Gewerkschaft und Niedriglohnsektor

Die Niedriglohnsektoren in den verschiedenen Ländern Europas sind in den vergangenen drei Jahrzehnten vor allem deshalb gewachsen, weil gesetzliche Regelungen und ausreichende Mindestlöhne fehlten, Gewerkschaften in Lohnverhandlungen schwächer wurden oder weil dieser Sektor, wie in Deutschland, von Politik und Unternehmerschaft bewusst gefördert wurde.

Geringverdiener im Niedriglohnsektor definiert die EU als Beschäftigte, die zwei Drittel oder weniger des nationalen Median-Bruttostundenverdienstes in dem jeweiligen Land vergütet bekommen. Bei Beschäftigten in Vollzeit stellt diese Schwelle die Armutsgrenze dar, unter der keine angemessene Existenzsicherung mehr gewährleistet ist.

Für die betroffenen Menschen, die im Niedriglohnsektor arbeiten, bringen die Strukturen, unter denen sie arbeiten, schlechtere Arbeitsbedingungen und weniger Arbeitsschutz, kaum Chancen auf Weiterbildung und sozialen Aufstieg, geringere soziale Absicherung, weniger Arbeitslosen-, Kurzarbeiter- oder Krankengeld und mehr Altersarmut sowie eine permanente Gefährdung der Existenzsicherung mit sich. Gewerkschaft und Niedriglohnsektor weiterlesen

Wie sicher sind unsere Arzneimittel?

Von Gisela Bergholtz

Zu Beginn der Coronazeit strahlte das deutsche Fernsehen ein Interview mit Bill Gates aus, in dem er uns erklärte, dass er in kürzester Zeit erreichen will, dass ein Impfstoff gegen SARS Cov2 entwickelt wird, der der ganzen Menschheit verabreicht werden soll. Ziel sei es auch, in Zukunft innerhalb von 100 Tagen solche Impfstoffe zu entwickeln.

Das warf die Frage auf, warum es in Europa keine alternativen Arzneimittel während der Coronazeit gegeben hat.

Meine Arbeit beschreibt die Veränderungen der Rechtsverordnungen der Arzneimittelherstellung und mit welchen Tricks es möglich wurde, dass Ende 2020 die Bevölkerung die Impfstrategie der Regierung als Erlösung empfand. Wie sicher sind unsere Arzneimittel? weiterlesen

Pflegeversicherung: DAK-Gesundheit kritisiert Zweckentfremdung von Beitragsgeldern

Die DAK-Gesundheit kritisiert eine Zweckentfremdung von Beitragsgeldern in der sozialen Pflegeversicherung durch die Bundesregierung. Ein aktuelles Rechtsgutachten im Auftrag der Kasse untersucht den Entzug von Milliardenbeiträgen, die während der Corona-Pandemie u.a. für Tests und Boni für Beschäftigte in der Pflege aus den Pflegekassen gezahlt wurden.

DAK-Vorstandchef Andreas Storm fordert vom Bund die kurzfristige Rückzahlung von 5,9 Milliarden Euro. Erfolge die Rückzahlung nicht, sei dies laut Gutachten eindeutig verfassungswidrig und habe fatale Folgen. Mit der geforderten Finanzspritze könne der für 2025 drohende massive Beitragsanstieg in der Pflegeversicherung verhindert werden. Außerdem entstehe so der erforderliche Spielraum zur Vorbereitung der vom Bundesgesundheitsminister geplanten großen Pflegereform. Pflegeversicherung: DAK-Gesundheit kritisiert Zweckentfremdung von Beitragsgeldern weiterlesen

Jugend ans Gewehr!

Die Pflicht zur Vaterlandsverteidigung kann nicht oft genug betont werden, speziell im Juni kümmert sich die Bundeswehr um die „Sichtbarkeit“ ihres Auftrags an der Heimatfront. Und auch die Debatte über Wehrdienst bzw. Wehrpflicht kommt voran.

