Beim UN-Zukunftsgipfel soll die Weltherrschaft der Konzerne festgeschrieben werden

Von Norbert Häring

Die vollständige Unterwerfung der UN unter die Konzerninteressen, die das Weltwirtschaftsforum mit seiner Global Redesign Initiative 2010 vorgezeichnet und seither erfolgreich betrieben hat, soll auf dem UN-Zukunftsgipfel 2024 im Regelwerk der Weltorganisation verankert werden. Das ist auch in Zusammenhang mit dem geplanten WHO-Pandemieabkommen von Bedeutung, das der UN-Organisation WHO ausufernde Machtbefugnisse geben soll.

UN-Generalsekretär António Guterres hat 2021 im Bericht „Our Common Agenda“ seine Vorstellungen von einer Reform der Arbeitsweise der Internationalen Organisationen (Global Governance) skizziert und einen Hohen Beirat für effektiven Multilateralismus (High-Level Advisory Board on Effective Multilateralism) eingesetzt, der Reformvorschläge erarbeiten sollte. Diese sollten dann eigentlich im September 2023 auf der UN-Generalversammlung diskutiert und in konkrete Beschlüsse umgesetzt werden.

Es gab jedoch Widerstand von den Entwicklungsländern, konkret von der G77-Gruppe, die Länder des Globalen Südens vertritt. Deshalb wurde die Behandlung der Vorschläge des Hohen Beirats auf nächstes Jahr verschoben. Im September 2024 soll dieser „Multi-Stakeholder-Zukunftsgipfel“ nun stattfinden und die Grundzüge der Reform der UN beschließen. Beim UN-Zukunftsgipfel soll die Weltherrschaft der Konzerne festgeschrieben werden weiterlesen

Minijobs – die gewerkschaftliche Dauerbaustelle

Minijobs-Ausstellung-Husum-Gewerkschaftsbund-Über sieben Millionen Menschen in Deutschland waren zu Beginn der aktuellen Wirtschaftskrise von 2020 geringfügig beschäftigt, sie waren als Minijobber tätig.

Problematisch sind Minijobs auch in normalen Zeiten, weil von den Beschäftigten oftmals wichtige Rechte wie der Mindestlohn, die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Urlaub nicht eingefordert werden. Für viele geringfügig entlohnte Beschäftigte ist es nicht möglich, ihre Arbeitszeit auszuweiten. Dadurch ergeben sich insbesondere für Frauen Nachteile bei der Alterssicherung.

Die „Flexibilität durch Minijobs“ nutzen die Unternehmen nun in der Krise, um Personal schnell abbauen zu können. Gleichzeitig räumte die Bundesregierung für die Übergangszeit vom 1. März 2020 bis 31. Oktober 2020 den Unternehmen ein fünfmaliges Überschreiten der monatlichen Verdienstgrenze von 450 Euro ein. Das war die Steilvorlage für die organisierte Unternehmerschaft und interessierte FDP- und CDU- Kreise, lautstark die Anhebung der Verdienstgrenze für Minijobs von 450 auf 520 Euro im Monat zu fordern. Die NRW CDU/FDP-Regierung verpackte die Anhebung der Verdienstgrenze als Bundesratsinitiative des Landes NRW zum „Bürokratieabbau, mit dem Ergebnis, dass die Verdienstgrenze für die geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse  zum 1.10.2022 von 450 Euro auf 520 Euro heraufgesetzt wurde und soll zukünftig immer wieder dynamisiert werden.

Die längst überfällige grundlegende Revision der Minijobregelungen ist vom Tisch, mehr noch, dieses Arbeitsmodell wurde erneut in Stein gemeißelt. Minijobs – die gewerkschaftliche Dauerbaustelle weiterlesen

Wie die Deutsche Bundesbahn aufs Abstellgleis gelangte – statt endlich gemeinnützig zu werden

Von Wilhelm Neurohr

Wer hat eigentlich nach 30 Jahren „Bahnreform“ den desolaten Zustand unserer Deutschen Bahn AG zu verantworten, die alltäglich ihre Fahrgäste und Berufspendler zur Verzweiflung bringt und die Beschäftigten zu Streiks provoziert? Was ist dran am Vorwurf vom Lokführer-Gewerkschaftsboss Weselsky über die „Nieten in Nadelstreifen“ im Bahnvorstand mit ihren Jahresgehältern und Boni in Millionenhöhe? Sind die Fahrgäste und deren Mobilitätsbedürfnisse nur Nebensache wegen anderer Konzerninteressen etwa im Auslandsgeschäft der Bahn? Wird die Belastung des Personals verringert? Was bringt die nun geplante Aufspaltung der Bahn in die Teile Infrastruktur und Zugbetrieb mit weiterhin gültiger Gewinnorientierung? Bislang ist die Bahn AG eine Konzernholding mit 5 AGs.

