Internationale Strategien zur Stabilisierung der Machtverhältnisse – die totale Überwachung ist erreicht

Nach dem Ende der bipolaren Welt im Jahr 1989 und dem Abhandenkommen von Gegnern und Grenzen wurden unter der Regie der USA auch alle Einschränkungen im Verkehr von Gütern und Kapital aufgehoben. Dies zu einem Zeitpunkt, an dem sich fast die Hälfte der Staaten der Welt erstmalig dem ausländischen Kapital öffnete, das dann auf ein riesiges Angebot an billigen und qualifizierten Arbeitskräften, einem enormen Vorkommen an Naturschätzen und einem noch nicht da gewesenen großen Absatzmarkt traf. Das kam vor allem dem Kapital der USA, als neue unipolare Macht zugute.

Gleichzeitig bekam die Verbreitung des Neoliberalismus einen Schub, bei dem das Kapital von Einschränkungen befreit und der Arbeitsschutz, die öffentliche Daseinsvorsorge und der Sozialstaat nachhaltig abgebaut wurden.

Vor dem Hintergrund des globalen Kapitalismus mit seinen sozialen Desintegrationsprozessen wurden parallel dazu internationale Strategien entwickelt, um zu gewährleisten, dass die Machtverhältnisse auch stabil bleiben. Dazu wurde vor allem die Polizei militarisiert, das Militär im Inneren einsetzbar gemacht und es gibt mittlerweile kaum ein gesellschaftliches Problem mehr, auf das seitens der Politik nicht mit der Verschärfung des Strafrechts reagiert wird. Gleichzeitig wurde ein Überwachungssystem errichtet, in dem die Bevölkerung total überwacht, von jeder Person massenhaft Informationen gesammelt, sie erpressbar gemacht und ein immenses Meinungs- und Unterhaltungsangebot mit dem Internet aufgebaut wurde, damit die Massen beschwichtigt und abgelenkt werden.

Das digitale Zeitalter hat Überwachung so billig und einfach gemacht, wie noch nie, auch deshalb, weil ein Großteil der Daten freiwillig von den SMART-Phons geliefert werden.

Umfassend bekannt wurde die Möglichkeit der vollständigen Kontrolle aller Menschen weltweit durch die Enthüllungen von Edward Snowden. Das sogenannte PRISM-Programm der National Security Agency (NSA) verschafft dem Geheimdienst einen direkten Zugriff auf die Daten von Google, Facebook, Microsoft, Yahoo, Paltalk, Youtube, Skype, AOL und Apple. Diese Möglichkeit kostet lediglich 20 Millionen Dollar pro Jahr, bei einem Jahresbudget der NSA von weit über 10 Milliarden Dollar.

Massenhaft Informationen über die Bevölkerung sammeln

Obwohl das World Wide Web im Jahr 1989 im Forschungslabor der Europäischen Organisation für Kernforschung (CERN) in Genf erfunden wurde, ist es schnell zu einem rein US-amerikanischen Unternehmen geworden. Mehr als 90 Prozent des weltweiten Internetverkehrs wird über Technologien abgewickelt, die sich im Besitz von der US-Regierung selbst oder von US-Firmen befinden, von ihnen entwickelt wurden die heute mehr denn je am Ein- und Ausschalter des Systems sitzen und dies jeder Zeit bedienen können.

Auch die Software ist überwiegend in US-amerikanischen Händen, genauso wie Hardware und anderes Zubehör, wie Chips, Router, Modems und Plattformen. Der Mailverkehr, die sozialen Netzwerke und Speichersysteme in der Cloud sind in der Regierungshand oder werden von Privatfirmen wie Amazon, das der Regierung Cloud-Dienste und das halbe Internet bereitstellt, betrieben.

Selbst wenn diese Unternehmen im Ausland produzieren, unterliegen sie dem US-amerikanischen Recht. Damit ist die US-Regierung in der Lage, alle Menschen zu beobachten, die einen Computer oder ein Telefon bedienen.

