DGB-Gewerkschaften im Sinkflug – sie haben es zugelassen, dass die Tarifbindung seit vielen Jahren kontinuierlich abnimmt

Für Gewerkschaften gibt es nichts Wichtigeres als Mitglieder. Wenn sie die Unternehmen nicht mit Mitgliedern beeindrucken können, können sie sie auch nicht mit Streikdrohungen erschrecken. Wer nicht einmal mit Streiks drohen kann, der braucht an den Tischen der Tarifverhandlungen gar nicht erst Platz zu nehmen.

Die Zahl der Mitglieder, die in den DGB-Gewerkschaften organisiert sind, ist seit der Wiedervereinigung um etwa die Hälfte eingebrochen. Im Jahr 2017 ist sie erstmals unter 6 Millionen gesunken und zum Jahresende 2021 waren es noch 5.7 Millionen, ein Minus von 130.000 Mitglieder gegenüber dem Vorjahr.

Von offizieller Seite wird diese Entwicklung hauptsächlich auf die demografischen Einflüsse, Beschäftigungsabbau allgemein, Strukturwandel in der Berufswelt und neuerdings zusätzlich noch auf die Pandemie, mit ihrer erschwerten Mitgliederwerbung geschoben. Doch diese Sichtweise ist mehr als kurzsichtig, die Gründe sind vielfältiger und durch den DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften auch hausgemacht.

Zum Beispiel haben die DGB-Gewerkschaften es zugelassen, dass in Deutschland der Trend zur Tarifflucht seit mehreren Jahrzehnten anhält und nur noch weniger als die Hälfte der Beschäftigten unter einen Tarifvertrag fallen.

Jahrzehntelang war es normal und ganz selbstverständlich, dass die Regelungen, die Gewerkschaften und organisierte Unternehmerschaft aushandelten für eine deutliche Mehrheit der Beschäftigten galt – Tarifverträge waren verbindlich, meist einheitlich für ganze Branchen.

Tarifbindung bedeutet erst einmal Sicherheit und ein Tarifvertrag garantiert Mindestbedingungen, die auf keinen Fall unterschritten werden dürfen. Ob es um die Höhe der Arbeitsvergütung geht oder um Regelungen zur Urlaubslänge und Urlaubs- und Weihnachtsgeld: Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis von einem Tarifvertrag flankiert wird, sind durchgängig bessergestellt, als ihre Branchenkollegen ohne Tarifvertrag. In den nicht tarifgebundenen Unternehmen werden durchweg niedrigere Löhne gezahlt, deshalb kann der Niedriglohnsektor deutlich reduziert werden, wenn es Branchen-Tarifverträge gibt und die für allgemeinverbindlich erklärt werden.

Tarifbindung nimmt seit vielen Jahren kontinuierlich ab

1998 bis 2018

Laut der jährlichen Unternehmensbefragung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), ist die Tarifbindung der Beschäftigten in den 20 Jahren zwischen 1998 und 2018 in den westlichen Bundesländern von 76 auf 46 Prozent gesunken, in den östlichen von 63 auf 35 Prozent gefallen. Für rund 46 Prozent der Beschäftigten in Deutschland war das Beschäftigungsverhältnis 2018 durch einen Tarifvertrag geregelt. Für 8 Prozent der Beschäftigten galten Firmentarifverträge. In den neuen Län­dern war die Tarifvertragsbindung deutlich niedriger. Hier galten für 35 Prozent der Be­schäf­tig­ten Bran­chen­tarif­ver­träge. 11 Prozent arbeiteten in Unternehmen mit Fir­men­ta­rif­ver­trä­gen. Für 44 Prozent der Be­schäf­tig­ten im Westen und 55 Prozent im Osten gab es keinen Tarifvertrag.

