Einige Jobcenter sollen mehrfach den Verfassungsschutz informiert haben, wenn sie Erwerbslose als „Extremisten“ im Verdacht hatten. In den vergangenen zwei Jahren seien in elf Fällen solche Informationen an das zuständige Landesamt für Verfassungsschutz weitergegeben worden. Aus der Antwort des Bundessozialministeriums auf eine Anfrage der Linken geht hervor, dass dabei die Verdachtsmomente in den Bereichen Islamismus (vier Fälle), Terror (ein Fall), Gefährdung (ein Fall) und „Reichsbürgerbewegung“ (drei Fälle) vorlagen.
Über weitere Fälle hat das Bundessozialministeriums nach eigenen Angaben keine Kenntnisse. Sicher scheint aber, dass ein Jobcenter im Saarland seine Mitarbeiter darüber informierte, wie sie mögliche Hinweise weiterleiten könnten.
Wenn ein Behördenmitarbeiter einen konkreten Verdacht auf terroristische Planungen eines seiner Kunden hat und dies meldet, ist das eine Selbstverständlichkeit. Dafür ist aber die Polizei und nicht der Inlandsgeheimdienst zuständig. Allerdings geht es bei den Jobcentern schon um vermeintliche Auffälligkeiten, weit unter einer solchen Gefährdungsebene. Das öffnet der subjektiven Wahrnehmung und Bewertung nach der eigenen politischen Überzeugung eines Behördenmitarbeiters Tür und Tor, es bleibt ihm überlassen, was er meldet und was nicht.
Ein Jobcenter im Saarland forderte seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anlässlich einer „Kooperation“ mit dem dortigen Landesamt für Verfassungsschutz dazu auf, „alle Hinweise aus den Bereichen Rechtsextremismus, Linksextremismus, Ausländerextremismus, Sabotageabwehr und organisierte Kriminalität“ an den Inlandsgeheimdienst weiterzugeben.
Das ist aus einer von der Leitung des Jobcenters verschickten E-Mail, die dem konservativen Onlineportal „Tichys Einblick“ von anonymer Seite zugeleitet wurde, erkenntlich. Für den Verfassungsschutz seien „Erkenntnisse von Ihnen über unsere Kunden aus den Tatbeständen Ortsabwesenheit von Flüchtlingen in ihre Herkunftsländer oder Krisengebiete, Auffälligkeiten im Verhalten dieser Personengruppe, Kenntnisse über Kunden, die der Reichsbürgerbewegung angehören und alle sonstigen Tatbestände die Ihnen ‚auffällig‘ erscheinen“ wichtig. Die Hinweise könnten an ein angegebenes Postfach versandt werden und würden mit „absoluter Vertraulichkeit“ behandelt. Mit dieser „Kooperation haben wir einen weiteren Mosaikstein im Sicherheitskonzept für unsere Mitarbeiter und Kunden eingefügt“, heißt es abschließend.
Ein Pressesprecher der Saarländischen Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit bestätigte, dass Informationsveranstaltungen des Verfassungsschutzes für Behörden stattfänden und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter per Mail darauf hingewiesen wurden, „gegebenenfalls konkrete Verdachtsmomente zu transportieren und zu kanalisieren“. Die Begrifflichkeit „Kooperationsabschluss“ sei aber missverständlich. Aus dem saarländischen Ministerium für Inneres, Bauen und Sport hieß es, der Verfassungsschutz führe seit längerem vor dem Hintergrund einer anhaltend hohen abstrakten Gefährdungslage bezüglich des islamistischen Terrorismus regelmäßig „Sensibilisierungsgespräche“ für Behörden durch, um „ggf. vorliegende Verdachts- und Radikalisierungshinweise im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten frühzeitig an das Landesamt für Verfassungsschutz zu übermitteln.“ Eine Pressereferentin der Bundesagentur für Arbeit konnte weder bestätigten noch dementieren, dass es auch bundesweit entsprechende Kooperationen mit Verfassungsschutzbehörden gäbe oder solche geplant seien (www.tichyseinblick.de/kolumnen/alexander-wallasch-heute/ mitarbeiter-im-jobcenter-kooperieren-mit-verfassungsschutz/).
Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Dr. André Hahn, Katja Kipping, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/13507 –
Kooperation von Verfassungsschutzämtern mit der Bundesagentur für Arbeit
Da es sich bei der Bundesagentur für Arbeit um eine Bundesbehörde handelt, sind die Fragestellerinnen und Fragesteller der Auffassung, dass die Frage einer möglichen Zusammenarbeit der Bundesagentur für Arbeit oder einzelner ihrer Gliederungen mit dem Verfassungsschutz auch dann eine Bundes- und keine Landesangelegenheit ist, wenn entsprechende Kooperationen mit Landesämtern des Inlandsgeheimdienstes erfolgen.
1. Inwiefern kann die Bundesregierung die Darstellungen in der Vorbemerkung der Fragesteller bestätigen?
Nach Mitteilung der Bundesagentur für Arbeit trifft es nicht zu, dass ein Jobcenter im Saarland seine Mitarbeiter aufgefordert habe, alle Hinweise aus den Bereichen Rechtsextremismus, Linksextremismus, Ausländerextremismus, Sabotageabwehr und organisierter Kriminalität unmittelbar an das Landesamt für Verfassungsschutz weiterzugeben.
2. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über eine „Kooperation“ oder sonstige Form der Zusammenarbeit zwischen einem Jobcenter im Saarland und dem Landesamt für Verfassungsschutz Saarland?
Nach der Stellungnahme der Bundesagentur für Arbeit werden die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Jobcenter regelmäßig auf den Umgang mit Bedrohungen z. B. auch aus extremistischem Umfeld hingewiesen und zur Wachsamkeit angehalten. Zwischen dem saarländischen Landesamt für Verfassungsschutz und der Führungsebene des Jobcenters im Regionalverband Saarbrücken hatte es ein Gespräch gegeben. Ziel dieses Gespräches war es, über die Arbeit des Landesamtes für Verfassungsschutz zu informieren und für die Gefährdungslage in Bezug auf den Islamistischen Terrorismus zu sensibilisieren. Im Nachgang zu diesem Gespräch wurden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieses Jobcenters per E-Mail durch die Geschäftsführung über ein Kommunikationsverfahren informiert, wie sie mögliche Hinweise intern weiterleiten können. Die in der E-Mail verwendete Formulierung, die auf eine „Kooperation“ mit dem Landesamt für Verfassungsschutz hindeutet, ist daher ungeschickt und missverständlich. Wie in der Folge mit konkreten Erkenntnissen, Anhaltspunkten oder Verdachtsmomenten umgegangen wird, unterliegt stets der Einzelfallprüfung unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben.
3. Inwiefern trifft es zu, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Jobcenters gebeten werden, dem Landesamt für Verfassungsschutz Saarland Hinweise aus den Bereichen Rechtsextremismus, Linksextremismus, Ausländerextremismus, Sabotageabwehr oder organisierte Kriminalität sowie Erkenntnisse über Kunden aus den Tatbeständen Ortsabwesenheit von Flüchtlingen in ihre Herkunftsländer oder Krisengebiete, Auffälligkeiten im Verhalten dieser Personengruppe, Kenntnisse über Kunden, die der Reichsbürgerbewegung angehören und alle sonstigen Tatbestände die den Mitarbeitern auffällig erscheinen, zu melden (www.tichyseinblick.de/kolumnen/alexander- wallasch-heute/mitarbeiter-im-jobcenter-kooperieren-mit-verfassungsschutz/)?
Es trifft nicht zu, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Jobcenters gebeten wurden, Hinweise direkt dem Landesamt für Verfassungsschutz zu melden. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wurde eine Ansprechpartnerin im Jobcenter und ein behördeninternes E-Mail-Postfach mitgeteilt, an welches sie ihre Informationen übermitteln können. Eine unmittelbare Weitergabe von Sozialdaten an das Landesamt für Verfassungsschutz im Saarland war nicht Inhalt der E-Mail.
a) Um welche Jobcenter im Saarland handelt es sich nach Kenntnis der Bundesregierung?
b) Welche Leitungsstelle hat wann und an wen genau entsprechende Aufforderungen per Mail oder verschickt?
