Schlagwort-Archive: Mitbestimmung

Nur mitbestimmen reicht nicht

Von Heinz-J. Bontrup

Warum reicht es für die abhängig Beschäftigten in den Unternehmen nicht, nur mitbestimmen zu können? Weil sie trotz einer Mitbestimmung immer noch keine Eigentümer der Unternehmen sind und diese sich mit ihrem Eigentum jederzeit aus den Unternehmen verabschieden können. Der herausragende Ökonom Erich Preiser brachte dies 1965 noch einmal in einem Vortrag an der Universität Bonn zum Ausdruck. „Konsequent durchdacht, muß sich die Forderung mitzubestimmen in die Forderung verwandeln mitzubesitzen. Keine wirtschaftliche Tätigkeit ist denkbar ohne die Verfügung über Produktionsmittel. Ihr Eigentümer hat notwendigerweise ein Übergewicht über den, den er an diesen Produktionsmitteln beschäftigt.“ Und er führte weiter aus: „Das bloße Mitreden ist eine halbe Sache – erst die Teilhabe an den Produktionsmitteln schafft klare Verhältnisse.“ Ebenso kommt der nicht minderbekannte Ökonom Oswald von Nell-Breuning zu dem unmissverständlichen Schluss, dass die abhängig Beschäftigten im Kapitalismus ohne eine Beteiligung am Kapital nur „Habenichtse“ bleiben und die Unternehmer „reicher und reicher“ werden. Die Beschäftigten schenken den Unternehmern mit dem produzierten Mehrwert die Produktionsmittel und begnügen sich mit einem Lohn für den Wert ihrer Arbeitskraft. Selbst der höchste Lohn bleibt damit immer ein Ausbeutungslohn, weil der Wert der Arbeit schlicht höher ausfällt. In kapitalistischen Ordnungen haben sich dagegen aber offensichtlich die abhängig Beschäftigten und ihre Gewerkschaften daran gewöhnt, bzw. sich damit abgefunden, dass die Arbeitenden nicht den am Markt realisierten vollen Wert ihrer Arbeit, sondern nur ihren Tauschwert der Arbeit als Lohn erhalten.

Die abhängig Beschäftigten und ihre Gewerkschaften können so im Verteilungskampf nicht gewinnen. Nur mitbestimmen reicht nicht weiterlesen

Unternehmensmitbestimmung: deutlicher Handlungsbedarf besonders auf Seiten der Kirchen

Vor 2 Jahren hatte die Hans-Böckler-Stiftung nach Dortmund eingeladen und viele kamen, auch der DGB Vorsitzende Reiner Hoffmann. Es ging um die „Sicherung von Zukunftsfähigkeit zivilgesellschaftlicher Beteiligungsinstitutionen in den verschiedensten Handlungsfeldern“, vor allem um die Mitbestimmung in den Unternehmen der Region.

Dabei sieht es aber nicht gut aus in Dortmund. Bei nur 42 Prozent der großen Dortmunder Unternehmen sind Beschäftigte im Aufsichtsrat vertreten. Wie die Hans-Böckler-Stiftung ermittelte, sitzen in nur 22 der 52 Dortmunder Einzelunternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten deren Vertreter im Aufsichtsrat. In den restlichen 58 Prozent oder bei 30 der untersuchten Unternehmen fehlen solche Beteiligungsmöglichkeiten. Es gibt in Dortmund zehn Unternehmen, die vermieden Mitbestimmung gänzlich, indem sie verschiedene rechtliche Möglichkeiten ausnutzten, sie auszuhebeln.

Vor allem mangelt es an Mitbestimmung in den Betrieben, die unter den „Tendenzschutz“ fallen. Das sind Betriebe, bei denen nicht die Erzielung von Gewinn, sondern politische, erzieherische, wissenschaftliche, religiöse oder künstlerische Ziele im Vordergrund stehen. Hierunter fallen etwa Verlagshäuser, Kirchen oder Parteien. § 118 Abs. 2 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) regelt zusätzlich, dass seine Anwendung „auf Religionsgemeinschaften und ihre karitativen und erzieherischen Einrichtungen unbeschadet deren Rechtsform“ ausgeschlossen ist. Daher gilt für Weltanschauungsgemeinschaften kein Personalvertretungsrecht.

Hier soll noch einmal genauer auf den Tendenzschutz und die Mitbestimmung der Beschäftigten bei den Kirchen geschaut werden. Unternehmensmitbestimmung: deutlicher Handlungsbedarf besonders auf Seiten der Kirchen weiterlesen

Demokratisierung der Wirtschaft – nur ein Placebo

Von Heinz-Josef Bontrup

Unternehmerische Mitbestimmung und betriebliche Mitbestimmung spielen bei einer überfälligen grundsätzlichen Demokratisierung der Wirtschaft die entscheidende Rolle.

