den gesetzlichen Mindestlohn zu Anfang des Jahres 2025. Der Mindestlohn bleibt auch 2027 unter 15 Euro weiterlesen

Ursachen der sozialpartnerschaftlichen Beschränktheit von Gewerkschaften und Arbeiterparteien – Wie kann diese Schranke zumindest teilweise überwunden werden?

Referat von Klaus Dallmer

Ich kenne keinen aktiven Gewerkschafter, der nicht gleichzeitig über die Führung schimpft und den mangelhaften Organisationsgrad beklagt.

Zwei Beispiele aus jüngster Zeit für die Anpassung:

  1. Die Mindestlohnkommission hat einstimmig, also mit den Stimmen der Gewerkschafter entschieden, unter den 15 Euro zu bleiben; die Gewerkschafter haben sich also in bester sozialpartnerschaftlicher Manier die Köpfe der Unternehmer zerbrochen. Und die SPD hat die Entscheidung sofort übernommen und damit ihr Wahlversprechen gebrochen.
  2. Was will Heidi Reichinnek im Kontrollausschuss für die Geheimdienste? Will sie die Geheimdienste des Klassengegners überwachen? Die würden ihr kaum die Wahrheit erzählen, und wenn, dann dürfte sie die Informationen nicht weitergeben, sonst bekäme sie ein Verfahren. Es geht also einzig um die Anerkennung der Partei im Parlamentsbetrieb.

Was sehen wir bei den Gewerkschaften?:
Zustimmung der Gewerkschaften zum Rüstungsprogramm, politische „Neutralität“; Streikmobilisierungen werden verschenkt, Mitgliederverwaltung und Dienstleistermentalität. Stattdessen brauchen wir die Gewerkschaften als soziale Bewegung mit klassenkämpferischer Politik und konsequenter Antikriegspolitik. Ursachen der sozialpartnerschaftlichen Beschränktheit von Gewerkschaften und Arbeiterparteien – Wie kann diese Schranke zumindest teilweise überwunden werden? weiterlesen

Internationale Münchner Friedenskonferenz verurteilt US-Sanktionen gegen UN-Sonderberichterstatterin Francesca Albanese

Die Internationale Münchner Friedenskonferenz verurteilt auf das Schärfste die Entscheidung der Vereinigten Staaten von Amerika, Sanktionen gegen Francesca Albanese, UN-Sonderberichterstatterin für die Menschenrechtssituation in den besetzten palästinensischen Gebieten, zu verhängen.

Diese Maßnahme erfolgte vor dem Hintergrund ihrer sachlich fundierten und mutigen Berichte, in denen sie deutlich die drohende Gefahr eines Völkermords sowie die schweren und systematischen Menschenrechtsverletzungen durch die israelischen Besatzungstruppen gegen das palästinensische Volk im belagerten Gazastreifen sowie im besetzten Westjordanland und in Jerusalem offenlegt.

Diese Entscheidung der USA stellt einen gefährlichen Präzedenzfall dar. Sie ist ein direkter und grober Eingriff in die Arbeit des Systems der Vereinten Nationen und eine eklatante Verletzung der Prinzipien des Völkerrechts, insbesondere der Charta der Vereinten Nationen, der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und der vier Genfer Konventionen von 1949. Die Maßnahme verstößt zudem klar gegen die Resolution 60/251 (2006) der Generalversammlung zur Einrichtung des UN-Menschenrechtsrates, welche die Unabhängigkeit der Mechanismen des Rates, einschließlich der Sonderberichterstatter:innen, sowie deren Schutz vor politischem Druck oder Erpressung festschreibt.

Frau Albanese wird nicht aufgrund von Fehlverhalten sanktioniert, sondern gerade wegen ihrer konsequenten und professionellen Arbeit im Einklang mit internationalen Menschenrechtsnormen. Internationale Münchner Friedenskonferenz verurteilt US-Sanktionen gegen UN-Sonderberichterstatterin Francesca Albanese weiterlesen

Was erwartete die 8,1 Millionen Menschen, die von 2000 bis 2022 nach Deutschland zugewandert sind – wie ist ihre sozio-ökonomische Situation?