Von Johannes Schillo

Im Juni-Heft von Konkret (Nr. 6/25) erschien ein Beitrag „Vaterland verpflichtet“ über die gegenwärtige Wehrdienst-Debatte. Die Wehrpflicht kommt wieder, so der Einstieg des aktuellen Kommentars, zu dem es hier einige Nachträge gibt. Das Konkret-Heft geht übrigens auch auf sonstige Maßnahmen zur „Militarisierung der Herzen“ und auf den Aufbruch der „Verantwortungs“-Koalition (z.B. deren „Nähe zur AfD“) ein.

Seit der „Zeitenwende“ wird ja die Notwendigkeit eines Wehrdienstes, der junge Menschen an die Bundeswehr heranführt, allenthalben betont, wobei eigentlich nur noch der Zeitpunkt der (Wieder-)Einführung offen ist. Zustimmung gibt es von rechts bis links. Sie reicht von der AfD (Weidel: „Anstatt Waffen an die Ukraine zu liefern … eine zweijährige Wehrpflicht“) und der neuen Koalition, wie von Merz in seiner Regierungserklärung noch einmal bekräftigt, über die „Freiheitsdienst“-Idee der Grünen bis hin zu Bodo Ramelow, der schon im März 2022 für eine allgemeine Wehrpflicht votierte, während sich der Generalinspekteur der Bundeswehr dagegen aussprach. FDP-Lindner hatte seinerzeit auch widersprochen, doch mittlerweile können Liberale dem Pflicht-Gedanken ebenfalls einiges abgewinnen.

Seit dem Beginn des Ukrainekriegs sind dabei unterschiedliche Modelle, in Regierungskreisen mit Vorliebe nach Art des schwedischen Auswahlverfahrens, in der Diskussion. Jugend ans Gewehr! weiterlesen

Gewerkschaften gegen Aufrüstung und Krieg! Friedensfähigkeit statt Kriegstüchtigkeit!

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die politische Lage spitzt sich immer weiter zu.

Hochrüstung und Kriegsvorbereitung sind die politischen Prioritäten der neuen Bundesregierung.

Bundeskanzler Friedrich Merz, Außenminister Wadepuhl und Kriegsminister Pistorius und haben erklärt, dass sie das von den USA vorgegeben Ziel unterstützen, 5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Militär und Militärhilfe auszugeben. Das wären 2025 über 220 Mrd. Euro, fast die Hälfte des Bundeshaushalts.

Das Land wird zunehmend militarisiert, auch die an sich zivilen Einrichtungen wie Krankenhäuser sollen kriegstüchtig gemacht werden, dafür steht das Grünbuch Zivil-Militärische Zusammenarbeit 4.0. Die Wehrpflicht soll wieder kommen, im ersten Schritt „freiwillig“. Nicht nur sind künftig unbegrenzte Kriegskredite zur Aufrüstung und zur Finanzierung von Waffenlieferungen möglich, auch ein erheblicher Teil des kreditfinanzierten „Sondervermögens Infrastruktur“ wird militärischen Zwecken dienen, Brücken panzertauglich zu machen usw. Die Kosten werden die Lohnabhängigen und ihre Familien zu tragen haben. Gewerkschaften gegen Aufrüstung und Krieg! Friedensfähigkeit statt Kriegstüchtigkeit! weiterlesen

Zur konkreten Lebenssituation alter Menschen: Rund 3,4 Millionen Menschen im Rentenbezug gelten als armutsgefährdet – Altersarmut und Altersüberschuldung sind zwei Seiten einer Medaille

In Deutschland gibt es rund 21 Millionen Menschen, die eine Rente beziehen. Neue Zahlen zur Altersarmut liegen vor, die besagen, dass im vergangenen Jahr etwa 2,1 Millionen Rentnerinnen unterhalb der Armutsgefährdungsgrenze lebten, bei den männlichen Rentenbeziehern waren es rund 1,3 Millionen.

