Von Fabian Lambeck
Deutschland ist im Krisenmodus. Viele Firmen nutzen die Verunsicherung, um lange geplante Stellenstreichungen oder Standortverlagerungen durchzudrücken. Momentan sind mehr als mehr als 300 000 Stellen gefährdet, fürchtet die IG Metall. Erste Konzerne machen bereits ernst. So schließt der Autozulieferer Bosch seinen Standort in Bietigheim. Dadurch gehen 300 Arbeitsplätze verloren, die aber in Ungarn wieder entstehen sollen. Was viele nicht wissen: Ungarns Regierungschef Victor Orban hat das Land nicht nur in einen fremdenfeindlichen, halb autokratischen Staat umgewandelt, sondern auch in ein neoliberales Musterländle. 12-Stunden-Schichten und niedrige Gehälter sind hier Standortvorteil. Da kriegen viele deutsche Manager feuchte Hände.Ganz konkret wird es auch beim Autobauer Daimler. Hier stehen die Komponenten-Werke in Hamburg und Berlin sowie die Sprinter-Produktion in Ludwigsfelde zur Disposition. Zusammen sind damit rund 7000 Arbeitsplätze bedroht. Zudem sollen am Konzernstammsitz in Stuttgart-Untertürkheim etwa 4000 Stellen wegfallen. Wie viele davon anderswo wieder entstehen, ist noch unklar.
Unter dem Deckmantel von Corona die Lohnkosten drücken
Der Stellenabbau hierzulande ist keineswegs nur eine Folge der Corona-Pandemie oder struktureller Probleme, wie die Konzerne behaupten. Die Firmen wollen unter dem Deckmantel von Corona weiter optimieren, also Lohnkosten einsparen. Viele der Abbaupläne lagen schon vor der Pandemie in den Schubladen. Besonders dreist sind jene Konzerne, die in der Corona-Krise staatliche Überbrückungshilfen abgegriffen haben und nun die Produktion verlagern. Etwa beim Kurzarbeitergeld, das insbesondere die Automobilkonzerne in Anspruch nahmen. „Das wurde aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung bezahlt, um Beschäftigung zu erhalten – die Beschäftigten haben damit gewissermaßen ihre Löhne selbst bezahlt“, erklärt der LINKEN-Vorsitzende Bernd Riexinger. Denn die Arbeitslosenversicherung wird von den Beschäftigten mitfinanziert. Ein Blick auf die eigene Gehaltsabrechnung reicht, um das nachzuvollziehen. „Deshalb“, so Riexinger, „muss die Bundesregierung gezahlte Unterstützungsgelder zurückfordern, wenn Unternehmen, die sie bekommen haben, ihre Standorte verlegen und Personal abbauen. Staatliche Unterstützung muss Beschäftigung sichern und darf nicht dazu missbraucht werden, um Profite zu schützen.“
Besonders dreist ist hier BMW. Der bayerische Automobilbauer hat während der Corona-Krise über 1,6 Milliarden Euro an Dividenden ausgeschüttet. Es sollte verhindert werden, dass der Rückgang der Absatzzahlen für die Aktionär*innen zu kleineren Dividenden führt. Das sind bei BMW vor allem die Geschwister Susanne Klatten und Stephan Quandt. Die Geschwister strichen im Mai 2020 als Hauptaktionäre fast 800 Millionen Euro Dividende ein, während 34 000 BMW-Arbeiter*innen in Kurzarbeit gingen, mit entsprechenden Lohnverlusten.
Stellenabbau und Standortschließungen von Konzernen,
die Staatshilfen während der Coronakrise bekommen haben
Konzern | Geplanter Stellenabbau Inland |
Geplante Schließungen | Corona-Staatshilfe | Gewinn 2019 | Dividende 2019 |
Benteler | 600 | Bottrop | Kurzarbeit für 9 000 Beschäftigte; will Kredit | Nicht veröffentlicht | — |
BMW | 6 000 (plus 10 000 Leih-/Werkvertrag- arbeiter*innen) | — | Kurzarbeit für 34 000 Beschäftigte |
5Mrd.€ | 1,64 Mrd. € |
Bosch |
2 150 | Bietigheim | Kurzarbeit für 43 000 Beschäftigte (z.T. bis Ende 2020) |
3,3 Mrd. € | — |
Continental | 13 000 | Aachen, Karben | Kurzarbeit für 30 000 Beschäftigte |
3,2 Mrd. € | 600 Mio. € |
Daimler | 11 000 | Berlin, Hamburg, Ludwigsfelde | Kurzarbeit für 136 000 Beschäf- tigte | 4,3 Mrd. € | 1,08 Mrd. € |
Hella | 900 | — | Kurzarbeit für 9 000 Beschäftigte | -343Mio.€ | — |
Leoni | 500 | — | Kurzarbeit für 4 700 Beschäftigte; 330 Mio. € Kredit | -384Mio.€ | — |
Mahle | 2 000 | Freiberg, Gaildorf Öhringen | Kurzarbeit für 12 000 Beschäftigte |
-212Mio.€ | — |
Mann + Hummel | 400 | Ludwigsburg | Kurzarbeit | 198 Mio. € | — |
Schaeffler | 4400 | Clausthal-Zeller- feld, Eltmann, Luckenwalde, Wuppertal | Kurzarbeit für ca. 30 000 Beschäftigte | 790 Mio. € | 295 Mio. € |
Thyssenkrupp | 1 000 | Bochum, Duisburg -Hütten- heim | Kurzarbeit für die Beschäftigten (z.T. bis Ende 2020); 1 Mrd. € KfW-Kredit | -260Mio.€ | —- |
ZF Friedrichs- hafen | 7 500 | Bis Ende 2022 ausgeschlossen | Kurzarbeit | 1,5 Mrd. | 160 Mio. |
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Fabian Lambeck
ist Redakteur des Magazins „Links bewegt“ und arbeitet für den Bereich Bürgerdialog/Medien/ Öffentlichkeitsarbeit (BMÖ) in der Bundesgeschäftsstelle der LINKEN.
Quelle: https://www.links-bewegt.de/ Bild: pixabay cco