Auf dem 21. Bundeskongress des Deutschen Gewerkschaftsbundes vom 13.-17.05.2018 stimmten die Delegierten klar für den Antrag „#NO2PERCENT-Frieden geht anders“ und sprachen sich deutlich gegen das 2-Prozentziel der NATO für Rüstungsausgaben und damit für Frieden und Abrüstung aus. Auch zu Waffenlieferungen in Konfliktgebiete gab es ein eindeutiges Votum, nämlich eine grundsätzliche Ablehnung dafür.
Diese Beschlüsse dienten auch als Grundlage für die Aufrufe des DGB zu den Antikriegstagen.
Als nun im März 2022 die neue Bundesregierung die „rüstungspolitische Zeitenwende“ ausrief, sprach der DGB sofort von dem „friedenspolitischen Kurswechsel“. Der DGB-Bundesausschuss legte, ohne Votum der Gewerkschaftsmitglieder, eine 180-Grad-Kehrtwende hin und lobt die Bundesregierung für ihre „zu Recht verteidigungspolitisch schnelle Reaktion auf den Angriffskrieg gegen die Ukraine“ und „die dauerhafte Aufstockung des Rüstungshaushaltes zur Erfüllung des 2-Prozent-Ziels wird vom DGB und seinen Mitgliedsgewerkschaften“ jetzt nur noch „ weiterhin kritisch beurteilt“ und damit ist der Beschluss von 2018 vom Tisch. Da klingt es wie Hohn, wenn der Bundesausschuss meint, „der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften halten daran fest, dass die militärische Friedenssicherung nicht zulasten des sozialen Friedens erkauft werden darf“ und das bei galoppierender Inflation und Preisexplosion bei Lebensmitteln, Mieten und Energie. Dennoch „befürworten der DGB… die scharfen wirtschaftlichen Sanktionen, die von der Bundesregierung, der Europäischen Union und den westlichen Bündnispartnern gegen Russland verhängt worden sind.“ Und dies zu einem Zeitpunkt, an dem die schon seit Jahren verhängten Sanktionen voll auf die Bevölkerung bei uns zurückschlagen.
Bei dieser Positionierung ist es ungewiss, ob der DGB auch weiterhin noch zur Friedensbewegung in Deutschland gehören wird.
Zur Resolution des DGB-Bundesausschusses zum Ukrainekrieg:
Resolution
Krieg sofort beenden! Waffenstillstand jetzt!
Erklärung des DGB-Bundesausschusses zum Ukrainekrieg
Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften verurteilen die kriegerische Aggression Russlands auf die Ukraine auf das Schärfste. Dieser Krieg stellt einen beispiellosen Angriff auf die europäische Friedensordnung dar, die auf Freiheit, Menschenrechten, Selbstbestimmung und Gerechtigkeit basiert. Seine Hauptleidtragenden sind die Zivilbevölkerung und viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Gemeinsam mit der internationalen Gewerkschaftsbewegung stehen wir solidarisch an der Seite der mutigen Menschen in der Ukraine. Zugleich gelten unsere Solidarität und unser Respekt all den Menschen in Russland, die schweren Repressalien des Regimes ausgesetzt sind, weil sie mutig auf die Straße gehen und ihre Stimme gegen den Krieg erheben.
- Wir fordern die russische Regierung auf, die Kämpfe umgehend zu beenden, einem sofortigen Waffenstillstand zuzustimmen, um jede weitere Eskalation der Situation zu verhindern, und die territoriale Integrität der Ukraine durch den Rückzug ihrer Truppen wiederherzustellen.
- Alle Seiten müssen jetzt mit Hochdruck weiter an diplomatischen Lösungen arbeiten. Das bedeutet zuallererst, dass die russische Seite dazu gebracht werden muss, den Angriffskrieg zu beenden. Der deutschen Bundesregierung kommt eine zentrale Rolle zu. Gemeinsam mit ihren EU-Partner*innen ist sie besonders gefordert bei der Suche nach diplomatischen Lösungen, die den Krieg beenden und die Perspektive auf eine neue gesamteuropäische Architektur des Friedens und der Sicherheit eröffnen.
