Der Krake Black Rock – da spielt die Musik

Lange Zeit war der Einfluss der großen Vermögensverwaltungsfonds den meisten Menschen hierzulande nicht bekannt. Mittlerweile sind die Informationen über das Volumen der Kundengelder bei den Fondsgesellschaften, ihre Geschäftspraktiken, ihren Besitz bzw. Anteil an Banken, Versicherungen, Medienhäusern, Aktien- und Anleiheverwaltungen und Konzernen bekannt geworden. Ihre Einflussmöglichkeiten in Politik und Gesellschaft sind dementsprechend riesengroß und sie konzentrieren sich mit einem Geflecht an Firmenbeteiligungen in ein schockierendes Ausmaß ökonomischer Macht.

Es ist einfach beängstigend, was da abläuft.

Seit den 1980er Jahren werden die Finanzmärkte zunehmend liberalisiert. Die staatlichen Kontroll- und Steuerungsmechanismen sind systematisch zurückgedrängt worden, mit der Folge, dass am Ende dieses Prozesses private Monopole stehen, die mächtiger sind als jede Nationalbank vor 50 Jahren.

In den 1960er und 70er Jahren war es noch so, dass die öffentlichen Banken mit Hilfe der Nationalbanken die Kapitalströme in die strategisch wichtigsten Sektoren der Wirtschaft leiteten. Sie richteten sich an den Erfordernissen der Gesamtwirtschaft aus und unterstanden der Kontrolle durch die Öffentlichkeit.

Die neu entstandenen Monopole hingegen orientieren sich ausschließlich am Profit. Unter Umgehung der Kartellgesetze machen sie ihre Milliardengeschäfte, ohne irgendwelchen Kontrollen zu unterliegen. Scheinbar unbegrenzt sprudelt das Kapital in die Fondsgesellschaften von vermögenden Individuen, Familien, Stiftungen, aber auch von sogenannten institutionellen Investoren wie Pensionsfonds, Versicherungen sowie die großen Staatsfonds erdölexportierender Länder.

Die Fondsgesellschaften betreiben einerseits Indexfonds, deren Firmenbeteiligung genau einen Börsenindex widerspiegeln, wie bei uns den DAX.Sie beschäftigen sich andererseits auch mit strategischen Investment, um in gewissen Branchen eine marktbeherrschende  Position zu erhalten. So ein strategisches Investment ist z.B. die Übernahme des Chemiekonzerns Monsanto durch den deutschen Riesen Bayer. Für 59 Milliarden Dollar Kaufpreis soll der größte Agrarchemiekonzern der Welt entstehen.

Bei diesem internationalen Spiel ist Vermögensverwaltungskrake BlackRock der Mehrheitseigentümer und zeigt hierbei, in welcher Liga er spielt.

Der Wirtschaftswissenschaftler Alex Ockenfels stellte vor kurzem Fakten zusammen, die es in sich haben:

  • Im Dezember 2015 betrug der Wert des verwalteten Vermögens (Assets under management) von BlackRock 4,6 Billionen US-Dollar.
  • BlackRock ist weltweit in 30 Ländern mit 70 Außenstellen vertreten. Die Kunden des Unternehmens verteilen sich auf 100 verschiedene Länder.
  • In den Vereinigten Staaten ist BlackRock der größte Anteilseigner von einem Fünftel aller börsennotierten Unternehmen.
  • In Europa betreut BlackRock die meisten Klienten, darunter UBS, als größte Schweizer Universalbank, die Europäische Zentralbank und das Britische Finanzministerium.
  • Im Auftrag der EU bzw. der Troika erstellte BlackRock die Risikoanalysen für die Bankenrettungen in Irland, Griechenland, Großbritannien und Zypern. Gleichzeitig mit der Troika und getarnt als „Projekt Solar“, war die BlackRock in Athen unterwegs und unter dem Decknamen „Claire“ auch in Zypern. Bei all diesen Einsätzen ging und geht es für den Insiderhändler BlackRock direkt und indirekt immer auch um die Rettung eigener Engagements.
  • In Deutschland ist BlackRock der größte Anteilseigner von mehr als einem Drittel der 30 Dax-Konzerne. Die Liste reicht von Adidas, Allianz, BASF und Bayer über die Deutsche Börse bis zu Siemens und Vonovia am Ende des Börsenalphabets. BlackRock ist als einzige ausländische Anlagefirma an allen 30 Schwergewichten des Dax beteiligt.
  • Auch im Bankenbereich ist BlackRock beängstigend dominant. Sie ist der größte Anteilseigner von vier der fünf größten amerikanischen Banken und in Europa der größte Anteilseigner zum Beispiel der Deutschen Bank, der niederländischen ING Bank, der englischen HSBC, der spanischen Banco Bilbao, und der zweitgrößte Anteilseigner von BNP Paribas, Unicredit und Banco Sanpaolo.
  • Black Rock bestimmt die Preise deutscher Unternehmen mit und somit auch die Politik der von seinen Fonds mit beherrschten Unternehmen.
  • BlackRock ist im Besitz eines elektronischen Investitionssystems namens Aladdin, das sieben Prozent der weltweiten Aktien und Anleihen verwaltet.
Aladdin, das Geheimnis von BlackRock

