Sie nehmen „uns“ die Arbeitsplätze weg. Dieses Mal nicht die berüchtigten Migranten, sondern die dazu allein Befugten. Das als Auftakt zu einem trostlosen Kampf.
Die Mitteilungen über geplante Massenentlassungen schaffen es momentan nur hin und wieder in die Schlagzeilen. Denn so viele Unternehmen verkünden die Freisetzung von Tausenden oder Zehntausenden, dass man nicht jeden Fall besonders würdigen oder dramatisieren kann. Irgendwie ist es ja auch eine Normalität der sozialen Marktwirtschaft, die jedem vertraut ist.
Zuletzt haben es die geplanten Entlassungen von VW als größeres Event in die Medien geschafft. Dabei lässt das Unternehmen keinen Zweifel daran aufkommen, warum diese „harten Einschnitte“ sein müssen, also eine Selbstverständlichkeit darstellen: „Den bisherigen Plänen zufolge soll allein die Marke VW bis 2026 bereits 10 Milliarden Euro sparen. Das Ziel ist, die Rendite auf 6,5 Prozent zu bringen. Zuletzt schaffte VW nur 2,3 Prozent. Die Kernmarke Volkswagen hat seit Jahren mit hohen Kosten zu kämpfen und liegt bei der Rendite weit hinter den Konzernschwestern wie Skoda, Seat und Porsche zurück.“ (SZ, 3.9.24)
VW vergleicht also die Renditen intern und mit seinen Konkurrenten und kommt zu dem Ergebnis, dass die Gewinne unzureichend sind. Damit ist die Lage klar. Der Gewinnanspruch gilt unumstößlich und damit steht im Prinzip die Diagnose fest, die in der Öffentlichkeit zählt: Das Unternehmen ist in der Krise. Die muss behoben werden. Ein paar Probleme der „kleinen Leute“ gibt’s daneben auch noch.
Der Kampf um (lohnende) Arbeitsplätze
Die Ankündigungen des Unternehmens, Tausende von Arbeitsplätzen zu streichen und gegebenenfalls Standorte zu schließen, haben den Protest der Belegschaft und der Gewerkschaft auf den Plan gerufen. Sie drohen mit Streiks und wollen Entlassungen und Werksschließungen nicht hinnehmen. Schließlich werden mit den Maßnahmen des Unternehmens in irgendeiner Form die Lebensgrundlagen der über 100.000 Beschäftigten des VW-Konzerns angegriffen. Kämpferische Töne sind da viele zu hören. Doch wer zum Kampf schreiten will, sollte sich Klarheit darüber verschaffen, mit wem er es zu tun hat und wer seine Verbündeten sind.
Denn schon der Ausgangspunkt des Kampfes ist bemerkenswert. Warum ist die Lebensgrundlage der meisten Menschen in diesem Lande so unsicher und warum ist ein – übrigens (wie die Gewerkschaft am besten weiß): dauernder – Kampf um die Existenzgrundlage nötig? Dass die Gewinnansprüche von VW unbestritten sind und als Ausgangspunkt der Auseinandersetzung gelten, so dass beim Versagen an dieser Stelle gleich eine Krise ausgerufen wird, könnte einem schon einiges über dieses Wirtschaftssystem klarmachen. Eine Krise der Beschäftigten, deren Lebensgrundlage die unternehmerischen Maßnahmen angreifen, wird hier nicht konstatiert. Dass Unternehmensgewinne Vorrang haben vor den Existenznotwendigkeiten von Beschäftigten gilt, wie gesagt, als Selbstverständlichkeit.
