Frauen, die Opfer von Gewalt wurden, werden auch in Dortmund weiterhin im Stich gelassen

Im vergangenen Jahr haben die Frauenhäuser in NRW 20 Prozent mehr Hilfsgesuche ablehnen müssen als im Vorjahr. 2017 mussten in Dortmunder Frauenhaus 474 Anfragen von Frauen mangels Platz abgewiesen werden, 2016 waren es noch 320. Das Dortmunder Frauenhaus hat bei einer Einwohnerzahl in der Stadt von rund 600.000 nur 213 Plätze und 2 Notbetten für Frauen, die Opfer von Gewalt wurden.

Belegzahlen der vergangenen zwei Jahre sprechen für sich und für die Notwendigkeit eines Schutzraumes für die Frauen. 2016 war das Frauenhaus zu 92,68 Prozent belegt, 86 Frauen und 84 Kindern wurde dort aufgezeigt, wie sie in der Zukunft gewaltfrei leben können. 2017 waren 34 Frauen und 31 Kinder untergekommen, das entspricht einer Belegquote von 105,78 Prozent.

Eine Alternative zur häuslichen Gewalt entwerfen zu können und Schutz zu finden ist für die Frauen schwieriger geworden, weil der Wohnungsmarkt für die Bezieher von Sozialleistungen in der Stadt fast geschlossen ist.Das Dortmunder Frauenhaus ist seit Beginn vor fast 45 Jahren bis heute auf Spenden und auf freiwillige Landeszuschüsse angewiesen und ist immer noch nicht eine Regeleinrichtung im städtischen Sozialsystem mit einer fest kalkulierbaren Regelförderung.

Dortmunder Frauenbewegung

Die Dortmunder Frauenbewegung hat seit Beginn der 1970er Jahre einen für die Bewegung in der BRD typischen Verlauf genommen. Hier gab es ebenfalls den Aufbruch mit der Selbstbezichtigungskampagne von 1971, von der Dortmunder Gruppe der Aktion 218 initiiert. Die Gruppe nannte sich 1974 in Frauen-Aktion-Dortmund (FAD) um und eröffnete das erste Frauenzentrum. Mit dem Frauenzentrum war die FAD bereits in die Öffentlichkeit gegangen und mit den Beratungsangeboten im Frauenzentrum hatte die öffentliche Praxis des Wirkens von Frauen für Frauen begonnen, auf ehrenamtlicher und unentgeltlicher Basis.

Ehrenamtlich und unbezahlt war auch zunächst die Hilfe für geschlagene Frauen in der Frauenhausgruppe, die FAD-Frauen nahmen sie privat auf. Dann konnte die erste Wohnung angemietet werden, der Verein Gewalt gegen Frauen gegründet und schon damals musste eine  Finanzierung für ein Frauenhaus gesucht werden. Erst durch unendlich viel Überzeugungsarbeit von FAD-Frauen in Gruppen der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (ASF), durch Kontakte zur Frauenhilfe der Evangelischen Kirche und zum Sozialamt wurde die Idee des Frauenhauses verbreitet. Dann war es da, das erste Projekt der FAD, das Frauenhaus. Durch die Frauenbewegung in Dortmund entstanden weitere Projekte: 1978 der Notruf für vergewaltigte Frauen, 1979 die Gruppe Frauen Schreiben, 1981 die Frauenberatungsstelle im Verein Frauen helfen Frauen, 1982 der Frauenbuchladen, das Lesbentelefon und die Zeitschrift lesbenstich, 1985 der Frauen-Karate-Verein, doch immer war eines der Hauptthemen die Gewalt gegen Frauen.

