Gewerkschaft und Tarifbindung

Jahrzehntelang war es normal und ganz selbstverständlich, dass die Regelungen, die Gewerkschaften und organisierte Unternehmerschaft aushandelten für eine deutliche Mehrheit der Beschäftigten galten. Tarifverträge waren verbindlich, meist einheitlich für ganze Branchen.

Tarifbindung bedeutet erst einmal Sicherheit und ein Tarifvertrag garantiert Mindestbedingungen, die auf keinen Fall unterschritten werden dürfen. Ob es um die Höhe des Arbeitsentgelts geht oder um Regelungen zu Urlaubslänge, Urlaubs- und Weihnachtsgeld: Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis von einem Tarifvertrag flankiert wird, sind durchgängig bessergestellt als ihre Branchenkollegen ohne Tarifvertrag. In den nicht tarifgebundenen Unternehmen werden durchweg niedrigere Löhne gezahlt, deshalb kann der Niedriglohnsektor deutlich reduziert werden, wenn es Branchen-Tarifverträge gibt und die für allgemeinverbindlich erklärt werden.

Die DGB-Gewerkschaften haben es zugelassen, dass in Deutschland der Trend zur Tarifflucht seit mehreren Jahrzehnten anhält und nur noch weniger als die Hälfte der Beschäftigten unter einen Tarifvertrag fällt. Gewerkschaft und Tarifbindung weiterlesen

Ein Stelldichein am „Tor zur Hölle“

„Aufstand der Anständigen – Demo für die Brandmauer“: Bundesweite Demonstrationen gegen Rechtsextremismus meldet die Tagesschau (tagesschau.de, 3.2.24). Ausgelöst durch „die von der Union initiierte Migrationsdebatte im Bundestag“ sollen sich laut Angaben der Veranstalter bis zu 250.000 Demo-Teilnehmer in Berlin, Köln, Bonn und anderen Städten eingefunden haben. Wie Anfang 2024, als das angebliche Potsdamer Geheimtreffen aufgeflogen war und gar nicht so geheime Pläne zur Begrenzung irregulärer Migration bekannt wurden (die im Grunde alle Parteien bis auf Linke teilen), ist also wieder ein antifaschistischer Aufschwung im Lande zu verzeichnen.

Wieder heißt es: „Den Anfängen wehren!“ Dazu kommentierte der Gegenstandpunkt bereits Anfang 2024 (Decker 2024, 85): „Welchen Anfängen? Wer gegen die schlechte Behandlung von Migranten ist, kann doch nicht erst bei der AfD anfangen. Und schon gar nicht für die Demokratie eintreten, die es in Deutschland gibt. Die ist mit ihrer Asyl- und Flüchtlingspolitik doch selbst der Anfang und eigentlich längst nicht nur der Anfang dessen, was schon jetzt, und zwar programmatisch, mit Deportationen endet: ‚Wir müssen endlich im großen Stil abschieben‘, sagt der demokratische Kanzler.“

Nach den Amoktaten von Solingen bis Aschaffenburg haben alle staatstragenden Kräfte diese Ansage bekräftigt – in der Sache knallhart, in der Tonlage mit einer gewissen Bandbreite von Bild bis zum hinterletzten Lokalblatt –, und mit dem Vorstoß des CDU-Kanzlerkandidaten Merz ist nun offiziell klargestellt: Die Brandmauer, die Demokraten fundamental von Rechtspopulisten und Rechtsradikalen trennen soll, gibt es in der Sache nicht. Sie muss künstlich hergestellt bzw. aufrecht erhalten werden. Ein Stelldichein am „Tor zur Hölle“ weiterlesen

„Ausbildungsgarantie“ der geplatzten Ampelregierung trifft auf marodes Ausbildungssystem

Als die Ampelkoalition im Jahr 2021 ihre Arbeit aufnahm, wollte sie auch die Ausbildungssituation für junge Menschen verbessern. Sie versprach in ihrem Koalitionsvertrag eine Ausbildungsgarantie. Dort hieß es: „Wir wollen eine Ausbildungsgarantie, die allen Jugendlichen einen Zugang zu einer vollqualifizierenden Berufsausbildung ermöglicht, stets vorrangig im Betrieb.“

