Essener Appell: Personalräte fordern Tarifvertrag Digitalisierung

„Auch die Beschäftigten in den Kommunen brauchen einen Tarifvertrag Digitalisierung. Im Unterschied zum Bund hat jedoch die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) keine Notwendigkeit gesehen, einen Digitalisierungstarifvertrag ins Leben zu rufen. ver.di hat das kritisiert: „Die Entscheidung der kommunalen Arbeitgeber ist wenig vorausschauend; sie wird den Herausforderungen der Digitalisierung nicht gerecht“, sagte Christine Behle, stellvertretende ver.di-Vorsitzende. Gemeinsames Ziel von Arbeitgebern und Gewerkschaften müsse es sein, die digitale Verwaltung zu einem Erfolg zu führen. Davon profitierten Bürger*innen und Beschäftigte. „Eine zukunftsorientierte Qualifizierung, die Teilhabe an neuen Arbeitsformen und feste Leitplanken für Gesundheits- und Datenschutz schaffen Vertrauen im Wandel und geben den Beschäftigten Sicherheit.“ Jetzt appellieren Personalräte deutscher Großstädte an die Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister.

In dem „Essener Appell“ fordern Personalräte der deutschen Großstädte mit mehr als 500.000 Einwohnerinnen und Einwohnern die Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister der 15 größten Großstädte auf, sich für einen Tarifvertrag Digitalisierung einzusetzen. Dieser Tarifvertrag solle die Umbruchprozesse des digitalen Wandels für die kommunalen Beschäftigten absichern und die Weiterentwicklung der Daseinsvorsorge auf dem technologischen Stand der Gegenwart unterstützen. In dem Appell heißt es dazu: „Der Weg zu zeitgemäßen öffentlichen Diensten und Angeboten für Bürgerinnen und Bürger kann nur gemeinsam mit den Beschäftigten erfolgreich beschritten werden. Ein Tarifvertrag kann den notwendigen Schutz schaffen.“

Christinen Behle begrüßte die Initiative. „Die Diskussion der Kolleginnen und Kollegen aus den Personalräten zeigt, dass wir mit unserem Ziel, einen Digitalisierungstarifvertrag ins Leben zu rufen, auf dem richtigen Weg sind“, sagte sie. „Wir brauchen Regeln für den digitalen Wandel, wir brauchen Beschäftigungssicherung und Arbeitsplatzerhalt.“ Notwendig seien zudem neue Zugangswege zu Qualifizierung und Weiterbildung sowie Regeln zur Wahrung der Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten. Ausbildung und Qualifizierung seien der Schlüssel, um gute Beschäftigte gewinnen und auf Dauer halten zu können. „Ein Digitalisierungstarifvertrag verbessert den Rahmen dafür deutlich.“

Essener Appell:

PDF (333 kB)

 

Appell der Gesamtpersonalräte der Großen Großstädte (*) an die Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister der Großstädte der Bundesrepublik Deutschland

Essen, 27. November 2019

„Wir wollen eine zuverlässige und zeitgemäße öffentliche Daseinsvorsorge unterstützen.

– Wir brauchen einen Tarifvertrag Digitalisierung!“

 

Sehr geehrte Oberbürgermeisterinnen, sehr geehrte Oberbürgermeister.

Auf dem Weg zu einer verlässlichen und zeitgemäßen öffentlichen Daseinsvorsorge brauchen die Beschäftigten der Kommunen einen Tarifvertrag Digitalisierung. Nur so werden sie gut und mit Engagement durch die anstehenden Umbruchprozesse kommen können.

Mit dem Einsatz digitaler Technologien und der (teilweisen) Automatisierung von Verwaltungshandeln verändert sich die Arbeit in den Dienststellen und Betrieben zum Teil erheblich. Neue Kommunikationswege und Angebote für Bürgerinnen und Bürger und für Unternehmen werden entwickelt. Ein Beispiel ist die Umsetzung des Onlinezugangsgesetztes (OZG). Dabei entstehen für unsere Kolleginnen und Kollegen neue Anforderungen, und vorhandene Fähigkeiten werden nicht mehr in gleichem Umfang oder überhaupt nicht mehr benötigt. In diesen Umbruchprozessen brauchen wir für die kommunalen Beschäftigten verlässliche Schutzmechanismen, deren Anwendung wir als Personalräte zur Geltung bringen können. Nur mit klaren Regeln können wir uns alle gemeinsam auf den Weg zu einem modernen öffentlichen Dienst machen.

Wir brauchen tarifvertragliche Regelungen für:

Beschäftigungssicherung und Arbeitsplatzerhalt. Mit der Automatisierung gehen Tätigkeiten verloren. Hier brauchen wir zusätzlich zum Rationalisierungsschutz auch Angebote für Beschäftigung und Sozialverträglichkeit.

Qualifizierung und Weiterbildung. Eine qualifizierte Ausbildung bildet den Grundstein, Schmalspurausbildungen lehnen wir ab. Wir benötigen verbindliche Zugangsmöglichkeiten für die Weiterbildung von Beschäftigten, damit sie auch in Zukunft einen Job haben.

Arbeits- und Gesundheitsschutz. Abwechslungsreiche Tätigkeiten und „auch mal abschalten“ müssen zu der neuen digitalen Arbeitswelt dazugehören. Genauso wie Arbeitnehmerdatenschutz.

Der Weg zu zeitgemäßen öffentlichen Diensten und Angeboten für Bürgerinnen und Bürgern kann nur gemeinsam mit den Beschäftigten erfolgreich beschritten werden. Ein Tarifvertrag kann den notwendigen Schutz schaffen.

Sehr geehrte Oberbürgermeisterinnen, sehr geehrte Oberbürgermeister, bitte unterstützen Sie einen demokratischen digitalen Wandel und setzen Sie sich dafür ein, dass die kommunalen Beschäftigten auf dem Weg in die digitale Zukunft mit einem Tarifvertrag abgesichert werden.

(*) Im ver.di-Arbeitskreis der Gesamtpersonalräte und Jugendauszubildendenvertretungen der 15 größten Großstädte (>500.000 Einwohner*innen) treffen sich Mitglieder der betrieblichen Interessenvertretungen von über 350.000 kommunalen Beschäftigten.

 

 

Quelle und weitere Infos:  https://www.verdi.de