- Hunderttausende Menschen werden durch den Krieg gezwungen, die Ukraine zu verlassen. Für den DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften ist jetzt die Stunde solidarischen Handelns. Wir werden für diese Menschen, die rasch bei uns Aufnahme finden müssen, selbst Unterkünfte bereitstellen und sie materiell unterstützen. Wir werden dafür sorgen, dass die Zugänge zum Arbeitsmarkt für sie offenstehen. Wir stehen in engem Austausch mit der internationalen Gewerkschaftsbewegung, um unseren ukrainischen Schwestergewerkschaften vor Ort zu helfen.
Darüber hinaus rufen wir die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten dazu auf, allen Geflüchteten umfassende humanitäre Hilfe und Schutz anzubieten. Die Grenzen müssen für sie offenbleiben.
- Die letzten Tage lehren uns, dass ein freiwilliges Einlenken des Regimes in Russland nicht erkennbar ist. Deshalb befürworten der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften die scharfen wirtschaftlichen Sanktionen, die von der Bundesregierung, der Europäischen Union und den westlichen Bündnispartnern gegen Russland verhängt worden sind.
- Die nachteiligen Folgen dieser Sanktionen werden auch an uns selbst nicht spurlos vorübergehen. Neben gestörten Lieferketten erweist sich vor allem die hohe Abhängigkeit Deutschlands von russischen Erdgas-, Kohle- und Erdölimporten als problematisch. Worum es jetzt geht, ist, diese Abhängigkeit deutlich zu reduzieren. Es ist notwendig, dass die Bundesregierung die energiepolitischen Rahmenbedingungen neu bewertet und alle Optionen für eine verlässliche Energieversorgung prüft. Gleichzeitig sehen der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften die Bundesregierung in der Pflicht, umgehend dafür zu sorgen, dass der erwartbare Anstieg der Energiepreise für die Verbraucherinnen und Verbraucher abgefedert wird. Die Energiekosten müssen auch für Unternehmen, insbesondere der energieintensiven Industrien, bewältigbar bleiben. Um die Versorgungssicherheit längerfristig zu gewährleisten, bedarf es einer stärkeren Zusammenarbeit in Europa. Wir Gewerkschaften werden uns dazu mit eigenen Vorschlägen einbringen.
- Die Bundesregierung hat zu Recht verteidigungspolitisch schnell auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine reagiert. Die dauerhafte Aufstockung des Rüstungshaushalts zur Erfüllung des Zwei-Prozent-Ziels der NATO wird vom DGB und seinen Mitgliedsgewerkschaften weiterhin kritisch beurteilt. Die dringend erforderlichen Zukunftsinvestitionen in die sozial-ökologische Transformation und in die Leistungsfähigkeit unseres Sozialstaates müssen sichergestellt bleiben.
Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften halten daran fest, dass die militärische Friedenssicherung nicht zulasten des sozialen Friedens erkauft werden darf. Auch weiterhin treten der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften für eine allgemeine und weltweite kontrollierte Abrüstung, für die Verwirklichung und Erhaltung des Friedens und der Freiheit im Geiste der Völkerverständigung ein. Die Bundesrepublik muss als wesentlicher Akteur an einer gemeinsamen europäischen Sicherheitsarchitektur arbeiten. Auch wir als Gewerkschaften leisten durch unsere transnationale Arbeit einen Beitrag dazu. Es gilt, auch weiterhin gleichfalls an zivilen Strategien der Friedenssicherung und Konfliktverhütung zu arbeiten.
Quelle, Bild und weitere Infos: Krieg sofort beenden! Waffenstillstand jetzt! | DGB