Die Ampel ist aber auch hier gescheitert und hat ihr Versprechen der Ausbildungsgarantie nicht eingehalten. So wurden 2024 nur 17.079 außerbetriebliche Ausbildungsplätze gefördert. Das sind 3,3 Prozent der 519.399 gemeldeten Berufsausbildungsstellen. Vor dem Ampelstart lag die Zahl mit 14.447 außerbetrieblichen Ausbildungsplätzen etwas niedriger bzw. 2,8 Prozent von 522.867 Berufsausbildungsstellen. Die Anzahl der außerbetrieblichen Ausbildungsplätze hat zwar um 2.632 zugenommen, gleichzeitig ist aber die Zahl der betrieblichen Ausbildungsplätze um 6.100 zurückgegangen, wodurch es insgesamt 3.468 weniger gemeldete Ausbildungsplätze gibt.

Die Ausbildungsgarantie ist so klein dimensioniert worden, dass sie weder die Nichtausbildungstendenz umkehren, geschweige denn irgendetwas Posiives bewirken konnte.

Besonders gegen die riesigen strukturellen Mängel in der Berufsausbildung, die dafür verantwortlich sind, dass aktuell 2,5 Millionen junge Menschen zwischen 20 und 34 Jahren ohne eine abgeschlossene Ausbildung zurückbleiben, war die Ausbildungsgarantie lediglich ein Tropfen auf den heißen Stein.

Die strukturellen Mängel in der Berufsausbildung werden hier noch einmal benannt. „Ausbildungsgarantie“ der geplatzten Ampelregierung trifft auf marodes Ausbildungssystem weiterlesen

Elektroschrott und kein Ende

Von Volker Brauch

Dass Tag für Tag Unmengen an Elektroschrott anfallen, ist allseits bekannt. Um welche Größenordnung es sich tatsächlich handelt, ist aber weitgehend unbekannt. Vom Handy bis zur Waschmaschine, vom Elektrokabel bis zum Bildschirm, in nur 12 Jahren hat sich die Gesamtmenge an Elektroschrott weltweit fast verdoppelt. Allein im Jahr 2022 wurden auf unserem Planet 62 Milliarden Kilogramm Elektroschrott erzeugt. Das entspricht einer Ladung von 1,55 Millionen LKWs mit einer Traglast von 40 Tonnen. Diese LKW-Flotte aneinandergereiht würde den Äquator fast gänzlich umrunden. Tendenz steigend. 1 Million Tonnen Elektroschrott landete allein 2020 und auch 2021 in Deutschland in den Abfallsammelstellen, ein Plus von 9 Prozent gegenüber dem Vorjahr 2019. Das entspräche einem Gesamtgewicht von 100 Eiffeltürmen.

Sind Elektrogerätschaften erst einmal unbrauchbar, gibt es verschiedene Wege, die sie durchlaufen. Elektroschrott und kein Ende weiterlesen

Wahlkampfthema Bürokratieabbau – mit der Kettensäge oder wie?

Suitbert Cechura

Der Staat soll im eigenen Betrieb rücksichtslos aufräumen, fordern alle Parteien. Ein eigenartiges Wahlversprechen!

Die Forderung nach Bürokratieabbau findet sich in den Wahlprogrammen aller Parteien, die Chancen haben, in den Bundestag einzuziehen. AfD: „Bürokratische Überregulierung und planwirtschaftliche Fehlsteuerung würgen Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit ab.“ CDU: „Ein zentrales Hindernis für wirtschaftliches Wachstum ist die wachsende Bürokratie.“ SPD: „Bürokratieabbau jetzt“. Bündnis 90/Grüne: „Wir Grüne im Bundestag gehen den Bürokratieabbau umfassend und konsequent an.“ BSW: „Rentenkürzungen und Bürokratie-Irrsinn der Ampel stoppen“.

Es könnte natürlich der Verdacht aufkommen, dass sie einfach den Erfolg eines Donald Trump kopieren wollen, der sonst gern der populistischen Untergrabung des Rechtsstaates verdächtigt wird. Trump hatte ja eine Effizienzkommission seines Kumpels Elon Musk versprochen. Die Staatsausgaben sollten eingedämmt werden und dazu gibt es jetzt mit dem Department of Government Efficiency die entsprechende Einrichtung, die der Milliardär leitet. „Um Personal abzubauen, stellt der aber erst mal Personal ein“, kommentiert der „Spiegel“. Ohne Bürokratie kann ja kein geordneter Abbau beginnen!

