Schwerter zu Pflugscharen! – diese Parole der Friedensbewegung der 1980er Jahre war – nach anfänglichem erheblichem ´Fremdeln´- spätestens auch ab 1983 ein gewerkschaftliches Kampfmotto, insbesondere der IG Metall. Damals stand die Rüstungskonversion im Mittelpunkt gewerkschaftlicher Kämpfe – heute ist davon in der konkreten gewerkschaftlichen Betriebsarbeit nichts mehr übrig! In Görlitz wird der traditionsreiche Waggonbau zugunsten der Panzerproduktion begraben – und die IG Metall klatscht Beifall.
Der neue Zweck des Werks? Die Produktion von Rüstungsgütern für den deutsch-französischen Panzerbauer KNDS. Es ist eine gewerkschaftliche Zeitenwende, die sich als ´Rechts schwenkt, Marsch!´ zum Burgfrieden selbst als Kapitulation vor der Logik des Krieges und den Profitinteressen des Militärisch-Industriellen-Komplexes entlarvt – jenseits aller eigenen gewerkschaftlichen Prinzipien und Beschlusslagen!
Was in den 1980er, 1990er und selbst bis Mitte der 2000er Jahre ein zentraler Bestandteil gewerkschaftlicher Kämpfe war – der Widerstand gegen weltweite Kriege, Militarismus und die Kriegsindustrie – wird heute von vielen Betriebsräten und Gewerkschaftsvertreter*innen unter dem Motto „Arbeitsplatzsicherung – egal wie!“ aktiv verraten und im wahrsten Sinne des Wortes ´meistbietend verkauft´- so wie jetzt in Görlitz.
Dass aus der traditionsreichen Fertigung von Schienenfahrzeugen nun Teile für den Radpanzer Boxer hervorgehen, scheint für die zuständigen IG Metall-Repräsentantinnen kein Problem mehr zu sein. Dieselbe Gewerkschaft, die sich noch 2019 für die Umstellung von Rüstungsbetrieben auf zivile Produktion starkmachte, segnet nun den umgekehrten Weg ab. Verrat am Frieden – Verrat an der eigenen Beschlusslage und den eigenen Mitgliedern!
Die schwierige Annäherung der DGB-Gewerkschaften an die Friedensbewegung und ihre spätere zentrale Rolle
Am 22. Dezember 1955 hieß es in der Stellungnahme des DGB-Bundesvorstandes zur im November erfolgten Gründung der Bundeswehr, erkennbar im Bewusstsein des ´antifaschistischen Konsenses´ der Nachkriegsjahre noch ziemlich eindeutig: „Eine Politik der Vollbeschäftigung, ausreichende Fürsorge für Sozialrentner, Flüchtlinge und Arbeitsunfähige und vor allem das Mitbestimmungsrecht der Arbeitnehmerschaft und Gewerkschaften in der Wirtschaft sind bessere Garantien für Frieden und Sicherheit als Panzerdivisionen.“ Das entscheidende Mittel, das allein Frieden und Sicherheit gewährleisten könne, sei die Herstellung sozial gerechter und wirtschaftlich vernünftiger Zustände. Und in einer Entschließung des DGB-Kongresses im Oktober 1956 hieß es in deutlicher Abgrenzung gegen die Einführung der Wehrpflicht: „In der Bundesrepublik haben Bundesregierung und Bundestag über die Warnungen und Willensbekundungen auch der Gewerkschaften hinweg die Errichtung einer ‚Bundeswehr‘ auf der Grundlage der allgemeinen Wehrpflicht beschlossen. Der DGB bedauert diese Entwicklung. Er lehnt die Aufrüstung in beiden Teilen Deutschlands nach wie vor ab. Der DGB wird die Kräfte unterstützen, die Willens sind, mit demokratischen Mitteln die Wiederbewaffnung im gespaltenen Deutschland und die Wehrpflicht wieder rückgängig zu machen“.