2020

Zwei Jahre später, im Jahr 2020 arbeiteten 43 Prozent der Beschäftigten in Deutschland in Betrieben mit einem Branchentarifvertrag. Betrachtet man die Betriebe, wird deutlich, dass hochgerechnet nur noch rund 26 Prozent der westdeutschen und 16 Prozent der ostdeutschen Betriebe durch Branchentarifverträge gebunden waren. Haus- oder Firmentarifverträge galten für 2 Prozent der Betriebe in den alten und rund 3 Prozent der Betriebe in den neuen Bundesländern, das heißt umgekehrt: etwa 72 Prozent der westdeutschen und 82 Prozent der ostdeutschen Betriebe waren nicht tarifgebunden. 31 Prozent der nicht tarifgebundenen Betriebe in Westdeutschland und 24 Prozent in Ostdeutschland „orientieren“ sich nur in ihren Einzelarbeitsverträgen an bestehenden Branchentarifen.

Beispiel Nordrhein-Westfalen

In Nordrhein-Westfalen wurden Ende 2020 rund 57 Prozent der Beschäftigten nach Tarif bezahlt. Das industriell geprägte NRW hat zwar von allen Bundesländern die höchste Quote der Tarifbindung, auch weil das Land Westfalen einmal über das fortschrittlichste Landestariftreuegesetz verfügte, aber auch hier ist sie seit Mitte der 1990er Jahre deutlich gesunken.

Für die Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) über „Tarifverträge und Tarifflucht in Nordrhein-Westfalen“ wurden die neuesten verfügbaren Daten des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB)-Betriebspanels sowie die Verdienststrukturerhebung des Statistischen Bundesamtes ausgewertet und zahlreiche Tarifauseinandersetzungen analysiert.

Die wichtigsten Ergebnisse der WSI-Studie:

  • „57 Prozent der Beschäftigten werden aktuell in NRW nach einem Tarifvertrag bezahlt. Im bundesweiten Durchschnitt liegt die Tarifbindung bei 51 Prozent.
  • Der Anteil der Beschäftigten, die in NRW nach Tarif bezahlt werden, lag 1996 noch bei 82 Prozent. Seither ging er erheblich zurück und erreichte Mitte der 2000er-Jahre nur noch 65 Prozent. Einige Jahre verharrte die Tarifbindung auf diesem Niveau, seit Mitte der 2010er-Jahre sank sie wieder und erreichte in den Jahren 2019 und 2020 ihren bisherigen Tiefpunkt.
  • Die Tarifbindung der Beschäftigten in NRW reicht von 34 Prozent im Einzelhandel bis zu 97 Prozent in der öffentlichen Verwaltung. Die Wahrscheinlichkeit, nach Tarif bezahlt zu werden, steigt insgesamt mit der Größe des Betriebes. Gleiches gilt für das Betriebsalter: Während 46 Prozent der vor 1990 gegründeten Betriebe tarifgebunden sind, sind es unter den seit 2010 gegründeten lediglich 25 Prozent.
  • Tarifbindung funktioniert dann besonders gut, wenn Betriebsräte sich um die Umsetzung der Tarifverträge kümmern. In NRW arbeiten allerdings nur 45 Prozent aller Beschäftigten in einem Unternehmen mit Betriebs- oder Personalrat. Lediglich 38 Prozent sind in einem Betrieb mit Betriebsrat und Tarifvertrag tätig. Ähnlich wie die Tarifbindung ist auch die Verbreitung von Betriebsräten in den letzten Jahrzehnten deutlich zurückgegangen.
  • In NRW wie bundesweit haben Beschäftigte in tarifgebundenen Unternehmen kürzere Arbeitszeiten. 2019 arbeiteten sie in NRW im Durchschnitt 38,4 Stunden pro Woche und damit eine Stunde weniger als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ohne Tarifvertrag.
  • Beschäftigte verdienen deutlich weniger, wenn ihr Arbeitgeber nicht an einen Tarifvertrag gebunden ist. Auch das ist in ganz Deutschland so. In NRW beträgt der unbereinigte Rückstand beim Entgelt knapp 18 Prozent. Dies lässt sich teilweise mit den Unterschieden zwischen den Betrieben erklären, wie zum Beispiel der Branche, der Betriebsgröße und der Qualifikation der Beschäftigten. Aber selbst wenn diese Unterschiede statistisch berücksichtigt werden, beträgt der Lohnrückstand für Beschäftigte in tariflosen Betrieben im Mittel noch immer knapp 8 Prozent gegenüber Beschäftigten in tarifgebundenen Betrieben mit ähnlichen Merkmalen – bei längerer Arbeitszeit“. (Originaltext WSI)
Wechselwirkung