Aber das hehre Ziel Bürokratieabbau bleibt natürlich in Kraft. Trump hatte übrigens auch einen Vorgänger: In Südamerika machte Präsident Milei in Gestalt eines Kettensägenanarchisten Furore. Der Wille, radikal mit der Bürokratie zu aufräumen, kam bei den Wählern gut an. Und so eine billige Tour, die Unzufriedenheit im Wahlvolk aufzugreifen, kann sich natürlich kein Politiker entgehen lassen. Wahlkampfthema Bürokratieabbau – mit der Kettensäge oder wie? weiterlesen

Polizeiliche Todesschüsse

Seit der Wiedervereinigung wurden mindestens 362 Personen durch Kugeln der deutschen Polizei getötet.

Wir zählen von 1976 bis 1990 außerdem 153 tödliche Schüsse allein in Westdeutschland.

Jedes Jahr veröffentlicht die Konferenz der Innenminister*innen der Bundesländer eine neue Statistik zum polizeilichen Schusswaffengebrauch des Vorjahres. Neben Warnschüssen oder Schüssen auf Tiere und Sachen werden auch Polizeikugeln auf Personen und daraus resultierende Todesfälle gezählt.

Die ab 1984 von den Behörden geführte Aufstellung ist jedoch anonym, es wird nicht auf die einzelnen Taten eingegangen. Die Statistik gibt auch keine Auskunft über die Opfer. Seit 1976 dokumentiert die Zeitschrift Bürgerrechte & Polizei/CILIP deshalb die Hintergründe zu den durch die Polizei verursachten Todesfällen. Dabei sammeln wir Informationen zur Beteiligung von Sondereinheiten, der Zahl jeweils abgegebener Schüsse und der Situation, in der sich die Schussabgabe zutrug.

So ist etwa von Bedeutung, ob die Getöteten selbst bewaffnet waren, sich womöglich in einer psychischen Ausnahmesituation befanden oder, wie es häufig geschieht, in ihrer eigenen Wohnung erschossen wurden. Polizeiliche Todesschüsse weiterlesen

Ante Portas – Die Zeit vor der Wahl

Von Almuth Bruder-Bezzel und Klaus-Jürgen Bruder

Wilde Aufgeregtheit vor der Wahl!: über die Ampel, über Merz, über Trump, über Weidel und Musk.

Der Status und die Bedeutung dieser Wahlen, – die ja keine regulären, sozusagen Routinewahlen, sind,- ist nicht unabhängig von jenem Misstrauensvotum des Kanzlers zu bestimmen, und davon, was diesem vorausgegangen ist.

Bemerkenswert ist schon, dass es nicht die parlamentarische Opposition war, die mit dem Mißtrauensvotum der Regierung das Vertrauen entzogen hat und damit der Regierungskoalition die Grundlage, sondern der Regierungschef selbst!

Er, der Kanzler selbst, hat damit die von der Influencer-Gruppe „Campact“ lautstark vertretene Forderung erfüllt: „Die Ampel muss weg!“ und den Weg für eine Neuwahl frei gemacht. Freie Fahrt nach Rechts!

Die aussichtsreichsten Kandidaten, die bei diesen Neuwahlen gewinnen könnten, die „Kriegsgewinnler“, sind die CDU und die AfD, wenn man die Ergebnisse der vorausgegangenen Landtagswahlen in den 3 Ländern Sachsen, Thüringen und Brandenburg und die Umfrageergebnisse bis heute berücksichtigt. Sieger wird dann der Blackrock-Kanzler, der die AfD kopiert und uns das kalte Grauen lehrt. Ante Portas – Die Zeit vor der Wahl weiterlesen

KONVERSION PERVERS oder ´Rechts schwenkt, Marsch!´ zum Burgfrieden

Schwerter zu Pflugscharen! – diese Parole der Friedensbewegung der 1980er Jahre war – nach anfänglichem erheblichem ´Fremdeln´- spätestens auch ab 1983 ein gewerkschaftliches Kampfmotto, insbesondere der IG Metall. Damals stand die Rüstungskonversion im Mittelpunkt gewerkschaftlicher Kämpfe – heute ist davon in der konkreten gewerkschaftlichen Betriebsarbeit nichts mehr übrig! In Görlitz wird der traditionsreiche Waggonbau zugunsten der Panzerproduktion begraben – und die IG Metall klatscht Beifall.