2024 galten in Deutschland 19,6 Prozent der Menschen ab 65 Jahren als armutsgefährdet, damit stieg die Armutsgefährdungsquote bei älteren Menschen um 1,2 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr und auf den höchsten Stand seit 2020.

Von Armutsgefährdung spricht man, wenn eine Person weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens (Medianeinkommens) zur Verfügung hat. Menschen gelten demnach als armutsgefährdet, wenn sie als Alleinstehende über weniger als 1378 Euro netto pro Monat verfügen. Das Konzept steht allerdings in der Kritik, weil es relative Ungleichheit misst, nicht aber existenzielle Not.

Insgesamt 13 Millionen Menschen waren armutsbetroffen, also rund 15,5 Prozent der Bevölkerung. Die Armutsquote ist damit im Vergleich zum Vorjahr um 1,1 Prozentpunkte gestiegen.

Besonders betroffen sind Alleinerziehende, junge Erwachsene und Rentnerinnen und Rentner – wobei die Altersarmut stark weiblich geprägt ist. Zur konkreten Lebenssituation alter Menschen: Rund 3,4 Millionen Menschen im Rentenbezug gelten als armutsgefährdet – Altersarmut und Altersüberschuldung sind zwei Seiten einer Medaille weiterlesen

Arbeitslos – und dann? Die neuen Jobs sind meistens atypische Beschäftigungen

Von Torsten Lietzmann und Katrin Hohmeyer

Was passiert, nachdem Menschen arbeitslos geworden sind? Tatsächlich sind die weiteren Erwerbsverläufe höchst unterschiedlich. Der dauerhafte Sprung in eine unbefristete Vollzeitbeschäftigung gelingt den meisten Betroffenen zunächst nicht. Vielmehr findet sich die Mehrzahl in den ersten vier Jahren nach Eintritt der Arbeitslosigkeit in atypischen Beschäftigungsverhältnissen wie befristeter Beschäftigung, Teilzeit, Leiharbeit oder Minijobs wieder, nicht selten unterbrochen von Phasen erneuter Arbeitslosigkeit.

Welche Rolle spielt atypische Beschäftigung für Arbeitslose im weiteren Erwerbsverlauf? Dieser Frage sind die Autor*innen dieses Beitrags in einer aktuellen Studie nachgegangen. Sie haben dazu die Beschäftigungsverläufe von Personen untersucht, die zwischen 2012 und 2015 arbeitslos geworden sind und in dieser Zeit Arbeitslosengeld oder Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende bezogen haben. Untersuchungszeitraum waren jeweils die vier Jahre nach Eintritt der Arbeitslosigkeit.

Der Fokus der Analysen, deren Ergebnisse im Folgenden zusammengefasst werden, lag auf der Bedeutung, die vier Formen von atypischer Beschäftigung in den Erwerbsverläufen nach Arbeitslosigkeit hatten: befristete Beschäftigung, Leiharbeit, sozialversicherungspflichtige Teilzeitarbeit und geringfügige Beschäftigung. Arbeitslos – und dann? Die neuen Jobs sind meistens atypische Beschäftigungen weiterlesen

Medien. Macht. Meinung. Auf dem Weg in die Kriegstüchtigkeit.

(Red.) Große deutsche oder Schweizer Zeitungen zu lesen, lohnt – zumindest für Interessierte der internationalen Politik – nicht mehr wirklich. Auch die Öffentlich-Rechtlichen TV- und Radio-Stationen bieten kaum Alternativen. Aber es gibt Bücher, die zu lesen es sich lohnt. Zu diesen gehört «Medien. Macht. Meinung. Auf dem Weg in die Kriegstüchtigkeit.» von Renate Dillmann. Statt einer Rezension publizieren wir hier zwei Kapitel aus dem Buch, die Vorbemerkung und die Schlussbemerkung – als kleine Ermunterung, das ganze Buch zu lesen. (cm)

