Mindestlohn steigt 2025 wieder nur im Centbereich – wenn er denn überhaupt gezahlt wird

Zehn Jahre nach seiner Einführung verliert der Mindestlohn in Deutschland immer mehr an Bedeutung.

Zum Jahreswechsel 2024/25 trat die zweite Stufe der Mitte 2023 von der Mindestlohnkommission beschlossenen Anhebung der Lohnuntergrenze in Kraft.

Nach dem er zum 1. Januar 2024 auf 12,41 Euro gestiegen ist, ergibt sich ab dem 1. Januar 2025 eine weitere Erhöhung auf 12,82 Euro.

Wie schon im Vorjahr beträgt die Erhöhung bloß 41 Cent pro Arbeitsstunde auf jetzt 12,82 Euro. Dies bedeutet einen Zuwachs um 3,3 Prozent, während die Lohnuntergrenzen im EU-Durchschnitt laut dem WSI-Mindestlohnbericht angesichts hoher Inflationsraten um 9,7 Prozent angehoben wurden.

Für die Beschäftigten, die bei uns für den Mindestlohn tätig sind, bedeutet die Minianhebung ein weiteres Jahr mit sinkenden Reallöhnen. Schließlich lag die Teuerungsrate hierzulande 2023 bei 5,9 und im Jahr zuvor bei sieben Prozent, also jeweils deutlich über der in der Mindestlohnkommission beschlossenen Anhebung. Durchsetzbar war der von vielen Seiten kritisierte Beschluss lediglich, weil die Vertreter der Beschäftigten in der Kommission mit der Stimme der Vorsitzenden, Christiane Schönefeld, überstimmt worden waren.

Die Gewerkschaften sind darüber in Rage, wollten sie doch bei der letzten Festlegung eine Anhebung des Mindestlohns auf 13,50 Euro durchsetzen. Inwieweit die Aufregung ehrlich ist, darf angesichts ihrer mageren Tarifabschlüsse in den Jahren 2022 und 2023, Absprachen mit Regierung und Unternehmerschaft in der konzertierten Aktion und der Zulassung von Sonderzahlungen als Tarifverhandlungsergebnisse fraglich bleiben. Mindestlohn steigt 2025 wieder nur im Centbereich – wenn er denn überhaupt gezahlt wird weiterlesen

Rudolf Dressler – sozialer Mahner der SPD gestorben

Ein Fels in der Brandung, wenn es um die Verteidigung des Sozialstaats, ein unermüdlicher Schaffer, wenn es um dessen Ausbau zum Wohle der Arbeitnehmer ging – das war Rudolf Dressler, verstorben am 8. Januar, 84-jährig. Damit ist die SPD einen unermüdlichen Mahner losgeworden, die Sozialorganisationen einen leidenschaftlichen Unterstützer. Rudolf Dressler: ein Sozial-Demokrat in des Wortes verpflichtender Bedeutung. Deshalb verfasste Hermann Zoller keinen Nachruf, sondern einen Blick auf das konkrete Denken und Handeln von Rudolf Dressler – erstaunlich aktuelle Stellungnahmen.

Von Hermann Zoller

Geboren wird Rudolf Dressler am 17. November 1940 in Wuppertal-Sprockhövel, erlernt den Beruf des Schriftsetzers, wird freier Mitarbeiter mehrerer Zeitungen. Gewerkschaftliches Engagement ist eine Selbstverständlichkeit für ihn. Rudolf Dressler – sozialer Mahner der SPD gestorben weiterlesen

Die Familie als Tatort

In den Medien werden wahlweise die Sonnenallee und der dunkle Park zu No-go-Areas für Frauen erklärt. Tatsächlich erfahren Frauen Gewalt vor allem im sozialen Nahraum.