Der neue Zweck des Werks? Die Produktion von Rüstungsgütern für den deutsch-französischen Panzerbauer KNDS. Es ist eine gewerkschaftliche Zeitenwende, die sich als ´Rechts schwenkt, Marsch!´ zum Burgfrieden selbst als Kapitulation vor der Logik des Krieges und den Profitinteressen des Militärisch-Industriellen-Komplexes entlarvt – jenseits aller eigenen gewerkschaftlichen Prinzipien und Beschlusslagen!

Was in den 1980er, 1990er und selbst bis Mitte der 2000er Jahre ein zentraler Bestandteil gewerkschaftlicher Kämpfe war – der Widerstand gegen weltweite Kriege, Militarismus und die Kriegsindustrie – wird heute von vielen Betriebsräten und Gewerkschaftsvertreter*innen unter dem Motto „Arbeitsplatzsicherung – egal wie!“  aktiv verraten und im wahrsten Sinne des Wortes ´meistbietend verkauft´- so wie jetzt in Görlitz. KONVERSION PERVERS oder ´Rechts schwenkt, Marsch!´ zum Burgfrieden weiterlesen

Längere Arbeitszeiten? Hände weg vom Arbeitszeitgesetz!

Unbezahlte Überstunden, Arbeitsvolumen auf Rekordhoch und Leistungsverdichtung – trotzdem müssen sich die Beschäftigten mangelnden Einsatz vorwerfen lassen. Eine Frechheit. CDU und FDP wollen sogar ans Arbeitszeitgesetz ran, um die Arbeitszeiten auszuweiten.

Der Bundestagswahlkampf treibt mal wieder wilde Stilblüten. Wenn nicht gerade der Sozialstaat für die ökonomischen Probleme verantwortlich gemacht wird, sind es die angeblich zu faulen Beschäftigten. Da spricht CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz davon, dass Arbeit nicht länger als „unangenehme Unterbrechung unserer Freizeit“ gelten darf, während sein Generalsekretär Carsten Linnemann in Deutschland „gar keine Leistungsbereitschaft mehr“ vorhanden sieht. Ins gleiche Horn stößt auch FDP-Chef Christian Lindner, wenn er pauschal längere Arbeitszeiten fordert. Längere Arbeitszeiten? Hände weg vom Arbeitszeitgesetz! weiterlesen

Zwangsräumung als wohnungspolitische Marktregulierung

Die massiven Einkommenseinbußen in den vergangenen Jahren und die extremen Steigerungen der Lebenshaltungskosten, haben dazu geführt, dass immer mehr Menschen ihre steigenden Mieten nicht mehr aufbringen können und von Obdachlosigkeit bedroht sind.

Im Jahr 2023 haben Gerichtsvollzieher rund 30.000 Zwangsräumungen vollstreckt, weitere 20.000 Aufträge, die Menschen aus ihren vier Wänden zu werfen, wurden nicht exekutiert. Mehr als 600.000 wohnungslose Menschen wurden 2023 statistisch erfasst, ein Anstieg um fast 60 Prozent im Vorjahresvergleich.

Eine Trendwende ist nicht in Sicht, denn die Mietpreise explodieren immer weiter und die Energiekosten bleiben hoch.

Den politischen Akteuren sind diese Zahlen bekannt, aber sie halten bewusst daran fest, dass Zwangsräumungen Bestandteil des nach ihren Vorstellungen funktionierenden Wohnungsmarktes sind. Sie kennen auch die Studien, die aussagen, dass dort, wo die Wohnungsnachfrage stark ansteigt, auch die Räumungsneigung der Vermieter zunimmt, weil es immer attraktiver wird, nach der Räumung vom neuen Mieter eine viel höhere Miete zu verlangen.