„Kooperation der Dienste“ mit Telekommunikations- und Softwareunternehmen

Im Januar 2007 wurde durch die Berichte der Washington Post die Zusammenarbeit zwischen Microsoft und der NSA bekannt. Microsoft begründete diese Kooperation damit, dass dies die Sicherheit ihres Betriebssystems erhöht habe und das Unternehmen aufgrund seiner herausragenden Marktstellung die Kompatibilität ihrer Produkte mit den Bedürfnissen der (amerikanischen) Regierung sicherstellen wollte. Andere IT-Unternehmen folgten schnell dem Beispiel von Microsoft.

Auch das deutsche Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik hielt die Kooperation der Firmen mit Geheimdiensten für „eher vorbildlich als verwerflich“ und betonte die „Win-Win-Situation“ für den Endnutzer sowie für die Unternehmen.

Berichte über die Zugriffsmöglichkeiten der NSA auf die Betriebssysteme der IT-Unternehmen wurden rasch als Verschwörungstheorien abgetan.

Seit Anfang 2012 ist die NSA Mitentwickler des Betriebssystem „SELinux“ und hat auch das „SEAndroid“ Betriebssystem für Google entworfen. Ein Jahr später wurde bekannt, dass die NSA im Rahmen des Programms „Planing tool for Resource Integration, Synchronization und Management (PRISM)“ in großem Umfang weltweit das Internet ausspähen soll, indem es systematisch die Daten großer Konzerne wie Google, Microsoft, Yahoo, Paltalk, Youtube, Skype, AOL und Apple und deren Nutzer auswertet.

Kabel und Cloud

Große Teile der Daten im Internet laufen über Glasfaserkabel, viele internationale und interkontinentale Verbindungen laufen über Seekabel. Um diese Datenströme zu leiten liegen auf den Meeresböden seit fast 50 Jahren entsprechende Kabel die das weltweite Netz verbinden.

Geheimdienste wie die NSA nutzen viele verschiedene Technologien, um Kommunikationsverkehre abzuhören und zu speichern. Neben dem Hacken von Systemen können sie auch durch die Kooperation mit Betreibern an die gewünschten Daten kommen. Der Telekommunikationskonzern AT&T hat der NSA in San Francisco exklusiv einen eigenen Raum gegeben, in den es die Daten lieferte. Ein Anzapfen der Kabel selbst ist ebenfalls gängige Praxis und wird mit verschiedenen Techniken ausgeführt: Am einfachsten ist die Attacke auf die Lichtsignale, in dem die Glasfaserstrecke aufgetrennt und ein zusätzliches Gerät zwischen Sender und Empfänger eingebaut wird. Mit der Splitter-Coupler-Methode biegen Angreifer die Glasfasern, um mittels spezieller „Biegekoppler“ dann heimlich auf den Informationsfluss zugreifen zu können. Nicht nachweisbar sind Einbrüche, die den direkten Kontakt mit der Datenleitung völlig vermeiden (non-touching methods). Solche Angriffsmethoden beruhen darauf, dass aus jedem Kabel minimale Lichtmengen strahlen, die mit hochempfindlichen Fotodetektoren aufgefangen und verstärkt werden.

In Deutschland gibt es Übergabepunkte auch bei Telekomanbietern, sie heißen hier Sina-Boxen. Der Vorgang läuft so ab: Die Behörde schickt einen Gerichtsbeschluss mit der Datenanforderung, das Unternehmen prüft ihn und gibt anschließend die Daten frei. Die werden dann über die Schnittstelle automatisch an den Dienst übertragen.

