Wenn die Pandemie den Job kostet: Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) hat vor dem Verlust Hunderttausender befristeter Arbeitsverhältnisse im Zuge der Coronakrise gewarnt. „Prekäre Stellen sind nicht krisenfest. Bei Minijobs und Leiharbeit hat die Pandemie bereits zu massiven Jobverlusten geführt. Viele Unternehmen dürften wegen der wirtschaftlichen Lage nun auch befristete Arbeitsverträge auslaufen lassen“, sagt der IG BAU-Bundesvorsitzende Robert Feiger.
In Branchen wie der Landwirtschaft und der Gebäudereinigung seien Befristungen weit verbreitet. Insbesondere junge Beschäftigte müssten häufig um ihren Arbeitsplatz fürchten und könnten einmal mehr zu „Corona-Verlierern“ werden, warnt Feiger. „Wer als Berufseinsteiger den Arbeitsplatz verliert, bekommt nicht nur Probleme, die Miete zu bezahlen oder einen Kredit zu tilgen. Die ganze Lebensplanung gerät durcheinander – bis hin zur Familiengründung.“ Nach Angaben des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) waren im vergangenen Jahr 37 Prozent aller Neueinstellungen der 25- bis 39-Jährigen befristet. Frauen sind weitaus häufiger betroffen als Männer.
Gewerkschaftschef Feiger fordert die Bundesregierung dazu auf, ihre Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag umzusetzen und sogenannte sachgrundlose Befristungen zu verbieten. Derzeit können Arbeitgeber ein befristetes Arbeitsverhältnis ohne Angabe eines Sachgrundes – etwa eine Probezeit oder Elternzeitvertretung – dreimal bis zu einer Dauer von zwei Jahren verlängern. Laut IAB gab es im vergangenen Jahr 2,8 Millionen befristete Arbeitsverhältnisse (ohne Auszubildende), gut 1,6 Millionen davon waren sachgrundlos befristet. Im Jahr 2012 lag die Zahl sachgrundlos befristeter Jobs noch bei 1,2 Millionen. In der Land- und Forstwirtschaft waren zuletzt rund zwölf Prozent der Arbeitsverträge befristet – knapp die Hälfte davon ohne Sachgrund. „Von der Minijobberin, die kein Kurzarbeitergeld bekommt, bis zum Berufseinsteiger, dessen Karrierepläne auf Eis liegen: Die Corona-Pandemie trifft die Schwächsten auf dem Arbeitsmarkt am härtesten. Die Große Koalition hat Milliarden mobilisiert, um die wirtschaftlichen Folgen für Unternehmen abzumildern. Sie sollte den Ernst der Lage prekär Beschäftigter erkennen und arbeitsmarktpolitisch nachsteuern“, unterstreicht Feiger.
Nach Angaben des zuständigen Bundesarbeitsministeriums richte die Bundesregierung den Fokus ihrer Politik aktuell auf die Bekämpfung der Corona-Folgen. Das Verbot der sachgrundlosen Befristung stehe im Ressort von Hubertus Heil (SPD) jedoch „nach wie vor auf der Agenda“. IG BAU-Chef Feiger appelliert zugleich an die Unternehmen, befristete Verträge auch in der Krisenzeit zu verlängern. „Die Wirtschaft kann sich schon mit Blick auf den Fachkräftemangel keine ‚Generation Corona‘ erlauben. Wer heute den Nachwuchs hält, hat morgen bessere Karten.“ Der Gewerkschafter verweist dabei auf die Baubranche. Hier sind laut IAB nur 1,2 Prozent aller Stellen sachgrundlos befristet. Baufirmen hätten erkannt, dass man Fachleute nur halte, wenn man ihnen eine langfristige Perspektive biete, so Feiger. Laut neuesten Zahlen der Sozialkassen der Bauwirtschaft (Soka-Bau) stieg die Zahl der Ausbildungsverhältnisse in der Branche im neuen Lehrjahr trotz Corona um 3,4 Prozent.
Quelle und Bild: IG Bauen-Agrar-Umwelt Presse Mitteilung vom 07.12.2020