Von Giesela Notz

Das Entsetzen über die soeben erschienenen Kriminalstatistiken ist groß. Besonders erschreckt die Zunahme der Gewalt gegen Frauen und Kinder. Noch vor wenigen Jahren wurde jeden dritten Tag eine Frau durch ihren Partner oder Ex-Partner ermordet, bald darauf starb schon jeden zweiten Tag eine Frau oder ein Mädchen. Und heute – so der Bericht des Bundeskriminalamts vom 24. November 2024, einen Tag vor dem „Tag der Beseitigung der Gewalt gegen Frauen“ – heißt es sogar: „fast täglich tötet in Deutschland ein Mann eine Frau oder ein Mädchen. Fast jeden Tag stirbt in Deutschland eine weibliche Person“. Das ist ein Skandal. Todesursache: Häusliche Gewalt, innerfamiliale Gewalt, partnerschaftliche Gewalt, Gewalt im sozialen Nahraum, jedenfalls getötet von Männern, meist Ehemännern, Lebensgefährten oder Ex-Partnern, manchmal Freunden, Brüdern oder Vätern. Man nennt das Femizid. Die Familie als Tatort weiterlesen

Vom Leben auf der Straße – Zahlen aus dem Wohnungslosenbericht 2024 machen deutlich, wie dramatisch die konkrete Lebenssituation wohnungsloser Menschen ist

Das Bundeskabinett hat am 08.01.2025 den vom Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen vorgelegten Wohnungslosenbericht 2024 beschlossen.

Mit dem Bericht wird nach 2022 zum zweiten Mal ein gesamtdeutscher Überblick über die Situation wohnungsloser Menschen vorgelegt.

Die Zahlen machen deutlich, wie dramatisch die konkrete Lebenssituation wohnungsloser Menschen ist:

  • Rund 50.000 Menschen leben bundesweit ohne Unterkunft auf der Straße.
  • Mindestens 531.600 Menschen in Deutschland haben keine eigene Wohnung.
  • Viele der Menschen leben in Garagen, Abbruchhäusern oder Zelten.
  • 439.000 Menschen waren im Januar 2024 in Unterkünften, (städtischen) Wohnungen oder anderen Wohnangeboten untergebracht.
  • Dazu kommen rund 60.400 sogenannte verdeckt Wohnungslose, die bei Bekannten oder Angehörigen unterkommen.
  • Mehr als die Hälfte der nicht-untergebrachten Wohnungslosen haben Gewalterfahrungen gemacht.
  • Ein Drittel der Männer und ein Fünftel der Frauen ohne Unterkunft sind über 50 Jahre alt.
  • 67 Prozent der Wohnungslosen ohne Unterkunft und mehr als die Hälfte der verdeckt Wohnungslosen haben eine langfristige gesundheitliche Beeinträchtigung, also eine körperliche, seelische und/oder eine Suchterkrankung.
  • Auch die Zahl der Kinder ist hoch: 128.700 der untergebrachten und 8.600 der nicht in Einrichtungen untergebrachten Wohnungslosen waren unter 18 Jahre alt

und die Statistik zeigt auch, wer wohnungslos wird, bleibt es lange. Die Mehrheit der Wohnungslosen ohne Unterkunft ist seit mehr als einem Jahr wohnungslos, ein Viertel seit mehr als fünf Jahren, elf Prozent seit mehr als zehn Jahren.

Die Zahlen sind als Untergrenze zu sehen: wohnungslose Menschen in oder nach einer Haft, in Frauenhäusern oder jene, die in den Hilfesystemen gar nicht ankommen, fehlen in der Statistik.

Im Folgenden wird versucht, sich den obdach- und wohnungslosen Menschen in der Großstadt einmal zu nähern. Vom Leben auf der Straße – Zahlen aus dem Wohnungslosenbericht 2024 machen deutlich, wie dramatisch die konkrete Lebenssituation wohnungsloser Menschen ist weiterlesen

Das Mindset für den Krieg

Bundeswehr-Kommandeure fordern Einstimmung der Bevölkerung auf Kriegssituationen, dringen auf stärkeren „Willen zur Selbstbehauptung“. Bundesregierung arbeitet an „Bunker-App“. CDU-Politiker spekuliert über „Spannungsfall“.