Aber bereits keine zweieinhalb Jahre später – obwohl durch die DGB- und IG-Metall-Vorsitzenden Willi Richter und Otto Brenner prominent beteiligt am Ausschuss ´Kampf dem Atomtod´– konnten sich die DGB-Gewerkschaften nicht zu weitergehenden Maßnahmen im Kampf gegen die Stationierung von US-Atomwaffen in Deutschland durchringen. Generalstreiks oder auch die vorgeschlagene symbolische Niederlegung der Arbeit für fünf Minuten lehnte der DGB ab.
Und obwohl viele Gewerkschafter*innen mit ihrer gewerkschaftlichen Funktionsangabe aktiver teil der Ostermarschbewegung der 60er Jahre waren und die Aufrufe der Ostermärsche unterschrieben, stand der DGB-Vorstand im antikommunistischen Kalter-Krieg-Klima nach dem KPD-Verbot 1956 den Ostermärschen zunächst kritisch gegenüber, bis hin zu ´Distanzierung in gröbster Form´ und offizieller Teilnahmeuntersagung: Ende März 1961 fasste der DGB-Bundesvorstand einstimmig einen Beschluss, der nicht nur vor einer Teilnahme an den Ostermärschen warnte, sondern die Beteiligung an den Ostermärschen ausdrücklich untersagte. Dieser Beschluss konnte dann aber nicht durchgehalten werden, denn die Gefahr bestand, dass er so oft missachtet werden würde, dass Disziplinarmaßnahmen weder organisatorisch noch gar politisch zu bewältigen gewesen wären. Als dann die Jugendkonferenz der IG Metall 1962 zur Unterstützung der Ostermärsche aufforderte, hatte dies Signalwirkung auf die gesamte Gewerkschaftsjugend. Es folgten eine Reihe von Jugendkonferenzen der Einzelgewerkschalten diesem Vorbild. Nachdem bis zum Februar 1964 die IG Metall, die IG Chemie, Papier und Keramik und die IG Druck und Papier ihren Mitgliedern die Beteiligung an den Ostermärschen ´freigestellt´ hatten, allerdings ohne selbst zur Teilnahme aufzurufen, nahm auch der DGB zwangsläufig eine ähnliche Position ein. Nach einem neuen Beschluss vom Januar 1964 hatten ´nur noch´ Unterschriftsleistungen mit Funktionsbezeichnung zu unterbleiben…
Auch Die Annäherung der DGB-Gewerkschaften an die Friedensbewegung in den 1980er Jahren war ein mühsamer und konfliktbeladener Prozess. Noch zu Beginn des Jahrzehnts zeigte sich der DGB zurückhaltend gegenüber dem 1979 von SPD-Kanzler Helmut Schmid initiierten NATO-Doppelbeschluss und vermied es, sich in seinen Wahlempfehlungen 1980 überhaupt zum Thema zu positionieren.
Ein anschauliches Beispiel für diese Konflikte war die Maßregelung von Georg Benz, einem geschäftsführenden Vorstandsmitglied der IG Metall. Benz hatte im Oktober 1981 auf der ersten Hofgarten-Demonstration in Bonn als IG Metall-Vertreter eine Rede gehalten und sich dabei klar gegen die atomare Aufrüstung positioniert, obwohl der Bundesvorstand des DGB noch im August 1981 seinen Unterorganisationen ausdrücklich verboten hatte, zur Teilnahme an der Demonstration aufzurufen. Motto der Demonstration, an der sich mehr als 300.000 Menschen beteiligten: Gegen die atomare Bedrohung gemeinsam vorgehen. Das couragierte Engagement von Georg Benz rief den damaligen IG Metall-Vorsitzenden Eugen Loderer auf den Plan, der Benz für seinen eigenmächtigen Auftritt scharf kritisierte. Loderer sah darin einen ´unzulässigen Alleingang, der nicht mit der offiziellen Linie der Gewerkschaft abgestimmt war´. Diese Episode verdeutlicht, wie schwierig sich die gewerkschaftliche Positionierung innerhalb der Friedensbewegung gestaltete und wie stark der innere Widerstand gegen eine explizite Friedenspolitik zunächst war.