Vorbemerkung

Die Bombardierung von Krankenhäusern ist in den Nachrichten der deutschen Leitmedien mal Kriegsverbrechen, mal unvermeidlicher Kollateralschaden und mal legitimes Kriegsmittel. Es gibt »brutale völkerrechtswidrige Angriffskriege«, über die intensiv und mit medialer Empörung berichtet wird; es gibt aber auch mit Beifall begleitete »Missionen«, »Einsätze« und »humanitäre Interventionen«. Und es gibt »vergessene Kriege«. Manchmal geht »Staatswohl vor Aufklärung«. Tote sind nicht gleich Tote und Flüchtende nicht gleich Flüchtende – es kommt darauf an, wer wo stirbt und wer woher flüchtet. In einem Fall ist von Evakuierung die Rede, in einem anderen von Entführungen. Ein Putsch gegen eine demokratisch gewählte Regierung kann auf Verständnis in der Presse stoßen, aber auch eine abzulehnende Gewalttat oder ein terroristischer Akt sein. Undsoweiterundsofort. Medien. Macht. Meinung. Auf dem Weg in die Kriegstüchtigkeit. weiterlesen

Faschismusinflation

Von Andreas Wehr

Im Januar 2025 erklärte der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz mit Blick auf die Partei Alternative für Deutschland (AfD): „Einmal 33 reicht für Deutschland.“ [1] So sehen es auch Sozialdemokraten, Grüne und Linke: Mit der AfD drohe die Zerstörung der Demokratie, heißt es dort. Und für die Antifa steht eh der Faschismus vor der Tür. Auch international hat der Faschismusbegriff gegenwärtig Konjunktur. Donald Trump ist ein Faschist, so heißt es bei Sozialisten und Kommunisten in den USA. In Europa ist es Giorgia Meloni die so betitelt wird, bereits Silvio Berlusconi war für viele ein Faschist. Wir haben es mit einer wahren Faschismusinflation zu tun, zumindest was den Begriff angeht.

Doch was ist überhaupt Faschismus? Welche gesellschaftlichen Konstellationen bringen ihn hervor? Und wie unterscheidet er sich von anderen Formen bürgerlicher Herrschaft? Zur Beantwortung dieser Fragen ist es notwendig in das 19. Jahrhundert zurückzugehen und sich zunächst mit dem engen Verwandten des Faschismus, dem Bonapartismus zu beschäftigen. Dabei soll marxistisches Denken Richtschnur der Erkenntnis sein. Faschismusinflation weiterlesen

Dobrindts Zurückweisungspolitik ist rechtswidrig – drei Geflüchtete gewinnen Eilverfahren gegen Zurückweisung an der deutsch-polnischen Grenze

Von PRO ASYL

Eine 16-jährige Geflüchtete aus Somalia hat vor dem Verwaltungsgericht Berlin ein Eilverfahren gegen ihre Zurückweisung an der deutsch-polnischen Grenze gewonnen. Das Gericht stellte in seinem Beschluss klar: Die Zurückweisung der schwer verletzten Jugendlichen war rechtswidrig. Ebenso haben zwei weitere somalische Schutzsuchende, die einer verfolgten Minderheit angehören, ihre Eilverfahren gegen ihre Zurückweisung vor dem Verwaltungsgericht gewonnen. Alle drei Verfahren werden aus dem Rechtshilfefonds von PRO ASYL unterstützt.

„PRO ASYL ist erleichtert, dass das Gericht den Betroffenen zu ihrem Recht verholfen hat. Die europarechtswidrige Praxis, Asylsuchende zurückzuweisen, muss sofort beendet werden. Bundesinnenminister Dobrindt hat mit seinem nationalen Alleingang genug Leid für Schutzsuchende verursacht und außenpolitischen Schaden angerichtet“, erklärt Karl Kopp, Geschäftsführer von PRO ASYL.

