100 Jahre Frauenwahlrecht – 100 Jahre Kampf für Geschlechterdemokratie

Der Weg bis zur (immer noch nicht vollständigen) Gleichstellung der Geschlechter war lang und mehr als beschwerlich.

Als sich Frauen in Deutschland im November 1918 das passive und aktive Wahlrecht erkämpft haben, lagen hinter ihnen schon jahrelange Anstrengungen und immense Widerstände – etwas, das engagierten Frauen auch nach der neu erworbenen politischen Ermächtigung bis heute nicht fremd ist.

Der Kampf um das Frauenstimmrecht war Anfang des 20. Jahrhunderts eng mit den damaligen – zum Teil katastrophalen – Arbeits- und Lebensverhältnissen der Arbeiterinnen verbunden, die sich wegen der politischen und ökonomischen Rechtslosigkeit nur schwer dagegen wehren konnten. Auch die gewerkschaftliche Organisierung der Frauen wurde bis 1908 in verschiedenen Regionen Deutschlands gesetzlich erschwert.

Ein Meilenstein in der Frauenstimmrechtbewegung wurde 1907 mit Gründung der sozialistischen Fraueninternationale gelegt, die das uneingeschränkte, allgemeine Frauenstimmrecht forderte.

Dies führte 1911 zur Durchführung des ersten internationalen Frauentags, der unter dem Kampfruf „Heraus mit dem Frauenwahlrecht“ alleine in Deutschland mehr als eine Million Frauen zum Protest bewegte. Die Aktionen wurden sowohl von den freien Gewerkschaften wie auch von der SPD unterstützt und organisiert. Unter den Teilnehmerinnen war auch Emma Ihrer (1857-1911), deren Wirken grundlegend für die Anfangsentwicklung der gewerkschaftlichen Frauenarbeit gewesen ist.

Sieben Jahre nach der Einführung des Internationalen Frauentages, mit neu gewonnenem Aufschwung gegen Ende des Ersten Weltkrieges, wurde 1918 die wichtigste Forderung der Frauenbewegung erfüllt und das Frauenwahlrecht eingeführt.

Für Frauen bedeutete das neue Recht eine Aufwertung in der Gesellschaft und eine Art Hebel, der für eigene Interessen eingesetzt werden konnte.

Es wäre jedoch irreführend zu behaupten, dass das Frauenwahlrecht an sich schon reichte, um die soziale und politische Gleichberechtigung voranzutreiben.

So vergingen weitere vier Jahrzehnte, bis Gleichberechtigung im Grundgesetz niedergeschrieben wurde: Während der zweiten Frauenbewegung waren es erst Gerichtsurteile, die die Politik im Jahr 1977 dazu aufforderten, das Bürgerliche Gesetzbuch zu ändern, damit Frauen ohne Einwilligung des Ehemannes arbeiten durften.

Und wo stehen wir 2018?

Auch heute werden die Interessen der Frauen, zumal die der Arbeitnehmerinnen, nicht ohne Rückschritte realisiert, vor allem nicht, wenn Frauen sie selber nicht als solche identifizieren.

So ist der Frauenanteil im neuen Bundestag mit 30,6 Prozent auf den Stand von vor 20 Jahren gesunken. Ob Forderungen nach Paritätsgesetzen (und das auf allen politischen Ebenen) jetzt auf offene Ohren stoßen werden, bleibt abzuwarten.

Auch ist gleicher Lohn für gleich(wertig)e Arbeit im Jahr 2018 trotz neuem Entgelttransparenzgesetz weiterhin eine Utopie. Das gleiche gilt für selbstbestimmte Arbeitszeiten und gerechte Besteuerung.

Um all das zu verändern, werden Frauen ihre politischen Stimmen mit gleichem Durchsetzungsvermögen einsetzen müssen, wie es vor hundert Jahren Arbeiterinnen, Gewerkschafterinnen wie auch viele Bürgerinnen zusammen gemacht haben!

Eine erste, gute Gelegenheit habt ihr alle am 08. März 2018 beim Internationalen Frauentag!

 

Weiterführende Hinweise

§  NOTZ, Gisela. 2011: Der internationale Frauentag und die Gewerkschaften: Geschichte(n) – Traditionen und Aktualität.

§  NOTZ, Gisela. 2008: Her mit dem allgemeinen, gleichen Wahlrecht für Mann und Frau!: Die internationale sozialistische Frauenbewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts und der Kampf um das Frauenwahlrecht (PDF)

§  DGB-Bezirk Hessen-Thüringen: Internationaler Frauentag: Vom Frauenwahlrecht zur gleichberechtigten Teilhabe

 

 

 

Quelle: ver.di

Bild: ver.di