Werkverträge als Hebel: in der Woche gilt das Betriebsverfassungsgesetz, am Wochenende gilt es für Werkvertragsbeschäftigte nicht

Zoonarwww.BilderBox.com Gerichtshamme4rMit der IG Metall im Rücken, hat sich die Dura-Belegschaft im sauerländischen Plettenberg mit dem US-Unternehmen Dura, das zum Firmenimperium der New Yorker Investorin Lynn Tilton gehört, angelegt.

Mit den entsprechenden Anwälten ausgestattet, ließ es das US-Unternehmen auf einen Machtkampf ankommen und hat vorläufig Erfolg.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm hat eine Beschwerde des Betriebsrats gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts Iserlohn erneut verhandelt und die Beschwerde zurückgewiesen.

Nach dem Beschluss stehen dem Betriebsrat keine Beteiligungsrechte zur Seite, um den Einsatz von portugiesischen Arbeitnehmern am Wochenende zu verhindern. Insbesondere bedarf es seiner Zustimmung nicht. Der Betriebsrat sei nur zuständig für den Regelbetrieb, der den Einsatz der Arbeitnehmer in der Woche umfasst. Wenn der Betrieb im Rahmen seiner unternehmerischen Entscheidung, die Betriebsanlagen am Wochenende durch Mitarbeit einer Konzerntochter auf Werksvertragsbasis nutzen lasse, würde ein neuer Betrieb mit anderen Arbeitnehmern entstehen, für die der gewählte Betriebsrat nicht zuständig sei und das Ganze würde auch keine Betriebsänderung darstellen.

Im Folgenden wird der ganze Werkvertragswahnsinn mit seinen doppelten Standards im Arbeitsrecht, der Entlohnung und bei den Arbeitszeiten deutlich und zeigt die Aushebelung der sowieso schon einschränkten Mitbestimmung von Betriebsräten auf.

Der Autozulieferer Dura in Plettenberg stellt unter anderem Zierleisten und Blenden für Daimler und BMW her. In der letzten Zeit klagte das Unternehmen über eine mangelnde Produktivität des Standorts. Weil man mit den Aufträgen für die Autoindustrie stark im Verzug wäre, seien Wochenendschichten nötig geworden. Der Betriebsrat hatte sich geweigert, den Sonderschichten zuzustimmen, weil es ihm darum ging, über einen Sozialplan zu verhandeln, denn Dura hatte damit gedroht, einen großen Teil der 1.450 Arbeitsplätze zu streichen, wenn es nicht gelingen würde, die Produktivität deutlich zu steigern.

In den vergangenen Monaten waren die Sozialplanverhandlungen geplatzt und es hatte Warnstreiks gegeben. Im Mai 2016 hatte Dura den Beschäftigten sogar dreist angeboten, den defizitären Betrieb zum symbolischen Preis von einem Euro zu übernehmen. Im Juli lehnte Dura einen von der Belegschaft akzeptierten Schlichterspruch ab, der einen schrittweisen Personalabbau bis Ende 2017, von fast 1.000 auf 532 Arbeitsstellen vorsah.

Der Betriebsrat, von der IG Metall unterstützt, wollte die Genehmigung nach dem Auslaufen einer Vereinbarung über die Ableistung von Mehrarbeit an den Wochenenden nicht mehr erteilen. Daraufhin hatte Dura rund 300 Arbeitnehmer einer Konzerntochter aus Portugal einfliegen lassen, die die Wochenendarbeit ab dem 08.10.16 übernahmen.

Das Unternehmen beruft sich dabei auf einen Werkvertrag mit der portugiesischen Tochtergesellschaft, der den Zeitraum bis zum 31.12. 2016 umfasst.

Der Betriebsrat machte auf sein Beteiligungsrecht bei der Lage der Arbeitszeiten aufmerksam, weil grundsätzlich in dem Betrieb in der Woche gearbeitet wird und am Wochenende lediglich im Rahmen von Mehrarbeit, die seiner Genehmigung bedarf. Er wollte mit Anträgen auf einstweilige Verfügungen gegen die Sonntagsarbeit vor dem Arbeitsgericht Iserlohn und dem LAG Hamm angehen, die aber aus formalen Gründen scheiterten.

Nachdem es dem Betriebsrat gelungen war, die formalen Mängel zur Einleitung des Verfahrens zu beseitigen, hat am 14.10.2016 die 13. Kammer des LAG Hamm über die Beschwerde des Betriebsrats gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 7.10.10 erneut verhandelt und die Beschwerde zurückgewiesen (LAG Hamm 13 TaBVGa 8/16).

In der Begründung des Beschlusses wird ausgeführt, dass dem Betriebsrat keine Beteiligungsrechte zur Seite stehen, die den Einsatz der portugiesischen Arbeitnehmer am Wochenende verhindern können. Es bedürfe seiner Zustimmung nicht, da der Betriebsrat zuständig für den Regelbetrieb sei, der den Einsatz der Arbeitnehmer in der Woche umfasst.

Durch die unternehmerische Entscheidung des Betriebes, die Betriebsanlagen am Wochenende durch die Mitarbeiter einer Konzerntochter auf Werksvertragsbasis nutzen zu lassen, entstehe ein neuer Betrieb mit anderen Arbeitnehmern, für die der gewählte Betriebsrat nicht zuständig sei und die auch keine Betriebsänderung darstelle.

Das LAG Hamm konnte nicht feststellen, dass die Arbeitnehmer des Plettenberger Betriebs in einer Art und Weise mit portugiesischen Arbeitnehmern am Wochenende zusammengearbeitet haben oder in Zukunft zusammenarbeiten sollen und dass eine Eingliederung der portugiesischen Arbeitnehmer in den Plettenberger Betrieb erfolgte. Auch liege keine Umgehung rechtlicher Beteiligungstatbestände vor, da die Firma Dura sich durch den Abschluss des Werkvertrages im Rahmen unternehmerischer Freiheit legal verhalten habe. Durch den Abschluss eines Werkvertrages mit seinen portugiesischen Mitarbeitern habe Dura praktisch eine neue Konzerntochter gegründet.

So gilt derzeit bei Dura in Plettenberg in der Woche das Betriebsverfassungsgesetz, aber nicht am Wochenende, wenn die Werkvertragsbeschäftigten arbeiten.

Dass mit den Werkverträgen permanent Schindluder getrieben wird, ist nichts Neues.

Neu ist aber, dass ein komplettes Unternehmen, gegen den Widerstand der gewählten Arbeitnehmervertreter und mit dem Segen des Landesarbeitsgerichts durch externe Beschäftigte betrieben wird.

 

 

Quellen: LAG Hamm, Express

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