Bild: scharf links.deZwischen den Jahren 2000 und 2022 sind 8,1 Millionen Menschen mit ausländischer Staatsbürgerschaft netto (Zuzüge abzüglich Abzüge) nach Deutschland zugewandert. Im gleichen Zeitraum haben netto 0,6 Millionen deutsche Staatsbürger das Land verlassen.

2022 machten eingewanderte Menschen rund 18 Prozent der deutschen Bevölkerung aus, weitere sechs Prozent waren direkte Nachkommen von ihnen. 40 Prozent der nach Deutschland Eingewanderten sind seit 2013 hinzugekommen. Sie waren mit einem Durchschnittsalter von knapp 30 Jahren deutlich jünger als die deutschen Staatsbürger ohne Einwanderungsgeschichte, dort liegt das Durchschnittsalter bei 47 Jahren.

In der Debatte um die Zuwanderung werden das Asylrecht, die Abwehr unwillkommener Menschen bzw. sogenannter Wirtschaftsflüchtlinge und die Behebung eines angeblichen Fachkräftemangels durch die Abwerbung qualifizierter Personen aus dem Ausland miteinander vermischt. So verschieden diese Fragen auch erscheinen, sie haben doch dieselben Ursachen.

Es ist ein Skandal, dass die zugewanderten Menschen nach fast 75 Jahren Einwanderungserfahrungen in Deutschland überwiegend am Rand der Gesellschaft existieren müssen und damit einer permanenten strukturellen Diskriminierung unterliegen. Was erwartete die 8,1 Millionen Menschen, die von 2000 bis 2022 nach Deutschland zugewandert sind – wie ist ihre sozio-ökonomische Situation? weiterlesen

Auch Energiekonzerne lassen sich vergesellschaften

Die Vergesellschaftung von Wohnraum ist längst in aller Munde. Ein neues Gutachten zeigt jetzt: Der aktuelle Rechtsrahmen erlaubt es auch, Energiekonzerne zu vergesellschaften und damit eine gerechte Energiewende voranzutreiben.

Von Justus Henze

Die Energiepolitik steht vor immensen Herausforderungen: Einerseits steigen die Energiekosten für Verbraucherinnen und Verbraucher – also für uns alle, die täglich Strom aus der Steckdose beziehen oder ihre Wohnung beheizen müssen. Haushalte zahlen aktuell rund ein Drittel mehr für Energie als noch vor vier Jahren. Darüber hinaus waren steigende Energiepreise einer der zentralen Treiber der Inflation der vergangenen Jahre.

Andererseits stockt der klimaneutrale Umbau, obwohl er gerade erst begonnen hat. Der Energiesektor steht vor einem immensen Investitionsbedarf – man denke nur an den Stromsektor, der nur einen Teil des gesamten Energiesektors ausmacht, perspektivisch aber den gesamten Energieverbrauch abdecken muss. Denn eine Alternative zur Elektrifizierung (insbesondere auch des Wärme- und des Verkehrssektors) gibt es nicht. Auch Energiekonzerne lassen sich vergesellschaften weiterlesen

Von der Industriepolizei zum Werkschutz – für hoheitliche Aufgaben und Militanz im Inneren

Im Jahr 1945, noch im Zuge der militärischen Eroberung, konnten die nazistischen Werkschutzkader nur knapp von den US-Truppen vor der Rache der freigelassenen Zwangsarbeiter gerettet werden. Nicht nur das, sie wurden von den US-Kommandeuren gleich wieder als Polizeischutztruppe gegen die Beschäftigten zur Unterdrückung von Aneignungsaktionen eingesetzt. Das war gut vorbereitet, denn seit Herbst 1945 wurden über die deutschen Polizeidienststellen Personen rekrutiert, für die Aufstandsbekämpfung ausgerüstet und ab 1946 dann ständig neue Einheiten der „Industriepolizei“ gebildet.