Trotz dieser Differenzen entwickelte sich in den Jahren nach 1983 eine engere Verbindung zwischen DGB und Friedensbewegung. Besonders die IG Metall und die Gewerkschaftsjugend spielten eine zunehmend aktive Rolle in der Mobilisierung für Friedensdemonstrationen.
Der ´Friedensherbst 1983´ zeigte das wachsende Engagement der Gewerkschaften. Mit Aktionen wie der fünfminütigen Mahnpause ´5 vor 12´ am 5. Oktober, an der sich zahlreiche Gewerkschaftsmitglieder beteiligten, signalisierte der DGB erstmals eine deutliche Positionierung gegen die nukleare Aufrüstung.
Dieses Engagement wuchs in den folgenden Jahren weiter, als sich die Gewerkschaften verstärkt in Debatten um Abrüstung und Konversion einbrachten. Dabei wurde deutlich, dass die gewerkschaftliche Einbindung in die Friedensbewegung nicht nur eine moralische, sondern auch eine strategische Notwendigkeit war: Eine alternative Industriepolitik zur Sicherung von Arbeitsplätzen in einer post-militarisierten Wirtschaft wurde zum zentralen Anliegen.
Noch 2019 heißt es entsprechend im Aufruf des DGB zum Antikriegstag: „´Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!´ Das ist die Antwort der Gewerkschaften auf das unermessliche Leid, das Nazi-Deutschland über die Welt gebracht hat als es am 1. September 1939 Polen überfiel und damit die Katastrophe des Zweiten Weltkriegs auslöste. Achtzig Jahre nach Beginn des grauenhaften Vernichtungskriegs der Nazis haben wir allen Anlass, am Antikriegstag daran zu erinnern, wohin das Wiedererstarken von blindwütigem Nationalismus und Militarismus, von Menschenfeindlichkeit und Rassismus führen kann.
Demokratie, Frieden und Freiheit sind keine Selbstverständlichkeit, sondern müssen entschlossen verteidigt werden. Das weiß niemand besser als wir Gewerkschaften. Deshalb waren wir von Anfang an zentraler Teil der Friedensbewegung und haben zu ihren Erfolgen beigetragen. Wir wissen aber auch: Unser Kampf gegen Faschismus, nationalistische Kriegstreiberei und besinnungsloses Wettrüsten ist längst nicht vorbei. Im Gegenteil: Wir leben heute in einer Welt, in der unser gewerkschaftlicher Einsatz für eine starke Friedensbewegung besonders gefordert ist. (…)
Weltweit befinden sich die Feinde der Demokratie, Autokraten und autoritäre Regime auf dem Vormarsch. Sie schüren neue Feindbilder. Sie instrumentalisieren die tiefe Verunsicherung, die das Gefühl bei vielen Menschen auslöst, in einer Welt zu leben, die völlig aus den Fugen geraten ist. Eine Welt, die durch eine wachsende Zahl an bewaffneten Konflikten geprägt ist. Eine Welt in der sich 70 Millionen Menschen auf der Flucht vor Krieg und Bürgerkrieg, vor politischer Verfolgung, vor Naturkatastrophen und Armut befinden.
All diese Probleme lassen sich nur mit weniger statt mit mehr Waffen lösen. Um dieser Forderung Nachdruck zu verleihen, engagiert sich der DGB in der Friedensinitiative ´Abrüsten statt Aufrüsten´. Deren Aufruf gegen das Zwei-Prozent-Ziel der NATO haben inzwischen mehr als 150.000 Unterstützerinnen und Unterstützer unterzeichnet. Wir rufen öffentlich dazu auf, den Aufruf mitzuunterschreiben und sich an den zahlreichen Aktionen der Initiative zu beteiligen.“
Langfristig trugen die DGB-Gewerkschaften bis zum Überfall der Russischen Föderation auf die Ukraine im Februar 2022 dazu bei, dass Frieden und Abrüstung als soziale und wirtschaftspolitische Fragen verstanden wurden, die nicht losgelöst von der Perspektive der Beschäftigten betrachtet werden konnten. So wurde die Friedensfrage als eine soziale Frage erkannt und focussiert, die den gesellschaftlichen Konflikt zwischen Kapitalinteressen und Arbeiterrechten weiter zuspitzte.
