Atlas der Abrüstung – Daten und Fakten gegen die Kriege von heute und morgen

Siege für den Frieden waren stets hart erkämpft. Hieran erinnerte UN-Generalsekretär António Guterres auf der Genfer Abrüstungskonferenz im Februar 2024. Die Erfolge waren auch keine Wunder. Immer wurden sie erreicht, so Guterres weiter, weil die gegnerischen Staaten erkannten, dass der Schlüssel zur Abrüstung in der Zusammenarbeit zum gegenseitigen Nutzen liegt – und nicht im Wettbewerb zur gegenseitigen Zerstörung.

Angesichts der gegenwärtigen internationalen Situation, der Krisen, Kriege und hohen Eskalationsrisiken lohnt es, hieran zu erinnern: Auf Dauer lässt sich Frieden nur durch eine Rückkehr zu einem System kollektiver Sicherheit gewährleisten, das auf den Prinzipien der friedlichen Koexistenz, der Vertrauensbildung, der Rüstungskontrolle und der Abrüstung mit dem Ziel der strukturellen Nichtangriffsfähigkeit beruht. Das mag zum gegenwärtigen Zeitpunkt unrealistisch erscheinen. Aber ohne eine solche Rückkehr zur Zusammenarbeit ist es auch aussichtslos, die globalen Menschheitsfragen wie den Klimawandel und die Klimaanpassung zu bewältigen.

Vor diesem Hintergrund geht die Entscheidung der Rosa-Luxemburg-Stiftung, einen Abrüstungsatlas in einer Zeit zu veröffentlichen, in der die weltweiten Militärausgaben ein Allzeithoch erreicht haben, weit über eine bloße Kritik an den Rüstungsausgaben hinaus.

In Zeiten geoökonomischer und geopolitischer Rivalitäten, eines unerbittlichen Rüstungswettlaufs, atomarer Risiken und der Erosion von Verträgen zu Rüstungskontrolle, Abrüstung und der Verrechtlichung des Kriegs will der Atlas zeigen, dass es Mittel und Wege zum weltweiten Frieden durch Abrüstung gibt. Abrüstung ist komplex, aber entscheidend. Sie verringert die Wahrscheinlichkeit von bewaffneten Konflikten und Kriegen, die die unteren Gesellschaftsklassen und marginalisierte Gemeinschaften unverhältnismäßig stark betreffen und Ungleichheiten noch verschärfen. Abrüstung kommt insbesondere gefährdeten Gruppen wie Frauen, Kindern und Flüchtlingen zugute, die weit überproportional von Gewaltkonflikten betroffen sind.

Abrüstungsbemühungen zielen darauf ab, militärische Aktivitäten, die der Umwelt und dem Klima erheblichen Schaden zufügen, zu reduzieren und militärische Ressourcen zugunsten nachhaltiger Entwicklungsinitiativen umzuwidmen.  Militärausgaben binden wertvolle Finanz- mittel, die für wichtige soziale Dienstleistungen wie Gesundheitsversorgung, Bildung und Infrastruktur nicht zur Verfügung stehen. Wenn diese Ressourcen stattdessen in Programme zur Bekämpfung von Armut, Hunger und sozialer Ungleichheit fließen, fördern sie wirtschaftliche Gerechtigkeit und eine gerechte Entwicklung und dienen auf diese Weise der Konfliktprävention.

Insbesondere der Einsatz von Atomwaffen stellt eine existenzielle Bedrohung der Menschheit dar. Der Rückbau und die Abschaffung der Atomwaffenarsenale sind von besonderer Bedeutung für Frieden und Sicherheit. Zudem fördert Abrüstung ein Umfeld, das der Diplomatie, dem Dialog und der friedlichen Konfliktlösung förderlich ist. Indem sie den Einsatz militärischer Gewalt als Mittel zur Beilegung von Streitigkeiten zurückdrängen, können Staaten diplomatischen Lösungen und kooperativen Ansätzen für gemeinsame Herausforderungen wie Klimawandel, Pandemien und Armut den Vorzug geben.

Auch wenn derzeit viele Staaten eher auf Aufrüstung als auf Abrüstung setzen, hat es – dies zeigen auch die Länderstudien im Atlas – selbst in den letzten Jahren Länder wie Kolumbien und Nigeria gegeben, die sich für Demilitarisierung entschieden haben, um Konflikte zu lösen.  Es gibt erfolgreiches zivilgesellschaftliches Engagement wie die Landminenkampagne, den Vertrag über das Verbot von Atomwaffen oder die „Gruppe für eine Schweiz ohne Armee“. Und es gibt erfolgreiche Vertragsverhandlungen auf internationaler und multilateraler Ebene, die auch nach dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine fortgesetzt wurden, wie die Global Declaration on Explosive Weapons oder das Global Framework on Conventional Ammunition.

All dies zeigt, dass wir nicht bei null anfangen, wenn es um Abrüstung geht. Es gibt Gremien und Institutionen, die die globalen Friedens-, Sicherheits- und Abrüstungssysteme unter- stützen – von den Vereinten Nationen bis zur Genfer Abrüstungskonferenz. Es gibt Regierungsstellen, zwischenstaatliche Organisationen, Nichtregierungsorganisationen und Gremien wie die OSZE, die sich mit Rüstungskontrolle befassen. Und es gibt Abkommen und Verträge, wie den Vertrag über das Verbot von Atomwaffen, die gültig sind und endlich umgesetzt werden müssen.

Vor allem aber gibt es, insbesondere in Kriegs- und Krisenzeiten, gute Gründe für Abrüstung. Die Erfahrung der letzten Jahre hat gezeigt, dass die Notwendigkeit, Spannungen durch politischen Dialog und Verhandlungen zu lösen, immer dringlicher wird. Aber nicht nur das.  Es besteht ein direkter Zusammenhang zwischen Abrüstung, Rüstungskontrolle und Entwicklung. Unkontrollierte Waffenströme und die leichte Verfügbarkeit von Waffen schaffen ein Klima der Unsicherheit, das eine nachhaltige Entwicklung behindert.

Damit Abrüstungsbemühungen nicht länger im Sande verlaufen, ist es notwendig, Abrüstungsgremien zu reformieren und multilaterale Institutionen zu stärken, aber auch Institutionen zur zivilen Konfliktlösung auszubauen. Abrüstung muss nicht nur als moralischer Imperativ, sondern auch als praktische Notwendigkeit anerkannt werden; sie muss den Frieden als Ziel und Grundlage des politischen Handelns anerkennen. Indem sie die Verbreitung von Waffen eindämmt und friedliche Konfliktlösungen fördert, trägt Abrüstung dazu bei, eine sicherere Welt für alle zu schaffen. Dies wird nur durch breites zivilgesellschaftliches Engagement möglich sein. Der Atlas möchte hierzu einen Beitrag leisten.

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Zum Abrüstungsatlas: atlasderabruestung2024_web.pdf (rosalux.de) oder Atlas der Abrüstung

 

 

 

 

Quelle und Bild: https://www.rosalux.de/cco