Hört das denn gar nicht auf. Seit über 20 Jahren steht fast täglich in der Tageszeitung im Lokalteil unter „Zwangsversteigerung“, dass in Kürze eine Wohnung, vorrangig in der nördlichen Innenstadt, versteigert wird. Besonders schlimm ist es, wenn man erst durch diese Anzeige erfährt, dass es sich dabei um die Wohnung handelt, die man selbst bewohnt.
Man fragt sich, wo kommen die ganzen Eigentumswohnungen in der Nordstadt eigentlich her. Ist da nicht etwas in der Wohnungspolitik extrem falsch gelaufen?
Hier geht es nicht nur um die wahrscheinlich im dreistelligen Zahlenbereich angesiedelten „Problemhäuser“ der Nordstadt, sondern um die ganz gewöhnlichen Auswirkungen der Umwandlung in Eigentum in den 1990ern Jahren. Diese Zockerei mit Wohnraum mit seinen fatalen Auswirkungen auf die Mieter in der Nordstadt ist auch eine der Hauptursachen für den Niedergang des Stadtteils insgesamt. Am Beispiel eines Hauses in der Scharnhorststraße wird das Ganze einmal beleuchtet.
Es handelt sich um ein 10-Familienhaus, das in den 1920er Jahren des vergangenen Jahrhunderts erbaut wurde.
Im Jahr 1999 schrieb die Hausverwaltung Kallen an alle Mieter des Hauses, dass eine Besichtigung des gesamten Hauses am 21.06.1999 stattfinden solle. Warum und weshalb wurde nicht mitgeteilt.
Zum Ende des Jahres wurde mitgeteilt, dass der neue Eigentümer die ImmonInventa, Grundbesitz GmbH, Castroper Str. 90, 44357 Dortmund, vertreten durch den Geschäftsführer, Herrn Thomas Huster, sei. Als Ansprechpartner bei allen Mietangelegenheiten wurde die ImmoInventa Objektmanagement genannt, Ansprechpartner hier war Herr P. Die Miete sollte ab dem 01.12.1999 an den neuen Besitzer entrichtet werden.
Am 15.12.1999 wurde Herr P. im Hausflur angetroffen, er wollte einen Mieter wegen einer anstehenden Wohnungsbesichtigung ansprechen, die ein Investor übernehmen wollte.
Wir mischten uns ein und wollten mehr über die Situation im Haus erfahren. Deswegen wurde dann Herr Huster telefonich gebeten, zu unserem Haus zu kommen und Auskunft über die Situation zu geben. Herr Huster kam und sagte zuerst, dass unsere Namen ihm sehr wohl bekannt seien und unsere Wohnung für 150 000 DM verkauft worden sei. An einen Investor, der nicht selbst hier wohnen möchte. Die leerstehenden Wohnungen im Haus seien auch schon verkauft.
Damit wir die Verträge einsehen konnten, bestanden wir auf unserem Vorverkaufsrecht und Herr Huster sagte, dass, wenn wir von dem Vorverkaufsrecht Gebrauch machen würden, wir zu den Konditionen kaufen müssten, wie sie im Vertrag mit dem jetzigen Käufer stünden. Das Geschäft müsste aber noch bis zum Jahresende über die Bühne gehen, da die Grundbucheintragung schon erfolgt sei.
Er kam mit dem Vorkaufsrecht ins Schleudern, ebenso mit unserer Bemerkung der 10- jähren Kündigungsfrist bei Umwandlungen in Eigentumswohnungen in Dortmund. Er wies darauf hin, dass die Abgeschlossenheitsbescheinigungen für alle Wohnungen bereits erteilt seien, bauliche Änderungen an den neuen Eigentumswohnungen seien nicht erforderlich.
Aus den uns zugesandten Unterlagen für das Vorkaufsrecht ging dann hervor:
Das ganze Haus wurde nach Aussagen des Vorbesitzers von der Firma ImmoInventa für 550 000 DM gekauft, dh. alle 10 Wohnungen als ein Paket.
Der neue Verkäufer, die ImmoInventa, hatte das Haus in Wohnungseigentum aufgeteilt, um die Abgeschlossenheitsbescheinigung von der zuständigen Behörde zu erhalten. Der Kaufpreis betrug für unsere Wohnung 150 000,00 DM. Eine jährlich garantierte Mieteinnahme in Höhe von 7.200 DM wurde zugesichert. In dem Vertrag wurde noch eine Baubeschreibung zugefügt, die auf eine umfangreiche Sanierung des Wohnaushauses verwies.