In den Betrieben in denen es keine Tarifverträge gibt, ist auch das Interesse für die Mitgliedschaft in der Gewerkschaft gering. In Branchen, in denen der gewerkschaftliche Organisationsgrad hoch ist, gibt es tendenziell häufiger tarifvertragliche Regelungen. Zum Beispiel haben der Öffentliche Dienst, die Automobil- und Chemie-Industrie und der Maschinenbau noch recht gute Werte vorzuweisen. Dagegen sieht es in der Logistik, im Gastgewerbe und im Einzelhandel besonders düster aus. So hatte der Einzelhandel noch bis zur Jahrtausendwende ein nahezu flächendeckendes Tarifsystem, da dort fast alle Tarifverträge für allgemeinverbindlich erklärt waren. Aber auch da, wo solche Tarifverträge existieren, werden sie mittlerweile kaum noch für allgemeinverbindlich erklärt, weil die Unternehmensverbände die gesetzlichen Hürden für eine Blockade nutzen. Gerade die Allgemeinverbindlichkeitserklärung, die auch sukzessive abgebaut wurde, könnte aber in wichtigen Branchen das Lohndumping beenden.

Tarifflucht ist für die Allgemeinheit teuer

Nach Zahlen aus einer Sonderauswertung des DGB von 2021 entgehen dem Staat durch die Tarifflucht und Lohndumping Einnahmen in Milliardenhöhe. So fehlen den Sozialversicherungen in Deutschland jährlich rund 30 Milliarden Euro an Beiträgen. Bund, Länder und Kommunen nehmen aus demselben Grund rund 18 Milliarden Euro weniger Einkommensteuer ein. Die mangelnde Tarifbindung wirkt sich außerdem direkt auf die Kaufkraft der Beschäftigten aus: Sie hätten 42 Milliarden Euro mehr pro Jahr im Portemonnaie, wenn es eine flächendeckende Tarifbindung geben würde. Im Vergleich zur letzten Auswertung für das Jahr 2014 sind die allgemeinen Kosten der Tarifflucht um insgesamt 15 Milliarden Euro gestiegen.

Gründe für sinkende Tarifbindung

Die Tarifbindung sinkt nicht nur durch die Tarifflucht vieler Unternehmen aus einem Branchen-Tarifvertrag. Sie wurde auch durch zahlreiche politische Maßnahmen willentlich gesenkt.

In den 1990er Jahren wurden auch aufgrund von neoliberalen EU-Richtlinien viele Sektoren, die vormals im Öffentlichen Dienst angesiedelt waren oder von staatlichen Unternehmen betrieben wurden, privatisiert und für neue private Anbieter geöffnet. Beispielsweise waren der Gesundheitsbereich, Telekommunikation, Post, Öffentlicher Nah- und Fernverkehr, Luftfahrt, Energieversorgung, und Ver- und Entsorgung zu 100 Prozent tarifgebunden. Viele Unternehmen, die die privatisierten Betriebe übernahmen, verweigerten eine Tarifbindung, um sich durch niedrige Lohnkosten einen Wettbewerbsvorteil im Kampf um Marktanteile zu schaffen. Gleichzeitig verließen viele öffentliche oder gemeinnützige Unternehmen die Tarifverträge des Öffentlichen Dienstes oder gliederten Teile aus, um Personalkosten zu sparen. Der Staat mit seiner neoliberalen Politik sah dabei zu, verzichtete bei der Privatisierung und bei der Öffnung von Märkten ausdrücklich auf die Verpflichtung einer Tarifbindung und begünstigte damit die Tarifflucht als Mittel der Kostensenkung. Deshalb ist der Niedriglohnsektor gerade in den o.g. Sektoren besonders hoch.

Viele große Unternehmen und auch der Öffentliche Dienst entfliehen der Tarifbindung, indem sie Betriebsteile ausgliedern, als Werkverträge vergeben, Subunternehmer einsetzen und Scheinselbständige beschäftigen. So konnte unter Aufsicht des Staates der größte Niedriglohnsektor in Europa entstehen, in dem möglichst wenig reguliert ist und kein Platz mehr für allgemeinverbindliche branchenbezogene Flächentarife ist.

