Auch 2022 gibt es wieder einige Änderungen, die Arbeitnehmer*innen, Versicherte und Leistungsempfänger*innen betreffen. Einige sind bereits sicher, andere wurden im Koalitionsvertrag festgehalten. Dass der gesetzliche Mindestlohn in diesem Jahr sogar zwei mal steigt, steht aber bereits fest. Was sich sonst noch ändert und was Sie künftig beachten müssen, haben wir in einem Überblick zusammengestellt.
· Der Mindestlohn steigt
2022 steigt der gesetzliche Mindestlohn gleich zweimal. Ab dem 1. Januar schreibt der Gesetzgeber 9,82 Euro pro Stunde und ab dem 1. Juli 2022 10,45 Euro pro Stunde vor. Im Koalitionsvertrag sind künftig sogar 12 Euro vorgesehen. Aktuell liegt der gesetzliche Mindestlohn bei 9,60 Euro pro Stunde. Auch viele branchenbezogenen Mindestlöhne steigen im kommenden Jahr:
Ab 1. August 2022 steigt beispielsweise der Mindestlohn im Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerk auf 13,35 Euro (vorher 12,85 Euro).
Abhängig von der Gehaltsgruppe erhalten angestellte Schornsteinfeger bereits seit 2021 monatlich 70 Euro beziehungsweise 75 Euro mehr. Im Jahr 2022 erhöht sich der Tariflohn um weitere 70 Euro beziehungsweise 75 Euro monatlich.
Der Mindestlohn im Gerüstbauer-Handwerk steigt zum 1. Oktober 2022 um 0,30 Cent auf 12,85 Euro.
Der Mindestlohntarifvertrag im Gebäudereiniger-Handwerk sieht vor, dass Beschäftigte in der Innen- und Unterhaltsreinigung, ab 1. Januar 2022 11,55 Euro Branchenmindestlohn pro Stunde erhalten. Mehr Geld gibt es auch für Glas- und Fassadenreiniger*innen: Sie erhalten 14,81 Euro pro Stunde.
Der Mindestlohn im Elektro-Handwerk liegt ab 1. Januar 2022 bei 12,90 Euro (vorher 12,40 Euro).
· Die Mindestausbildungsvergütung steigt
Die Mindestvergütung ist seit 2020 im Berufsbildungsgesetz festgeschrieben. Für Ausbildungsverträge, die ab dem 1. Januar 2022 beginnen, gilt jeweils für das erste Ausbildungsjahr eine gesetzliche Mindestausbildungsvergütung von 585 Euro. Für das zweite, dritte und vierte Ausbildungsjahr gibt es Aufschläge. Auszubildende erhalten 18 Prozent, 35 Prozent beziehungsweise 40 Prozent über den Einstiegsbetrag des ersten Ausbildungsjahres.
Mehr Informationen zur Höhe gestaffelt nach Ausbildungsjahren bietet der DGB.
· Neue Regeln für (kurzfristige) Minijobs
Künftig muss der Arbeitgeber in der Meldung für den kurzfristigen Minijob angeben, wie die Aushilfe für die Dauer der Beschäftigung krankenversichert ist. Außerdem sollen Arbeitgeber ab 2022, die einen kurzfristigen Minijobber melden, eine unverzügliche Rückmeldung von der Minijob-Zentrale erhalten, ob zum Zeitpunkt der Anmeldung der Aushilfe weitere kurzfristige Beschäftigungen bestehen oder im laufenden Kalenderjahr bestanden haben. Die Steuer-ID ist ab 2022 übrigens auch zu melden. Die Minijob-Grenze soll auf 520 Euro steigen. Unklar ist allerdings, ob diese Anhebung noch in 2022 stattfinden wird.
· ALG II und Sozialgeld: Die Regelsätze steigen
Die Regelsätze werden zum Januar 2022 um 3 Euro monatlich erhöht, so dass künftig ein Anspruch auf einen Regelbedarf in Höhe von 449 Euro im Monat für Alleinstehende/Alleinerziehende besteht. In Bedarfsgemeinschaften erhöht sich der Regelsatz auf 404 Euro pro Partner*in. Der Mehrbedarf für Schwangere kann künftig bis zum Ende des Monats der Entbindung bezogen werden. Auch die Regelungen zum ernährungsbedingten Mehrbedarf werden spezifiziert.
· Mehr Teilhabe für Menschen mit Behinderung
Ab Januar 2022 soll das Budget für Ausbildung, das Menschen mit Behinderungen eine reguläre Berufsausbildung ermöglicht, ausgeweitet werden. So steht es im Teilhabestärkungsgesetz. Außerdem soll eine einheitliche Ansprechstelle für Arbeitgeber*innen zur Information, Beratung und Unterstützung bei der Ausbildung, Einstellung und Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen eingerichtet werden.
· Die Elektronische Krankmeldung bleibt
Schon seit dem 1. Oktober 2021 müssen behandelnde Ärzte Krankmeldungen digital an die Krankenkassen übermitteln. Ab dem 1. Juli 2022 stellen die Kassen die von den Vertragsärzten elektronisch übermittelten Krankmeldungen den Arbeitgebern ebenfalls digital zur Verfügung. Der „gelbe Schein“ auf Papier wird damit Stück für Stück digitalisiert. Komplett verschwinden wird er aber nicht: Die Verpflichtung, dem Versicherten eine Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit auszuhändigen, bleibt für Ärzt*innen bestehen. Krankschreibungen wegen leichter Erkältungsbeschwerden bleiben wegen der andauernden Corona-Krise bis Ende März auch telefonisch ohne Praxisbesuch möglich.