Träumt das Bahnmanagement des privatrechtlich geführten Staatskonzerns insgeheim weiterhin von teilweiser oder vollständiger Privatisierung mit umstrittenem Börsengang, der trotz dreimaligen Anlaufs gescheitert ist und von 70% der Bevölkerung aus guten Gründen abgelehnt wird? Und was haben in all den Jahren die verantwortlichen Bundesverkehrsminister getrieben, von denen seit 1989 insgesamt 13 an der Zahl aus 4 verschiedenen Parteien amtierten? Haben sie vergessen, dass selbstbestimmte Mobilität ein verbrieftes Menschenrecht ist – als eine zentrale Voraussetzung für die gesellschaftliche Teilhabe sowie die persönliche, soziale und berufliche Entwicklung? Wie die Deutsche Bundesbahn aufs Abstellgleis gelangte – statt endlich gemeinnützig zu werden weiterlesen

Zur konkreten Lebenssituation armer und überschuldeter Menschen – Ein Leben an der Pfändungsfreigrenze ist möglich, auch dauerhaft

Nach Angaben der Wirtschaftsauskunftei Creditreform sind in diesem Jahr 5,65 Millionen Personen überschuldet, das ist ein Plus von 17.000 betroffenen Menschen gegenüber dem Vorjahr. Creditreform begründet das mit höheren Lebenshaltungskosten, gestiegenen Zinsen und der schwachen Konjunktur samt gewachsener Arbeitslosigkeit.

Gestiegen ist auch die Zahl der Menschen, die seit Jahren, einige seit Jahrzehnten, in ihrem Schuldensumpf festsitzen, völlig resigniert haben und sich dem Druck der Gläubiger, Inkassounternehmen und Gerichtsvollzieher nicht mehr erwehren können. Sie leisten Ratenzahlungen, weil sie Pfändungen fürchten, obwohl sie das gar nicht können und müssen. Immer mehr der langfristig überschuldeten Menschen werden dazu gezwungen oder entschließen sich aus der Situation heraus, mit ihren Schulden zu leben und ihre konkrete Lebenssituation an der, in der Zivilprozessordnung (ZPO) festgelegten Pfändungsfreigrenze, auszurichten.

Richtig organisiert, gibt es sogar ein würdevolles und selbstbewusstes Leben an und mit der Pfändungsfreigrenze. Zur konkreten Lebenssituation armer und überschuldeter Menschen – Ein Leben an der Pfändungsfreigrenze ist möglich, auch dauerhaft weiterlesen

Finanzmärkte

Von Redaktion Lunapark21

Finanzmärkte entstehen überall dort, wo die vielfältigen Interessen von Kapitalanlegern und -nachfragern aufeinandertreffen,
z.B. im Schalterraum einer Bank, auf der Börse, im elektronischen Handel mit Währungen oder im Büro einer Unternehmung, wenn ein neuer Gesellschafter seine Geschäftseinlage tätigt. – Finanzmärkte erscheinen seit den 1980er Jahren in der öffentlichen Diskussion zunehmend als anonyme und allmächtige Subjekte, deren Funktion es ist, ökonomische Gesetze zu exekutieren. Sie beurteilen und testen wirtschaftliche Situationen und wirtschaftspolitische Maßnahmen, bestrafen bestimmte politische Entscheidungen und belohnen andere. Gegenüber den F ist Politik machtlos, sie muss sich bei Strafe des Scheiterns ihren Geboten anpassen. F treten so zunehmend an die Stelle demokratischer Diskussions- und Entscheidungsprozeduren. Sie sind – als reale Mystifikationen bestehender Klassen-und Herrschaftsverhältnisse – insofern Bestandteil des neoliberalen Projektes der Gegenreform, das seit Mitte der 1970er Jahre die Welt überzieht. […] Finanzmärkte weiterlesen