Als die Besatzungsmächte 1950/51 ihre „Industriepolizei“ wieder aus den Betrieben abzogen, wandten sich die SS-Traditionsverbände, Kameradschaften von NS-Elitetruppen und militärische Jugendverbände, wie der „Bund Deutscher Jugend“ (BDJ), an die Ruhrindustriellen, um ihnen qualifizierte Kader für die Verstärkung der vorübergehend geschwächten Werksicherheitsdienste anzudienen. In einem entsprechenden Schreiben war das Bundesinnenministerium als Bürge für die Zuverlässigkeit des BDJ angeführt worden. Diese Offerte zum Ausbau eines parlamentarisch nicht kontrollierten repressiven Apparates in den Betrieben ist von den Unternehmen gern angenommen worden.

Das war der Beginn einer Kette von Übergriffen in der Zusammenarbeit bei der Erledigung hoheitlicher Aufgaben von Werkschutz und staatlichen Institutionen in der Bundesrepublik Deutschland, begonnen mit dem Vorläufer des Werkschutzes, der Industriepolizei. Von der Industriepolizei zum Werkschutz – für hoheitliche Aufgaben und Militanz im Inneren weiterlesen

Wo ein Wille ist … – … ist kein Weg im Jobcenter

Von Inge Hannemann

Die Stimmungsmache durch konservative und rechte Parteien beeinflusst Jobcenter und Gesellschaft negativ. Sie führt zu Schuldzuweisungen an Erwerbslose und ignoriert den Mangel an Arbeitsplätzen. Die Diskriminierung von Bürgergeld-Beziehenden wird so wieder allgegenwärtig. Und so sind wir wieder da, wo wir vor der Agenda 2010 waren.

Aber nicht nur die Gesellschaft und Politik allgemein, auch die Jobcenter lassen sich von dieser Stimmung beeinflussen. Es wird auf die Schwächsten unserer Gesellschaft draufgehauen und sie als Schuldige ausgemacht. Dass es kaum Jobs für Studierte und Fachkräfte gibt, wird ignoriert. Dass es weniger Arbeitsstellen gibt als Erwerbslose, wird ebenfalls ignoriert. Dass Erwerbslose mit dem Stempel Bürgergeld im Vorfeld bereits durch die Arbeitgeber:innen aussortiert werden, wird nicht gesehen. Diese Aufzählung ist genauso alt, wie Hartz V. Dass Sanktionen kontraproduktiv sind, ist altbekannt. Und trotzdem fängt man wieder mit dem Alten an. Wo ein Wille ist … – … ist kein Weg im Jobcenter weiterlesen

IMI-Standpunkt: Die Wehrpflicht kommt – sehr schnell – „kein Gammeldienst“

Von Tobias Pflüger

Verteidigungsminister Boris Pistorius hat am 7. Juli zuerst ausgewählten Abgeordneten, dann ausgewählten Pressevertretern den Entwurf für das neue Wehrdienstgesetz vorgestellt, über den Spiegel Online berichtete (zur Quelle siehe unten). Der Gesetzentwurf – der mehr als 50 Seiten umfasst – soll Ende August ins Bundeskabinett kommen.

Inhaltlich soll es erstens eine verpflichtende Musterung für Männer ab 2027 geben. Im Gesetzentwurf heiße es, es gäbe „mit der für Männer verpflichtenden Bereitschaftserklärung und der Wiedereinführung der Musterung von vorneherein aber auch verpflichtende Elemente.“

Zweitens bleibt es dabei, dass alle jungen Menschen einen Fragebogen zugesandt bekommen sollen. Männer müssen, Frauen und andere dürfen den Fragebogen ausfüllen. Die Musterung soll in so genannten „assessment centers“ stattfinden. Ab 1.1.2026 müssen Männer nach Inkrafttreten des Gesetzes Fragebögen ausfüllen, Größe, Gewicht, Gesundheitszustand und Bildungsabschlüsse werden ebenso abgefragt wie „Interesse an einem Wehrdienst in der Bundeswehr“. Wer nach dem 31.12.2007 geboren wurde, wird angeschrieben. Pro Jahr sollen es nach Berechnung der Bundeswehr 300.000 junge Männer sein, die die Fragebögen ausfüllen müssen. Ab 2027 soll deshalb die Musterung wieder verpflichtend, aber ohne zwingenden Medizintest, geben. IMI-Standpunkt: Die Wehrpflicht kommt – sehr schnell – „kein Gammeldienst“ weiterlesen

Israels Krieg gegen Iran: Ein Lehrstück in Sachen Verteidigungsbereitschaft

Kein Staat verzichtet auf die Feststellung, dass er sich verteidigt, auch wenn er angreift. Hier eine Klarstellung zu den Legitimationen von Aufrüstung und Kriegsbereitschaft.

