Cybercrime-Razzia des LKA beim Wissenschaftsladen in Dortmund – sie kommen bei Nacht und Nebel und beschlagnahmen Materialien von antifaschistischen Gruppen

Der Dortmunder Wissenschaftsladen (WiLaDo) hält seit fast 40 Jahren das Prinzip der „Hilfe zur Selbsthilfe“ hoch und macht in diesem Sinn für engagierte Menschen Ressourcen verfügbar.

Die produktiven Möglichkeiten der Netze versucht die Initiative für Individuen und Gruppen insbesondere auch für progressive Bewegungen wie gewerkschaftliche Vernetzung, Umweltbewegung, Antifaschismus, Kunst- und Kultur, soziale Bewegungen, Tierschutz und Bürgerprotest, nutzbar zu machen.

In der Nacht zum Donnerstag, 05. Juli 2018 wurde der WiLaDo Zielscheibe einer Cybercrime-Razzia des LKA. Mit Maschinenpistolen bewaffnete Uniformierte drangen in den „Langen August“, eines der letzten selbstverwalteten Häuser für Initiativen und Gruppen in der Dortmunder Nordstadt ein und hielten die dort Anwesenden fest. Sie führten einen Durchsuchungsbefehl mit, der sich auf den Wissenschaftsladen Dortmund e.V. bezog. Dessen ungeachtet durchsuchten die Eindringlinge den gesamten Langen August und beschlagnahmten rechtswidrig Material der Gruppen und Initiativen des Hauses.

Mitteilung des WiLa vom 05.07.2018

Tag der offenen Tür(en) – schwer bewaffnete Einbrecher besetzen den Langen August und entwenden Server aus dem WiLa (sic!)

Dies ist eine vorläufige Nachricht über die Geschehnisse am Abend des 4. Juli 2018 im Langen August, Braunschweiger Str. 22, 44145 Dortmund, in dem sich auch die Räumlichkeiten des Wissenschaftsladen Dortmund (WiLaDo) befinden. Sobald wir einen besseren Überblick über die Geschehnisse, Dokumente etc. haben, gibt es natürlich einen update, aber für alle Nutzer*innen der hiesigen Infrastruktur und die interessierte Öffentlichkeit hier schonmal das Wichtigste, das uns bekannt ist:

Laut Zeugenaussagen drangen gegen ca. 19 Uhr mit Maschinenpistolen bewaffnete
Uniformierte in den Langen August in der Dortmunder Nordstadt ein und hielten die dort Anwesenden zunächst fest. Sie führten einen Durchsuchungsbefehl mit, der sich auf den Wissenschaftsladen Dortmund e.V. bezog. Dessen ungeachtet durchsuchten die Eindringlinge den gesamten Langen August. Den Durchsuchungsbefehl hatte das LKA Köln erwirkt, aber die Aussicht, mal ein soziokulturelles Zentrum von innen zu sehen, hat die Dortmunder Polizei vermutlich zum Trittbrettfahren auf dieser „Maßnahme“ animiert. Eine Auflistung der üblichen Rechtswidrigkeiten seitens der organisierten Gewalt, die wir an diesem Abend erleben durften, werden wir angehen, sobald die Faktenlage erhellt ist. Dazu bitten wir auch alle Zeug*innen der „Maßnahme“, Gedächtnisprotokolle anzufertigen.

Ziel des LKA war mutmaßlich ein im WiLaDo befindlicher Server, über den gewisse Dokumente illegal verbreitet würden. Sobald uns der schriftliche Durchsuchungsbeschluss vorliegt, werden wir Genaueres bekannt geben.

Nach jetziger Kenntnis haben die Eindringlinge fünf Türen zerstört, davon drei im Wissenschaftsladen. Für die Vollendung dieser Verwüstung wurde nach Zeugenaussagen auch noch die Feuerwehr bemüht. Es wurde seitens der Eindringlinge nicht versucht, mit dem WiLaDo Kontakt aufzunehmen, um die (vierstelligen) Schäden zu vermeiden. Auch waren nach jetziger Kenntnis keine Zeugen bei der Durchsuchung des WiLaDo anwesend. Der Zutritt zum Langen August und zum WiLaDo wurde Vorstandsmitgliedern, die zum Ort der „Maßnahme“ geeilt waren, verwehrt. Ebenso unserer Anwältin.

Entwendet wurde aus dem WiLaDo schließlich ein Servergehäuse, in dem sich mehrere (stromsparende) kleine Server befanden, darunter vermutlich das Zielobjekt der LKA-„Maßnahme“. Dadurch, dass die „Besucher“ trotz stundenlanger, abgeschirmter Betätigung im WiLaDo das Objekt ihrer Begierde offenbar nicht genau ausmachen konnten, sind durch die unnötige Mitnahme von nicht mit „der Sache“ zusammenhängender Hardware weitere unnötige Schäden entstanden. Einem Dienst von FREE! wurde dadurch die Hardware entzogen, und die öffentliche Website eines Radiosenders ist durch die „Maßnahme“ offline. Ob Letzteres einen Eingriff in die Pressefreiheit darstellt, wird zu prüfen sein.

Falls sich die „Maßnahme“ als Zensurversuch herausstellen sollte, möchten wir vorsorglich darauf hinweisen, dass ein wesentlicher Grund für das Entstehen von FREE! die Ablehnung von Zensur war. Daran schließt sich die Bitte an die geneigte Leserschaft an, unsere Bemühungen auch weiterhin zu unterstützen, nicht nur gegen Zensur, sondern auch für Bildung, Wissenschaft, Nachhaltigkeit und freie Infrastruktur.

Update: Wer es genau wissen will, hier gibt es Durchsuchungsbeschluss, Beschlagnahmeprotokolle usw. (34 MB)  https://nextcloud.free.de/s/SaBddaTrzmaeycN

 

Quelle: Wissenschaftsladen Dortmund
Bild:pixabay cco