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Appell zu den Koalitionsverhandlungen: Mehr als 120 Wissenschaftler*innen rufen zur gesetzlichen Stärkung von Tarifautonomie und Tarifbindung auf

Mehr als 120 Wissenschaftler*innen rufen in einem gemeinsamen Appell die Verhandler*innen von Union und SPD dazu auf, die Tarifautonomie zu stärken und dazu im Koalitionsvertrag konkrete gesetzliche Regelungen für mehr Tarifbindung zu vereinbaren. Die Forschenden, überwiegend Professor*innen der Wirtschafts-, der Sozial, und der Rechtswissenschaften, argumentieren, dass eine hohe Tarifbindung Niedriglöhne, Armut und soziale Ungleichheit reduziere. Das hat nicht nur gesamtwirtschaftlich positive Auswirkungen, sondern stärkt nach Analyse der Unterzeichner*innen auch die Demokratie, weil ungleiche Gesellschaften von politischer Polarisierung gekennzeichnet sind. Auch ein Zusammenhang zwischen schlechten Arbeitsbedingungen und Entfremdung von demokratischen Institutionen ist in verschiedenen Studien belegt. Gleichzeitig könnten die Tarifparteien in Tarifverträgen am besten die vielfältigen Besonderheiten unterschiedlicher Branchen berücksichtigen und „auf Augenhöhe flexibel auf wirtschaftliche und soziale Veränderungen reagieren, um Arbeitsplätze zu sichern“, heißt es in dem Aufruf. Die internationale Forschung, allen voran der Industrieländerorganisation OECD, zeige, „dass in Ländern mit koordinierten Lohnsystemen und hoher Tarifbindung eine hohe Einkommensgleichheit mit vergleichsweise hohen Beschäftigungsquoten und geringer Arbeitslosigkeit einhergeht“, betonen die Fachleute. Zudem könne bessere Bezahlung nach Tarif wichtige Anreize zur Fachkräftequalifizierung setzen.

Eine Erhöhung der Tarifbindung sei damit „nicht nur sozial erwünscht, sondern auch ökonomisch machbar und sinnvoll“. Als zielführende gesetzliche Instrumente nennen die Wissenschaftler*innen ein Bundestariftreuegesetz, die Erleichterung von Allgemeinverbindlicherklärungen (AVE), Tarifbindung als Kriterium für staatliche Wirtschaftsförderung, eine längere Nachwirkung von Tarifverträgen bei Ausgliederungen oder Betriebsaufspaltungen, verbesserte digitale Zugangsrechte von Gewerkschaften im Betrieb und die Stärkung von Arbeitgeberverbänden als Tarifvertragspartei.

Aktuell haben 124 Wissenschaftler*innen den Aufruf gezeichnet (den Aufruf und die Liste der Unterzeichner*innen finden Sie unten verlinkt). Den Aufruf initiiert hat eine interdisziplinäre Forschungsgruppe „Stärkung der Tarifbindung“, die von der Hans-Böckler-Stiftung unterstützt wird. Appell zu den Koalitionsverhandlungen: Mehr als 120 Wissenschaftler*innen rufen zur gesetzlichen Stärkung von Tarifautonomie und Tarifbindung auf weiterlesen