Hinter dem Namen aus dem 1001-Nacht-Märchen verbirgt sich das Geheimnis von BlackRock. Aladin ist auch der Grund, warum Pensionskassen, Staatsfonds, Versicherungskonzerne und Stiftungen auf der ganzen Welt dem Vermögensverwalter ihre Milliarden anvertrauen.

Aladdin ist ein gigantisches Datenanalysesystem, das aus einem Heer von Analysten und rund 5.000 Großrechnern aufgebaut ist. Es verteilt sich auf vier Rechenzentren, deren Standorte geheim gehalten werden und von dort aus führt BlackRock die 200 Millionen Kalkulationen pro Woche aus. Diese Riesenkapazität braucht Aladdin, um täglich, stündlich, minütlich und teilweise sogar sekündlich auszurechnen, welchen Wert die Aktien, Bonds, Devisen oder Kreditpapiere haben, die in den milliardenschweren Anlagendepots warten.

Gleichzeitig kann Aladdin berechnen, wie sich dieser Wert verändern dürfte, wenn sich das Umfeld verändert, z.B. wenn die Konjunktur schwächelt oder die Umsatzzahlen nicht stimmen, wenn Währungskurse purzeln oder der Rohstoffpreis klettert. Das funktioniert erstaunlich gut, sogar auch bei den abenteuerlichen Konstruktionen mit denen Investmenthäuser und Anleger jonglieren. Das klingt einfacher, als es ist, denn die Wertpapiere, sind komplizierte und fragile Konstrukte.

BlackRock will keine Investmentbank sein

Anders als Investmentbanken wie Goldman Sachs, deren Name zum Sinnbild der Wall-Street-Abzocke wurde, handeln und kaufen BlackRock-Mitarbeiter nie auf eigene Rechnung. So wird ausgeschlossen, dass BlackRock gegen die eigenen Kunden wettet, so wie die Banker, die mit ihrem eigenen Kapital sich engagieren und sich dann an den Verlusten ihrer Kunden bereichern können. BlackRock legt Wert darauf, dass sie ausschließlich Vermögensverwalter für ihre Anleger ist und es so keine Interessenkonflikte mit den Kunden geben soll.

BlackRock versichert auch, dass die verschiedenen Abteilungen, wie die Analysten auf der einen und Fondsmanager auf der anderen Seite, getrennt arbeiteten würden und ein Austausch nicht stattfinden könne. Kenner der Materie sehen durchaus Interessenkonflikte im Geschäftsmodell von BlackRock, z.B. stellt sie Preise und Bewertungen für Vermögenswerte aus und gleichzeitig wird der Erfolg der Geldmanager unter anderem an diesen Preisen gemessen.

Einsatz für die US-Regierung

Am heftigsten ist BlackRock wegen des Einsatzes für die US-Regierung in die Kritik geraten. Kaum eine Rettungsaktion, bei der sie nicht mit von der Partie war.

Nach den Regierungsaufträgen in Sachen Bear Stearns (die Investmentbank wurde 2008 von JPMorgan Chase übernommen, um die Insolvenz zu vermeiden) und AIG (US-Versicherer, der Hauptauslöser für die weltweite Finanzkrise war, wurde von der US-Regierung mit 182 Milliarden Dollar gerettet) folgten weitere Hilfeleistungen. So half BlackRock den US-Notenbankern bei ihren Milliardendeals mit Hypothekenpapieren und beriet sie beim Einstieg bei der Citigroup (2009 erhielt sie 45 Milliarden US-Dollar an direkten Staatsbeihilfen).