Jetzt will die SPD die betriebliche Mitbestimmung, geregelt im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) (ursprünglich von 1952), novellieren. Das ist gut, wenn auch wohl nur den anstehenden Wahlkämpfen in 2021 auf Bundesebene und gleich sechsfach auf Länderetischen Zustand ihrer Partei, gerade bei den Stammwählern im Beschäftigen- und Gewerkschaftsmilieu. Immerhin lobenswert bei der geplanten Novellierung sind die anvisierten Verbesserungen bei den Wahlen von Betriebsräten, die nicht selten von Unternehmern und ihren juristischen Helfern und „Fertigmachern“ (Werner Rügemer) aufs Heftigste behindert und bekämpft werden. Die Zahl der abhängig Beschäftigten, die von einem demokratisch gewählten Betriebsrat kollektiv vertreten wird, liegt nur noch bei 41 Prozent in Westdeutschland und 36 Prozent in Ostdeutschland. Bezogen auf betriebsratsfähige Betriebe sind das gerade neun Prozent in Westdeutschland und 10 Prozent in Ostdeutschland. Die weiter geplanten Veränderungen (Verbesserungen) im Hinblick auf Weiterbildung, mobiler Arbeit (Home-Office) sowie Künstlicher Intelligenz (KI) in den Betrieben, so wichtig sie auch sein mögen, entscheidend sind sie nicht. Demokratisierung der Wirtschaft – nur ein Placebo weiterlesen

Wie das kollektive Arbeitsrecht systematisch aus dem Studium herausgehalten wird – Beispiel Studiengänge BWL und Jura

Die Mitbestimmung von Beschäftigten in Unternehmen wird nach einer von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten Studie in Betriebswirtschaftslehre-Studiengängen nur sehr stiefmütterlich behandelt. Die Mitbestimmung von Beschäftigten prägt die Unternehmenskultur und muss für die Entscheidungen im Alltag in Betrieben absoluten Vorrang haben, aber in der Ausbildung angehender Manager kommt sie aber nur am Rande vor. Wenn in der Ausbildung junger Menschen demokratische Prinzipien im Arbeitsleben derart ausgeblendet werden, wird die weitere Einschränkung von Arbeitnehmerrechten in den Betrieben in Zukunft noch einfacher werden.

In den Jura-Studiengängen ist seit einigen Jahren auch zu beobachten, dass die Sichtweise viel stärker in Richtung auf vertragsrechtliches Denken ausgerichtet ist. Man ist der Meinung, dass Arbeitsverträge ganz normale Verträge wie alle anderen auch sind und sie auch genauso behandelt werden müssen. Weiter kann man beobachten, dass eine eigenständige Arbeitsrechtsprofessur kaum noch vertreten ist. Wie das kollektive Arbeitsrecht systematisch aus dem Studium herausgehalten wird – Beispiel Studiengänge BWL und Jura weiterlesen

Gefahr für die Mitbestimmung in Deutschland durch den EuGH

Beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) hat ein Kleinaktionär des Reisekonzerns TUI gegen das deutsche Mitbestimmungsrecht Klage eingereicht. Der Kläger argumentiert, Auslandsbeschäftigte deutscher Unternehmen würden diskriminiert, weil sie bei den Wahlen der Beschäftigtenvertreter für den Aufsichtsrat nicht mitstimmen dürfen. Gefahr für die Mitbestimmung in Deutschland durch den EuGH weiterlesen

56 Prozent der Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten umgehen die Mitbestimmung

topelementDa war er aber selbst erstaunt: Walter Bayer hatte die Mitbestimmungsverhältnisse derjenigen Unternehmen untersucht, die aufgrund ihrer Mitarbeiterzahl von mehr als 500 Beschäftigten eigentlich der Drittelbeteiligung von Arbeitnehmern unterliegen und heraus gefunden, dass 56 Prozent dieser Unternehmen keinen Aufsichtsrat haben. Die gesetzliche Mitbestimmung ist für sie ein Fremdwort. Der Jenaer Wissenschaftler, der nicht als gewerkschaftsnah gilt und diese Studie auch nicht im Auftrag von Gewerkschaftsstiftungen erstellt hat, hält dieses Verhalten vieler GmbH-Vorstände für schlicht gesetzeswidrig und rechtspolitisch bedenklich.
Unter den Betrieben die die Mitbestimmung mit Füßen treten, sind auch so bekannte und werbestarke Unternehmen wie die Media-Saturn Deutschland oder das Reiseunternehmen Alltours. 56 Prozent der Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten umgehen die Mitbestimmung weiterlesen