Eine wachsende Zahl an Kommandeuren der Bundeswehr dringt öffentlich auf eine Einstimmung der Bevölkerung auf Kriegssituationen und verlangt die Förderung einer dazu passenden Mentalität. Man müsse die Menschen darauf vorbereiten, dass im Kriegsfall „konservativ mit 1.000 Verwundeten pro Tag“ an der Front im Osten zu rechnen sei, erklärt etwa der Kommandeur des Bundeswehr-Landeskommandos Baden-Württemberg; dann werde auch in zivilen Krankenhäusern „der schwer verwundete Soldat zuerst behandelt …, der Blinddarm-Patient später“. Man müsse sich „darauf einstellen“, „dass auch auf dieses Land wieder geschossen werden kann“, verlangt der Kommandeur des Landeskommandos Schleswig-Holstein; daher gelte es, Bunker „wieder nutzbar“ zu machen. Während die Bundesregierung laut Berichten eine „Bunker-App“ erarbeitet, fordert ein hochrangiger deutscher NATO-Kommandeur von der deutschen Bevölkerung einen stärkeren „Wille[n] zur Selbstbehauptung“. Zugleich kritisiert der CDU-Außen- und Militärpolitiker Roderich Kiesewetter, die deutschen „Antworten“ auf die angebliche Bedrohung durch Russland sähen weder NATO-Konsultationen noch die Ausrufung des Spannungsfalls vor. Das Mindset für den Krieg weiterlesen

Leben, Lachen, Lieben, Kämpfen

 

Von Bernd Köhler

Dienstag 14. Mai 2024 – Im Stuttgarter Gewerkschaftshaus treffen sich Aktivist:innen aus dem Streik vor 40 Jahren. Veranstalterin ist die Rosa-Luxemburg-Stiftung Baden-Württemberg. Die Idee zu der Veranstaltung wurde Anfang des Jahres am Rande der Trauerfeier für Sybille Stamm verabredet, einer engagierten ehemaligen Sekretärin der Stuttgarter IG Metall Bezirksleitung, deren plötzlicher Tod sie auch aus den Vorbereitungen für eben diese Streikerinnerung herausgerissen hatte.

Es ist eine Handvoll ehemaliger Aktiver, die die Idee für die Veranstaltung umsetzen. Leben, Lachen, Lieben, Kämpfen weiterlesen

IMI-Analyse: Bürgergeld für Leistungsträger / Kabinett verabschiedet Nationale Sicherheits- und Verteidigungsstrategie – Der Rüstungsindustrie werden Türen und Tore geöffnet

Von Andreas Seifert und Jürgen Wagner

Rüstung ist der neue Hoffnungsträger: SPD, die CDU sowieso, die Grünen aus anderen Gründen und auch  einige Gewerkschaften wollen in der Rüstungsindustrie einen Garanten für „unseren“ Wohlstand sehen. Neben der sich verkleinernden Autoindustrie eine weitere Branche, die eine für ganz Deutschland gültige Wohlstandsblase erzeugen soll! Die Industrie selbst sieht sich ohnedies als Garanten von fast allem: Wohlstand, Freiheit, Demokratie usw.. Genauer besehen ist Rüstung dennoch vor allem ein Garant für umfangreiche Profite. Der Rheinmetall Konzern, als Beispiel, hat in seiner Sparte „Waffen und Munition“ 2023 einen operativen Gewinn von 20 bis 22 % in Aussicht gestellt – und auch in anderen Rüstungsbetrieben sieht es nicht viel anders aus. Rüstung ist so vor allem ein Projekt der Umverteilung von Vermögen aus den Steuerkassen in die Taschen von Aktionären. Aus der Sicht der Rüstungsindustrie sollen diese Gewinne aber nicht nur punktuell, sondern dauerhaft fließen. IMI-Analyse: Bürgergeld für Leistungsträger / Kabinett verabschiedet Nationale Sicherheits- und Verteidigungsstrategie – Der Rüstungsindustrie werden Türen und Tore geöffnet weiterlesen

Wer die arbeitende Klasse verlässt, wird von ihr verlassen

Von Bhaskar Sunkara

Während der Krisen der letzten Dekaden haben Parteien der Sozialdemokratie ihre einstige Basis im Regen stehen lassen. Das rächt sich nun.

Kann die Sozialdemokratie ohne Arbeiterinnen und Arbeiter funktionieren? Diese Frage wäre vor einigen Jahrzehnten noch undenkbar gewesen. Heute ist sie eine zentrale Herausforderung, mit der Parteien links der Mitte weltweit konfrontiert sind.