Viel effektiver und umfassender als das Anzapfen der Kabel ist das Cloud Computering, bei dem weltweit sich die Menschen anmelden, freiwillig ihre Videos, Musikfavoriten, Fotos und private Kommunikation in der „Wolke“ abladen und sich den Anbietern dieses Services bedingungslos unterwerfen. Gelockt werden die Datenlieferanten damit, dass sie mit jedem PC, Smartphone, Laptop und Tablett ohne irgendwelche teuren Zusatzgeräte, ihre Daten dort in den riesigen Speicherzentren ablegen und verwalten lassen können. Verwalten heißt hier, dass dem einzelnen Nutzer seine eigenen Daten nicht mehr gehören und wenn er sie nicht auf seinen eigenen Geräten abgespeichert hat, sind sie weg. Er hat alles abgetreten und die Unternehmen können nach Belieben damit machen, was sie wollen. Mit ihren bis zu 6000 Seiten umfassenden Verträgen haben sich die Firmen diese Rechte gesichert. Gesichert haben sie auch ihr Recht, Daten willkürlich zu löschen, den Nutzen den Zugriff auf seine gespeicherten Daten zu verweigern und eine Kopie in der Firmenablage abzuspeichern oder ohne das Wissen und Einverständnis an die Behörden aushändigen zu können.

Metadaten

Ende des letzten Jahrtausends bereiteten die gigantischen Datenmengen, die beim Abhören anfielen noch große Probleme. Aber die steigende Rechenleistung von Supercomputern und Mega-Rechenzentren ermöglichen es, dass heute ein einzelner Analyst in den Diensten Informationen aus riesigen Mengen von Rohdaten extrahieren kann. Aber nicht nur die Quantität der Daten musste in den Griff bekommen werden, auch die Qualität der Unmengen an Daten warfen Probleme auf.

Heute haben die Informationen Priorität, die ungeschrieben sind, unausgesprochen werden, aber viel über die Verhaltensmuster des einzelnen Menschen aussagen. Hier wurde der Begriff der Metadaten kreiert, gemeint sind Aktivitätsdaten, die Auskunft geben über alles, was mit den elektronischen Geräten gemacht wird und was die Geräte selbständig tun. Bei einem Telefonanruf umfassen solche Metadaten Datum, Uhrzeit und Dauer des Anrufs, die Nummer, des Anrufers, die Nummer des Angerufenen und seinen Aufenthaltsort. Bei einer E-Mail können die Metadaten Auskunft geben, auf welchen Computertyp geschrieben wurde, wem der Computer gehört, wo, wann und von wem die Mail gesendet wurde, wer sie erhalten hat und auch wer eventuell außer dem Sender und Empfänger wo und wann ebenfalls Zugang zur E-Mail hatte.

Die Metadaten geben auch über sehr private Dinge Auskunft. Dem Überwacher verraten sie, wo die Person übernachtet hat, wann sie aufgestanden ist und verraten, wo sie sich aufgehalten hat und wie viel Zeit sie dort verbracht hat und damit auch mit wem sie Kontakt hatte und wer mit ihr.

Metadaten liefern genau die Informationen, die als Ausgangspunkt für die Überwachung benötigt werden. Dabei helfen vor allem die Metadaten die automatisch entstehen und die der einzelne Mensch nicht beeinflussen kann. Die Maschine sammelt, speichert und analysiert eigenständig, ganz autonom und Diskretion ist dabei ein Fremdwort. Sie kontaktiert den nächsten Mobilfunkmast und sendet Signale aus, die niemals lügen.

Für die Geheimdienste können die Aktivitätsaufzeichnungen nicht nur durch die Analyse flächendeckender Daten ein Bild vom großen Ganzen bieten, auch im kleinen Bereich können sie punktgenaue Zusammenfassungen über das Leben einer Person erstellen und sie meinen sogar, Vorhersagen über ihr zukünftiges Verhalten ableiten zu können.

Die Internetüberwachungsprogramme PRISM und Upstream Collection

Mit der Einführung des Überwachungsprogramms PRISM konnte die NSA-Daten in einer unglaublichen Anzahl sammeln. Sie generiert sie aus E-Mails, Fotos, Video- und Audiochats, Webbrowsing-INHALTE, Anfragen an Suchmaschinen und alle Daten, die in den Clouds gespeichert waren. Dazu kommen noch die routinemäßig gelieferten Daten von Google, PalTalk, YouTube, Microsoft, Yahoo, Facebook, Skype, AOL und Apple.