Wenn die Gesamtbetriebsratsvorsitzende von VW, Daniela Cavallo, verkündet: „VW gehört nicht nur den Aktionärinnen und Aktionären, sondern auch uns, der Belegschaft“ (tagesschau.de, 25.9.24), dann erzählt sie zunächst ein Märchen. Weil Arbeitnehmer sich für „ihre“ Firma nützlich machen, sollen sie auch schon Miteigentümer von VW sein? So jedenfalls die Gewerkschafterin, die damit ein Recht auf Beschäftigung einklagt, das es nicht gibt. Das wissen natürlich auch die Funktionäre der IG Metall, aber man will damit einen moralischen Anspruch auf Beschäftigung anmelden. Man mahnt das Berufsethos des „Arbeitgebers“ an.
Arbeitsplätze werden in der Marktwirtschaft von Firmen eingerichtet, damit aus dem dort angelegten Geld mehr Geld wird. Sie haben die Verfügungsgewalt, Arbeitnehmer zu beschäftigen oder auch nicht. Ein Anrecht auf Beschäftigung gibt es ebenso wenig wie den Besitz von Arbeitsplätzen durch Arbeitnehmer. Deren Wille, arbeiten zu wollen, und die Bereitschaft, sich ganz in den Dienst des Unternehmens zu stellen, zählen eben nur dann, wenn jemand davon Gebrauch machen will. Von dessen Kalkulationen sind sie abhängig – und das macht ihre Existenz prinzipiell unsicher. Es gilt ja die unternehmerische Freiheit. Jeder kann mit seinem Eigentum so verfahren, wie er will, und diese Freiheit wird nicht nur gelobt, sondern auch staatlich gesichert. Wer dagegen auf der Sicherung seiner Existenz besteht, stellt – ob wer will oder nicht – die Systemfrage.
Arbeitsplatzsicherung – ein unsicheres Geschäft
Die Beschäftigung bei Großbetrieben gilt vielfach als sicheres Arbeitsverhältnis. Eine Mär, die offenbar nur schwer zu erschüttern ist. So gelten VW-Arbeiter als die Elite der deutschen Arbeiterschaft, die stolz darauf sein kann, dass es noch nie Massenentlassungen oder Werkschließungen gegeben habe. Das heißt aber nicht, dass die Arbeitsplätze dort immer sicher waren! Denn wozu hätte es sonst eines Zukunft-Sicherungsvertrags bedurft, der Entlassungen bis 2029 ausschließen sollte? Mit diesem Vertrag sind VW-Arbeiter auch schon früher für den Gang des Geschäftes in Haftung genommen worden – mit Lohnsenkungen bei verkürzter Arbeitszeit und Streichung von Zulagen.
Sicherheit stiften solche Verträge nie, auch wenn die Gewerkschaft dieses Märchen gerne pflegt. So sieht sie sich jetzt durch die Kündigung des Vertrags ein Stück blamiert, ist er doch das Papier nicht wert, auf dem er steht. Zudem hat es auch vorher schon Abfindungs- und Frühverrentungsprogramme gegeben, mit denen Arbeitsverhältnisse beendet wurden; bei denen stand im Hintergrund immer schon die Drohung von Kündigungen, wie sie jetzt realisiert werden. So erfährt die Elite der deutschen Arbeiter, dass sie Lohnarbeiter wie die anderen sind und dass die Unterschiede in puncto Arbeitsplatzsicherheit eher ins Reich der Einbildung gehören.
Die Freiheit der Arbeiter besteht eben darin, frei zu sein von allem, was man zum Leben braucht. Persönliche Abhängigkeit gibt es nicht im modernen marktwirtschaftlichen Leben, „nur“ den „sachlichen“ Zwang, Geld zu verdienen – was die Abhängigkeit von und den Gegensatz zu Arbeitgebern begründet. Dennoch wird die Illusion gepflegt, dass die Interessen von Arbeitnehmern und die des Kapitals vereinbar sein müssten.