Die Geschäftsführung des Jobcenters im Regionalverband Saarbrücken hat mit E-Mail vom 8. August 2017 alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Jobcenters über ein behördeninternes Kommunikationsverfahren sowie interne Kommunikationswege informiert.
c) Um welche Art von Kooperation zwischen dem Jobcenter und dem Landesamt für Verfassungsschutz Saarland handelt es sich genau, und wann wurde diese geschlossen?
d) Inwieweit wurde diese Kooperation des Jobcenters mit dem Landesamt für Verfassungsschutz Saarland mit der Bundesagentur für Arbeit abgestimmt?
Das saarländische Landesamt für Verfassungsschutz hatte mit der Führungsebene des Jobcenters ein Sensibilisierungsgespräch geführt. Im Nachgang gab es eine E-Mail der Geschäftsführung des Jobcenters zu einem internen Kommunikationsverfahren sowie zu internen Kommunikationswegen im Hinblick auf mögliche Informationen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Über den weiteren Umgang mit den Informationen und ggf. Weiterleitung wird stets im Einzelfall unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben entschieden. Diesbezüglich und auch darüber hinaus gibt es keine Kooperation zwischen dem Jobcenter und dem Landesamt für Verfassungsschutz.
e) Inwiefern und auf welcher gesetzlichen Grundlage erachtet es die Bundesregierung für zulässig, wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eines an die Bundesagentur für Arbeit angeschlossenen Jobcenters im Saarland von einer Leitungsstruktur dazu angehalten werden, Hinweise aus den Bereichen Rechtsextremismus, Linksextremismus, Ausländerextremismus, Sabotageabwehr und organisierte Kriminalität an das saarländische Landesamt für Verfassungsschutz zu melden?
Es trifft nicht zu, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Jobcenters im Regionalverband Saarbrücken angehalten werden, Informationen unmittelbar an das saarländische Landesamt für Verfassungsschutz zu melden.
f) Auf welcher gesetzlichen Grundlage sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eines Jobcenters legitimiert, Erkenntnisse über ihre Kunden über die Ausreise von Flüchtlingen in ihre Herkunftsländer oder Krisengebiete, Auffälligkeiten im Verhalten dieser Personengruppe, Kenntnisse über Kunden, die der Reichsbürgerbewegung angehören, und alle sonstigen Tatbestände, die ihnen auffällig erscheinen, zu melden?
Die Bundesagentur für Arbeit und die Jobcenter übermitteln Sozialdaten an das Bundesamt und die Landesämter für Verfassungsschutz auf Grundlage des § 72 SGB X.
In § 72 SGB X ist die Übermittlung von Sozialdaten durch Sozialbehörden an Behörden des Verfassungsschutzes geregelt. Danach ist eine Übermittlung von Sozialdaten nur dann zulässig, soweit sie im Einzelfall für die rechtmäßige Erfüllung der in der Zuständigkeit der Behörden für Verfassungsschutz, des Bundesnachrichtendienstes, des Militärischen Abschirmdienstes und des Bundeskriminalamtes liegenden Aufgaben erforderlich ist.
Als bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts ist für die Bundesagentur für Arbeit zudem § 18 Absatz 1 und Absatz 3 Bundesverfassungsschutzgesetz (BVerfSchG) maßgebend. Danach unterrichtet die Bundesagentur für Arbeit von sich aus das Bundesamt für Verfassungsschutz über die ihr bekannt gewordenen Tatsachen, die sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht oder Bestrebungen im Geltungsbereich des BVerfSchG erkennen lassen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gegen die in § 3 Absatz 1 Nummer 1, 3 und 4 genannten Schutzgüter gerichtet sind. Darüber hinaus kann das Bundesamt für Verfassungsschutz auf Grundlage von § 18 Absatz 3 BVerfSchG die Bundesagentur für Arbeit um Auskunft ersuchen. Für die als gemeinsame Einrichtungen (§ 44b des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch – SGB II) organisierten Jobcenter ist das dargestellte Bundesrecht maßgebend. Die Jobcenter in ausschließlich kommunaler Trägerschaft (§ 6a SGB II) unterliegen den für Landesbehörden geltenden Bestimmungen.
g) Inwieweit sieht die Bundesregierung hier den Datenschutz gewährleistet?