Ein Team von PRO ASYL war unmittelbar nach der Anweisung von Bundesinnenminister Dobrindt an die Grenze gereist. Dobrindts Zurückweisungspolitik ist rechtswidrig – drei Geflüchtete gewinnen Eilverfahren gegen Zurückweisung an der deutsch-polnischen Grenze weiterlesen

Was das Smartphone so alles kann – Tyrann und Spion im Taschenformat

Die Anzahl der Smartphone-Nutzer beläuft sich hierzulande auf rund 69 Millionen. Rund 94,2 Prozent der 14- bis 19-jährigen Personen in Deutschland besitzen ein Smartphone/Handy im Haushalt. In der Altersgruppe der 20- bis 29-Jährigen sind es 95,5 Prozent, bei den 30- bis 39-Jährigen 96 Prozent.

In der gesamten Bevölkerung gaben nur 21 Prozent an, kein Smartphone zu verwenden – weder privat noch beruflich.

Die Dominanz von Onlinediensten, wie sie IT-Riesen wie Google (heute Tochtergesellschaft von Alphabet) und Facebook (heute META) anbieten, geben diesen Unternehmen eine nie dagewesene Macht über die persönlichsten Daten von Milliarden Menschen: 2,8 Milliarden Personen pro Monat nutzen einen Facebook-Dienst, mehr als 90 Prozent aller Internetsuchen finden auf Google statt und mehr als 2,5 Milliarden Handys nutzen das Google-Betriebssystem Android.

Konzerne wie Facebook und Google sammeln Daten in einem unfassbaren, nie dagewesenen Ausmaß – unbeschränkt und dauerhaft. Was das Smartphone so alles kann – Tyrann und Spion im Taschenformat weiterlesen

Wer sind eigentlich die 8,1 Millionen Menschen, die von 2000 bis 2022 nach Deutschland zugewandert sind?

Bild: scharf links.deZwischen den Jahren 2000 und 2022 sind 8,1 Millionen Menschen mit ausländischer Staatsbürgerschaft netto (Zuzüge abzüglich Abzüge) nach Deutschland zugewandert. Im gleichen Zeitraum haben netto 0,6 Millionen deutsche Staatsbürger das Land verlassen.

2022 machten eingewanderte Menschen rund 18 Prozent der deutschen Bevölkerung aus, weitere sechs Prozent waren direkte Nachkommen von ihnen. 40 Prozent der nach Deutschland Eingewanderten sind seit 2013 hinzugekommen. Sie waren mit einem Durchschnittsalter von knapp 30 Jahren deutlich jünger als die deutschen Staatsbürger ohne Einwanderungsgeschichte, dort liegt das Durchschnittsalter bei 47 Jahren.

In der Debatte um die Zuwanderung werden das Asylrecht, die Abwehr unwillkommener Menschen bzw. sogenannter Wirtschaftsflüchtlinge und die Behebung eines angeblichen Fachkräftemangels durch die Abwerbung qualifizierter Personen aus dem Ausland miteinander vermischt: So verschieden diese Fragen auch erscheinen, sie haben doch dieselben Ursachen. Wer sind eigentlich die 8,1 Millionen Menschen, die von 2000 bis 2022 nach Deutschland zugewandert sind? weiterlesen

Arbeiten die Deutschen zu viel?

Von Suitbert Cechura 

Diese Frage stellt sich hierzulande natürlich niemand, obgleich die Produktivität der Arbeit ständig steigt und die Krankheitsstatistiken der Krankenkassen die negativen Gesundheitsfolgen der Arbeit dokumentieren. Stattdessen sind die Medien voll von Äußerungen von Industriellen, Politikern und Journalisten, dass die Deutschen zu wenig arbeiten. Was ist da eigentlich der Maßstab, an dem das zu viel oder zu wenig gemessen wird? Arbeiten die Deutschen zu viel? weiterlesen

Innenansicht einer Bundesbehörde: Von der biederen Bundesanstalt für Arbeit über die Skandalagentur zur Personalabteilung einer „kriegstüchtigen“ Bundeswehr

Schon 23 Jahre ist es her, dass im Rahmen der sogenannten Arbeitsmarktreformen der rot-grünen Bundesregierung der Präsident der damals noch Bundesanstalt für Arbeit genannten Institution durch einen dreiköpfigen Vorstand ersetzt wurde. Die Vorstandsmitglieder hatten zwar keinen Beamtenstatus mehr, dafür bekamen sie aber deutlich höhere Gehälter als die bisherigen Präsidenten. Der Macher an der neuen Spitze der Bundesanstalt war damals der selbstherrliche Florian Gerster.

