Die Ausgangslage ist so klar wie katastrophal: Bei den anstehenden Wahlen droht ein demokratisches Debakel. Zwar verliert die AfD auf Bundesebene seit Beginn der zivilgesellschaftlichen Protestwelle an Zustimmung. Doch in Thüringen, Brandenburg und Sachsen, wo im Herbst dieses Jahres gewählt wird, ist noch unklar, wie nachhaltig der Effekt ist. Die letzten Sonntagsfragen (Februar 2024) zu den anstehenden Landtagswahlen zeigen die AfD in allen drei Bundesländern als Wahlsiegerin.
Ob ein weiterer Dammbruch folgt, hängt maßgeblich vom Verhalten der anderen Parteien ab. Fest steht eines: Die Parteienlandschaft wird mit diesen Wahlen eine Zäsur bisher unbekannten Ausmaßes erleben, auch, weil unbekannte Akteure wie das „Bündnis Sarah Wagenknecht“ (BSW) und eventuell die „Werteunion“ ins parlamentarische Spiel eintreten. 2019 ließ Jörg Kemmerich von der FDP in Thüringen sich im dritten Wahlgang mit Stimmen der AfD zum kurzzeitigen Interimsministerpräsidenten wählen. Ein ähnlicher Tabubruch könnte in diesem Jahr weit Schlimmeres zur Folge haben. Lokalpolitiker der CDU lassen sich heute schon zu Aussagen hinreißen, dass eine Zusammenarbeit mit der AfD nicht ausgeschlossen sei. Wenn die parteipolitische Brandmauer im Herbst stehen soll, müssen die Instandhaltungsarbeiten forciert werden.
Doch damit nicht genug. Der Resonanzraum rechter Erzählungen und Deutungsmuster reicht bis weit in die gesellschaftliche Mitte hinein. Bei Wahlen geben sich nur die zu erkennen, die bereits Schlussfolgerungen aus ihrer Gesinnung gezogen haben. Schwerer abzuschätzen ist der Anteil diejenigen, die ihre reaktionären Weltdeutungen noch in Reserve halten, gleichwohl aber aktivierbar sind. Und schließlich: rechtsradikale bis faschistoide Deutungsmuster sind auch in Organisationen und Bewegungen präsent, die sich in ihrem Selbstverständnis geradezu auf der gegenüberliegenden Seite des politischen Spektrums verorten. Auch die Gewerkschaften sind davon betroffen. Gewerkschaft gegen rechts: Klare Kante und offene Tür – Um die rechte Mobilisierung zu stoppen, braucht es demokratische Ermächtigung in den Betrieben weiterlesen