In den Vereinigten Staaten hat die Demokratische Partei, obwohl sie sich innenpolitisch etwas nach links bewegt hat, weniger Unterstützung aus der arbeitenden Klasse als je zuvor. Sowohl Umfragen des Center for Working-Class-Politics, die Berufsangaben verwenden, als auch CNN-Wählerbefragungen, die Bildung als Näherungswert für Klasse nutzen (ein ungenauer, aber dennoch hilfreicher Marker), zeigen eine zunehmende Distanz zwischen der Demokratischen Partei und der Arbeiterschaft. Im Jahr 2020 verlor Joe Biden im Segment der Wählerinnen und Wähler ohne College-Abschluss gegen Donald Trump mit 4 Prozentpunkten Unterschied. Bei der jüngsten Wahl lag Kamala in diesem Bereich sogar 14 Prozentpunkte hinter Trump.

Die Anziehungskraft der Partei hat sogar unter gewerkschaftlich organisierten Arbeiterinnen und Arbeitern gelitten. 1992 bevorzugten sie Bill Clinton mit 30 Punkten Vorsprung. Donald Trump lag 2020 nur noch 19 Punkte zurück und verringerte den Abstand bei der jüngsten Wahl auf acht Prozentpunkte.

Ähnliche Dynamiken sind in der gesamten entwickelten kapitalistischen Welt zu beobachten, beispielsweise in Deutschland, wo die Linkspartei 2019 in den östlichen Bundesländern noch fast ein Drittel der Stimmen erhielt, heute aber landesweit nicht einmal mehr die Fünf-Prozent-Hürde schafft.

Auch die aktuell noch regierende SPD schneidet unter Arbeiterinnen und Arbeitern eher schlecht ab. Letztere scheinen sich zunehmend von den rechtsextremen Parolen der AfD angesprochen zu fühlen.

Auf diese Krise reagieren diejenigen, die sich nach wie vor einem traditionellen sozialdemokratischen Programm verpflichtet fühlen, seit Jahrzehnten immer gleich: Wer die arbeitende Klasse verlässt, wird von ihr verlassen weiterlesen

Gewerkschaft und Leiharbeit

Am 21. Juni 1972 beschloss der Deutsche Bundestag das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) einstimmig, bis zu dem Tag war Leiharbeit in Deutschland verboten. Doch es war nicht das Parlament, das die Lawine Leiharbeit ins Rollen brachte, sondern wie so oft in Deutschland, wenn es ums Arbeitsrecht geht, sind die Gerichte maßgeblich.

Im Fall der Leiharbeit war es das Bundesverfassungsgericht (BVG), das bereits am 4. 4.1967 die Arbeitnehmerüberlassung legalisierte und das Verbot der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung aufhob. Allen Ernstes vertrat das höchste Gericht die Ansicht, starke Regeln, die die Leiharbeit einhegen, würden den Leiharbeitsfirmen das Grundrecht auf Berufsfreiheit einschränken, auch weil „kaum eine Lebenserfahrung“ es hergäbe, dass in den Unternehmen über längere Zeit fremde Beschäftigte arbeiten würden. Eine ziemlich weltfremde Lebenserfahrung des Gerichts, denn schon damals wurden Leiharbeitskräfte über einen längeren Zeitraum beschäftigt.

Mit diesem Freibrief im Rücken und mit Hilfe der „Arbeitsmarktreformen der Agenda 2010“ der Schröder – Regierung Anfang des Jahrhunderts, bekam die Leiharbeit unglaublichen Aufwind.

Und die Gewerkschaften? Sie waren und sind maßgeblich daran beteiligt, dass sich derzeit rund 800.000 Menschen in der Leiharbeit verdingen müssen. Gewerkschaft und Leiharbeit weiterlesen

Revolutionäre Neuigkeiten von der einzigartigen Sozialpartnerschaft zwischen VW und IG Metall

Wenn ein deutscher Industriekonzern vom Schlage VW erklärt, sich in einer Krise zu befinden, wenn er sodann die Katastrophe meldet, dass sein Gewinn um zwei Drittel eingebrochen ist und jetzt nur noch bei 1,58 Milliarden Euro pro Quartal liegt, dann gibt das interessierten Wirtschaftsexperten viel Gelegenheit, sich über die Versäumnisse zu verbreiten, aufgrund derer unser einstiger Vorzeigeautobauer den Anschluss im internationalen Wettbewerb zu verlieren droht: Er hat eine falsche Modellpolitik betrieben, zu einseitig auf den chinesischen Markt gesetzt, die Transformation zur E-Mobilität verschlafen usw. Darüber lässt sich offenbar trefflich streiten. Über eines streitet man sich dabei nicht: Für die Sanierung seiner Gewinne wird sich der Konzern an seine Belegschaft halten. Revolutionäre Neuigkeiten von der einzigartigen Sozialpartnerschaft zwischen VW und IG Metall weiterlesen