PRISM ist nicht allein eine Software oder ein Datenzentrum, es besteht aus mehreren Komponenten. Die wichtigste ist dabei eine Ausleitungsschnittstelle, über die Daten von den Firmen an die Dienste übergeben werden. Dabei funktioniert sie wie ein elektronischer Briefträger.

Das Programm Upstream Collection ermöglicht die permanente Datensammlung unmittelbar aus der Internetinfrastruktur des privaten Sektors, hervorgeholt aus den Switches und Routern, die den Internetverkehr aus den am Meeresboden verlegten Kabeln oder über die Satelliten abwickeln. Das Programm ist mit seinen Werkzeugen in Lage, ganz nah an der überwachten Person und seiner Privatsphäre zu operieren. Jedes Mal wenn die Person eine Website besucht, einen Webbrowser öffnet, die URL eingibt, geht die Anfrage auf Serversuche. Bevor die Anfrage den entsprechenden Server erreicht, muss sie aber die mächtigste Waffe der NSA die sogenannte TURBULENCE durchlaufen. Bei dem Durchlauf muss die Anfrage einige „schwarze Server“ überwinden, die übereinander gestapelt kaum größer als ein Quadratmeter sind und in allen verbündeten Staaten in besonderen Räumen der Telekommunikationsunternehmen aufstellt sind, ebenso auf US- Militärstützpunkten und in US-Botschaften rund um den Globus.

Die TURBULENCE enthält 2 wichtige Werkzeuge:

  1. TURMOIL betreibt das „passive Datensammlung“ indem es Kopien der durchlaufenden Daten sammelt und bei seiner Wächterfunktion untersucht sie die Metadaten, ob sie etwas enthalten, was „prüfungswert“ erscheint bis hin zu bestimmten Schlüsselwörtern. Werden die Daten als verdächtig eingestuft, gibt TURMOIL den Internetverkehr weiter an die
  2. TURBINE, dieses Werkzeug gibt die Anfrage an die Server der NSA weiter. Dort wird mit Hilfe von Algorithmen entschieden, welche Schadprogramme der NSA gegen die Person eingesetzt werden. Die Entscheidung wird durch den Typ der Website die anfragt begründet oder durch die Software des Computers und die Art der Internetverbindung. Das ausgewählte Schadprogramm wird dann wieder an die TURBINE gesendet. Diese führt das Schadprogramm zurück in den Kanal des Internetverkehrs und liefert sie dem Anfragenden frei Haus zusammen mit der gewünschten Website. Der gesamte Vorgang dauert weniger als 680 Millisekunden, ohne dass der Nutzer etwas mitbekommen hat. Ab diesem Zeitraum gehört das gesamte digitale Leben des Nutzers dem Geheimdienst.

Beide Programme können durch die obligatorische Datensammlung auf den Servern der Provider (PRISM) und durch die unmittelbare Datensammlung aus der Internetinfrastruktur (Upstream Collection) über den gesamten Globus Informationen überwachen, egal ob sie gespeichert oder übermittelt wurden.

Uneingeschränkte Unternehmensmacht gekoppelt mit unkontrollierbaren staatlichen Diensten

Das Internet ist eine grundlegende Infrastruktur für die Ausübung zahlreicher Menschenrechte. Konzerne wie Facebook und Google sind Torhüter dieser digitalen Welt. Sie haben eine historisch einmalige Macht über den „digitalen öffentlichen Platz“ und bestimmen auch, unter welchen Bedingungen und mit welchen Einschränkungen Meinungs- und Informationsfreiheit online ausgeübt werden können und welchen Preis man dafür zahlen muss.

