„Es konnte mir nicht in den Sinn kommen, in das ,Kapital’ den landläufigen Jargon einzuführen, in welchem deutsche Ökonomen sich auszudrücken pflegen, jenes Kauderwelsch, worin z.B. derjenige, der sich für bare Zahlung von andern ihre Arbeit geben läßt, der Arbeitgeber heißt, und Arbeitnehmer derjenige, dessen Arbeit ihm für Lohn abgenommen wird. Auch im Französischen wird travail im gewöhnlichen Leben im Sinn von „Beschäftigung“ gebraucht. Mit Recht aber würden die Franzosen den Ökonomen für verrückt halten, der den Kapitalisten donneur de travail nennen wollte.“
Die Sätze schrieb Friedrich Engels im Vorwort zur dritten Auflage des Kapitals von Karl Marx. Seit 170 Jahren ist das Kauderwelsch vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer in der Welt und hält sich hartnäckig. Auch für Karl Marx war Arbeitskraft ganz nüchtern eine Ware, die von dem einen verkauft und von dem anderen gekauft wird. Die Ware Arbeitskraft befindet sich jedoch überhaupt nur auf dem Markt, weil der Anbieter keine anderen Waren verkaufen kann und so gezwungen ist, seine Arbeitskraft gegen Geld zu tauschen. Die Menschen, die „Arbeit nehmen“, haben gar keine andere Wahl, als tag täglich dem Verkauf ihrer Kraft zuzustimmen und haben nur einen ganz geringen Einfluss darauf, wie hoch der Preis dafür ist.
Über Generationen hinweg haben es deutsche Unternehmen, Arbeitsrechtler, Medien und Politiker geschafft, dieses Verhältnis sprachlich umzudrehen und die Gehirne der Menschen damit zu füttern, dass ein Arbeitgeber der Menschheit einen Gefallen tut, ihrer überschüssigen Arbeitskraft großzügig die Möglichkeit gibt, sich an Arbeitsplätzen abzuarbeiten. Folgerichtig wird der, der sich dort abarbeiten darf, dann auch Arbeitnehmer genannt. Wer die Arbeit gibt, wird zum Arbeitnehmer degradiert – wer sie nimmt, wird zum Arbeitgeber erhoben weiterlesen