Ausbeutung pur: 2,87 Millionen Haushalte beschäftigen regelmäßig und 1,15 Millionen Haushalte gelegentlich eine Haushaltshilfe – 91 Prozent aller Haushaltshilfen im Minijobsystem arbeiten „schwarz“

Eine neue Untersuchung des unternehmernahen Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW), kommt zu dem Schluss, dass während die Zahl der angemeldeten Haushaltshilfen sinkt, die Umsätze bei der „Schwarzarbeit“ ansteigen. So ist die Anzahl der angemeldeten Haushaltshilfen 2024 um 4,5 Prozent auf rund 246.700 Beschäftigte gesunken, dagegen sind die Umsätze bei illegal beschäftigten Haushaltshilfen um 15 Prozent gestiegen. Die Zahl der nicht angemeldeten Haushaltshilfen liegt bei 91 Prozent, fast alle Beschäftigte arbeiteten somit „schwarz“.

Die Studie macht auch das Ausmaß deutlich: Der geschätzte Umsatz durch „Schwarzarbeit“ in diesem Bereich stieg 2024 auf rund 11,4 Milliarden Euro, 2022 waren es noch rund 9,8 Milliarden.

Hochgerechnet auf die Gesamtbevölkerung in Deutschland, beschäftigen 2,87 Millionen Haushalte regelmäßig und 1,15 Millionen Haushalte gelegentlich eine Haushaltshilfe. Offiziell gemeldet sind bei der Minijobzentrale aber nur 246.686 Minijobber und sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind laut Bundesagentur für Arbeit lediglich 44.000 Haushaltshilfen. Ausbeutung pur: 2,87 Millionen Haushalte beschäftigen regelmäßig und 1,15 Millionen Haushalte gelegentlich eine Haushaltshilfe – 91 Prozent aller Haushaltshilfen im Minijobsystem arbeiten „schwarz“ weiterlesen

Wie der Flüchtlingsschutz 2024 weiter demontiert wurde – und was für 2025 droht

Von PRO ASYL

Ein für den Flüchtlingsschutz schockierendes Jahr geht zu Ende. In Deutschland hat sich der Rechtsruck manifestiert, befeuert von populistischen und flüchtlingsfeindlichen Debatten. Die EU setzt mit Asylrechtsverschärfungen (GEAS) und Gewalt an den Grenzen weiter auf Abschottung. PRO ASYL blickt zurück und nach vorn

Das Jahr 2024 war ein Jahr voller Umbrüche, schockierender Ereignisse und gesellschaftlicher Herausforderungen, die tiefe Spuren hinterlassen haben. Bereits zu Beginn sorgten die verstörenden Correctiv-Enthüllungen über das Potsdamer Geheimtreffen für Empörung. An dem Treffen hatten neben bekannten Rechtsradikalen auch AfD-Vertreter und zwei Mitglieder der Werteunion teilgenommen. Dort diskutierte Deportationspläne für Millionen Menschen mit Migrationsgeschichte und ihre Unterstützer*innen führten zu massiven Protesten, bei denen Hunderttausende auf die Straßen gingen.

Dies war aus Sicht von PRO ASYL ein klarer Auftrag der Gesellschaft an die Politik, sich gegen Rechtsextremismus und menschenfeindliche Positionen zu stellen. Doch statt ruhige und sachliche Diskussionen zu führen, wurden im Laufe des Jahres immer neue flüchtlingsfeindliche Debatten losgetreten. Wie der Flüchtlingsschutz 2024 weiter demontiert wurde – und was für 2025 droht weiterlesen

Nach dem Bruch – Weder Erziehungsdiktatur noch Dorf­gemeinde: Was wären die Eckpunkte eines ökologischen Sozialismus?

