Im November 2014 präsentierte die Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles Vorschläge, wie sie die Zahl von über einer Million Langzeitarbeitslosen verringern will. Mit Lohnkostenzuschüssen von bis zu 100 Prozent und Fördermitteln der Europäischen Union will die SPD-Politikerin in den kommenden Jahren etwa 43.000 Langzeitarbeitslosen direkt unterstützen.
In den kommenden Jahren will sie dafür eine Milliarde Euro zur Verfügung stellen.
Auch sollten die Jobcenter bundesweit „Aktivierungszentren“ einrichten, um dort Langzeitarbeitslosen gebündelt Unterstützung anbieten zu können. Dabei sollten auch soziale, psychische und gesundheitliche Probleme angegangen oder fehlende Schul- und Berufsabschlüsse nachgeholt werden. Diese Zentren sollen Anfang 2016 startklar und vollständig arbeitsfähig sein. Weiter sollen rund 1000 Stellen, die bisher beim auslaufenden Bundesprogramm „Perspektive 50plus“ angesiedelt waren, den Jobcentern für die laufende Beratung dann zur Verfügung stehen.
Nun wurde bekannt, woher Andrea Nahles die Mittel dafür wirklich nehmen will: in den kommenden drei Jahren sollen die Mittelzusagen für Jobcenter um rund 750 Millionen Euro gekürzt werden.
Andrea Nahles informierte die Jobcenter in der ganzen Republik bereits im März 2015, dass die Mittel für die Förderung von Ausbildungsmaßnahmen für Hartz-IV-Betroffene in den nächsten drei Jahren um 750 Millionen Euro zusammengestrichen werden. Sogar bereits zugesagte Fördermittel werden damit infrage gestellt. Für etwa 4,4 Millionen erwerbsfähige Hartz-IV-Empfänger stehen somit weniger Mittel zur Verfügung. Junge erwerbslose Menschen sind besonders von den Plänen betroffen, da vor allem bei langfristigen und mehrjährigen Maßnahmen, zum Beispiel für Ausbildung und berufliche Fort- und Weiterbildung, gestrichen werden soll.
Im Jahr 2010 lagen die Fördermittel noch bei 853 Millionen Euro. 2014 waren es nur noch 576 Millionen Euro. Statistisch ist die Zahl der Langzeitarbeitslosen im gleichen Zeitraum nur um 8,4 Prozent gesunken (wovon z.B. über 58jährige einfach in die „Unterbeschäftigung“ verschwunden sind). Immer weniger Langzeitarbeitslose fanden eine dauerhafte Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt. 2013 schafften dies nur noch rund 170.000 Personen im Jahr 2010 waren es noch 251.000 gewesen. Außerdem beginnen immer weniger Betroffene eine berufliche Weiterbildungsmaßnahme. Ihre Zahl ist seit 2010 ebenfalls um ein Drittel von 225.000 auf 149.000 gesunken.
Neu ist, dass die Ministerin hier ganz frech 750 Millionen Euro aus der Tasche der Fördermaßnahmen direkt in die Tasche der Unternehmen umverteilt, ohne auch nur die kleinste Gegenleistung zu erhalten.
Besonders bedenklich ist, dass die Solidargemeinschaft einfach neu definiert wird. Nicht mehr die gesamte Gesellschaft, sondern die HARTZ-IV-Bezieher selbst sollen nun „solidarisch“ mit den Langzeitarbeitslosen sein.
Das ist etwa so krass, wie der Einsatz psychisch Kranker, die körperlich fit sind, bei der Behindertenbetreuung, damit man beim Pflegepersonal einsparen kann.
Das neue „Sonderprogramm“ für Langzeitarbeitslose lässt vor allem noch mehr Geld als zusätzliche Lohnzuschüsse an Betriebe, die Langzeitarbeitslose einstellen, fließen. Die Unternehmen konnten ja bisher schon bis zur Hälfte der Lohnkosten von der Arbeitsverwaltung bekommen, wenn sie einen Langzeitarbeitslosen einstellten. Ein weiteres Geschenk für die Unternehmen ergibt sich aus den Ausnahmeregelung beim Mindestlohn: Langzeitarbeitslose habe erst nach sechs Monaten Anspruch auf den Mindestlohn.
Da wundert es auch nicht, dass der Langzeitarbeitslose nur genau bis zu dem Tag angestellt ist, an dem die Förderung ausläuft. Die bisherigen Maßnahmen von der Arbeitsverwaltung bringen den daran beteiligten Firmen eine Menge Geld ein, egal ob die sinnvoll sind oder nicht. Weder wird die Kalkulation der Anbieter überprüft, noch die Auswirkung der Maßnahme auf die Überwindung der Arbeitslosigkeit.
Der Hauptzweck ist und bleibt ein statistischer, nämlich, dass Erwerbslose, die in einer Maßnahme sind, aus der Statistik fallen.
Dieses Programm ist nur eine weitere Unternehmenssubvention zu Lasten bisheriger Fördermaßnahmen für die Masse von Hartz-IV-Betroffenen.
Quelle: Tagesschau
Bild: Handelsblatt.de