Die Dominanz von Onlinediensten, wie sie IT-Riesen wie Google und Facebook anbieten, geben diesen Unternehmen eine nie dagewesene Macht über die persönlichsten Daten von Millionen Menschen: 2,8 Milliarden Personen pro Monat nutzen einen Facebook-Dienst, mehr als 90 Prozent aller Internetsuchen finden auf Google statt und mehr als 2,5 Milliarden Handys nutzen das Google-Betriebssystem Android.

Konzerne wie Facebook und Google sammeln Daten in einem unfassbaren, nie dagewesenen Ausmaß – unbeschränkt, dauerhaft. Dies umfasst nicht allein freiwillig zur Verfügung gestellte Informationen, sondern die digitale Erfassung und Überwachung aller Aktivitäten, weit über die Nutzung einzelner Social-Media-Plattformen hinaus. Auch ist es nicht auf die Daten derer beschränkt, die sich bewusst dafür entschieden haben, diese Dienste zu nutzen.

Während internationales Recht und Verfassungen elementare Menschenrechte garantieren, staatliche Behörden reglementieren und diese einer rechtsstaatlichen Gewaltenkontrolle unterwerfen, haben diese Konzerne ein privates Überwachungsregime geschaffen, welches sich der unabhängigen öffentlichen Kontrolle weitgehend entzieht. Parallel zum Ausbau des weltweiten Überwachungssystems, wird die Bevölkerung total ausgehorcht, von jeder Person massenhaft Informationen gesammelt, sie erpressbar gemacht und gleichzeitig dazu wurde ein immenses Meinungs- und Unterhaltungsangebot mit dem Internet aufgebaut, mit dem man die Massen beschwichtigen und ablenken will. Dazu kommt, dass die USA und auch die europäischen Staaten über ein Heer von Einflussjournalisten in Kooperation mit der monopolisierten Medienmacht verfügt, die globale Kommunikation weitgehend steuert.

Mehr noch, in der Zusammenarbeit der staatlichen Behörden und Geheimdienste, IT-Unternehmen und Medienkonzernen ist ein Überwachungssystem entstanden, das sich selbst George Orwell in seinem utopischen Roman „1984“ nicht ausmalen konnte.

 

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Was macht eigentlich Edward Snowden?

Der frühere US-Geheimdienstagent veröffentlichte im Jahr 2013 streng geheime Unterlagen, die belegen, wie die USA und Großbritannien jahrelang die elektronische Kommunikation der Weltbevölkerung überwachten. Bespitzelt wurden auch Staats- und Regierungschefs angeblich befreundeter Länder. Snowden bemühte sich weltweit um Asyl, weil die USA ihn jagten. Am Ende fand er in Russland Zuflucht. Das ließ den Verdacht, der von den USA auch gezielt gestreut wurde, aufkommen, er sei russischer Spion.

Das bei Redaktionsschluss letzte, von ihm selbst autorisierte Lebenszeichen datiert vom 26. Februar 2023. Auf seinem Twitter-Kanal verlinkte Edward Snowden an jenem Tag einen Artikel des Wall Street Journal1 mit der Bemerkung: »Erinnert Ihr Euch an die Reaktion der >Institutionen< und der sozialen Medien in der ersten Hälfte des Jahres 2020, wenn jemand dem Konsens widersprach? Sie wurden für das >Verbrechen< der >Desinformation< bestraft. Es darf nie wieder erlaubt werden, dass Konzerne die Sprache kontrollieren.«

Wer mit Edward Snowden in Kontakt treten mochte, ohne direkt mit russischen Behörden kommunizieren zu müssen, kann Snowdens Twitter-Konto, sein Substack­ Konto (wo auch Seymour Hersh aktiv ist) und sein Konto auf der Plattform IRIS nutzen.

Dass Snowden seit 2013 im Großraum Moskau lebt, ist bekannt. Laut der staatlichen russischen Nachrichtenagentur TASS wird sein genauer Aufenthaltsort »aus Sicherheitsgründen nicht bekannt gegeben«, wobei er »regelmäßig« St. Petersburg und Sotschi besuche. TASS zitiert Snowden mit den Worten, er habe sich in Russland anfangs »ängstlich und allein« gefühlt.