Von Katja Wagner, Maximilian Hauer und Maria Neuhauss

Der Klimawandel ist ein Effekt der kapitalistischen Produk­tionsweise, die zentral auf ei­nem fossilen Energiesystem aufbaut. Ist der Klimawandel einerseits durch diese Gesellschaftsordnung verursacht, kann er andererseits in ihrem Rahmen nicht effektiv eingedämmt werden, da sich die Produktion aufgrund des Privat­eigentums an Produktionsmitteln und der Trennung der Produzenten voneinander der gesellschaftlichen Kontrolle entzieht.

Der gesellschaftliche Stoffwechsel mit der Natur untersteht der despotischen Ver­fügungsgewalt der Einzelkapitale, die ih­rerseits dem objektiven Zwang zur Profit­maximierung unterliegen und die ökologi­schen Folgen ihres Tuns systematisch »ex­ternalisieren«. Die politische Sphäre ist wiederum abhängig von einer funktionieren­den Kapitalakkumulation und muss sich in letzter Instanz immer an der Rentabilität orientieren. Weder der sozialdemokratische Vorschlag eines Green New Deal noch die Orientierung auf eine Postwachstumsgesell­schaft weisen einen Ausweg aus dem Schla­massel, da beide Ansätze implizit oder ex­plizit an der kapitalistischen Produktions­weise mitsamt ihren Widersprüchen festhal­ten. Dieser vermeintliche Realismus beruht auf der paradoxen Hoffnung, den ökologi­schen Riss innerhalb eines Systems heilen zu können, das diesen Riss immer weiter vertieft. Nach dem Bruch – Weder Erziehungsdiktatur noch Dorf­gemeinde: Was wären die Eckpunkte eines ökologischen Sozialismus? weiterlesen

Von der Kriegsdienstverweigerung zur Großen Weigerung?

Von Johannes Schillo

In der BRD kommt demnächst, so der große Parteienkonsens, die Wehrpflicht wieder. Damit wird auch das Recht der Kriegsdienstverweigerung (KDV), das im Grundgesetz verankert ist, neue Bedeutsamkeit erlangen. Deshalb hier ein Blick auf dieses Grundrecht, das – scheinbar – eine weit gehende politische Oppositionsrolle einräumt. Von der Kriegsdienstverweigerung zur Großen Weigerung? weiterlesen

Den Volksparteien laufen die Mitglieder weg. Und das Bündnis Sahra Wagenknecht will sogar ohne sie auskommen

Von Andreas Wehr

Es ist verbreitete Mode geworden die bundesdeutsche Demokratie in Gefahr zu sehen und die Bevölkerung zu ihrer Verteidigung aufzurufen. Doch was ist überhaupt Demokratie?

Der berühmte Verfassungsrechtler Hans Kelsen hat in der bereits 1929 erschienenen und bis heute in zahlreiche Sprachen übersetzten Schrift „Vom Wesen und Wert der Demokratie“ die zentrale Bedeutung der Partei als Basis der modernen Demokratie herausgearbeitet. Danach sei „die Demokratie notwendig und unvermeidlich ein Parteienstaat.“  Nur in diesem könne der Einzelne politisch zur Geltung kommen: „Dass  das isolierte Individuum politisch überhaupt keine reale Existenz hat, da es keinen wirklichen Einfluss auf die Staatswillensbildung gewinnen kann, dass also Demokratie ernstlich nur möglich ist, wenn sich die Individuen zum Zwecke der Beeinflussung des Gemeinschaftswillens unter dem Gesichtspunkt der verschiedenen politischen Ziele zu Gemeinschaften integrieren, so dass sich zwischen das Individuum und den Staat jene Kollektivgebilde einschieben, die als politische Parteien die gleich gerichteten Willen der Einzelnen zusammenfassen.“ Für Kelsen sind es daher die Parteien, die erst das Volk als politisches Subjekt konstituieren: „Die unaufhaltsame Entwicklung führt in allen Demokratien dazu, dass sich das Volk in politische Parteien gliedert (…). Die demokratische Entwicklung lässt die Masse der isolierten Einzelindividuen sich zu politischen Parteien integrieren und entfesselt dadurch allererst soziale Kräfte, die man einigermaßen als ‚Volk‘ bezeichnen kann.“ [1]

Diese Sicht Kelsens ist in das Grundgesetz eingegangen. In Artikel 21 heißt es: „Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung mit.“ Den Volksparteien laufen die Mitglieder weg. Und das Bündnis Sahra Wagenknecht will sogar ohne sie auskommen weiterlesen