Thomas Huster hatte das gesamte Haus mit Grundstück und 10 Wohnungen für 550 000 DM erworben und innerhalb eines halben Jahres für 1.500.000 DM weiterverkauft. Da er auch aktiv mit den „Investoren“ zusammenarbeitete, d.h. mit Banken, die verbotene Kopplungsgeschäfte tätigten, waren natürlich noch zusätzlich Provisionen an ihn geflossen.
Eine Wohnung, die vorgeblich von dem Angestellten der ImmoInventa gekauft wurde, wurde schnell entkernt und grundsaniert. Nicht ohne einen Videofilm über die Bauarbeiten und die fertige Wohnung zu drehen, der den Kaufinteressenten gezeigt wurde, die aber die Wohnungen im Haus nicht selbst ansahen, sondern sich auf das Video verließen. Einige Wohnungen die verkauft wurden, waren gar nicht vermietet.
Am 03.01.2000 teilten wir ImmoInventa mit, dass wir auf das Vorkaufsrecht verzichten würden.
Die im Verkaufsvertrag aufgeführten Sanierungsarbeiten bleiben aber aus, die Grundsubstanz des Hauses verfiel weiter. Notwendige Reparaturen wurden von ImmoInventa – Objektmanagement trotz mehrmaliger Aufforderung nicht durchgeführt. Mit Hilfe des Mietervereins Dortmund wurden die Reparaturen noch mal eingefordert und eine Mietminderung in Aussicht gestellt.
Die Reaktion war eine Abmahnung für uns. Im Juli 2000 kam die erste Mieterhöhung.
Im Februar 2001 kam die 2. Abmahnung mit der Begründung, dass wir Unfrieden im Haus stifteten. Als nächstes sollte die Kündigung erfolgen. Hintergrund des Unfriedens war, dass wir die fälligen Sanierungen, Reparaturen, Übergabeprotokolle, Verbleib unserer Kaution und seit 3 Jahren überfällige Mietnebenkostenabrechnungen eingefordert hatten.
Im Mai 2001 erhielten wir ein Schreiben von ImmoInventa, dass die ImmoInventa Objektmanagement GmbH nicht mehr für den Einzug der Mietzahlungen zuständig sei und die Miete direkt an den Eigentümer der Wohnung gezahlt werden solle. Ein Eigentümerdatenblatt mit den Daten eines Ehepaares war beigefügt.
Am 01. Juni 2001 erhielten wir Post, von MH Finanz Consult GmbH, Langenackerweg 12, 97762 Hammelburg, in dem stand, dass die Miete nicht an das Ehepaar aus München sondern an einen Herrn aus Elfershausen zu überweisen sei. Die MH Finanz Consult GmbH gab an, dass der Herr aus Elfershausen die Wohnung von der MH FinanzConsult erworben habe.
Mit dem Schreiben wurde deutlich, dass die ganzen Eigentumsverhältnisse im Haus nicht stimmten.
2 Wochen später bekamen wir Besuch von 2 Männern der Katzmeier & Cimen GmbH, Breslauer Str. 3 b in 86899 Landsberg, die ausgaben, von einer großen Bayrischen Bank beauftragt seien, sich über die Wohnungen und das Haus zu informieren und es zu begutachten.
So wurde das Chaos immer größer. Einige Mieter hatten das Haus bereits verlassen und immer mehr Wohnungen standen leer, Eigentumsverhältnisse, Ansprechpartner, Hausenergieversorgung etc. – alles war nicht geregelt. Auf Anraten des Mietervereins hatten wir die Miete um 50 Prozent gekürzt. Handwerksbetriebe weigerten sich für uns zu arbeiten, da das Haus als „Insolvenzhaus“ bekannt wurde und keine Zahlungen an die Handwerkbetriebe zu erwarten waren.
In einem Schreiben wurden wird informiert, dass die Hausverwaltung durch Beschluss der verbliebenen Eigentümer auf der Eigentümerversammlung an eine alteingesessene Haus- und Wohnungsverwaltung in Castrop-Rauxel zum Jahreswechsel übergeben werden sollte.