„Wir können die Probleme, die es auf unserer Erde gibt, nur zivil lösen. Dafür müssen wir das Militärische stoppen, und zwar überall! In den Köpfen, in den Medien und in der Politik. Und wir wollen die Konversion mit neuem Schwung nicht nur zum Thema machen, sondern auch praktisch vorantreiben. Abrüsten statt Aufrüsten, das ist die vordringliche Aufgabe für uns alle!“ Wolfgang Lemb, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall, auf dem Bundeskongress der DFG-VK am 09.11.2019)
Die gewerkschaftliche Beteiligung an der Friedensbewegung war letztlich ein Ausdruck der Erkenntnis, dass die Verteidigung der Interessen der arbeitenden Bevölkerung untrennbar mit dem Kampf gegen Militarismus und Krieg verbunden ist. Trotz der anfänglichen Widerstände wurden die Gewerkschaften so zu einer der wichtigsten gesellschaftlichen Kräfte im Kampf für eine friedlichere und sozial gerechtere Welt.
„Langfristig muss es Ziel sein, die Rüstungsproduktion und Rüstungsexporte weltweit ganz abzuschaffen. Es darf keine Rüstungsexporte aus Deutschland in Krisenregionen geben. Die IG Metall muss sich stärker als bisher für die Beachtung der grundgesetzlichen Bestimmungen einsetzen, die Handlungen verbieten, die geeignet sind, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges und den Einsatz der Bundeswehr jenseits der Landesverteidigung (Art. 26, 87a Grundgesetz). (…)
Die IG Metall lehnt jegliche politischen Handlungen und Entscheidungen ab, die Konflikte und Kriege befördern sowie die Verfolgung von geopolitischen Interessen unter dem Vorwand der humanitären Hilfe. Kriege sind nie ein Mittel zur Konfliktbewältigung gewesen und müssen aus diesem Grunde, auch entsprechend § 2 unserer Satzung, abgelehnt werden.“ (Beschluss „Friedenspolitik und Rüstungskonversion“ des 23. Gewerkschaftstags der IG Metall vom 22.10.2015)
Ein historischer Kniefall – die IG Metall im Burgfrieden mit den Kriegsprofiteuren
Was jedoch seit dem Ausbruch des Ukraine-Krieges im Zuge der Militarisierung des öffentlichen Diskurses und der Kriegstüchtigmachung Deutschlands in den Gewerkschaften und vor allem in deren Vorstandsetagen entgegen all der dargestellten wichtigen und hart erkämpften Erkenntnisse und Positionierungen passiert, hat einen Namen: Burgfrieden!
Die Umwidmung des Waggonbaus in Görlitz zu einer Panzerschmiede steht exemplarisch für die Kapitulation des DGB und seiner Mitgliedsgewerkschaften (hier die IGM) vor der SPD geführten olivGrünbehelmten Kriegsregierung und dem Militärisch-Industriellen Komplex,. Bereits im Vorfeld des Ersten Weltkriegs und auch während des Massenschlachtens des ersten industriellen Krieges verriet die Gewerkschaftsführung in Kumpanei mit der MSPD die Arbeiter*innenklasse, indem sie sich im Namen einer phantasierten „nationalen Verantwortung“ auf die Seite der Kriegsprofiteure und ihrer politischen Steigbügelhalter stellte; die Ähnlichkeiten zum Heute sind kein Zufall… Millionen Arbeiterinnen wurden damals erst in die Schützengräben und dann ins Massengrab getrieben. Heute wiederholt sich die Geschichte als Farce, wenn die IG Metall gemeinsam mit Konzernbossen und der Bundesregierung die Umstellung ziviler auf Kriegsproduktion als „gute Lösung“ verkauft!
