Da wurden alle Register der Meinungsmache gezogen. Eine bislang kaum bekannte Feuerwehr-Gewerkschaft trat in den Chor der schutzbedürftigen Polizeikräfte ein und sang nun auch das Lied von den „bedrohten Kollegen im Einsatz“. Mehr noch, zum nächsten Silvester fordert sie Polizeischutz.
Dabei soll das Kampagnen-Video „Respekt – ja bitte!“ auf der Gewerkschaftshomepage die Forderungen untermauern und mit den Erfahrungen der betroffenen Feuerwehrleute auf die mutmaßlichen Gewaltangriffe aufmerksam machen. Das alles wird mit krasser Schilderung von Einzelfällen begleitet.
Gerne wird auf den „gezielten Beschuss mit einer Feuerwerk-Batterie aus 4 Metern Entfernung“ bei dem Silvesternachteinsatz verwiesen. Für die Einsätze zu Silvester fordert man nun für jedes Rettungs- und Einsatzfahrzeug die Begleitung durch eine Doppelpolizeistreife.
Was hier beschrieben wird galt nicht dem vergangenen Jahreswechsel, sondern bietet ein reales Deja-Vue-Erlebnis zum Jahr 2018. Damals gab es ebenso massive Vorwürfe mit den gleichen diffusen und unscharfen Bildern, die vermitteln sollen, dass ohne Grund und extrem aggressiv in deutschen Großstädten unbestimmte Personen „Helfer“ angreifen.
Zum Jahreswechsel 2022/23 berichtete das Flaggschiff der Leitmedien, die Tagesschau, mit bunten Bildern von den berauschenden Feuerwerken und der ausgelassenen Stimmung in den Metropolen der Welt und gleichzeitig davon, wie bei uns mit „unsagbarer Brutalität“ die Polizei und andere Ordnungskräfte, Rettungsdienste, Feuerwehren und sogar die Straßenreinigung angegriffen wurden. Komischerweise werden in den Berichten zu den zahlreichen Angriffen auf die „Helfer“ die „Ordnungskräfte“, nicht die Polizei genannt, sondern nur die Feuerwehr.
Obwohl es für eine unsagbare Brutalität keinerlei Beweise gibt, selbst die sonst stets verfügbaren Amateuraufnahmen konnten nicht präsentiert werden, ließ die Tagesschau durch den Schnitt des Berichts die Tatsache aufkommen, dass die Feuerwehr beim Löschen eines Hausbrands behindert wurde, während andere Medien lediglich von brennenden Mülltonnen berichteten und Bilder liefern, wie die Feuerwehr diese löscht.
Bis hinunter zu den kleinen Lokalsendern sollten die gleichen diffusen und unscharfen Bilder vermitteln, dass ohne Grund und extrem aggressiv in deutschen Großstädten unbestimmte Personen „Helfer“ angreifen.
Nirgendwo liefen Erklärungen oder Ursachenforschung über die Sender, wie es zu dieser vermeintlich irrationalen Wut auf die Ordnungskräfte kommt. Fast alle Berichterstattungen waren sich einig: Fakten braucht es nicht und ungeprüfte Beschuldigungen können im Raum stehen bleiben. Was aber immer klargestellt wird, ist „der Staat kann solche Formen der Verrohung von Gewalt nicht hinnehmen“ und die Ordnungskräfte müssen besser aus- bzw. aufgerüstet werden.
Um diese Botschaft zu übermitteln, gab es viele O – Ton Einspielungen, in denen Helfer über unkonkrete Angriffe auf sich selbst erzählen. Besonders erbost zeigten sich Feuerwehrleute mit der Buchstabenkombinationen „DFeuG“ auf dem Sweatshirt, die lautstark forderten, die Angreifer müssten die „ganze Härte des Gesetzes“ zu spüren bekommen und ließen einfließen, dass es sich bei über 50 Prozent um Angreifer mit Migrationshintergrund handelt.