Am 13.12.2001 stand in der Lokalpresse als Bekanntmachung: „In dem Insolvenzeröffnungsverfahren über das Vermögen der … ImmoInventa Objektmanagement GmbH, Castroper Str. 90, 44357 Dortmund, vertreten durch den Geschäftsführer Thomas Huster, Geschäftszweig Haus- und Wohnungsverwaltung ist der Eröffnungsantrag der Schuldnerin rechtskräftig… mangels Masse abgewiesen worden. Aktenzeichen 252 IN 53/01 Amtsgericht Dortmund“
Herr Huster selbst war aber weiterhin im Immobiliengeschäft tätig, allerdings als Angestellter seiner Ehefrau.
Nach der Rückkehr aus dem Urlaub zum Jahreswechsel 2001/2002 trafen wir in der Nachbarwohnung, die seit längerer Zeit nicht vermietet war, 5 obdachlose Jugendliche an. Sie hatten sich dort eingerichtet und hüteten ein offenes Feuer, da Gas und Strom abgestellt waren. Nach einiger Diskussion verließen sie die „besetzte“ Wohnung.
Mittlerweile zeigte sich schon der Verfall des Hauses und einzelner nicht bewohnter Wohnungen. Der Hinterhof mit ehemaliger Rasenfläche war völlig verwildert und das Dornengestrüpp und Buschwerk wucherte über 2 Meter hoch.
Im ersten Schreiben der neuen Hausverwaltung wurde uns erneut ein weiterer Eigentümer für unsere Wohnung benannt, den wir bisher nicht kannten.
Ein Jahr später wurde die Immobilien KG Schröter & Wendt, Castrop-Rauxel als Ansprechpartner für Miet- und Hausangelegenheiten genannt. Ein weiteres Jahr später übernahm diese Aufgaben dann die Hausverwaltung Rutzen in Castrop-Rauxel. Die Eigentumsverhältnisse im Haus wurden dann auch geklärt.
Unsere Situation, die einige Jahre andauerte, war gekennzeichnet durch:
- permanente Angst, die Wohnung und damit die vertraute Umgebung und soziale Kontakte zu verlieren
- unklare Besitzverhältnisse
- erhebliche Sicherheitsmängel, z.B. Haustür nicht mehr schließbar, fremde Personen liefen im Haus herum
- über längeren Zeitraum die einzigen „regulären“ Mieter im Haus zu sein
- Unsicherheit ob Mietkürzung gerechtfertigt ist
- fehlende Ansprechpartner
- keine Reaktion auf Mängelanzeigen, Reparaturanliegen etc.
- Stigmatisierung als die im Problemhaus verbliebene Mieter
- zeitweise unerträgliche, andauernde Umbaumaßnahmen mit Lärm und Schmutzbelästigung als altbekannte Methode der „Entmietung“
- teileweise brutalen „Entmietungsmethoden“ ausgeliefert zu sein
- ständige Drohungen seitens der Wohnungseigentümer/Objektverwaltung
- unter „Zwangsverwaltung“ zu stehen
- anstehende Zwangsversteigerung, das Mietverhältnis kann dann bei Eigenbedarf gekündigt werden
und
dass keine Investitionen im Haus und Umfeld mehr getätigt werden, alles verrottet und kaputt geht…
Wie ging es dann weiter?
Einer der größten Gläubiger des Vermieters, die Deutsche Bank Stuttgart, beantragte die Zwangsverwaltung unserer Wohnung. Wir erhielten Bescheid, dass unsere Wohnung in Beschlag genommen wurde. Endlose Verhandlungen mit dem Zwangsverwalter bzgl. Mietminderung begannen, da auch die erheblichen notwendigen finanziellen Eigenleistungen verrechnet werden mussten, die zum menschenwürdigen Wohnen erforderlich waren. Die angespannte Situation blieb dann einige Monate bestehen, bis das Amtsgericht Dortmund das Verfahren zur Zwangsverwaltung aufgehoben hatte, da die Bank den auferlegten Kostenvorschuss nicht gezahlt hatte.
Alles war wieder offen, kein Ansprechpartner, keine Sicherheit, kein Garnichts.
Dazu kam dann noch, dass über das Vermögen des nun endlich namentlich bekannten Wohnungseigentümers in München das Insolvenzverfahren beantragt wurde. Er hatte vor Jahren gleich zwei Wohnungen von der ImmoInventaGmbH erworben. Die zweite Wohnung befand sich im Haus in der Glückaufsegenstraße. Der Zustand dort ging mehrfach durch die Dortmunder Presse.