Die Worte von Mirko Schultze (Die Linke) auf der Protestkundgebung in Görlitz treffen ins Schwarze: „Beschäftigte müssen in der Logik der militaristischen Zeitenwende auf weitere Aufrüstungsmaßnahmen oder gar Kriege hoffen, um zukünftig noch ihren Lebensunterhalt zu sichern – Konversion pervers!“
Ein perfides Spiel auf Leben und Tod, das die IG Metall-Führung bereitwillig mitspielt.
Wer den Menschen vorgaukelt, dass Arbeitsplatzsicherheit durch Militarisierung und Krieg erreicht werden kann, verkauft die Zukunft der Beschäftigten an den Militärisch-Industriellen-Komplex. Es gibt keine ´gute Arbeit´ in der Rüstungsindustrie, so wie es kein richtiges Leben im falschen gibt. Also muss die Frage lauten: In welcher Welt wollen wir leben?! „Eine gewerkschaftliche Antwort wäre es, bei den Kolleg*innen ein Bewusstsein für diese Widersprüche zu wecken. ´Wie eine Meinung im Kopf entsteht, damit haben auch wir etwas zu tun´, schreibt der ehemalige Vorsitzende der IG Metall, Jürgen Peters. ´Wenn wir zu politischen Themen schweigen, wenn wir schweigen, wenn wissentlich die Unwahrheit gesagt wird, wenn wir uns wegducken, dann überlassen wir den anderen das Feld. Dann müssen wir uns nicht wundern, wenn sich der Mainstream mehr und mehr in den Köpfen festsetzt.´“ (U. Eifler; Die Gewerkschaften dürfen sich nicht wegducken)
Kritik an der Gewerkschaftsführung – Widerstand wächst!
Am 01. Mai 2024 hielt der Vorsitzende der Gewerkschaft ver.di, Frank Werneke, auf der DGB-Kundgebung in München eine Rede, die angesichts der kriegerischen und zunehmend unerträglicheren Weltlage an Flachheit und Leere kaum noch zu überbieten war: Über die zunehmend aggressive Militarisierung der gesamten Gesellschaft – gerade in Bayern! – verlor er kein Wort. Dabei gibt es ja auch hier gewerkschaftlichen Widerstand: Unsere Kinder nicht für ihren Krieg! Das 100 Milliarden-Militarisierungs-Kriegskredite-Paket griff Werneke nicht an, im Gegenteil, sinngemäß: Wenn es 100 Milliarden Sondervermögen für die Rüstung gibt, dann kann das auch für soziale Zwecke gemacht werden… Das mus mensch sich auf der Zunge zergehen lassen.
Wer so wie Herr Werneke über die beispiellose Aufrüstung und Militarisierung der gesamten Gesellschaft, die die Herrschenden und ihre geschäftsführenden Ausschüsse in den Regierungen gerade vollziehen, schweigt, der sollte über den gleichzeitig betriebenen massiven `Sozialabbau` schweigen! Denn soziale Forderungen müssen zahnlos bleiben, wenn sie nicht berücksichtigen, dass Krieg und Sozialklau die zwei Seiten derselben Medaille sind. Auch die zunehmend schrillen Angriffe auf das Streikrecht sind nur zu verstehen, wenn mensch sie als Teil der inneren Disziplinierung versteht, die mit der `Kriegstüchtigkeit` nach außen einhergeht.
Und auch die IG Metall-Führung schweigt oder legitimiert die Konversion Pervers wie in Görlitz mit fadenscheinigen Argumenten. So erklärt Dirk Schulze, IG Metall-Bezirksleiter Berlin-Brandenburg-Sachsen: „Sicherlich sind nicht alle glücklich über die Umstellung auf eine Fertigung von Wehrtechnik. Das kann ich verstehen. Unbestreitbar aber ist, dass wir – leider – in diesen Zeiten diese Produktion benötigen.“ Echt jetzt?!! Da spricht der Militärisch-Industrielle-Komplex!!!