Was in der Silvesternacht 2022 geschah, benennt Lars Wieg, Vorsitzender der DFeuG Berlin-Brandenburg so: „Das waren bürgerkriegsähnliche Zustände. Es ist unvorstellbar, was unsere Einsatzkräfte in dieser Silvesternacht erleben mussten. Wenn Banden brennende Barrikaden errichten, um unsere Kolleginnen und Kollegen in eine Falle zu locken, muss man schon von bürgerkriegsähnlichen Zuständen sprechen“.
Beispiel Deutsche Feuerwehr-Gewerkschaft (DFeuG)
Die DFeuG wurde am 1. Mai 2011 in Solingen von dem Rechtsanwalt Uwe Scherf gegründet, sie ist aus der Interessenvertretung der Feuerwehr e. V. (IdFw), hervorgegangen, deren Geschäftsführer auch schon Uwe Scherf war. Scherf arbeitet seit 1991 als Anwalt in Solingen. Er begann seine Laufbahn als Pressereferent der Bundesrechtsanwaltskammer, deren Geschäftsführer er 1992 wurde. Seit 2011 ist er Bundesgeschäftsführer der DFeuG. Außerdem ist er Mitglied des geschäftsführenden Ausschusses der Arbeitsgemeinschaft Kanzleimanagement im Deutschen Anwaltsverein, sowie im Internet-Ausschuss des Verbandes Europäischer Rechtsanwaltskammern und auch Mitglied des Internet-Ausschusses des Verbandes Europäischer Rechtsanwaltskammern. Derzeitiger Vorsitzender DFeuG ist Siegfried Maier.
Als die wesentlichen Ziele der DFeuG werden die Mitwirkung an der Sicherstellung der nicht polizeilichen Gefahrenabwehr, sowie die Wahrung und Verfolgung berufspolitischer, sozialer und tariflicher Interessen ihrer Mitglieder genannt.
Angaben über Mitgliedszahlen sind nirgendwo zu finden, es wird lediglich mitgeteilt, dass sie über Mitglieder in allen Bundesländern und über dreizehn Landesgruppen mit Landesvorständen verfügt.
Auf der offiziellen Homepage der DFeuG gab es einen Button „Gewalt im Einsatz“. Da konnte man anklicken unter „Wärst du mit einer genaueren Datenerfassung zum Vorfall einverstanden?“ und sollte freiwillige Angaben zum Ereignis (keine personenbezogene Daten) machen und den Ablauf beschreiben. Dort hatte man die Möglichkeit, ‚Bespucken, Beleidigen, Bedrohung, Körperverletzung‘ mit Ja oder Nein anzuklicken und das war’s auch schon.
Weitere Angaben oder Hinweise wurden zur Skandalisierung der mutmaßlichen Übergriffe auf die Einsatzkräfte nicht erhoben.
„ Bürgerkriegsähnliche Zustände“ nur Propaganda der zunehmend von Rechten unterwanderten Berufsvereinigungen von Polizei und insbesondere der Feuerwehr?
Das Ausmaß, dass sich Rechtsextreme in vorhandenen Strukturen verstecken und gezielt Vereine und Verbände unterwandern, scheint doch größer als allgemein bekannt zu sein. Gerade die „unpolitischen“ Organisationen bieten wohl eine breite Angriffsfläche für rechte Aktivisten. Selbst der Verfassungsschutz warnt seit einiger Zeit die Sportvereine und andere bürgerliche Institutionen davor, das Problem zu ignorieren.
Dass eine Feuerwehr-Gewerkschaft bei der Verortung „bürgerkriegsähnlicher Zustände in unserer Gesellschaft“ sich besonders hervor tut, müsste beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) und seinen Mitgliedergewerkschaften die Alarmglocken läuten lassen. Doch bei den DGB – Gewerkschaftsführungen herrscht Stille.
Vielleicht liegt das daran, dass es unter ihren Mitgliedern überdurchschnittlich viele AfD – Wähler mit ihrer nationalistisch – populistischen Rhetorik gibt, die man nicht verprellen möchte. Möglich ist auch, dass man gegen die Propagandatrends der mächtigen „Leitmedien“ nicht gerne eine Gegenposition einnehmen möchte oder aber auch keine Gegenposition hat.
Quellen: waz, wikipedia, Feuerwehr-Gewerkschaft, Renate Dillmann Bild: Feuerwehr-Gewerkschaft