Einige Monate später wurde ein öffentlich bestellter Sachverständiger durch das Amtsgericht Dortmund beauftragt, den Verkehrswert der Wohnung zu ermitteln. Dieser wollte mit uns einen Termin zur Ortsbesichtigung vereinbaren. Ein Termin kam nicht zustande, da wir wussten, dass ausgiebig Fotos in das Gutachten eingefügt würden, die im Internet auf der Seite des Amtsgerichtes weltweit eingesehen werden können. Eine aktuell bewohnte Wohnung sollte also öffentlich in allen Einzelheiten gezeigt werden!
Der Verkehrswert wurde dann für die angekündigte Zwangsversteigerung ohne Innenbesichtigung erstellt und mit 33.000 Euro beziffert.
Im Sommer 2008 wurde die Wohnung im Wege der Zwangsvollstreckung versteigert.
Beim Gerichtstermin wurde deutlich, dass sich dort eine illustre Gesellschaft versammelte, die sich gut kannte. Die Stimmung glich der einer jährlich stattfindenden Familienfeier. Routiniert wurde dann unsere Wohnung abgewickelt. Versammelt waren, die Rechtspflegerin, Protokollantin, Vertreter der Bank und die üblichen nordstadtbekannten Miethaie, die die Schnäppchen abfischen und teuer weiterverkaufen oder neu vermieten wollten.
Den Zuschlag bekam für 17.000 Euro, so wie wir es erhofft und besprochen hatten, ein junger Mann, der in unserem Wohnhaus bereits mehrere Wohnungen ersteigerte hatte. Das war auch uns als Mieter recht, da so eine nachhaltige Lösung für alle unserer Probleme in Angriff genommen werden konnte.
Die geschilderte Wohnsituation, in der plötzlich unsere Wohnung zur Beute wurde, war für uns sehr anstrengend und nervenaufreibend. So wie es uns erging, ergeht es sehr vielen Mietern in der Nordstadt, die es ebenfalls trifft. Auch heute noch sieht man mehrmals wöchentlich in der Presse, dass wieder Wohnungen in der Nordstadt zwangsversteigert werden, ohne dass die Mieter Unterstützung finden.
Wir haben oft versucht, unsere prekäre Wohnsituation als wohnpolitisches Problem der Nordstadt im SPD Ortsverein, in der Gewerkschaft, im Nordstadtforum, im Nachbarschaftsforum des Quartiersmanagements und Arbeitskreisen zur „Sozialen Stadt“ zu thematisieren, ohne Erfolg – niemand war bereit, dieses Thema aufzugreifen. Vielleicht auch deshalb, weil kaum einer der Akteure der Nordstadt als Mieter dort auch wohnt oder so wie die frühere Ratsvertreterin der Nordstadt die Seiten gewechselt haben, die nun „Dr. Hetmeier Immobilien: Ihr freundliches Maklerbüro in Dortmund“ in der Nordstadt betreibt.
Lediglich der Mieterverein Dortmund und Umgebung eV. hat uns unterstützt, allerdings ohne das Thema als strukturelles Problem öffentlich anzuprangern und zu skandalisieren.
Am Beispiel der Schleswiger Straße kann man gut nachvollziehen, wo eigentumsbegründete, „marktwirtschaftlich“ ausgerichtete Wohnungspolitik hinführt, Wohnungen einer ganzen Straße zur Beute von skrupellosen Vermietern, windigen Spekulanten und Immobilienplayern wurden.
Als 1978 eine Gruppe von Studenten der Fachhochschule Dortmund, FB Sozialpädagogik, im Rahmen einer Langzeitstudie die Kommunikation unter den Mietern der Schleswiger Straße untersuchte und vieles fotografierten, waren in der Straße noch ein Supermarkt, Metzgereien, Schreibwarengeschäft, Friseure, Beerdigungsinstitut, mehrere Gastwirtschaften mit Sälen für Familienfeiern, Sattlerei, Kohlenhandel, Fahrschule, Tapetengeschäft etc. zu finden.
Als die Studenten ihre Fotoausstellung in Form einer Stellwandstraße (die Leute konnten durch ihre Foto-Schleswiger-Straße hindurchgehen) den Bewohnern der Straße präsentierten, kam die Lebendigkeit und Stabilität des Wohngebietes deutlich zum Ausdruck.
Die Schleswigerstraße war dann auch den Bedingungen ausgesetzt, die die gesamte Nordstadt seit den 1980er Jahren betrafen.
