Dass Gewerkschaften oder der Papst zum Frieden aufrufen – an speziellen Gedenktagen oder aus gegebenen Anlässen –, hat seine feste Tradition. In der Öffentlichkeit der BRD wird das pflichtgemäß zur Kenntnis genommen, die Beschwörung des Friedensideals gehört eben, gewissermaßen als Ritual, zum modernen Staatenverkehr dazu. So ist jetzt auch wieder vor den Ostertagen eine gewerkschaftliche Initiative mit dem Aufruf hervorgetreten, die Gewerkschaften sollten sich „unüberhörbar für Friedensfähigkeit statt ‚Kriegstüchtigkeit‘ einsetzen“, denn das ergebe „sich aus ihrer Tradition und ihren Beschlüssen“.
Aus der aktuellen Beschlusslage in Deutschland ergeben sich allerdings eher andere, entgegengesetzte Dinge, worauf jüngst der Beitrag „Deutsche Gewerkschaften angesichts der neuen (Vor-)Kriegslage“ im Gewerkschaftsforum aufmerksam gemacht hat. Und auch der Papst hat ja mit seinem Friedensappell, der in der Tradition kurialer Ermahnungen seit dem Ersten Weltkrieg steht, ziemlich ins Fettnäpfchen getreten. Die Zeiten haben sich nämlich geändert. Militaristische Ideale, „Kriegstüchtigkeit“ & „Resilienz“ inklusive Neubestimmung des zivil-militärischen Verhältnisses, werden allseits als Gebot der Stunde propagiert. Aber es bleibt die Frage nach dem Charakter dieser Wende, die erstaunlich glatt über die Bühne zu gehen scheint. Deutschland vollzieht eine „Wende“ – was heißt das? weiterlesen