30 Jahre PKK-Verbot sind 30 Jahre zu viel

Von Kerem Schamberger

Und jährlich grüßt das Murmeltier, wenn tausende Menschen an einem verschneiten oder verregneten Samstag Ende November in der Hauptstadt gegen die Verfolgung der kurdischen Freiheitsbewegung hierzulande protestieren. Das mag nach Ritual aussehen, ist aber aktueller denn je. Denn nach wie vor werden KurdInnen in Deutschland wegen ihrer politischen Aktivitäten verfolgt – und das abseits medialer Öffentlichkeit und damit gesellschaftlicher Aufmerksamkeit. Es finden Einschränkungen grundlegender Rechte statt, die viele in Deutschland nicht für möglich halten würden.

Grundlage hierfür ist das am 26. November 1993 durch den damaligen Innenminister Kanther ausgesprochene sogenannte Betätigungsverbot für die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und ihr angegliederte Organisationen. Ein Geschenk an den NATO-Partner Türkei, dessen Terror-Definition man einfach übernahm. Zudem konnten so auch die an die türkische Armee verschenkten NVA-Kriegsgeräte gerechtfertigt werden. Als Anfang der 1990er-Jahre Bilder von Newroz-Feierlichkeiten um die Welt gingen, die von türkischen Soldaten niedergemetzelt wurden, gab es Empörung, dass dabei auch deutsche Waffen zum Einsatz kommen könnten. Nach dem 26. November 1993 war es dann – schwuppdiwupp – Hilfe im Kampf gegen den Terrorismus. Und das ohne, dass es dafür einen 11. September gebraucht hätte. 30 Jahre PKK-Verbot sind 30 Jahre zu viel weiterlesen

Der Mensch ist ein soziales Wesen – und er muss dieses pflegen

Von Albert Einstein

Ich bin jetzt an dem Punkt angelangt, an dem ich kurz aufzeigen kann, was für mich das Wesen der Krise unserer Zeit ausmacht. Sie betrifft das Verhältnis des Individuums zur Gesellschaft. Der Einzelne ist sich mehr denn je seiner Abhängigkeit von der Gesellschaft bewusst geworden. Aber er erlebt diese Abhängigkeit nicht als positives Gut, nicht als organisches Band, nicht als Schutzmacht, sondern als Bedrohung seiner natürlichen Rechte, ja sogar seiner wirtschaftlichen Existenz. Darüber hinaus ist seine Stellung in der Gesellschaft so beschaffen, dass die egoistischen Triebe seiner Veranlagung ständig akzentuiert werden, während sich seine sozialen Triebe, die von Natur aus schwächer sind, nach und nach verschlechtern. Alle Menschen, unabhängig von ihrer Stellung in der Gesellschaft, leiden unter diesem Prozess des Verfalls. Unwissentlich Gefangene ihres eigenen Egoismus geworden, fühlen sie sich unsicher, einsam und des naiven, einfachen und unkultivierten Lebensgenusses beraubt. Der Mensch kann den Sinn des Lebens, so kurz und gefährlich es auch ist, nur dadurch finden, dass er sich der Gesellschaft widmet.

Die wirtschaftliche Anarchie der kapitalistischen Gesellschaft, wie sie heute besteht, ist meiner Meinung nach die wahre Quelle des Übels. Der Mensch ist ein soziales Wesen – und er muss dieses pflegen weiterlesen

Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di hat es zugelassen, dass die kommunale öffentliche Daseinsvorsorge filetiert und weitgehend abgeschafft wurde

Der Begriff der kommunalen Daseinsvorsorge meint, dass die Gemeinde oder Stadt wirtschaftliche, soziale und kulturelle Dienstleistungen ursprünglich mittels eigener Einrichtungen für alle Einwohner bereitstellt. Sie ist dazu durch das Sozialstaatsprinzip gemäß Art. 20 I des Grundgesetzes verpflichtet. Kommunale Daseinsvorsorge fasst entsprechend alle Aufgaben und Leistungen zusammen, die Stadt oder Gemeinde erbringt, um ihren Einwohnern die Grundversorgung zu gewährleisten.

Die Auswüchse des Neoliberalismus seit rund 50 Jahren mit dem Credo des Sparens und Maßhaltens und dem Einsetzen der Privatisierungswelle haben kaputt gesparte Stadt- und Gemeindeeinrichtungen zur Folge. Ganze Abteilungen und Betriebe sind aufgrund von eingesparten Stellen nicht mehr arbeitsfähig, die Menschen können ihre rechtlich zugesicherten Dienstleistungen nicht mehr in Anspruch nehmen und rutschen zunehmend in Armut und unsicherer Lebenssituation ab.

