Beim Thema »Selbständige Arbeit« wird schnell klar, was in der liberalen Gesellschaft zählt und was nicht. Lohnarbeit ist es nicht, unbezahlte Arbeit auch nicht und Zwangsarbeit erst recht nicht.
Die Ideologieproduzenten des Liberalismus setzen selbständige Arbeit mit Unternehmertum gleich und preisen dessen Fleiß und Innovationskraft. Damit werden, auch wenn es nur selten offen gesagt wird, Nichtunternehmer, wie immer sie ihren Lebensunterhalt bestreiten, als etwas lahmarschig dargestellt, als Menschen, die ohne Anleitung durch andere, Unternehmer nämlich, nichts auf die Reihe kriegen.
Den so Herabgewürdigten ist die Faszination des Unternehmertums nicht fremd. Nicht, dass viele ernsthaft glauben, sie würden irgendwann in einer Reihe mit Jeff Bezos oder Elon Musk stehen. Aber sich selbständig machen, keinen Boss mehr zu haben, das wäre schon schön. Viele versuchen es auch, auch wenn die Zahl der Unternehmensneugründungen nicht nur die enthält, die sich selbständig machen wollen, sondern auch jene, die in die Scheinselbständigkeit gedrängt werden. Und obwohl das Risiko der Pleite bei Neugründungen besonders hoch ist.
Trotz des überdurchschnittlichen Insolvenzrisikos bei neuen Unternehmen und trotz fortschreitender Konzentration und Zentralisation des Kapitals: Selbständige Arbeit trägt immer noch in erheblichem Maße zur gesellschaftlichen Reproduktion bei, in Kleinbetrieben, Scheinselbständigkeit und informellen Sektoren, die in manchen Ländern des Globalen Südens mehr zur Reproduktion beitragen als die selbständige und lohnabhängige Beschäftigung. Artikelserie Formen gesellschaftlicher Arbeit und Klassenpolitik (V – selbstän- dige Arbeit) weiterlesen