Ausbeutung pur: 2,87 Millionen Haushalte beschäftigen regelmäßig und 1,15 Millionen Haushalte gelegentlich eine Haushaltshilfe – 91 Prozent aller Haushaltshilfen im Minijobsystem arbeiten „schwarz“

Eine neue Untersuchung des unternehmernahen Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW), kommt zu dem Schluss, dass während die Zahl der angemeldeten Haushaltshilfen sinkt, die Umsätze bei der „Schwarzarbeit“ ansteigen. So ist die Anzahl der angemeldeten Haushaltshilfen 2024 um 4,5 Prozent auf rund 246.700 Beschäftigte gesunken, dagegen sind die Umsätze bei illegal beschäftigten Haushaltshilfen um 15 Prozent gestiegen. Die Zahl der nicht angemeldeten Haushaltshilfen liegt bei 91 Prozent, fast alle Beschäftigte arbeiteten somit „schwarz“.

Die Studie macht auch das Ausmaß deutlich: Der geschätzte Umsatz durch „Schwarzarbeit“ in diesem Bereich stieg 2024 auf rund 11,4 Milliarden Euro, 2022 waren es noch rund 9,8 Milliarden.

Hochgerechnet auf die Gesamtbevölkerung in Deutschland, beschäftigen 2,87 Millionen Haushalte regelmäßig und 1,15 Millionen Haushalte gelegentlich eine Haushaltshilfe. Offiziell gemeldet sind bei der Minijobzentrale aber nur 246.686 Minijobber und sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind laut Bundesagentur für Arbeit lediglich 44.000 Haushaltshilfen.

Die Erwerbsbeteiligung von Frauen in Deutschland ist in den letzten Jahren von 2010 mit 68,8 Prozent deutlich angestiegen und lag im Jahr 2023 bei 77,4 Prozent (Männer: 85,1 Prozent). Zugleich arbeitet aber die Hälfte (49,9 Prozent) der Frauen in Teilzeit (Männer: 13,3 Prozent)

Bei Müttern liegt die Teilzeitquote sogar bei 67 Prozent (Väter: 9 Prozent). Oberflächig wird oft, besonders von Männern, gesehen, Frauen würden immer noch in 8 von 10 Fällen allein die Wohnung oder das Haus putzen und eine Ausweitung der Haushaltsunterstützenden Dienstleistungen würde die Erhöhung der Arbeitszeit bei Frauen ermöglichen, sogar den vorgeblichen Fachkräftemangel bekämpfen. Haushaltshilfen sollen so angeblich eine wichtige Entlastung bringen, den Frauen ermöglichen, mehr zu arbeiten und so auch besser für die eigene Rente vorzusorgen – meist auf dem Rücken der Frauen, die in der Regel „schwarz“ als Haushaltshilfen beschäftigt sind.

Haushalte, die eine Haushaltshilfe beschäftigen verfügen über ein durchschnittliches monatliches Haushaltsnettoeinkommen von rund 4.300 Euro und liegen damit deutlich über dem Gesamtdurchschnitt von 3.200 Euro.

Je nach Örtlichkeit, Berufserfahrung und Zuverlässigkeit schwanken die Stundenlöhne für Haushaltshilfen zwischen 15 und 25 Euro und damit über dem gesetzlichen Mindestlohn. Die monatlichen Kosten sind bei der regelmäßigen Beschäftigung im Durchschnitt um 10 Prozent von 163 Euro (2020) auf 180 Euro (2021) und weiter auf 198 Euro (2022) angestiegen.

So gering diese Summen im Einzelnen auch erscheinen mögen, summieren diese Lohnzahlungen sich zu einem Umsatz in Milliardenhöhe. Im Jahr 2020 lag der Umsatz in der „Schattenwirtschaft“ allein durch Haushaltshilfen bei rund sieben Milliarden Euro und stieg im Jahr 2022 schon bei rund 10 Milliarden Euro. Nicht zuletzt aufgrund der allgemeinen Preissteigerungen dürfte dieser Umsatz in den letzten beiden Jahren weiter auf bis zu 11,4 Milliarden (2024) ansteigen.

Auf die Gesamtbevölkerung umgerechnet beschäftigen rund 2,874 Millionen Haushalte (7,0 Prozent) in Deutschland regelmäßig und rund 1,145 Millionen (2,8 Prozent) gelegentlich eine Hilfe. Das heißt in 4,019 Millionen Haushalten putzt jemand und hilft beim Einkaufen.

Aus der Statistik der Minijobzentrale ergibt sich, dass nur 246.686 Minijobber (minus 4,5 Prozent verglichen mit dem Vorjahr) angemeldet sind und dabei im Durchschnitt 214 Euro pro Monat verdienen.