Die Übermittlung von Sozialdaten an Behörden des Verfassungsschutzes für den Schutz der inneren und äußeren Sicherheit ist auf Grundlage von und unter den Voraussetzungen des § 72 SGB X zulässig.
h) Inwiefern nutzen das Bundesamt – oder nach Kenntnis der Bundesregierung Landesämter – temporär oder dauerhaft Räumlichkeiten in Jobcentern, und falls ja, zu welchem Zweck?
Das Bundesamt für Verfassungsschutz nutzt keine Räumlichkeiten in Jobcentern. Eine Nutzung von Räumlichkeiten in Jobcentern durch Landesämter für Verfassungsschutz ist nicht bekannt.
4. Welche bereits offiziell vereinbarten oder noch geplanten Kontakte oder Kooperationen zwischen dem Bundesamt für Verfassungsschutz und Landesämtern für Verfassungsschutz mit der Bundesagentur für Arbeit oder ihren Untergliederungen sind der Bundesregierung bekannt?
Die Bundesagentur für Arbeit unterhält keine Kooperationen mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz oder den Landesämtern für Verfassungsschutz. Daten werden zwischen der Bundesagentur für Arbeit und den Verfassungsschutzbehörden ausschließlich auf gesetzlicher Grundlage übermittelt, z. B. im Rahmen von Amtshilfeersuchen. Von Kooperationen mit Jobcentern ist der Bundesagentur für Arbeit und der Bundesregierung nichts bekannt.
5. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über Informationsveranstaltungen, Mitarbeiterschulungen, Sensibilisierungsgespräche oder dergleichen durch das Bundesamt für Verfassungsschutz oder Landesämter für Verfassungsschutz für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundesagentur für Arbeit bzw. einzelner Jobcenter?
Wie viele derartige Informationsveranstaltungen oder Sensibilisierungsgespräche mit welchem Inhalt und Ziel fanden in welchen Bundesländern für wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundesagentur für Arbeit oder einzelner Jobcenter unter Leitung welcher Behörden statt?
Zur Thematik „Reichsbürger“ gab es nach Auskunft der Bundesagentur für Arbeit im Bezirk der Regionaldirektion Sachsen-Anhalt-Thüringen zwei Informationsveranstaltungen mit den jeweiligen Landesämtern für Verfassungsschutz. Diese dienten der Sensibilisierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Erkennen und zum Umgang mit sogenannten „Reichsbürgern“. Am 26. April 2017 fand eine Informationsveranstaltung beim Thüringer Amt für Verfassungsschutz statt. Teilnehmen konnten jeweils ein bis zwei Beschäftigte der Agenturen für Arbeit, der Jobcenter und der zugelassenen kommunalen Träger. Der Vortragende hat über die „Reichsbürgerszene“ insbesondere in Thüringen informiert, Handlungsempfehlungen zum Umgang mit dem Personenkreis gegeben und auf § 19 des Thüringer Gesetzes zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung und zur Vorbeugung vor Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung zur Informationsübermittlung hingewiesen.
Das Amt für Verfassungsschutz Sachsen-Anhalt hat am 10. Mai 2017 einen Vortrag zum Umgang mit „Reichsbürgern“ in den Räumlichkeiten der Agentur für Arbeit Halle angeboten, an dem ein bis zwei Beschäftigte aus Agenturen für Arbeit, Jobcentern und zugelassenen kommunalen Träger teilnehmen konnten. Die Verfassungsschutzbehörde des Landes Sachsen-Anhalt hat die „Reichsbürgerszene“ als verfassungsfeindliche Bestrebung im Sinne von § 4 Absatz 1 Nummer 1 und Nummer 5 des Gesetzes über den Verfassungsschutz im Land Sachsen-Anhalt (VerfSchG-LSA) eingestuft und auf die Informationsweitergabe nach § 17 Absatz 1 und 2 VerfSchG-LSA hingewiesen
Auf Initiative des Geschäftsführers des Jobcenters Rhein-Neckar-Kreis wurde zum Landesamt für Verfassungsschutz Kontakt aufgenommen. Es gab eine Gruppeninformation für die Führungskräfte. Der Termin fand am 22. Mai 2017 im Jobcenter statt.
