Das war nur ein kurzer Frühling – Minijobs 2016 wieder auf dem Vormarsch

Als Anfang 2015 der Mindestlohn eingeführt wurde, waren die Erwartungen für viele Gewerkschafter groß. Eine Erwartung war, dass den Minijobs zu Niedrigstlöhnen ein Riegel vorgeschoben und es damit zu einem Rückgang der geringfügigen Beschäftigung kommen würde.

Ein Teil dieser Beschäftigungsverhältnisse ist tatsächlich verloren gegangen, etwa die Hälfte ist erfreulicherweise in sozialversicherungspflichtige Arbeit umgewandelt worden.

Nach der Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) hatte die Zahl der Minijobbenden im Durchschnitt des Jahres 2014 noch bei gut 7,46 Millionen gelegen, sie ging  2015, dem ersten Jahr mit gesetzlichem Mindestlohn, auf durchschnittlich etwa 7,35 Millionen zurück. Ein eher geringes, nach Jahren des Wachstums aber spürbares Minus von 1,6 Prozent.

Die neusten Zahlen von Ende Juni 2016 der BA zeigen, der leichte Einbruch des Vorjahres war offensichtlich kein Anzeichen für eine echte Trendwende bei den Minijobs. Diese sind nämlich in den ersten Quartalen 2016 im Vergleich zu den Vorjahresquartalen wieder angestiegen.

Minijobs 2016 wieder auf dem Vormarsch

(von Markus Krüsemann)

2015 hatte die Einführung des Mindestlohns die Zahl der ausschließlich geringfügig Beschäftigten weiter schrumpfen lassen. Dieser Abwärtstrend könnte sich dem Ende neigen, denn die Zahlen für das erste Halbjahr 2016 lassen nur noch leichte Rückgänge erkennen. Da Minijobs im Nebenjob unverändert boomen, steigen die Gesamtzahlen sogar wieder an.

Der Anfang 2015 eingeführte Mindestlohn hat Minijobs zu Niedrigstlöhnen einen Riegel vorgeschoben und damit zu einem Rückgang der geringfügigen Beschäftigung geführt. Ein Teil dieser Beschäftigungsverhältnisse ist verloren gegangen, etwa die Hälfte aber ist in sozialversicherungspflichtige Arbeit umgewandelt worden. In Zahlen der Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) ausgedrückt: Hatte die Zahl der Minijobbenden im Durchschnitt des Jahres 2014 noch bei gut 7,46 Millionen gelegen, so ging sie 2015, dem ersten Jahr mit gesetzlichem Mindestlohn, auf durchschnittlich etwa 7,35 Millionen zurück, ein eher geringes, nach Jahren des Wachstums aber spürbares Minus von 1,6 Prozent.

Wie die jetzt bis Ende Juni 2016 vorliegenden Zahlen der BA zeigen, war der leichte Einbruch des Vorjahres offensichtlich kein Anzeichen für eine echte Trendwende bei den Minijobs. Die sind nämlich in den ersten Quartalen 2016 im Vergleich zu den Vorjahresquartalen wieder angestiegen. Für Ende Juni 2016 weist die Beschäftigungsstatistik insgesamt 7,44 Millionen geringfügige Beschäftigungsverhältnisse aus. Im Vorjahresquartal waren es nur 7,38 Millionen, das ist mit 0,8 Prozent kein großes Plus, aber es ist ein Anstieg. Wie die folgende Grafik zeigt, hatten sich die Zahlen bereits im ersten Quartal 2016 wieder ins Plus gedreht. Schon Ende März verzeichnet die BA ein Wachstum von 0,8 Prozent.

 Minijobentwicklung 2014 bis 2016

Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit: Beschäftigungsstatistik, geringfügig Beschäftigte

Gewinnen die Minijobs wieder an Attraktivität? Und woher kommt das erneute Wachstum? Erste Antworten liefert ein vertiefter Blick in die Beschäftigungsstatistik.