· Neue Beitragsbemessungsgrenzen 2022
Die Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung (West) sinkt auf 7.050 Euro/Monat (2021: 7.100 Euro/Monat). Die Beitragsbemessungsgrenze (Ost) steigt auf 6.750 Euro/Monat (2021:6.700 Euro/Monat).
· Die Pflegereform tritt in Kraft
Im Rahmen der Pflegereform wird der Beitrag für Kinderlose ab dem vollendeten 23. Lebensjahr in der gesetzlichen Pflegeversicherung von 0,25 Prozent des Bruttogehalts um 0,1 Punkte auf 0,35 Prozent angehoben. Zusätzlich beteiligt sich der Bund ab 2022 jährlich mit einer Milliarde Euro an den Aufwendungen der sozialen Pflegeversicherung. Ab September 2022 dürfen nur noch die Pflegeeinrichtungen zur Versorgung zugelassen werden, die ihre Pflege- und Betreuungskräfte nach Tarif vergüten. Die Pflegeversicherung zahlt künftig neben dem je nach Pflegegrad differenzierten Leistungsbetrag einen Zuschlag zu den Pflegekosten. Dieser solle mit der Dauer der Pflege steigen.
· Corona-Hilfen: Auszahlung bis Ende März
Arbeitnehmer*innen können maximal 1.500 Euro als steuerfreien Corona-Bonus von ihrem Arbeitgeber erhalten. Das gilt noch bis zum 31. März 2022. Eine Voraussetzung für die Auszahlung: Die Höchstgrenze von 1.500 Euro darf nicht überschritten werden. Auch die die Überbrückungshilfen einschließlich der Neustarthilfe sind bis 31. März 2022 verlängert worden.
· Das Wohngeld wird angepasst
Das Wohngeld wird zum 1. Januar 2022 bundesweit erstmals automatisch entsprechend der Miet- und Einkommensentwicklung erhöht. Damit steigt der durchschnittliche Wohngeldbetrag pro Haushalt um voraussichtlich 13 Euro im Monat.
· Kurzarbeitergeld: Regelungen 2022
Bis Ende März 2022 gilt: Ein Betrieb kann Kurzarbeit anmelden, wenn mindestens zehn Prozent der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen sind. Mit der Verordnung über die Bezugsdauer und Verlängerung der Erleichterungen der Kurzarbeit (Kurzarbeitergeldverlängerungsverordnung) wird eine die maximale Bezugsdauer des Kurzarbeitergeldes von bis zu 24 Monaten ermöglicht.
· Neue Rechte für Betriebsräte
Das Betriebsrätemodernisierungsgesetz ist zwar schon am 18. Juni 2021 in Kraft getreten. Richtig zur Geltung kommt es aber 2022. Es sieht eine Vereinfachung von Betriebsratswahlen sowie eine Stärkung der Betriebsräte bei den Themen Weiterbildung, Einsatz von künstlicher Intelligenz und mobile Arbeit vor. Für die Wahlvorstände ist es nun möglich, bestimmte Sitzungen per Video- und Telefonkonferenz abzuhalten. Auch sollen bei der Urnenwahl keine Wahlumschläge mehr benutzt werden und der Kreis der Briefwähler*innen wurde erweitert.
Mit dem Inkrafttreten des § 129 BetrVG soll es nun wieder befristet möglich sein, Betriebsversammlungen mittels audiovisueller Einrichtungen durchzuführen, ebenso Jugendversammlungen, Schwerbehindertenversammlungen sowie Sprecherausschussversammlungen. Auch die Teilnahme an Sitzungen der Einigungsstelle und deren Beschlussfassung können mit einer Video- und Telefonkonferenz erfolgen. Das gilt auch für Europäische Betriebsräte, die besonderen Verhandlungsgremiem und SE-Betriebsräte.
Die Regelungen sind befristet bis zum 19.03.2022 mit der Option der Verlängerung bis zum weitere 3 Monate.
Mehr Informationen zu den kommenden Betriebsratswahlen bietet der DGB.
· Das Elektronische Rezept kommt
Ab Januar 2022 müssen Ärzt*innen Medikamente per e-Rezept verschrieben werden. Das e-Rezept landet dann digital in einer entsprechenden App – und kann auch digital bei Apotheken eingelöst werden. Die Medikamente werden dann zugestellt oder zur Abholung bereitgestellt. Wer sein Rezept dennoch lieber in Papierform hätte, kann sich das e-Rezept auch ausdrucken lassen und den ausgedruckten QR-Code in der Apotheke vorlegen. Als Übergangslösung soll auch das alte Rezept weiterhin ausstellbar bleiben.
· Hinzuverdienst neben gesetzlichen Renten
Neben einer Altersrente vor seiner Regelaltersgrenze darf nur begrenzt hinzuverdient werden. Sonst wird ein Teil der nicht mehr ausgezahlt. Diese Hinzuverdienstgrenze liegt auch im Kalenderjahr 2022 bei 46.060 Euro. Dies gilt nur bei Renten wegen Alters. Diese Regelung galt schon in 2020 und 2021 und nun auch für 2022 verlängert worden. Ab 2023 gilt dann wieder die reguläre Regel, nach der nur 6.300 Euro verdient werden darf, bevor die Rente gekürzt wird.
Quelle: https://www.dgb.de/ Bildbearbeitung L.N.