Schlagwort-Archive: Streik

Solidarität mit den Gorillas-Arbeiter*innen, die gegen ihre fristlose Entlassung wegen Teilnahme an einem „wilden Streik“ kämpfen

Drei ehemalige Rider von Gorillas waren wegen ihrer Teilnahme an einem „wilden Streik“ im Warehouse Bergmannkiez in Berlin-Kreuzberg im Oktober 2021 fristlos entlassen worden. Dagegen klagten sie. Ihre Klage richtete sich gleichzeitig gegen das extrem restriktive Streikrecht in Deutschland, auf dessen Grundlage die Kündigungen erfolgten. Demnach sind Streiks ohne Aufruf durch eine „anerkannte“ Gewerkschaft illegal.

Duygu Kaya wollte am 6. April 2022 in der Verhandlung über ihre Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Berlin eine Erklärung abgeben. Ihr Anwalt Benedikt Hopmann forderte das Gericht auf, sich diese Erklärung anzuhören, um sich selbst ein Bild davon zu machen, unter welchen Bedingungen die Gorillas-Beschäftigten arbeiten und warum die Beschäftigten die Arbeit niederlegten.

Obwohl der Anwalt ausdrücklich darauf hinwies, dass der Klägerin rechtliches Gehör zusteht, unterband der Richter die Erklärung mit der Begründung, die Klägerin wolle sich nicht zur Sache äußern. Aber der Richter kannte die Erklärung nicht, welche die Klägerin abgeben wollte.

Das Arbeitsgericht Berlin erklärte in seinem Urteilsspruch die Kündigung der Gorillas Mitarbeiter*innen für rechtens und bekräftigte damit das restriktive Streikrecht in Deutschland. Die drei Entlassenen legen gegen die Urteile des Arbeitsgerichts Berufung ein. Hier die Erklärung von Duygu Kaya im Wortlaut: Solidarität mit den Gorillas-Arbeiter*innen, die gegen ihre fristlose Entlassung wegen Teilnahme an einem „wilden Streik“ kämpfen weiterlesen

LabourNet Germany: Streiks – Wild und politisch oder wirkungslos wie ein lauer Herbst

Von Mag Wompel

Das Streikrecht stellte schon immer eine Machtfrage dar. In Zeiten des Klassenkampfes von oben durch abnehmenden Bedarf an menschlicher Arbeitskraft (also ungefähr seit zwanzig Jahren) konstatieren wir auch die abnehmende Bereitschaft des Kapitals – da auch minimale Notwendigkeit – zu Kompromissen fest. Anders ausgedrückt: Die Androhung von Streiks kann ein Kapital, das unter (selbst erzeugten) Überkapazitäten leidet, kaum schrecken, wodurch die Gewerkschaften entweder immer mehr Konzessionen machen müssen oder immer häufiger vor die Frage des Streiks gestellt werden. LabourNet Germany: Streiks – Wild und politisch oder wirkungslos wie ein lauer Herbst weiterlesen

Tarifbotschafter – die neue Einhegungsmethode aktiver ehrenamtlicher Mitglieder in der Dienstleistungsgewerkschaft

Unter der Überschrift „Tarifrunde 2020: Tarifbotschafter*innen gesucht“ versuchte die Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) für die Tarifverhandlungen mit einer neuen Idee mobil zu machen. Auf den ersten Blick sah das Vorhaben recht gut aus, der zweite Blick offenbarte, dass dieses Modell nichts anderes ist, als das der alt bekannten Vertrauensleute. In neuer Verpackung soll das nun genutzt werden, damit bei den Tarifverhandlungen die Basis die Füße stillhält und nicht das passiert, was 2015 beim großen Streik der Erzieherinnen passierte: Auf der Grundlage einer demokratisch gewählten Streik-Delegierten-Konferenz wurde der Schlichterspruch kassiert.

Weil ver.di der unglaublich schwungvolle Arbeitskampf im Sozial- und Erziehungsdienst ihrer weiblichen Mitglieder von 2015 noch in den Knochen steckt, hatte man sich bei den vergangenen Tarifauseinandersetzungen im öffentlichen Dienst 2020 und für die folgenden, das Modell der Tarifbotschafter ausgedacht. Tarifbotschafter – die neue Einhegungsmethode aktiver ehrenamtlicher Mitglieder in der Dienstleistungsgewerkschaft weiterlesen

WSI-Arbeitskampfbilanz 2016: Deutlicher Rückgang der Ausfalltage bei hoher Streikbeteiligung

„Im Verlauf des Jahres 2016 sind in Deutschland auf Grund von Arbeitskämpfen 462.000 Arbeitstage ausgefallen. Dies ist ein massiver Rückgang gegenüber dem Jahr 2015, als das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung rund zwei Millionen Ausfalltage verzeichnete. Nahezu unverändert breit blieb dagegen die Beteiligung an Streiks und Warnstreiks. Mit knapp 1,1 Millionen Streikteilnehmerinnen und -teilnehmern wurde hier in etwa das Niveau des Vorjahres erreicht.

Die von der Beteiligung her umfangreichsten Streiks waren 2016 die Warnstreikwellen während der Tarifrunde des Öffentlichen Dienstes sowie die breiten Warnstreiks in der Metall- und Elektroindustrie. Im öffentlichen Dienst beteiligten sich nach Schätzungen der Gewerkschaften insgesamt an die 200.000 Beschäftigte an verschiedenen verhandlungsbegleitenden Arbeitsniederlegungen. Neben ver.di als der führenden Gewerkschaft waren auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sowie einzelne zum dbb beamtenbund und tarifunion gehörende Gewerkschaften beteiligt, die seit mehreren Jahren im öffentlichen Dienst in einer Verhandlungsgemeinschaft zusammenarbeiten.“ WSI-Arbeitskampfbilanz 2016: Deutlicher Rückgang der Ausfalltage bei hoher Streikbeteiligung weiterlesen

Konflikte, die bleiben: Trend zu fragmentierten Arbeitskämpfen setzt sich fort – große Unterschiede zwischen Industrie- und Dienstleistungsbranchen

von Daniel Behruzi

Im ersten Halbjahr 2015 war von einer »Rückkehr der Streiks« die Rede. Im Sozial- und Erziehungsdienst und bei der Post legten Zehntausende wochenlang die Arbeit nieder.

Und 2016? Rückkehr zur bundesdeutschen Normalität scheinbar friedlicher Arbeitsbeziehungen?

Eher nicht. Zwar ist die Zahl der Streiktage im Vergleich zum Vorjahr deutlich zurückgegangen. Die vielen kleineren und etwas größeren Arbeitskämpfe 2016 zeigen aber: Die Klassenkonflikte sind da, um zu bleiben. Konflikte, die bleiben: Trend zu fragmentierten Arbeitskämpfen setzt sich fort – große Unterschiede zwischen Industrie- und Dienstleistungsbranchen weiterlesen