Parallel dazu ist durch rigoroses Sparen der öffentlichen Hand das staatliche Hilfesystem zur Vermeidung von Räumung und Obdachlosigkeit massiv heruntergefahren worden und die hilfesuchenden Menschen sind sich selbst überlassen. Zwangsräumung als wohnungspolitische Marktregulierung weiterlesen

Der Höhenflug der Rechten

Zahl rassistischer Angriffe auf Flüchtlingsheime in Deutschland nimmt rasant zu; Zahl extrem rechter Straftaten erreicht 100 pro Tag. AfD nach der Verabschiedung eines Antrags gegen Flüchtlinge im Bundestag auf Höhenflug.

Die Zahl politisch motivierter Angriffe auf Flüchtlingsheime in Deutschland hat im vergangenen Jahr einen neuen Höchststand erreicht. Auch die Zahl der Angriffe auf Flüchtlinge verharrt auf hohem Niveau – ebenso wie die Zahl der Straftaten mit extrem rechter Motivation, von denen in den ersten elf Monaten des Jahres 2024 täglich ungefähr 100 begangen wurden. Damit setzt sich ein schneller Anstieg fort, der bereits seit mehreren Jahren zu konstatieren ist und außerdem einen Anstieg antimuslimischer Straftaten von Beleidigung bis hin zu Körperverletzung und Sachbeschädigung umfasst. Befeuert werden Rassisten und extreme Rechte unter anderem durch die Aktivitäten im Bundestag in der vergangenen Woche; dort fand ein Antrag, der noch vor wenigen Jahren nur von Parteien wie der NPD gebilligt worden wäre, eine Mehrheit – dies erstmals dank Zustimmung einer Partei der extremen Rechten, der AfD, ohne die er abgeschmettert worden wäre. Die AfD verzeichnet seither in Umfragen einen weiteren Höhenflug und kann inzwischen auf über 20 Prozent bei der Bundestagswahl hoffen. Der Höhenflug der Rechten weiterlesen

Scheinbar aus dem Nichts? Protestwelle in Griechenland zwei Jahre nach dem Zugunglück von Tempi

Von Gregor Kritidis

„Mein Kind fuhr auf einen Ausflug und ich bekam es in einem Leichensack zurück“ (Maria Karystianou, Mutter von Martha, die bei dem Zugunfall von Tempi ums Leben kam; sie ist Vorsitzende des Verein der Betroffenen des Zugunfalls „Tempi 2023“)

Es war wie das untergründige Grollen eines Vorbebens, das tektonische Verschiebungen gigantischen Ausmaßes in der Tiefe ankündigt: Am 26. Januar versammelten sich hunderttausende Menschen auf den zentralen Plätzen der Städte und Dörfer Griechenlands, um gegen die Vertuschung der Ursachen der Eisenbahnkatastrophe in der Nähe von Tempi vor zwei Jahren durch die griechische Regierung zu protestieren und Aufklärung zu verlangen. Selbst Dörfer auf abgelegenen Inseln mit nur wenigen hundert Einwohnern erlebten die vielleicht erste Kundgebung ihrer Geschichte. Es waren vergleichsweise stille, von Trauer und Wut gekennzeichnete Manifestationen, zu denen der Verein der Angehörigen der Opfer und der Überlebenden der Katastrophe aufgerufen hatte. Scheinbar aus dem Nichts erhob sich die griechische Bevölkerung, um eine scheinbare Selbstverständlichkeit zu fordern: Die Ermittlung und Bestrafung der Verantwortlichen für das Verbrechen von Tempi.

Am 28. Februar 2023 war ein von Athen kommender Intercity in Mittelgriechenland mit einem entgegenkommenden Güterzug kollidiert. 57 Menschen starben, über 80 wurden teilweise schwer verletzt. Scheinbar aus dem Nichts? Protestwelle in Griechenland zwei Jahre nach dem Zugunglück von Tempi weiterlesen

Kooperation zwischen Bundeswehr und Polizei – Schleichendes Ende des Trennungsgebots?

Von Alexander Kleiß

Eigentlich gibt es in der Bundesrepublik traditionell seit jeher ein striktes Trennungsgebot zwischen Bundeswehr und Polizei, das seinen Ursprung in der deutschen Geschichte hat. Nach dem Nationalsozialismus sollte das Trennungsgebot verhindern, dass die Armee zu einem Instrument der Innenpolitik wird und die Polizei zu einem verlängerten Arm des Militärs. Daher wurde in Artikel 87a des Grundgesetzes festgelegt, dass der Bund Streitkräfte zur Verteidigung aufstellt. Die Polizei hingegen ist für die innere Sicherheit zuständig.