In der Nordstadt gab es einen Wohnungsmangel, sehr aktive Immobilienhaie und Hausbesetzungen. Der Zuzug von Aus- und Übersiedlern verstärkte den Wohnungsmangel und löste teilweise auch eine Wohnungsnot aus. Spekulanten aus dem süddeutschen Raum wurden zunehmend auf die Nordstadt aufmerksam. Sie wurden angezogen auch durch die heruntergekommenen und abgestoßenen Straßenzüge der Julius Ewald Schmitt GmbH an der Uhland-, Mallinckrodt- und Leibnizstraße. Die großen Vermieter, wie Hoesch Stahl und Veba Wohnen zogen sich aus der Nordstadt zurück und brachten ihre Häuser auf den Markt. Die Stadt Dortmund wollte sich von den aufgekauften Wohnungen in den Sanierungsgebieten trennen und diese an private Vermieter verkaufen. In den meist an Migranten vermieteten Wohnungen kam es zu menschunwürdigen Zuständen. In einigen Häusern an der Mallinckrodtstraße froren im Winter die Abwasserrohre zu, platzten und führten zu Überschwemmungen. In der Uhlandstraße wurden von den Miethaien die Heizungsanlagen bewusst zerstört, um die noch verbliebenen Mieter zu vertreiben. Spekulanten gingen in den Konkurs, Wohnungsleerstände wurden angeprangert und schrittweise beseitigt. Die Stadt Dortmund und Wohnungsgesellschaften bebauten die letzten Reserveflächen der Nordstadt mit öffentlich gefördertem Wohnraum, mit entsprechenden Mietobergrenzen und Belegungsbindungen. Mitte der 1990er Jahre entspannte sich der Wohnungsmarkt in der Nordstadt dann wieder etwas.
Ein Relikt aus dieser Zeit ist das weit bekannte „Horrorhaus“, das Hochhaus an der Kielstraße. So wie es auf dem Titelfoto zu sehen ist, steht es nun seit dem Jahr 2002 leer in der Nordstadt.
In den letzten Jahren ging es immer wieder um die drohende Privatisierung der öffentlichen und industriegebundener Wohnungsbestände in der Nordstadt. Nach der immer gleichen Vorgehensweise droht der Ausverkauf an anonyme Hedgefonds. Diese neuen großen Eigentümer, aber auch die kleineren privaten Spekulanten, kommen für eine Bestandsentwicklung nicht mehr in Frage und die Stadt Dortmund steht oft ihren aggressiven Rechtsabteilungen gegenüber.
Diese Entwicklung hat auch die Schleswigerstraße verändert. Bei ihr kam noch hinzu, dass viele Wohnungen für die Zuwanderer aus den Osteuropäischen Ländern als Schlafstätten umgewandelt wurden. Viele Familien und längjährige Mieter verließen die Schleswiger Straße, auch weil seitens der Vermieter massiver Druck ausgeübt wurde.
Mittlerweile gehört die Schleswiger Straße zu den unattraktivsten und verfallensten Wohnstraßen in der Dortmunder Nordstadt, in der viele Wohnhäuser komplett leer stehen. Das Beispiel zeigt gut, dass sich die Schwierigkeiten um die sogenannten Problem- oder Schrottimmobilien verdichten und dann leicht ganze Stadtbereiche von den Vernachlässigungstendenzen erfasst werden.
So kann man sich den Forderungen des Deutschen Mieterbundes, Nordrheinwestfalen e.V. zum Bestandschutz nur anschließen:
- „Die kommunale Wohnungsaufsicht sollte als „Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung“ verankert werden und nicht mehr unter die freiwilligen Aufgaben der Kommune fallen.
- Die kommunale Wohnungsaufsicht sollte die auf die Wohnungsaufsicht bezogenen Kompetenzen der Fachämter fallbezogen abfragen und bündeln (z.B. Ordnungsamt, Gesundheitsamt, Bauordnungsamt).
- Weiterhin sollten durch gemeinsame Konzepte von z.B. Wohnungsamt, Stadtplanungsamt und Sozialamt Strategien zur Entwicklung einzelner Quartiere erreicht werden. Ergänzend zu bisherigen Konzepten der integrierten Stadterneuerung sind hier fallbezogen auch Auffangkonzepte für wohnungswirtschaftlich problematische Quartiere zu entwickeln.
- Eine kleinräumige Wohnungsmarktbeobachtung von Problemimobilienbereichen sollte innerhalb der Kommune als integraler Bestandteil kommunaler Wohnkonzepte bzw. der Aufgaben der Wohnungsaufsicht verankert werden.