Was müsste passieren, um die Entwicklung abzufangen und umzukehren

Schnell ist man dabei, die Stärkung der Tarifbindung zu allererst und meist ausschließlich als Aufgabe der Tarifvertragsparteien zu sehen. Doch war es die Politik, besonders die rot-grüne Koalition, die ab 1998 alles daransetzte, den Arbeitsmarkt zu deregulieren und in Deutschland den größten Niedriglohnsektor Europas zu errichten. Da ist kein Platz für eine Stärkung des Tarifsystems, sie würde nur die Konkurrenz unter den Beschäftigten etwas glätten und der Konkurrenz der Unternehmen untereinander die Aggressivität nehmen, für eine immer wieder angestrebte Exportweltmeisterschaft wäre das eher hinderlich.

Doch angenommen, die Gewerkschaften würden wirklich Druck machen, um die konkrete Arbeits- und Lebenssituation der Beschäftigten zu verbessern, dann könnten sie mit den folgenden Schritten anfangen, um die Stärkung der Tarifbindung anzugehen:

  • Eine Reform der Allgemeinverbindlichkeitserklärung (AVE), da die
    Erleichterung der AVE durch das Tarifautonomiestärkungsgesetz im Jahr 2014 ohne Wirkung in der Praxis blieb. Das Mittel der AVE setzt aber einen repräsentativen Branchen-Tarifvertrag voraus.
  • Tariftreue bei Wirtschaftsförderung und öffentlicher Auftragsvergabe konsequent anwenden, da bis heute ein Bundestariftreuegesetz fehlt und auch auf Länderebene ein Flickenteppich besteht.
  • Bessere Nachwirkungsregelung zum Erschweren von Tarifflucht. Nachwirkungsregelung bedeutet, dass ein Tarif, wenn er gekündigt oder ausgelaufen ist, seine Vereinbarungen dann so lange weiter gelten, bis sie durch eine neue Abmachung ersetzt werden.
  • Fortgeltung von Tarifverträgen in ausgegliederten Unternehmenseinheiten.
  • Erschwerung und dann Abschaffung der „Ohne-Tarif-Mitgliedschaft“ in den Interessenverbänden der Unternehmen – z.B. sollte der Trick der Blitzaustritte unmöglich werden.
  • Nutzung von tarifdispositivem Recht als Anreiz (mit Äquivalenzregelung), damit ist gemeint, dass durch dieses Gesetzesrecht es den Tarifpartnern ermöglicht werden soll, für einen bestimmten Wirtschaftszweig ein vom Gesetz abweichendes Recht durchzusetzen. Dieses Gesetzesrecht ist nur durch einen Tarifvertrag, aber nicht durch Einzelvertrag wie z.B. durch einen Arbeitsvertrag abänderbar.
  • Steuerliche Anreize für tarifgebundene Unternehmen und Gewerkschaftsmitglieder.
  • Besseres betriebliches Zutrittsrecht für Gewerkschaften auch in „Tendenzbetrieben“ wie z.B. bei den kirchlichen Unternehmen schaffen.
  • Einführung eines Verbandsklagerechts.
  • Die Gewerkschaften müssten ihre eigene Organisationsmacht ausbauen, hierzu gehört auch der Schutz und Stärkung der Betriebsräte und Vertrauensleutegremien und die Unterstützung bei deren Gründung und ihrer alltäglichen Arbeit, auch durch bessere Repräsentanz der Gewerkschaften in den Betrieben.
  • Über die Durchsetzung von Haus-Tarifverträgen sollten Schritt für Schritt die Voraussetzung für neue Branchentarifverträge aufgebaut werden. Wie schwierig das ist, zeigte z. B. das Gerangel um einen Pflege-Branchentarifvertrag zwischen großen kirchlichen Unternehmen, die außerhalb des Arbeitsrechtes stehen, privaten Betrieben und öffentlich bzw. gemeinnützigen Unternehmen

und

die Unternehmen müssten generell dafür haften, dass auch ihre Sub-Unternehmen sozial- und arbeitsrechtliche Standards einhalten und zwar so, dass sie für ihre gesamte Wertschöpfungskette Verantwortung übernehmen müssen.