Von Suitbert Cechura

Das grenzenlose Aufrüstungsprogramm der Bundesregierung hat Bundeskanzler Friedrich Merz mit den Worten begründet: „Wir müssen uns verteidigen können, damit wir uns nicht verteidigen müssen.“ (https://www.tagesschau.de/inland/bundeskanzler-merz-erste-regierungserklaerung-100.html)

Verteidigungsbereitschaft bzw. -fähigkeit gilt ja – bis in die Kreise der arg gescholtenen „Manifest“-Autoren aus der SPD – als realpolitisch gebotenes und moralisch einwandfreies Unterfangen, ja geradezu als Gütesiegel demokratischer Herrschaften im Unterschied zu ihren autokratischen Kontrahenten.

Israel hat nun gezeigt, was es heißt, sich zu verteidigen. Es hat den Iran angegriffen – zu seiner eigenen Verteidigung, wie die gängige Rechtfertigung lautet. Menschen, die gewohnt sind, in moralischen Kategorien zu denken und zu urteilen, müssten jetzt eigentlich umdenken. Zudem könnten sie hier einige Aufklärung darüber erhalten, was das Versprechen des Kanzlers bedeutet, die Vorbereitung eines Verteidigungskrieges garantiere die Sicherheit der Bürger. Israels Krieg gegen Iran: Ein Lehrstück in Sachen Verteidigungsbereitschaft weiterlesen

Varoufakis im EU-Parlament: Europas Weg in den Krieg und der Ausweg

Von Yanis Varoufakis

Vor einem Jahr hätte ich diese Rede mit einem Lamento über die bis dahin unvorstellbare Umwandlung der Europäischen Union von einem Friedens- in ein Kriegsprojekt begonnen. Nicht so heute.

Im Laufe des letzten Jahres ist die Kriegstreiberei in das Gefüge der Union eingesickert, sie ist in jede Politik gesickert, sie hat alle Denkfabriken durchdrungen, die Europas vorherrschende Narrative und Glaubenssätze entwickeln.

Es macht daher keinen Sinn, heute zu beklagen, was jetzt eine Tatsache ist: Die EU ist jetzt ein vollwertiges Kriegsprojekt – ein Projekt, das uns entweder in einen permanenten Krieg führen oder uns weiter in den Bankrott treiben wird oder wahrscheinlich beides!

Europas militärischer Keynesianismus, so werde ich argumentieren, wird Europa garantiert unsicherer, ungleicher und schwächer machen.

Es bleiben nur zwei interessante Fragen:

Warum hat Europa diesen Weg eingeschlagen? Und, jetzt, da Europa diesen Weg des Krieges eingeschlagen hat, was ist unsere Pflicht gegenüber unserem Volk, gegenüber den Europäern, gegenüber dem Frieden? Lassen Sie mich ganz am Anfang beginnen. Varoufakis im EU-Parlament: Europas Weg in den Krieg und der Ausweg weiterlesen

Nach dem Ordentlichen Bundesparteitag – Der SPD zur Erinnerung: „Dem Karl Liebknecht haben wir’s geschworen…“

Bei vielen SPD-Mitgliedern schlug das wie ein Blitz aus heiterem Himmel ein, als Bundeskanzler Scholz am Sonntag, dem 27.02.2022 im Bundestag eine Zeitenwende verkündete. Damit meinte er eher eine politische 180-Grad-Wende: Deutschland will Waffen an die Ukraine liefern und unterstützt weiterhin harte Wirtschaftssanktionen gegen Russland. Vor allem aber kündigte Olaf Scholz an, ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Aufrüstung zu bilden, das im Grundgesetz verankert werden soll und wie schon lange von den USA gefordert, dauerhafte Rüstungsausgaben von über zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts pro Jahr bereitzustellen.