Wohnungsmarkt ist für die Bezieher von Sozialleistungen in Dortmund fast geschlossen

Die Frauenhausarbeit in Dortmund war immer durch die mangelhafte finanzielle Ausstattung gekennzeichnet, der neoliberale Einfluss mit dem Kahlschlag im Sozialbereich stellt heute das gesamte Projekt infrage, wo doch ein großer Ausbau des Projekts bei den alarmierenden Zahlten unabdingbar wäre. Doch die Gewaltopfer erleben derzeit noch eine weiters Hemmnis, einen neuen Start ohne Männergewalt zu wagen. Frauen und Kinder blieben statt der maximal vorgesehenen drei Monate viel länger im Haus wohnen, da der Wohnungsmarkt ihnen noch nicht einmal eine Nische lässt, denn der ist für die Bezieher von Sozialleistungen in Dortmund fast geschlossen.

Landesregierung muss liefern

Während der Rot-Grüne Landesregierung wurden zwischen 2010 und 2016 die Mittel zur Finanzierung der Frauenhäuser um 70 Prozent erhöht, zudem wurden  die zweite Sozialarbeiterinnenstelle in den Frauenhäusern wiedereingeführt und der Sachkostenzuschuss aufgestockt. Im Regierungsprogramm zur Landtagswahl 2017 war formuliert, dass zukünftig jeder von Gewalt betroffenen Frau eine schnelle und sichere Unterbringung und die Unterhaltssicherung gestellt werde – auf dem Papier und zu Wahlkampfzeit, aber immerhin.

Die neue CDU-FDP Landesregierung hat Ende 2017 beschlossen, die finanziellen Mittel für die Frauenhäuser zu erhöhen, um Kostensteigerungen auszugleichen. Dadurch wurde aber kein einziger zusätzlicher Frauenhausplatz geschaffen, obwohl momentan jede zweite hilfesuchende Frau in NRW abgewiesen werden muss, die landesgeförderten Häuser wiesen 7.358 Anfragen von Frauen ab.

Aufgrund des größer werdenden Drucks will die Landesregierung die Anzahl der landesgeförderten Plätze von derzeit 571 um weitere 50 erweitern. Im Haushalt 2018 ist dazu eine halbe Million Euro vorgesehen. Derzeit ist das Gleichstellungsministerium nach eigenen Angaben mit den Trägervereinen und Vertretern der Städte im Gespräch, wie der Platzaufbau sichergestellt und ambulante Hilfen eingebunden werden können. In das Gleichstellungsministerium ist die ehemalige Dortmunder CDU Rechtsdezernentin Diane Jägers gewechselt, die Frau, die in der Dortmunder Nordstadt jahrelang für den gewalttätigen Einsatz der Ordnungskräfte sich politische Sporen verdiente, die sie dann nach Düsseldorf geschwemmt haben.

Besonders tat sie sich in ihrer Dortmund Zeit mit den heftigen Einsätzen gegen drogenabhängige Frauen hervor. Stolz präsentierte die Rechtsdezernentin den Medien die erfolgreiche Arbeit: nach dem die Sperrbezirksverordnung gilt, wurden 600 Anzeigen gegen Prostituierte, die ihren Drogenkonsum so finanzieren müssen, ausgesprochen – einzelne Frauen erhielten mehr als 20 Anzeigen. Im Verbund mit typischen Drogendelikten wurden mehrere Frauen zu Haftstrafen von mehreren Monaten bis hin zu vier Jahren verurteilt. Seit Jahren sind durchschnittlich rund 25 Frauen, die als Prostituierte arbeiteten und massiver Gewalt ausgesetzt sind, in Haft.

Die Frauen in NRW sollten dies wissen und ihre Erwartungen an das Gleichstellungsministerium etwas zurückschrauben und wieder viel mehr auf ihre eigene Kraft setzen.

Die Dortmunder Frauenbewegung hatte das schon immer getan und war deshalb in den 1970er und 1980er Jahren so erfolgreich.

 

 

Weitere Infos: https://www.frauenhaus-dortmund.de/

Quellen: WAZ, Frauenhaus Dortmund, Frauenberatungsstelle Dortmund

Bild: cco flickr