Experten von Blackrock wurden engagiert, um die öffentlich-rechtlichen Hypothekengiganten Fannie Mae und Freddie Mac zu untersuchen. Dabei kommt es häufig vor, dass das Unternehmen Aufträge ohne eine öffentliche Ausschreibung erhält. Hinzu kommt die Frage, ob Blackrock, das in öffentlichem Auftrag notleidende Vermögenswerte zum bestmöglichen Preis verkaufen soll, dieselben Vermögenswerte im Auftrag seiner privaten Kunden erwerben darf, denn das Unternehmen hat ja weltweit Zugang zu all den Informationen, wann und für wie viel die US-Notenbank Fed verkaufen will.

Der Interessenkonflikt ist riesengroß und die Frage taucht auf, wie und wer soll das alles überwachen?

Der Einfluss der Fondsgesellschaften wird gern auch von der Regierung genutzt und eingesetzt, z.B. zur Durchsetzung von politischen Entscheidungen zu Gunsten der Fondsgesellschaften und des vermögenden Teils der jeweiligen Gesellschaften, zur Durchsetzung von Interessen der USA und zur Unterstützung ihrer Politik in anderen Ländern und gegenüber anderen Ländern.

Das politische Gewicht der großen Vermögensverwalter wurde im Jahr 2016 noch einmal deutlich. Larry Fink, der Vorstandsvorsitzende von BlackRock, wurde als Schatten-Finanzminister von Hillary Clinton gehandelt und Donald Trump hat sehr viel Geld in Indexfonds des Unternehmens investiert.

Die dubiose Rolle von BlackRock bei der Schieflage der Deutschen Bank

Aktuell tritt die Frage in den Vordergrund, welche Rolle der Vermögensverwaltungsgigant bei der Schieflage der Deutschen Bank spielt. Für jeden Beobachter wird sichtbar, dass mittlerweile die These einer vollzogenen „Internationalisierung“ des Finanzsektors immer mehr infrage gestellt wird. Sogar die deutschen Großkonzerne sind bereit, der Deutschen Bank mit ordentlich Kapital zu helfen. Wenn die DAX Konzerne bei der Deutschen Bank intervenieren, scheint dies der Ausdruck einer Art „Renationalisierung“ des Finanzsektors zu sein.

Groteskerweise greift BlackRock als einer ihrer Großaktionäre die Deutsche Bank mit abenteuerlichen juristischen Mitteln an, wo sie nur kann. Beispielsweise bei den faulen Immobilienkrediten, die die Deutsche Bank in den USA verwaltet hatte. BlackRock zieht sie in bedrohliche juristischen Auseinandersetzungen und führt die Klage als größter Einzelinverstor der Deutschen Bank selbst an!

Grenzenlose Macht

Am Beispiel BlackRock wird die grenzenlose Macht der transatlantischen Finanzkonzerne deutlich. Diese Finanzkraken

  • agieren an den Börsen, deren Mehrheitseigner sie sind,
  • wirken in den Steueroasen, die sie vor dem Zugriff jeglicher Kontrolleure schützen,
  • hetzen Konzerne aufeinander, wobei sie bei beiden bestimmte Beteiligungen haben,
  • verdienen am Aufstieg von Unternehmen genauso wie an deren Zerschlagung,
  • erpressen ganze Staaten, nicht zuletzt durch die Arbeit der Ratingagenturen, an denen sie bestimmende Mehrheiten halten

und betreuen die Datenverwaltungssysteme von Staatsfonds und von 50 Zentralbanken.

Doch eine Hoffnung besteht, an den Strukturen und Interessen der transatlantischen Finanzkonzerne zu kratzen. Nämlich dann, wenn TTIP und andere Abkommen, hinter denen die vielen BlackRocks stehen, scheitern und die Bewegung dagegen Aufwind erhält, um die Auseinandersetzungen mit dem Finanzkapital mit noch mehr Druck führen zu können.

 

Quellen: Werner Rügemer, Alex Ockenfels