6. Inwieweit und aufgrund welcher gesetzlichen Grundlage sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundesagentur für Arbeit bzw. von Jobcentern nach Auffassung der Bundesregierung dazu angehalten oder verpflichtet, dem Bundesamt für Verfassungsschutz und den Landesämtern für Verfassungsschutz im Zusammenhang mit ihren Kundinnen und Kunden auftretende Auffälligkeiten und Verdachtsmomente zu melden?
Es wird insoweit auf die Antwort zu Frage 3 Buchstabe f verwiesen.
7. Wie viele Verdachtsmomente wurden nach Kenntnis der Bundesregierung innerhalb der letzten zwei Jahren durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundesagentur für Arbeit bzw. von Jobcentern an das Bundesamt für Verfassungsschutz oder die Landesämter für Verfassungsschutz gemeldet, und wie verteilten sich diese Meldungen auf Phänomenbereiche wie Linksextremismus, Rechtsextremismus, Ausländerextremismus/ausländische Ideologie, Islamismus etc.?
Nach Mitteilung der Bundesagentur für Arbeit gaben Agenturen für Arbeit bzw. Jobcenter in elf Fällen Informationen an das zuständige Landesamt für Verfassungsschutz. Dabei lagen Verdachtsmomente in den Bereichen Islamismus (vier Fälle), Terror (ein Fall), Gefährdung (ein Fall) und „Reichsbürgerbewegung“ (drei Fälle) vor. Zu weiteren zwei Fällen liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse zu der Art der Verdachtsmomente vor. Etwaige Übermittlungen von Informationen an das Bundesamt für Verfassungsschutz sind nicht bekannt. Im Bundesamt für Verfassungsschutz werden keine solchen statistischen Erfassungen vorgenommen.
8. Inwieweit werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundesagentur für Arbeit und der Jobcenter für den Umgang mit Angehörigen der Reichsbürgerbewegung sensibilisiert und geschult, und inwiefern sind das Bundesamt für Verfassungsschutz oder die Landesämter für Verfassungsschutz in diese Sensibilisierung eingebunden?
Eine spezielle Schulung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundesagentur für Arbeit bezüglich des Umgangs mit „Reichsbürgern“ gibt es nicht. Die Zentrale der Bundesagentur für Arbeit hat im Frühjahr 2017 lediglich einen schriftlichen Hinweis an alle Regionaldirektionen versandt, unter welchen Voraussetzungen eine Meldung von „Reichsbürgern“ an die Landesämter für Verfassungsschutz zulässig ist. Hierbei wurde ausdrücklich auf die Voraussetzungen des § 72 SGB X sowie auf das Vorliegen einer konkreten Bedrohungssituation gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hingewiesen. Das Schreiben war zudem ausschließlich an die für das Recht der Arbeitsförderung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch zuständigen Dienststellen adressiert.
Die Regionaldirektion Nord der Bundesagentur für Arbeit hat sich aufgrund von Anfragen aus den Jobcentern des Bezirks zum Thema „Reichsbürgerbewegung“ entschlossen, das Thema im Oktober 2017 im Rahmen des regelmäßigen Erfahrungsaustauschs mit den Jobcentern auf die Tagesordnung zu setzen. Dazu wurden Referenten des Landesverfassungsschutzes Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern gewonnen. Konkret geplant ist ein einstündiger Vortrag zu historischen und verfassungsrechtlichen Hintergründen und Möglichkeiten des behördlichen Umgangs sowie zu ggf. landesspezifischen Besonderheiten. Im Anschluss soll eine Diskussionsrunde stattfinden, in der die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jobcenter ihre Fragen zum Thema „Reichsbürger“ einbringen können. Das Bundesamt für Verfassungsschutz beabsichtigt, Bundesbehörden mit häufigem Publikumsverkehr im Hinblick auf den Umgang mit Angehörigen der „Reichsbürgerbewegung“ zu sensibilisieren und diese um Mitteilung von Erkenntnissen auf Grundlage des § 18 Absatz 1 bzw. 3 BVerfSchG zu ersuchen.
Quelle: http://www.ulla-jelpke.de/ Bild: dgb.de
Anfrage und Antwort sind hier einzusehen: