Von Beginn an des Corona bedingten Lockdowns gab es in Belgien viel öffentliche Anerkennung für die Berufsgruppen, die als systemrelevant gelten: dem Personal in den Krankenhäusern, den Lebensmittelhändlern und den Mitarbeitenden bei der Müllabfuhr. Während des gesamten Lockdown wurde allabendlich um 20 Uhr an offenen Fenstern und von Balkonen geklatscht (vgl. dazu u.a. diesen Bericht vom 20. März 2020 auf dem deutschsprachigen belgischen Nachrichtenportal Flanderninfo). Darüber hinaus gab es Einzelaktionen, um die Menschen in diesen Berufsgruppen zu ermutigen.
Auch in der Bundesrepublik gab es Klatschaktionen. Doch während in Belgien diese öffentlichen Anerkennungsbekundungen durchgehen positiv aufgenommen wurden, sehen sich die Mitarbeitenden im Gesundheitssektor in der Bundesrepublik er „verklatscht“ als beklatscht. Und das ist durchaus nachvollziehbar. Weshalb das so ist, erläuterte die Soziologin Friedericke Hardering in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung vom 7. Juli 2020 (“Wir wissen das schon seit Jahrzehnten”). In dem Interview geht es um die Frage, weshalb „ausgerechnet die am schlechtesten bezahlt (werden), die am meisten für die Gesellschaft leisten“. Haderings kurze und prägnante Antwort lautet: „Eine der wichtigsten Maximen der deutschen Politik lautet: Deutschland soll ein starker Wirtschaftsstandort sein. Diesem Interesse wird vieles untergeordnet. Deshalb wird der Gesundheitssektor auch eher vernachlässigt als beispielsweise die Automobilindustrie.“ Das, so Hadering weiter, sei aber seit Jahrzehnten bekannt. Deshalb glaubt die Soziologin auch nicht, dass sich daran in nächster Zeit etwas ändern wird.
Nun, so heißt es in einem Artikel in Die Zeit vom 8. Juli 2020, soll nicht einmal die während des Lockdowns zugesagte Prämie an alle Pflegekräfte ausgezahlt werden. Vom Umgang mit Pflegepersonal in Belgien und Deutschland / Die kirchliche “Dienstgemeinschaft” – oder der lange Schatten des nationalsozialistischen Arbeitsrechts in Deutschland weiterlesen