- Eigentümer einer vermieteten Wohnung (Mietwohnungen und vermietete Eigentumswohnungen) sollten verpflichtet werden, eine ladungsfähige Anschrift im Inland zu hinterlegen, unter der sie erreichbar sind und ihnen Ordnungsverfügungen, Klagen oder andere Dokumente zur Durchsetzung rechtlicher Ansprüche rechtswirksam zugestellt werden können.
- Eigentumsübergänge auch sog. Share-Deals – müssen gemeldet werden
- Es sollten auch für den Bereich der Verwaltung von Mietwohnraum Mindeststandards definiert werden, um eine ordnungsgemäße Verwaltung zu gewährleisten.
- Die Voraussetzungen für den Erlass einer Anordnung sollten nicht mehr davon abhängig gemacht werden, ob die Vornahme für den Eigentümer wirtschaftlich vertretbar und zumutbar ist.
- Ein Verstoß gegen „Mindestanforderungen“ führt zu einer starken Einschränkung des Gebrauchs der Wohnung. Er sollte dazu führen, dass die Verwaltung zur Sicherung der Mindestanforderungen eingreift.
- Die derzeit in § 40 Abs. 4 Wohnraumförderungs-/-nutzungsgesetz NRW (WFNG) vorgesehene Satzungsermächtigung zur Abwendung der Zweckentfremdung von Wohnraum sollte durch einen Genehmigungsvorbehalt der Kommune ersetzt werden und ergänzend eine Satzungsermächtigung vorsehen.
- Kooperationsvereinbarungen zwischen den örtlichen Jobcentern und Kommunen und örtlichen Mietervereinen können diese Gruppe der Mieterschaft dabei unterstützen, vermehrt ihre Rechte wahrzunehmen, insbesondere im Falle von Wohnungsmängeln, aber auch bei oftmals überhöhten Betriebskostenabrechnungen und Mieterhöhungen. Neben den wohnungspolitischen Effekten sind Einsparungen auf Seiten der Kommunen zu erwarten.
- Damit die Wohnungsaufsicht wirklich wirksam wird, werden Ersatzvornahmen unvermeidlich sein, so dass die Absicherung und Realisierung verauslagter Kosten gesichert werden muss.
- Zur Vermeidung von weiteren Fehlentwicklungen im vernachlässigten Wohnungsbestand, die im Wesentlichen durch Weiterverkäufe verschärft werden, sollte die Bildung von Instandhaltungsrücklagen für Wohngebäude oder/und Wirtschaftseinheiten1 nach deren Veräußerung im BGB geregelt werden.
- Wir fordern die Einführung eines für alle Mieter geltenden Kündigungsschutzes von einem bis zu drei Jahren bei Verkauf eines Wohnungsbestands analog zur Kündigungssperrfrist bei Umwandlung in Eigentum im Bürgerlichen Gesetzbuch. Zu beachten ist nämlich, dass Teilverkäufe von Beständen der Finanzinvestoren wieder zunehmen könnten (Erhöhung der Eigenkapitalquote).
- Verbandsklagen sollten auch in den Fällen möglich sein, in denen Vermieter gegen geltendes Recht und Rechtsprechung verstößt.
- Ist die Wirtschaftlichkeit von Betriebskosten in Frage gestellt, ist es nach aktueller BGH Rechtsprechung Sache des Mieters, den Nachweis der Unwirtschaftlichkeit zu erbringen. Eine Umkehr dieser Beweislast auf den Vermieter muss erfolgen.
- Die Verbesserung der steuerlichen Rahmenbedingungen für Wohnungsgenossenschaften, da sie einen wesentlichen Beitrag zur Lösung der kommunalen Wohnungsprobleme in den vernachlässigten Gebieten leisten“.
Für die betroffenen Mieter in den „Problemhäusern“ ist es ganz wichtig, dass sie professionelle Hilfe und Unterstützung erhalten. Sie müssen gezielt aufgesucht und besucht werden. Bei ihnen muss angeschellt werden, um sie vor Ort zu unterstützen, ihnen zu helfen, sich zu organisieren und sich zu wehren.
In der WAZ ist Anfang September 2014 unter „Zwangsversteigerung“ zu lesen: Eigentumswohnung, Alsenstr. 73, 44145 Dortmund-nördliche Innenstadt, Verkehrswert 29 000 €……….
Hört das denn gar nicht auf?
Quellen: Deutscher Mieterbund/NRW e.V., Ruhrnachrichten, WAZ
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