Bis heute hat die zuständige Dienstleistungsgewerkschaft keine wirkliche Gegenwehr organisiert. Spricht man die Personal- und Betriebsräte in den Einrichtungen der Daseinsvorsorge darauf an, wird von ihnen als Mitverantwortliche vor Ort nur auf die drückenden Sachzwänge, wie die klammen öffentlichen Haushalte, die keine kreative Politik erlauben, Vorgaben der EU und neue Steuerungsmodelle in der Verwaltung hingewiesen. Auch seien moderate Lohnabschlüsse erforderlich gewesen, um die in öffentlicher Hand verbliebenen Bereiche abzusichern.

Aufgabe der Gewerkschaften wäre es gewesen, breite Kampagnen für massive Investitionen in das Gesundheitswesen, die Bildung, Soziales und einen Umstieg auf öffentlichen Verkehr zu führen und der Profitlogik in all diesen Bereichen inklusive der Zusammenarbeit mit Investoren ein Ende zu bereiten. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di hat es zugelassen, dass die kommunale öffentliche Daseinsvorsorge filetiert und weitgehend abgeschafft wurde weiterlesen

Artikelserie Formen gesellschaftlicher Arbeit und Klassenpolitik (V – selbstän- dige Arbeit)

Von Ingo Schmidt

Beim Thema »Selbständige Arbeit« wird schnell klar, was in der liberalen Gesellschaft zählt und was nicht. Lohnarbeit ist es nicht, unbezahlte Arbeit auch nicht und Zwangsarbeit erst recht nicht.

Die Ideologieproduzenten des Liberalismus setzen selbständige Arbeit mit Unternehmertum gleich und preisen dessen Fleiß und Innovationskraft. Damit werden, auch wenn es nur selten offen gesagt wird, Nichtunternehmer, wie immer sie ihren Lebensunterhalt bestreiten, als etwas lahmarschig dargestellt, als Menschen, die ohne Anleitung durch andere, Unternehmer nämlich, nichts auf die Reihe kriegen.
Den so Herabgewürdigten ist die Faszination des Unternehmertums nicht fremd. Nicht, dass viele ernsthaft glauben, sie würden irgendwann in einer Reihe mit Jeff Bezos oder Elon Musk stehen. Aber sich selbständig machen, keinen Boss mehr zu haben, das wäre schon schön. Viele versuchen es auch, auch wenn die Zahl der Unternehmensneugründungen nicht nur die enthält, die sich selbständig machen wollen, sondern auch jene, die in die Scheinselbständigkeit gedrängt werden. Und obwohl das Risiko der Pleite bei Neugründungen besonders hoch ist.
Trotz des überdurchschnittlichen Insolvenzrisikos bei neuen Unternehmen und trotz fortschreitender Konzentration und Zentralisation des Kapitals: Selbständige Arbeit trägt immer noch in erheblichem Maße zur gesellschaftlichen Reproduktion bei, in Kleinbetrieben, Scheinselbständigkeit und informellen Sektoren, die in manchen Ländern des Globalen Südens mehr zur Reproduktion beitragen als die selbständige und lohnabhängige Beschäftigung. Artikelserie Formen gesellschaftlicher Arbeit und Klassenpolitik (V – selbstän- dige Arbeit) weiterlesen

Von wegen Enteignung der großen Wohnungsunternehmen – die setzen lieber auf teure öffentliche Rückkäufe

Trotz steigender Mieten und sinkendem Leerstand steigen bei den größten Wohnungskonzernen die Verluste. Im ersten Halbjahr 2023 musste allein Vonovia einen Immobilienwert von 6,4 Milliarden Euro abschreiben, bei der LEG sah es mit 1,3 Milliarden Euro Abschreibung nicht viel besser aus.

Damit wird deutlich, wie sehr das Geschäftsmodell der börsennotierten Wohnungsriesen von den niedrigen Zinsen abhängig war und auch Wohnungsgiganten vor einem Scherbenhaufen stehen können. Weiter steigende Zinsen und Kosten machen kreditfinanzierte Unternehmensübernahmen und lukrative Bauinvestitionen unmöglich. Die in den letzten Jahrzehnten gepushten bilanziellen Wertzuschreibungen der Immobilien beginnen zu zerbröseln, die Verschuldungsquoten nehmen zu und die Ablösung auslaufender Anleihen wird teuer.