Dazu gibt es KEINE Beschlusslage der IG Metall! Genauso wenig wie für das unsägliche Kollaborationspapier ´SOUVERÄNITÄT UND RESILIENZ SICHERN – INDUSTRIEPOLITISCHE LEITLINIEN UND INSTRUMENTE FÜR EINE ZUKUNFTSFÄHIGE SICHERHEITS- UND VERTEIDIGUNGSINDUSTRIE´, das der IGM-Vorstand OHNE NOT und gegen alle Beschlusslagen der eigenen Organisation , mit den Kriegstreibern des SPD Wirtschaftsforums e.V. und dem Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie e.V., dem Lobbyverband der deutschen Rüstungsschmieden und Kriegsprofiteure im Januar 2024 unterzeichnete und veröffentlichte.
Uwe Garbe, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Ostsachsen, spricht unverhohlen aus, was hier passiert: „Wenn auf dem Alstom-Gelände in Görlitz auch in Zukunft produziert wird, ist das eine Riesenchance für die Region, der wir uns nicht verschließen.“ Hauptsache Produktion – egal was! Auch Kriegsgerät und Tötungsmaschinen, wenn sie denn tarifvertraglich gesichert ist und brav das Betriebsverfassungsgesetz beachtet wird?!
Wenn derselbe Gewerkschaftsfunktionär im bereits zitierten Interview mit der Sächsischen Zeitung darauf hinweist, dass er vermute, dass die Weigerung des Betriebsrates, sich öffentlich zu äußern einerseits damit zusammenhänge, dass es in der Belegschaft eben doch nicht unwesentliche Teile gäbe, die mit dieser Form von Konversion Pervers eben NICHT einverstanden seien, und (am Tag des Politspektakels) niemand „auf den letzten Metern die Übereinkunft mit KNDS gefährden )will(, etwa indem man bestimmte Informationen, über die Stillschweigen vereinbart ist, zu früh in die Öffentlichkeit bringt. Dazu kommt, dass die Kollegen und Kolleginnen die Modalitäten der Übernahme durch KNDS noch gar nicht kennen.“, dann macht er unverhohlen klar, das offensichtlich die IGM (mindestens teilweise) – wenn wahrscheinlich auch aus einer wohlmeinenden paternalistischen Haltung heraus… – hinter dem Rücken der Belegschaft und des Betriebsratsgremiums verhandelt hat… Genau dagegen gilt es aufzustehen. Genau DIESER kapitulantenhaften, standpunktlosen, anbiedernden und durch KEINEN Beschluss der Organisation gedeckten Positionierung der Gewerkschaftsführung (der Begriff ´Haltung´ verbietet sich hier!) muss das gewerkschaftliche Engagement im Kampf um Frieden, soziale Sicherung und gegen die weitere Vernutzung unserer Mitwelt gelten. Und damit übersehen wir eben gerade nicht die schwierige Situation der Region Ostsachsen und der betroffenen Kolleg*innen – im Gegenteil!
So regt sich bereits Widerstand! Die Demonstrierenden vor dem Werkstor in Görlitz zeigen, dass nicht alle diesen zackigen Rechts-Schwenkt-Marsch! der Gewerkschaftsführungen in den neuerlichen Burgfrieden kritik- und widerstandslos hinnehmen. Gewerkschafter*innen wie Angelika Teweleit fordern die öffentliche Übernahme solcher Werke unter demokratischer Kontrolle. Statt den Rüstungskonzernen mit Steuermitteln Profite bis zum Säckeplatzen zu garantieren, braucht es eine nachhaltige demokratisch kontrollierte Industriepolitik, die den Wandel in Richtung zivile Produktion und ökologischen Umbau lenkt.
