Gegen das Prinzip Aushungern – Streik für faire Löhne und gute Arbeit in der Schildautalklinik in Seesen

Von Marion Lühring

Der zweitgrößte private Krankenhaus-Konzern in Deutschland, Asklepios, sucht händeringend Personal. Es will aber niemand kommen, weil Asklepios zu schlecht zahlt. Deshalb sind die Beschäftigten der Schildautalklinik in Seesen sauer und streikbereit. Sie befürchten, dass der Konzern die Zukunft der Klinik mit den unattraktiven Gehältern aufs Spiel setzt.

Rechtswidrige Dienstverpflichtung

Im Juli streikten sie zum ersten Mal. Anfang Oktober erneut und Ende des Monats noch einmal zwischen Feiertag und Wochenende an den Brückentagen. Sie fordern einen Tarifvertrag und die Verbesserung der Arbeitsbedingungen auf das konkurrenzfähige Niveau des Tarifvertrags für den Öffentlichen Dienst, TVöD. Andernorts geht das schließlich auch. So zahlt Asklepios in Goslar, im ehemaligen Kreiskrankenhaus, nach TVöD. Mit den höheren Löhnen aber steht die Goslarer Klinik unmittelbar in Konkurrenz um die Arbeitsplätze in Seesen. Und sie ist nicht die einzige, die mehr zahlt, weiß Oliver Kmiec, Betriebsratsvorsitzender und Mitglied der ver.di-Streikleitung.

Die Geschäftsführung indes lehnt Verhandlungen mit ver.di ab und greift zu aggressiven ­Methoden, um das Personal vom Streiken abzuhalten. So hat die Klinikleitung im Oktober eine rechtswidrige, einseitige Dienstverpflichtung ausgesprochen. Sollten die für den Dienst eingeteilten Beschäftigten streiken, drohe ihnen die Kündigung. Die über 200 Streikenden hielt das nicht ab. Es sei auch zu keiner gefährlichen Situation für die Patienten gekommen, betont Jens Havemann von ver.di. Bis zuletzt hatte ver.di mit dem Arbeitgeber um die Notdienstvereinbarung gestritten, jedoch ohne sich zu einigen.

Kmiec kritisiert die mangelnde Verhandlungsbereitschaft des Arbeitgebers. Als Betriebsrat habe man versucht, vertrauensvoll zusammenzuarbeiten. Doch die Klinikleitung mache kein akzeptables Angebot und drohe stattdessen mit Kündigungen. Dagegen helfe nur Druck.

Die Forderung sei klar. „Die Leitwährung ist der Tarifvertrag nach TVöD“, sagt Kmiec. Das ist das, was die Beschäftigten wollen. Und das haben sie in einer Petition mit über 600 Unterschriften gegenüber dem Arbeitgeber kundgetan. In der Endstufe mache der Lohnunterschied bis zu 1.300 Euro brutto pro Monat aus, sagt Kmiec. „In der Summe ergibt das ein Einfamilienhaus, bezogen aufs Berufsleben.“

Ins Personal investieren

Auf einer Streikkonferenz im Oktober diskutierten die Beschäftigten die Asklepios-Argumente. Der Konzern handle fahrlässig, wenn er nicht für konkurrenzfähige Arbeitsplätze sorge, hieß es besorgt. Kmiec betont: „Um es klar zu sagen: Natürlich wäre der TVöD für Asklepios ­finanzierbar.“ Die größte Berufsgruppe sei der Pflegedienst und der werde komplett refinanziert. Zudem schreibe die ­Klinik seit Jahren hohe Gewinne. Mit mehr Personal könnten noch mehr Patienten behandelt und höhere Gewinne gemacht werden. Damit könnte ohne weiteres das geforderte Tarifniveau finanziert werden. „Wir gehen aber nicht allein für mehr Geld auf die Straße. Wir wollen, dass Asklepios ins Personal investiert.“

Auch die Delegierten des 5. ver.di-Bundeskongresses in Leipzig ­haben sich solidarisch gezeigt. In einer Erklärung vom 27. September 2019 heißt es: „Der zweitgrößte private Krankenhaus-Konzern in Deutschland, Asklepios, vermeidet Tarifverträge, wo immer es geht, als wären wir noch in Kaisers Zeiten.“

Nach Seesen sind nun auch in weiteren Asklepios-Kliniken die Beschäftigten auf den Barrikaden. Neues Personal zu finden, wird immer schwerer. Wer kann, wandert ab. Dorthin, wo besser gezahlt wird.

 

Quelle und Bild: ver.di.de