Laut Bundesagentur für Arbeit waren im September 2024 in Privathausalten nur noch rund 44.000 Personen sozialversicherungspflichtig beschäftigt (ein erneuter Rückgang um rund 5 Prozent verglichen mit dem Vorjahr). Schätzungsweise 20.000 Personen arbeiten als „Selbständige“ in Privathaushalten. Unter der Annahme, dass diese Menschen in durchschnittlich drei Haushalten legal putzen und Minijobber in der Regel nur einen Minijob ausüben, ergibt sich eine Lücke von 3,7 Millionen Haushalten (91 Prozent) in denen „schwarz“ gereinigt, Gartenarbeit gemacht und bei der Bewältigung des Alltags geholfen wird.

Bedingt durch die hohe „Schwarzarbeitsquote“ im Bereich der Haushaltshilfen gehen dem Staat erhebliche Steuereinnahmen verloren, während die betroffenen Menschen ohne Schutz und Absicherung arbeiten.

Die Minijobs selbst sind das Problem

Im Jahr 2003 wurden die Minijobs von der rot-grünen Regierung grundlegend reformiert, um vor allen Dingen die illegale Arbeit in privaten Haushalten als Reinigungs- oder Nachhilfekräfte einzudämmen und sie sollten zu einem Sprungbrett in den ersten Arbeitsmarkt als Vollzeitkraft werden.

Das Ziel der Verringerung der illegalen Arbeit wurde nicht erreicht, trotz Ausweitung der Minijobs. Über sieben Millionen Menschen in Deutschland sind als Minijobber tätig und obwohl das Märchen vom Sprungbrett in den ersten Arbeitsmarkt immer wieder erzählt wird, wird es aber nicht wahrer. Die ihnen zugedachte Brückenfunktion zur Vollzeitstelle ist nicht eingetreten, der Klebeeffekt ist deutlich ausgeprägter, weshalb es sich mehr um eine beschäftigungspolitische Sackgasse handelt.

Minijobber ersetzen Vollzeitstellen, umgehen Steuerzahlungen und Rentenbeiträge und tragen kaum etwas zur die Altersvorsorge bei:

  • Etliche Unternehmen haben das Konstrukt Minijob genutzt, um ihre Vollzeitstellen durch mehrere Minijobber zu ersetzen, und flexibler zu sein. Viele Minijobs ersetzen heute die früheren vollzeitbeschäftigten Menschen.
  • Minijobber haben für die Unternehmen auch noch den Vorteil, dass sie sich nicht gewerkschaftlich organisieren und höhere Löhne fordern, sie wagen es nicht zu streiken oder gar einen Betriebsrat zu gründen.
  • Knapp 4,4 Millionen Beschäftigte sind auf das Einkommen aus dem Minijob angewiesen, weil sie keine andere Arbeit als ihn haben, darunter sind viele studierende, alleinerziehende und alte Menschen mit geringen Renten.
  • Weil die Minijobber keine Abgaben zahlen, haben sie auch kein Recht auf Leistungen wie Arbeitslosen- oder Kurzarbeitergeld. Wenn sie ihre Beschäftigung verlieren, rutschen sofort einige hunderttausend Menschen ins Bürgergeld bzw. Sozialgesetzbuch II / Grundsicherung ab.
  • In Minijobs sind Verstöße gegen die gesetzlich vorgeschriebenen Ansprüche noch immer an der Tagesordnung. So enthält etwa ein Drittel der Beschäftigten keinen bezahlten Urlaub und beinahe genauso viele müssen auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall verzichten.
  • Seit Jahren wird bei jeder Lohnerhöhung oder Erhöhung des Mindestlohns von der organisierten Unternehmerschaft die Erhöhung der 538 Euro-Grenze gefordert, denn wenn in einem Minijob mehr als 538 Euro verdienen wird, müssen die Beschäftigten sozialversicherungspflichtig angestellt werden. Das soll ja auf jeden Fall verhindert werden, denn die Befreiung von der Sozialversicherungspflicht macht diese Beschäftigungsform für die Unternehmer erst so attraktiv. Deshalb wird auch flächendeckend getrickst, z.B. indem man den Mindestlohn unterläuft, die Arbeitszeit reduziert, Arbeitsmittel in Rechnung stellt und Trinkgelder anrechnet, um die 538 Euro-Grenze nicht zu überschreiten.

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mehr als 80 Prozent der geringfügig entlohnten Minijobber lassen sich von der Rentenversicherungspflicht befreien und verzichten damit auf deren Schutz. Im Alter sind diese Menschen dann auf die Grundsicherung nach dem Sozialgesetzbuch XII angewiesen.

Für Beschäftigte bedeutet das aber, Minijobs verhindern Lohnerhöhungen, verdrängen reguläre Arbeitsplätze, befördern die Altersarmut und bilden in der Krise einen Großteil der Reservearmee an Arbeitskräften.

Es ist höchste Zeit, dieses Arbeitsmodell endlich aufzugeben. Anstelle der Bekämpfung der „Schwarzarbeit“ ist eine grundlegende Revision der Minijobregelungen überfällig.

 

 

 

 

 

Quellen: Destatis, Minijobzentrale, IW-Köln, Eurostat, Sozio-ökonomischen Panel (SOEP), WAZ
Bild: Symbolbild