Der Verwaltungsrat ist das zentrale Organ der Selbstverwaltung der Bundesagentur für Arbeit. Er besteht drittelparitätisch aus je sieben ehrenamtlichen Vertretern der Beschäftigten, der Unternehmen und der öffentlichen Körperschaften. Er soll u.a. die Arbeit des hauptamtlichen Vorstands überwachen und ihn in allen aktuellen Fragen des Arbeitsmarktes beraten.

Der Verwaltungsrat der Bundesagentur war bisher aber nicht in der Lage, die zahlreichen Skandale in den letzten zwei Jahrzehnten und den Ausbau zur Personalabteilung einer „kriegstüchtigen“ Bundeswehr zu verhindern. Innenansicht einer Bundesbehörde: Von der biederen Bundesanstalt für Arbeit über die Skandalagentur zur Personalabteilung einer „kriegstüchtigen“ Bundeswehr weiterlesen

Im Maschinenraum der Reaktion – Die AfD, die Arbeit und der Betrieb

Von Andreas Buderus

Warum und wie rechte Netzwerke erneut versuchen, die Werkstore zu stürmen, was Gewerkschaften versäumt haben – und worum es bei den Betriebsratswahlen 2026 geht

Es beginnt leise. Mit einem Gespräch in der Teeküche. Mit einem Aushang am Schwarzen Brett. Mit einem Kollegen, der sagt: „Man wird ja wohl noch sagen dürfen…“ Und ehe man sich versieht, ist der Betriebsrat nicht mehr der Ort der Solidarität, sondern Bühne für ein ideologisches Schauspiel, in dem rechte Netzwerke das Drehbuch schreiben.

Was wie ein beiläufiger Kulturkampf erscheint, ist in Wahrheit Teil einer langfristigen Strategie. Die sogenannte ´Neue Rechte´ hat gelernt: Wer die Gesellschaft verändern will, muss tief in ihre Strukturen greifen – nicht mit Putsch und Pathos, sondern mit Präsenz, Penetration und Hegemoniefähigkeit. Und so hat sie die Betriebe für sich entdeckt: als Keimzellen der Normalisierung, als Orte, an denen man „ganz unpolitisch“ Politik macht.

Die Ursprünge dieser Strategie reichen zurück bis 1998, als das sogenannte Stavenhagener Strategiepapier der NPD das Fundament legte. Damals formulierten rechte Ideologen ein ´Drei-Säulen-Modell´: Kampf um die Straße, um die Köpfe, um die Parlamente. 2004 folgte die vierte Säule – der „Kampf um den organisierten Willen“. Gemeint war insbesondere: Die betriebliche Ebene. Die Gewerkschaften. Die Herzkammern kollektiver Teilhabe.

Eines der gefährlichsten Missverständnissen unserer Zeit ist es, die AfD für eine Partei der Arbeitslosen, der Abgehängten oder der Wutbürger am Rand zu halten. Nein – sie sitzt längst im Zentrum der Gesellschaft, und dort zunehmend neben diversen Parlamenten bis hinein in den Bundestag eben auch im Zentrum der Arbeitswelt: in den Fabrikhallen, den Versandzentren, den Werkstätten, den Krankenhäusern, Schulen und öffentlichen Verwaltungen. Die Zahlen sind eindeutig: Bei keiner Partei ist der Anteil der Arbeiterwähler*innen an der Gesamtwählerschaft so hoch wie bei der AfD (> 49%). Auch unter Angestellten wächst ihr Rückhalt (gut ein Drittel). Im Maschinenraum der Reaktion – Die AfD, die Arbeit und der Betrieb weiterlesen