Eine Ausnahme, die das Grundgesetz vorsieht, ist eine Kooperation zwischen Polizei und Bundeswehr im Rahmen der Amtshilfe: Art. 35 des Grundgesetzes erlaubt es den Bundesländern, im Falle von Naturkatastrophen oder besonders schweren Unglücksfällen Amtshilfe bei der Bundeswehr zu beantragen. Dies betrifft im Normalfall v.a. logistische Unterstützung seitens der Bundeswehr, wobei die Bundeswehr aber niemals eine leitende Funktion ausführen soll. Dieser unbewaffnete Inlandseinsatz der Bundeswehr im Katastrophenfall wurde 1968 im Zuge der heftig umstrittenen Notstandsgesetze ins Grundgesetz eingefügt. Ebenfalls damals wurde per Grundgesetzänderung die Möglichkeit eines bewaffneten Bundeswehreinsatzes im Inneren im Falle eines inneren Notstandes eingeführt: Kooperation zwischen Bundeswehr und Polizei – Schleichendes Ende des Trennungsgebots? weiterlesen

Aufruf zum Ostermarsch Rhein Ruhr 2025: Ostermarsch 2025 – Ostern für den Frieden: Friedensfähig statt kriegstüchtig! Kriege beenden, Aufrüstung stoppen! Keine neuen Mittelstreckenwaffen in unserem Land!

Das Risiko eines Atomkriegs war noch nie so hoch wie heute, warnen Friedensforscher:innen. Deutlich wird das vor allem in den Kriegen in der Ukraine/Russland und in Nahost. Die militärische Sicherheitslogik setzt auf Konfrontation statt Dialog. Dies ist die Grundlage für die globale Hoch- und Atomrüstung und die zunehmenden internationalen Spannungen. Zusätzlich verstärkt diese Politik ökologische Katastrophen, Fluchtbewegungen und Sozialabbau. Im Interesse des Überlebens gibt es da nur eine Antwort: Diplomatie statt Eskalation! Das bedeutet Abrüstung statt Aufrüstung, Bewahrung der Lebensgrundlagen statt ihrer Gefährdung und Zerstörung!

Wir laden alle ein, vom 19. bis 21. April 2025 an Rhein und Ruhr für den Frieden zu demonstrieren!

Stoppt den Krieg! Verhandlungen statt Waffenlieferungen! Aufruf zum Ostermarsch Rhein Ruhr 2025: Ostermarsch 2025 – Ostern für den Frieden: Friedensfähig statt kriegstüchtig! Kriege beenden, Aufrüstung stoppen! Keine neuen Mittelstreckenwaffen in unserem Land! weiterlesen

Gewerkschaft und Zuwanderung

Die Zuwanderung von Menschen in die Bundesrepublik Deutschland wurde und wird immer schon vonseiten der hiesigen Unternehmerschaft gefördert und gefordert, nicht zuletzt, um auf ein breites Arbeitskräfteangebot mit entsprechender Konkurrenz zurückgreifen zu können.

Die Gewerkschaften dagegen waren beim Thema Zuwanderung in den vergangenen 75 Jahren, wie so oft, in ihrem eigenen Schlingerkurs gefangen. Während sie und ihre deutschen Mitglieder eher am Erhalt der betrieblichen Strukturen interessiert waren und diese stützten, kämpften die zugewanderten Beschäftigten häufig für deren Änderung und gegen ihren eigenen Ausschluss. Sie kritisierten die rassistischen Zustände in den Betrieben ebenso wie auch ihre schlechte Wohnsituation und leisteten mit ihrer Selbstorganisation vielfältigen Widerstand.

Die DGB- Gewerkschaften haben bis heute nicht ihre historische Verantwortung kritisch aufgearbeitet. Sie haben die strategischen Chancen von Zuwanderung nicht in breiterem Ausmaß erkannt und für sich erschlossen. Gewerkschaft und Zuwanderung weiterlesen