Die angeschlagenen Konzerne wollen im großen Stil Wohnungen verkaufen, um ihre Schulden abzubauen und die gesunkenen Immobilienwerte bilanziell auszugleichen.

So hat Vonovia in diesem Jahr mit Wohnungsverkäufen bereits einen Erlös von 3,7 Milliarden Euro erzielt und zuletzt im Rahmen der Re-Kommunalisierung hat der Konzern 1.213 Wohnungen an die städtische Wohnungsgesellschaft WiD – Wohnen in Dresden verkauft.

Während in Berlin die Enteignung der großen Wohnungsunternehmen diskutiert wird, wird an anderen Orten zunehmend der Rückkauf durch die öffentliche Hand ins Spiel gebracht. Von wegen Enteignung der großen Wohnungsunternehmen – die setzen lieber auf teure öffentliche Rückkäufe weiterlesen

Nein zu Kriegen – Rüstungswahnsinn stoppen – Zukunft friedlich und gerecht gestalten

21 Kriege und 216 bewaffnete militärische Auseinandersetzungen bedrohen aktuell die Welt (Heidelberger Institut für Internationale Konfliktforschung HIIK). Die Gefahr einer Ausweitung des Krieges in der Ukraine bis hin zu einem Atomkrieg wächst von Tag zu Tag. Täglich sterben unschuldige Menschen. Wir sind besorgt um unsere Zukunft, die Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder. Wir brauchen eine Kultur des Friedens und eine gemeinsame Sicherheit.

Anstatt auf Deeskalation und Diplomatie zu setzen, liefert die Bundesregierung immer mehr Waffen und rüstet massiv auf. Große Teile der Politik und Medien militarisieren die Gesellschaft. Erstmals wird Deutschland das Zwei-Prozent-Ziel (nach NATO-Kriterien) erreichen. Mit 85,5 Milliarden Euro sind die Militärausgaben 2024 die größten seit Bestehen der Bundesrepublik. Das Gesundheitswesen, die Infrastruktur, Unterstützung für Kinder und bezahlbare Mieten, Bildung, Wissenschaft und Ausbildung sind dagegen durch dramatische Mittelkürzungen bedroht. Für immer mehr Menschen zeichnet sich eine soziale und ökonomische Katastrophe ab. Nein zu Kriegen – Rüstungswahnsinn stoppen – Zukunft friedlich und gerecht gestalten weiterlesen

Der letzte Gewerkschafter Deutschlands

Von Roberto De Lapuente

Die Republik atmet auf: Nächstes Jahr geht der GDL-Vorsitzende Claus Weselsky in Rente. Dabei ist es schade, der Mann wird diesem Land fehlen.

Diesen Bahnwarnstreik muss man noch überstehen, vielleicht auch noch einen richtigen Streik, aber dann geht Claus Weselsky 2024 endlich in Rente. Man spürt, wie viele im Lande – angefangen bei den angebotsorientierten Journalisten in den bedeutenden Redaktionen Deutschlands – tief durchatmen. Nicht mehr lange, dann hat man diesen Querulanten los, der mit einem Fingerschnippen die Republik lahmzulegen vermag.

Die Wut köchelt noch, aber nicht mehr ganz so brutal wie vor einigen Jahren. Damals druckte manches Revolverblatt die Anschrift und Telefonnummer von Claus Weselsky auf ihre Seiten. Man möge ihn anrufen, ausschimpfen, mal ordentlich den Marsch blasen. Dazu verfolgungsbetreute man ihn, seine Angehörigen: Vor einigen Jahren galt der GDL-Vorsitzende als schlimmste Gefahr für den öffentlichen Frieden – kaum eine positive Nachricht gab es zu seiner Person. Bis neulich, als man verkünden konnte: Er geht in Rente. Der letzte Gewerkschafter Deutschlands weiterlesen

Der Begriff »irreguläre Migration« und wie er zur Täuschung eingesetzt wird

Von Pro Asyl

Mittlerweile in aller Munde: Die »irreguläre« oder »illegale Migration«. Einer der neuen Lieblingsbegriffe deutscher Politiker*innen, wenn es darum geht, Geflüchtete zu diskreditieren und Abschottungsphantasien durchzusetzen. Wir erklären, warum die Verwendung nicht nur bedenklich, sondern auch falsch ist.