„Um Rentabilität, Eigentumsverhältnisse und betriebliche Hierarchien auch in zugespitzten Krisen zu sichern oder um die politischen Rahmenbedingungen stärker auf die jeweils aktuellen Profitbedürfnisse auszurichten, haben sich Kapitaleigentümer*innen, Manager*innen oder Lobbyverbände nicht selten als Unterstützer*innen autoritärer Kräfte betätigt, mitunter gar als Steigbügelhalter des Faschismus. (…) Deshalb sind die umfassenden Aktivitäten der Gewerkschaften im politischen Raum so wichtig. (…) Mitbestimmung bei der Entwicklung und Fixierung von Transformationsplänen in den Unternehmen ist notwendigerweise mit der Einflussnahme auf die Struktur der neuen Wertschöpfungsketten und die dafür notwendigen Investitionen verbunden. Damit dringt Mitbestimmung in den Kernbereich privatkapitalistischer Eigentumsrechte vor. (…) Der Kampf um vordemokratische kapitalistische Verhältnisse muss auch und vor allem dort geführt werden, wo die Architektur des Kapitalismus ihre tragende Säule hat: an den Orten der Kapitalverwertung, also in den Betrieben und Wirtschaft.“ (H.-J. Urban (geschäftsführendes Vorstandmitglied der IGM (Ausnahmen bestätigen die Regel!!); Der Betrieb als Kampffeld gegen rechts; in SOZIALISMUS 1_25; S. 38 – 45).
Womit auch deutlich genau denjenigen präzise und begründet widersprochen ist, die jetzt gerade behaupten, dass solche ´STANDORT- („eine militärische Bezeichnung für einen Ort, an dem Truppenteile, militärische Dienststellen u. ä. ständig untergebracht sind“) -Sicherung´ , wie in Görlitz quasi ´präventive gewerkschaftliche Arbeit gegen ´rechts´´ sei…
Das genaue Gegenteil ist der Fall!!! Und dafür spricht die historische Erfahrung: Der Kniefall der organisierten Arbeiter*innenbewegung vor dem Militärisch Industriellen Komplex führt direkt vom Standort in den Unterstand, erst in den Schützengraben und dann ins Massengrab! Es waren aber im Januar 1918 eben auch die fast eine Millionen streikenden Kolleg*innen hauptsächlich in den Rüstungsbetrieben quer durch Deutschland, die unter der Parole ´Frieden und Brot!´ nach der Oktoberrevolution in Russland zwei Monate vorher eine weiteren entschlossenen und entscheidenden Schlag gegen das Massenschlachten des Ersten Weltkriegs führten und den Beginn der revolutionären Bewegung in Deutschland markierten, der am 09. November 1918 im Sturz des Kaiserreiches, der Novemberrevolution und 1919 in der Begründung der Weimarer Republik mündeten, der ersten Demokratie auf Deutschem Boden. An diesen couragierten Akt der Selbstermächtigung gilt es heute anzuknüpfen.
Die Gewerkschaft gehört den Mitgliedern – nicht der Rüstungslobby!
Gewerkschaften sind nur so stark wie ihre kämpferischen Mitglieder. Es ist an der Zeit, dass sich Beschäftigte und friedensbewegte Gewerkschafter*innen noch mehr gegen den eingeschlagenen selbstmörderischen Kurs ihrer Vorstände und Apparate wehren. Die Alternative zu „Schwerter zu Pflugscharen“ ist nicht „Pflugscharen zu Panzern“, sondern ein deutliches und lautes NEIN! Gegen Krieg, Militarismus und Burgfrieden!
Das Proletariat hat kein Vaterland!
Arbeiterinnen schießen nicht auf Arbeiterinnen!
Widersetzt Euch! Werdet nicht zum Teil der Kriegsmaschine!
Lasst uns denen, die in aller Öffentlichkeit Kriege führen, rechtfertigen und vorbereiten, endlich die Hände zerschlagen!
„Denn der Menschheit drohen Kriege, gegen welche die vergangenen wie armselige Versuche sind, und sie werden kommen ohne jeden Zweifel, wenn denen, die sie in aller Öffentlichkeit vorbereiten, nicht die Hände zerschlagen werden.“ – Bertolt Brecht, Rede für den Frieden, 1952.
Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!
Andreas Buderus
Mitinitiator der gewerkschaftlichen Basisinitiative ´SAGT NEIN! Gewerkschafter:innen gegen Krieg, Militarismus und Burgfrieden´
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