Minijobs im Nebenjobs und bei RentnerInnen boomen

Das erneute Wachstum bei den Minijobs geht allein auf die Zunahme von Personen zurück, die zusätzlich zu ihrer Hauptbeschäftigung eine geringfügige Beschäftigung im Nebenjob ausüben (GeB zusätzl.). Ihre Zahl steigt bereit seit Jahren kontinuierlich an. Trotz Mindestlohn wurde bereits Ende September erstmals die 2,5 Millionen-Grenze überschritten. Ende Juni 2016 lag die Zahl der Minijobs im Nebenjob bei fast 2,58 Millionen, ein Zuwachs von satten vier Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal. Das mit 13,9 Prozent stärkste Wachstum war übrigens in der Altersklasse der 65-jährigen und älteren Personen zu beobachten. Ihr Anteil an allen Nebenjobbern liegt allerdings (noch!) nur bei eher unbedeutenden 0,8 Prozent, da die allermeisten Erwerbstätigen in diesem Alter bereits eine Rente beziehen. Doch die Zahl der über 65-Jährigen mit sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung steigt, von 1999 bis Mitte 2016 hat sie sich fast vervierfacht.

Anders sieht es bei den ausschließlich einer geringfügigen Beschäftigung nachgehenden Älteren aus. Im genannten Zeitraum stieg ihr Anteil gegen den Trend um 5,7 Prozent. Immer mehr Menschen bessern also ihre Rente mit einem Minijob auf. Es mag sein, dass darunter auch Menschen sind, die einfach nur aktiv bleiben oder sich Kostspieligeres gönnen wollen. Bei Vielen aber reicht die Altersrente schlicht nicht mehr für eine halbwegs auskömmliche Existenz. Ihre Zahl wird in den kommenden Jahren weiter steigen.

Ansonsten folgt die Entwicklung bei den Personen, die ausschließlich in Minijobs arbeiten dem bereits vertrauten Muster stetig sinkender Zahlen (vgl. 11.07.2016). Hier ist allerdings für 2016 eine interessante Entwicklung zu beobachten: Bei den ausschließlich geringfügig Beschäftigten (GeB ausschl.) liegen die Quartalswerte im ersten Halbjahr 2016 nur noch geringfügig unter den Vergleichswerten der Vorjahresquartale. So betrug der Rückgang in den ersten zwei Quartalen 2016 gegenüber den Vorjahresquartalen nur noch 0,9 (Ende März) bzw. 0,8 Prozent (Ende Juni). Ein Jahr zuvor war das Minus jeweils deutlicher ausgeprägt (I/14 bis I/15: -3,2% und II/14 bis II/15: -3,6%).

Der erneute Anstieg von Minijobs beruht also nicht nur auf einer Zunahme der geringfügigen Beschäftigung im Nebenjob, sondern auch auf dem deutlich nachlassenden Schrumpfungsprozess bei den ausschließlich in Minijobs Beschäftigten. Wie schon in den Jahren vor 2015, so kann ihr Rückgang den Boom bei den Nebenjobs 2016 nicht mehr kompensieren.

 Entwicklung der Minijobs von März 2011 bis Juni 2016

Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit: Beschäftigungsstatistik, geringfügig Beschäftigte

Den zahlenmäßig umfangreichsten Abbau von Minijobs gab es im zweiten Quartal 2016 im Wirtschaftsbereich „Erziehung und Unterricht“. Im Vergleich zum Vorjahresquartal lag das Minus bei 4,8 Prozent, gefolgt vom Bereich „Metall- und Elektroindustrie“ mit einem Minus von 2,4 Prozent. Ganz anders die Situation im Wirtschaftszweig „Immobilien, freiberufliche wissenschaftliche und technische Dienstleistungen“, hier erhöhte sich die Zahl der Minijobs im genannten Zeitraum um 10,3 Prozent. Ein klares Plus gab es auch in den Bereichen „Öffentliche Verwaltung, Verteidigung, Sozialversicherung, Ext. Organisationen“ sowie „Verkehr und Lagerei“.

Angesichts dieser gemischten Bilanz darf man gespannt sein, wie sich die geringfügige Beschäftigung im weiteren Jahresverlauf entwickelt hat. Obwohl bei den Minijobs Stundenlöhne unter 8,50 Euro besonders häufig waren, hat es derzeit den Anschein, als stellten auch der Mindestlohn und die durch ihn bedingte Deckelung der maximalen monatlichen Arbeitszeit keine gravierenden Hürden für den Einsatz von Minijobber/innen dar.

 

Quellen: Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2016): Beschäftigungsstatistik, Länderreport – Deutschland, Nürnberg, Januar 2016.

 

Bild: Husumer Nachrichten

Markus Krüsemann ist Soziologe und Mitarbeiter am Institut für Regionalforschung in Göttingen.

Der Beitrag erschien auf: miese Jobs. Wir spiegeln ihn mit freundlicher Genehmigung.