Besonders die älteren SPD-Mitglieder, das sind vielfach Menschen, die noch die Parteischulungen engagiert mitgemacht haben und die Parteigeschichte aus dem Effeff aufsagen können, wollten es nicht wahrhaben, was sie da hörten. Hatten sie doch sofort Kaiser Wilhelm vor Augen, der bei Kriegsbeginn 1914 keine Parteien mehr kannte, sondern nur noch Deutsche und erinnerten sich an den mutigen Karl Liebknecht, der als SPD-Reichstagsabgeordneter gegen die Kriegskredite stimmte und dafür in seinem weiteren kurzen Leben schlimm büßen musste. Nach dem Ordentlichen Bundesparteitag – Der SPD zur Erinnerung: „Dem Karl Liebknecht haben wir’s geschworen…“ weiterlesen

Hitlers Krieg gegen die Sowjetunion – Zugleich ein US-Stellvertreter-Krieg

Von Werner Rügemer

Die USA unterstützten die Sowjetunion gegen den Überfall der Hitler-Wehrmacht –  das ist weltweit bekannt. Aber zuvor waren die USA noch während des 1. Weltkriegs  gemeinsam mit den Alliierten und auch mit Deutschland gegen die Sowjetmacht in Russland eingefallen, hatten nach dem 1. Weltkrieg gegen die erstarkte Arbeiterbewegung alle faschistischen Diktatoren in Europa unterstützt, Mussolini, Salazar, Franco, in Asien auch Tschiang KaiShek. Dann hatten US-Konzerne, US-Leitmedien und Wall Street-Banken Hitler-Deutschland unterstützt, hatten die Hitler-Wehrmacht zur modernsten Armee ausgerüstet und hatten auch die deutsche Wehrmacht im 2. Weltkrieg beliefert, direkt wie indirekt, und über die Wall Street-geführte Bank for International Settlements (BIS, Switzerland) Hitler-Deutschland co-finanziert. So wurde der Krieg verlängert, forderte noch mehr Opfer – und wurde durch die US-Förderung zum bisher größten US-Stellvertreterkrieg, gegen den gemeinsamen Hauptfeind – zu dem die Sowjetunion sofort nach dem Krieg auch offiziell erklärt und weiter bekämpft wurde, auch weiter mithilfe der wichtigsten neuen US-Nachkriegsbastion in Europa, der Bundesrepublik Deutschland. Hitlers Krieg gegen die Sowjetunion – Zugleich ein US-Stellvertreter-Krieg weiterlesen

Rede am Veteranentag vor dem Berliner Reichstag am 15.06.2025 „Nieder mit dem Krieg – keine/r muss mehr töten lernen.“

Von Gisela Notz

In der Zeitung las ich schon vor vielen Jahren, dass deutsche Soldaten in Bosnien Krieg führen. In der Zeitung las ich, dass Radfahrer in den USA nicht nur Helme tragen, um bei Unfällen den Kopf zu schützen, sondern sich auch Gasmasken über das Gesicht ziehen, damit sie sich durch die Abgase der fahrenden oder im Stau stehenden Autos nicht vergiften. Abgebildet ist ein Radfahrer mit Gasmaske. Im Hintergrund steht ein kleines Mädchen. Das kleine Mädchen bin ich. Um den Bauch trägt es eine blaue Gürteltasche aus Segeltuch mit roten Lederpaspeln. Darin ist eine Gasmaske. Das Mädchen hat sie oft zu Hause zur Probe aufgesetzt, weil die ängstliche Großmutter das so wollte. Es geht zum Bunker, nicht weit vom Siedlungshäuschen. Unterwegs sieht es einen Mann, er hat eine Waschschüssel aus Emaille auf den Kopf gesetzt, aus Angst vor Bombenhagel. Die Nachbarin sagt, er tickt nicht richtig. Die Großmutter erklärt dem Mädchen, dass dies (leider) kein ausreichender Schutz sei. Nach „Kriegsende“ will das Mädchen die Gürteltaschen nicht tragen, obwohl sie so modern sind. Das Mädchen fährt ohne Helm Fahrrad, nie wieder will es eine Gasmaske tragen, und niemals wird es Männer verstehen, die sich Stahlhelme aufsetzen und in den Krieg ziehen.