Das änderte sich, als seine Freundin Lindsey Mills nach Russland kam. Dort heirateten sie 2017, dort kam auch am 26. Dezember 2020 ein gemeinsamer Sohn zur Welt. Die Geburt eines zweiten Kindes teilte Edward Snowden eher beiläufig in einem Tweet am 18. Mai 2022 mit: »Mit zwei Kindern unter zwei Jahren habe ich das Gefühl, die Bedeutung einer ,freien Stunde‘ vergessen zu haben. Selbst wenn sie schlafen, muss man für sie planen, einkaufen oder lesen. Ich weiß nicht, wie Eltern jemals etwas zustande bringen.« Beide Kinder haben die russische Staatsbürgerschaft, Snowden erhielt seine am 26. September 2022 durch Erlass von Staatspräsident Putin.

Am 2. Dezember 2022 bekam er nach dem obligatorischen Eid auch seinen russischen Pass, wie Snowdens Anwalt Anatoli Kutscherena auf TASS-Nachfrage bestätigte: »Ja, erhalten. Eid geleistet.« Auch Snowdens Ehefrau habe die russische Staatsbürgerschaft beantragt.

Den Vorgang kommentierte US-Außen­amtssprecher Ned Price mit den Worten: »Das Einzige, was sich vielleicht geändert hat, ist, dass er aufgrund seiner russischen Staatsbürgerschaft nun anscheinend zum Kampf in Russlands Krieg in der Ukraine eingezogen werden kann.«  Das schloss Snowden-Anwalt Kutscherena aus: »Da Edward nicht in der russischen Armee gedient hat, keine Übung und Erfahrung im Militärdienst hat, unterliegt er nicht der Wehrpflicht«, erklärte er der nicht staatlichen russischen Nachrichtenagentur Interfax.

Ob die Snowdens reisen können, ist unbekannt, womit der Whistleblower seinen Lebensunterhalt bestreitet ebenso. Die Tantiemen aus seinem Buch und mehr als fünfzig Reden in Hohe von rund 5 Millionen US-Dollar wollte die US-Regierung konfiszieren. Snowden akzeptierte die Strafe, deponierte das Geld aber auf einem Sperrkonto, weil eine juristische Auseinandersetzung mit US-Behörden noch nicht abgeschlossen war.  Für seine Tätigkeit als Rektor der Uni Glasgow, wozu ihn die Studenten 2014 für drei Jahre gewählt hatten, erhielt er keine Aufwandsentschädigung.

Barton Gellman, einer der drei US- Journalisten, denen Snowden 2013 die NSA-Datensatze übergeben hatte, führte im Dezember 2013 mit ihm in Moskau ein Interview, das er in seinem Buch »Dark Mirror« verarbeitete. Darin zitiert er Snowden mit den Worten, seine Unterstützer aus dem Silicon Valley hatten ihm »genug Bitcoins geschickt, um davon zu leben, bis die verdammte Sonne stirbt«.

Damals lag der Wert für einen Bitcoin bei rund 1000 US-Dollar. Es ist nicht bekannt, wie viele Bitcoins Snowden besitzt. Überdies relativierte er in einem Video­ Gespräch während des Fachkongresses »Camp Decrypt« am 18. November 2022 seine Aussage, wonach seine Antwort an Gellman rein privater Natur gewesen sei, man nicht alles glauben solle, was man in der Presse lese und ansonsten kein Risiko bestehe, dass er verhungere. Auf die Frage, ob er für eine russische IT-Firma arbeite, ging Snowden nicht ein, und der Moderator hakte auch nicht nach. (Auszug aus: Hintergrund-Das Nachrichtenmagazin 7/8/23)

 

 

 

 

 

 

Quellen: netzpolitik.org, Permanent Record/ Meine Geschichte von Eward Snowden, Gegenrevolution von Bernard E. Harcourt, Amnesty-Bericht: "Surveillance Giants“, George Orwell: 1984 

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