Schon 2017 schrieb die AfD in ihrem Papier zur Flüchtlingspolitik davon, »irreguläre Migration über das Mittelmeer« stoppen zu wollen. Seither hat der Begriff seinen Weg in die vermeintliche Mitte der Bundespolitik gefunden. Jens Spahn und Friedrich Merz verwenden ihn zum Beispiel nur allzu gern, schließlich fand er sogar seine Aufnahme in den Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien. Und spätestens seit die Debatte rund um Flucht und Migration Mitte 2023 Fahrt aufgenommen hat, dient er längst nicht nur FDP, sondern auch SPD und Grünen als Anker, um immer neue Verschärfungen des Asylrechts und Aufrüstungen der Grenzen zu rechtfertigen. Der Begriff »irreguläre Migration« und wie er zur Täuschung eingesetzt wird weiterlesen

Missstände auf dem Bau fordern immer wieder ihre Opfer

Die Arbeit am Bau gehört in Deutschland zu den gefährlichsten Arbeitsplätzen. 2022 sind 74 Bauarbeiter bei ihrer Arbeit gestorben, weitere 99.380 Bauunfälle wurden gemeldet.

Die Gewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) geht davon aus, dass die Dunkelziffer der Unfälle noch deutlich höher liegen dürfte, weil gerade kleinere Unfälle gar nicht gemeldet werden und da, wo ausländische Beschäftigte auf Baustellen arbeiten, Unfälle vielfach bagatellisiert oder vertuscht werden.

Die meisten Menschen sterben am Bau durch Abstürze von Dächern oder Gerüsten. Dies waren im Jahr 2022 allein 35 Bauarbeiter – und damit fast jeder zweite Getötete. So auch Ende Oktober 2023 als beim Zusammenbruch eines Baugerüsts in der Hamburger HafenCity fünf Arbeiter ums Leben gekommen sind, als ein Gerüst ist in einen innenliegenden Fahrstuhlschacht stürzte.

Bezeichnend war, dass die Personalien der Todesopfer zunächst nicht festgestellt werden konnten und unklar war, ob die getöteten Menschen aus Bulgarien oder Albanien stammen. Das ist dem Sub-Sub-Subsystem auf dem Bau geschuldet, in dem die Persönlichkeit der einzelnen Arbeiter komplett unbekannt bleibt – selbst im Tod. Missstände auf dem Bau fordern immer wieder ihre Opfer weiterlesen

„Ich bin ein deutscher Arbeiter“ – Eine persönliche Reminiszenz

Von Johannes Schillo

Im Sommer 2023 erhielt ich Post von meiner Gewerkschaft. Verdi schrieb mir, dass ich zum Herbst eingeladen sei, an einer „Ehrung für langjährige Mitglieder“ teilzunehmen. Denn: Seit der Gründung vor 25 Jahren hätte ich Verdi „die Treue gehalten“ – wobei ich mich mittlerweile im 49. Jahr meiner Mitgliedschaft in einer DGB-Gewerkschaft (zuerst ÖTV, dann IG Medien) befinde.

Im Blick auf die Feierstunde fiel mir ein, dass ich von meinem Großonkel, der lange Jahre zusammen mit meinem Großvater als Dreher in einer Bad Godesberger Fabrik arbeitete, ein Dokument geerbt habe, und zwar zur Ehrung wegen 25jähriger Mitgliedschaft im traditionsreichen Deutschen Metallarbeiter-Verband (DMV).

Es handelt sich um eine großformatige, in Leinen gebundene Mappe im Schuber, edel gedruckt und mit einem Goethe-Spruch verziert. Sogar das Anschreiben samt Lieferschein („Verlagsgesellschaft des Deutschen Metallarbeiter-Verbandes GmbH“) wurde aufbewahrt, denn in einem Proletarierhaushalt stellte so etwas eine Kostbarkeit dar – seinerzeit jedenfalls. Jetzt kommt nämlich die Pointe: Geehrt wurde mein Großonkel für seine Verbandstreue 1933/34 von den Nazis! „Ich bin ein deutscher Arbeiter“ – Eine persönliche Reminiszenz weiterlesen