Heute fragt sich eine alte Frau: Warum haben die Menschen nichts aus den Erfahrungen der beiden großen Weltkriege mit den vielen Verlusten gelernt? Warum herrscht – auch bei weiten Teilen der Feministinnen – die Ansicht vor, man könnte, indem man Bomben auf ein Land wirft, Konflikte lösen? Oder gar: das Volk vom Tyrannen befreien? In dem Aufruf „Frieden schaffen“, der aus der ‚Mitte der Gesellschaft‘ kommt, heißt es: „Die Welt darf nicht in einen neuen großen Krieg hineinschlittern. Die Welt braucht Frieden. Das Wichtigste ist, alles für einen schnellen Waffenstillstand zu tun, den russischen Angriffskrieg zu stoppen und den Weg zu Verhandlungen zu finden.“ Rede am Veteranentag vor dem Berliner Reichstag am 15.06.2025 „Nieder mit dem Krieg – keine/r muss mehr töten lernen.“ weiterlesen

Wahlen – eine Angelegenheit der Reichen? Grenzen der repräsentativen Demokratie bei der Kommunalwahl in einem „abgehängten“ Stadtteil

In Nordrhein-Westfalen werden am 14. September 2025 die kommunalen Vertretungen für 396 Städte und Gemeinden neu gewählt. Nach landläufiger Meinung ist in der repräsentativen Demokratie die Kommunalwahl die höchste Form der Partizipation für den einzelnen Bewohner in der Stadt oder Gemeinde.

Während die Wohlhabenden mitgestalten möchten und wählen gehen, koppeln sich die Ärmeren immer mehr ab, sie stellen den übergroßen Teil der Wahlverweigerer. Dementsprechend haben die reichen Teile der Gesellschaft deutlich mehr Einfluss auf die Zusammensetzung des Bundes- und Landtages und der Kommunalparlamente genommen als die ärmeren.

Die armen Menschen haben gute Gründe nicht zur Wahl zu gehen. Sie finden keine Partei mehr, die ihnen ein Angebot macht, niemand fragt sie nach ihren Interessen und keiner setzt sich für ihre Belange ein. Hinzu kommt, dass in den „Problemstadtteilen“ eine riesige Anzahl von Menschen erst gar nicht an dieser Demokratieveranstaltung teilnehmen darf.

So entsteht ein Kreislauf, der nur den konservativen und rechten Parteien nützt, die ganze Gesellschaft weiter nach rechts ausrichtet und den Menschen das parteipolitische Interesse raubt.

Am Beispiel der Dortmunder Nordstadt sollen die letzten Kommunalwahlen von 2020 einmal genauer betrachtet werden.

In dem statistischen Bezirk Innenstadt-Nord

  • lebten am Jahresende 2019 dort 59.604 Menschen, 27.739 von ihnen hatten einen deutschen Pass und 31.865 besaßen eine andere als die deutsche Staatsbürgerschaft. Von den EU-Bürgern einmal abgesehen, konnte fast die Hälfte der Gesamteinwohner der Nordstadt erst gar nicht an der Kommunalwahl teilnehmen,
  • hatten hier von den 31.255 Wahlberechtigten nur 7.663 Wähler ihre Stimme abgeben, das macht eine Wahlbeteiligung von nur 24,52 Prozent,
  • im Wahlbezirk 3 hatte der neu gewählte Ratsvertreter von den 9.983 abgegebenen Stimmen nur 650 erhalten, das reichte für einen Sitz im Rat der Stadt Dortmund, einer Stadt mit 600.000 Einwohnern

und

im Wahlkreis 3106 wurden den 919 Wahlberechtigten die Unterlagen zugesandt. 111 Menschen haben dort an der Wahl teilgenommen, das sind 12,08 Prozent.

Insgesamt gesehen hatten rund vier Fünftel aller Einwohner der Nordstadt mit der Zusammensetzung ihrer Vertretung rein gar nichts mehr zu tun oder wollten nichts damit zu tun haben. Wahlen – eine Angelegenheit der Reichen? Grenzen der repräsentativen Demokratie bei der Kommunalwahl in einem „abgehängten“ Stadtteil weiterlesen