Die Umsetzung der o.g. Schritte für eine Stärkung der Tarifbindung anzugehen sieht auf den ersten Blick recht einfach aus. Dabei verliert man schnell aus dem Auge, wie weit das Roll Back im Kampf zwischen Kapital und Arbeit bei uns schon fortgeschritten ist.

Die Rahmenbedingungen für die Stärkung der Tarifbindung sind äußerst schlecht

Um den Wirtschaftsstandort in Deutschland neu auszurichten und den Arbeitsmarkt „zu sichern“, hat sich eine große Koalition aus den Regierungsparteien, Unternehmen, Gewerkschaften, Betriebsräten, Verbänden und der Bundesagentur für Arbeit (BA) als die „Partner der Transformation im Arbeitsmarkt“ gebildet. Diese Partnerschaft hat sich vorgenommen u.a. mit dem Zuzug von billigen Arbeitskräften und den Möglichkeiten des neuen Bürgergelds den größten europäischen Niedriglohnsektor in Deutschland weiter auszubauen.

Für die Regierung ist es wichtig, die DGB-Gewerkschaften mit ins Boot zu holen. Auch deshalb hatte bei einer immens angestiegenen offiziellen Inflationsrate von 10 Prozent im Sommer 2022 Bundeskanzler Scholz die „Sozialpartner zu einer konzertierten Aktion“ eingeladen, bei der man auf die hohen Preise reagieren wollte und um gleichzeitig die Gewerkschaften davon abzuhalten, dass sie ihre Forderung in Höhe der Inflationsrate stellen. Dabei haben sie das Märchen von der „Lohn-Preis-Spirale“ aus der Mottenkiste geholt und sich untereinander erzählt. Als das Märchen zu Ende erzählt war, hatte man dann auch die Sonderzahlung als Wunderwaffe in Tarifkonflikten auf dem Tisch. Mit den nicht tabellenwirksamen Sonderzahlungen hatte man gleichzeitig auch eine permanente Lohnabsenkung vereinbart. Dieses Vorgehen ist von langer Hand vorbereitet und geschickt verpackt worden. Die Sonderzahlungen werden in Zukunft weiter ausgebaut und immer mehr mit Bedingungen wie z.B. sie an eine Gewinnentwicklung des Unternehmens auszurichten, verbunden – Beschäftigte in Betrieben mit großem Profit erhalten höhere Einmalzahlungen als die, die sich in kleineren Betrieben der Branche verdingen müssen.

Das sind alles Entwicklungen, die eine Wiederbelebung der Flächentarifverträge und Steigerung der Tarifbindung diametral entgegenstehen.

Diese „Sozialpartnerschaft“ hat ganz konkret zur Folge, dass immer mehr Menschen in die prekäre Beschäftigung abrutschen und dabei sich von ihrer Gewerkschaft verraten und verkauft fühlen.

Die Gewerkschaften sagen, sie würden die prekär beschäftigten Menschen mit ihrer Mitgliederwerbung kaum erreichen und für und mit Nichtmitgliedern zu kämpfen lohne sich nicht. Die im Niedriglohnsektor arbeitenden potentiellen Gewerkschaftsmitglieder sagen, die Gewerkschaften tun nichts für uns und eine Mitgliedschaft mit einem Prozent Beitrag vom Bruttolohn monatlich ist eine ziemlich teure und ineffiziente Sache. Beim weiteren Ausbau des Niedriglohnsektors wird dieser Kreislauf noch an Dynamik gewinnen und die Mitgliederzahlen der DGB-Gewerkschaften weiter sinken lassen.

Dem kann nur entgegengesteuert werden, wenn ernsthaft versucht wird, in den Betrieben Basisdemokratie in den Gewerkschaften zu praktizieren, in jedem Betrieb wo möglich, Betriebsräte gegründet werden, die Vertrauensleutegremien funktionsfähig gemacht – und als Querschnittsaufgabe aller DGB –Gewerkschaften die Stärkung der Tarifbindung oben auf die Tagesordnung gesetzt wird.

 

 

 

 

 

Quellen: ver.di, BR, WAZ, Entgeltatlas der BA, Betriebsverfassungsgesetz 
Bild: dgb