Die altbekannte Weisheit, dass die Veränderungen der politischen und wirtschaftlichen Bedingungen auch erheblichen Einfluss auf die Gestaltung von Sozialpolitik haben, hat sich wieder einmal bewahrheitet. Es zeigt sich besonders darin, dass der Wohlfahrtsstaat sich innerhalb der letzten 15 Jahre deutlich gewandelt hat. Zu den wichtigsten Änderungen gehören:
- im Bereich der Alterssicherung wurde das Leistungsniveau der Gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) gesenkt, parallel dazu wurde die private Eigenvorsorge mit staatlicher Förderung eingeführt und das Renteneintrittsalter von 65 auf 67 Jahre angehoben
- in dem Gesundheitsbereich wurden viele Leistungen der Gesetzlichen Krankenkassen gestrichen und die Selbstbeteiligung der Versicherten ausgebaut
- in der Arbeitsmarktpolitik war die einschneidenste Änderung die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zum „Arbeitslosengeld II“ (Hartz IV).
Allen Behauptungen zum Trotz, haben diese als Reformen bezeichneten Änderungen nicht zu Einsparungen geführt. Die Kosten wurden nur verlagert z.B. von den öffentlichen Haushalten und den Arbeitgebern auf die Beschäftigten, Erwerbslosen, Rentner und Kranken.
Sozialpolitik ist ein wichtiges Element der Gestaltung des Charakters der Beziehungen der Menschen in unserer Gesellschaft und bildet den entscheidenden Faktor für die Bewahrung ihres inneren Zusammenhaltes. Sie kann der Gesellschaft Weiterentwicklung verleihen oder ihren Niedergang beschleunigen. Die Ausgestaltung der sozialen Sicherung bestimmt darüber, wie sich die Gesellschaft entwickelt und spiegelt die Lebensweise der Gesellschaft insgesamt wider.
Eine Verbesserung der sozialen Sicherung verschafft den Beschäftigten Sicherheit, mehr Handlungsfähigkeit und verhindert, dass sie nicht so schnell erpresst werden.
Die Entwicklung in den vergangen Jahrzehnten hat allerdings gezeigt, dass die Sozialpolitik der Bundesregierungen dazu geführt hat, dass immer mehr Menschen in unsicheren Verhältnissen leben und arbeiten.
Der „fürsorgende Wohlfahrtsstaat“, der individuelle Statussicherung versprach, hat sich gewandelt und hat eher die gesellschaftlichen Investitionen im Kosten/Nutzenverhältnis im Auge. Im Vordergrund steht nun, dass durch Sozialpolitik in der Zukunft individuelle und gesellschaftliche Erträge erzielt werden sollen und für eine Leistung auch eine Gegenleistung erwartet wird. Nach neoliberalem Verständnis soll der Staat sich zurückziehen und der Einzelne mehr Eigenverantwortung aufbringen.
Diese Neuausrichtung der Sozialpolitik hat eine unüberschaubare Fülle von Gesetzesänderung zur Folge gehabt.
Für Interessierte bietet die neue Sozialpolitische Chronik von Johannes Steffen einen hervorragenden Überblick über die zentralen gesetzlichen Änderungen der vergangenen Jahrzehnte.
Im Einzelnen ist es
- die wesentlichen Änderungen im Bereich des Arbeitsförderungsrechts seit 1969,
- die wesentlichen Änderungen im Bereich der Rentenversicherung seit 1978,
- die wesentlichen Änderungen im Bereich der Krankenversicherung seit 1977,
- die wesentlichen Änderungen im Bereich der Pflegeversicherung seit 1995,
- die wesentlichen Änderungen im Bereich der Sozialhilfe (HLU) seit 1982die wesentlichen Änderungen im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende seit 2005 im Netz unter http://www.portal-sozialpolitik.de/sozialpolitische-chronikweitere Infos: http://arbeitsmarkt-und-sozialpolitik.verdi.de/ueber-uns/nachrichten/++co++2b1c9f82-18b1-11e4-a885-525400248a66
Quellen: Dr. Johannes Steffen, Arbeitsnehmerkammer Bremen, Hans Böckler Stiftung, ver.di
oder
die „Sozialpolitische Chronik“ von Johannes Steffen ist als pdf-Datei zu lesen unter http://www.portal-sozialpolitik.de/uploads/sopo/pdf/Sozialpolitische-Chronik.pdf