Missmanagement – statt garantierter Erfolg
Dass die Rechnung mit dem sicheren Arbeitsplatz nie aufgeht, soll nach Aussagen von Politikern, Medien und Gewerkschaft nicht an der Gewinnrechnung des Unternehmens liegen, sondern am Versagen des Managements: „Volkswagen krankt eben genau nicht an seinen deutschen Standorten und an den deutschen Personalkosten. Sondern Volkswagen krankt daran, dass der Vorstand seinen Job nicht macht.“ (Daniela Cavallo)
So wird dem Vorstand vorgehalten, nicht die richtige Modellpalette zu haben, zu wenig innovativ zu sein, kein Zukunftskonzept zu haben usw. Nun mag es ja sein, dass sich der Standort Deutschland mit seiner die Luft verpestenden Schlüsselindustrie beim Auftrumpfen in der internationalen Konkurrenz etwas verkalkuliert hat. In puncto E-Mobilität hätte man vielleicht früher umsteuern müssen – wenn man denn schon die Energiewende gewinnen will. Die einschlägigen Warnungen gab es, wobei den Verantwortlichen aber immer klar war, dass man auf der bewährten Schiene möglichst lange weiterfahren musste.
Im Nachhinein wissen die Kritiker natürlich ganz genau, was die Manager falsch gemacht haben. Dabei haben nicht nur Gewerkschaftsvertreter im Rahmen der Mitbestimmung, sondern auch die deutschen Politiker diese Maßnahmen durch Subventionen und industriepolitische Beschlüsse mitgetragen. Die Kritik unterstellt, dass es in der Marktwirtschaft stets ein gesichertes Erfolgskonzept geben würde, das nicht nur den Gewinn, sondern auch noch die Arbeitsplätze und damit die Einkommen der Beschäftigten sichert. Dabei macht schon die Forderung nach einem Zukunftskonzept deutlich, dass das Unternehmen sich in Konkurrenz mit anderen Unternehmen befindet, die ihrerseits alles tun, um andere aus dem Markt zu drängen. Alle spekulieren ja darauf, mit ihren Modellen einen möglichst großen Marktanteil für sich zu erobern – und das weltweit. Konkurrenz heißt eben, dass nicht alle gewinnen können. Und so führt jetzt VW vor, dass es zwar in der einen oder anderen Abteilung Gewinne erzielt, dass es aber vor allem darum geht, in der Konkurrenz der Automobilunternehmen die Nase vorne zu haben.
Die Mittel dafür sollen dem Unternehmen die Beschäftigten verschaffen. Deshalb müssen die Kosten gesenkt und muss die Produktivität gesteigert werden. Die Kosten bestehen eben auch in den Löhnen und Gehältern der Beschäftigten, auf die der Betrieb direkt Zugriff hat. Die haben also Einschränkungen oder gar den Verlust ihres Lebensunterhalts hinzunehmen. Dabei wird in der Öffentlichkeit nicht ihre Krise beklagt, sondern die des Unternehmens, weil es seine angestrebten Gewinnziele bislang nicht erreicht hat und sich jetzt in einer internationalen Standortoffensive bewähren muss.
Weltfremde Alternativen – keine Mangelware!
So besserwisserisch die Kritik ist, so weltfremd sind die Vorschläge dazu, wie der Erfolg des Unternehmens mit der Beibehaltung der Arbeitsplätze zu vereinbaren sei. Von Seiten der IG Metall wird bei VW bemängelt, dass die Investitionen gekürzt würden, statt dass man sie ausweitet. Der Vorschlag lebt von der Gleichung von Betriebserfolg und „Arbeitsplatzbesitz“, nämlich von der Illusion, dass Investitionen der Schaffung oder Sicherung von Arbeitsplätzen dienen. Dabei fällt ganz unter den Tisch, dass Investitionen nicht einfach dazu da sind, neue Modelle zu entwickeln. Bei ihnen geht es gerade darum, wie mithilfe von Innovationen die Arbeit der Beschäftigten produktiver gemacht werden kann: „Wir müssen Produktivität steigern und auch die Kosten senken, damit wir unsere Investitionen für die Zukunft selbst finanzieren können, sagte denn auch VW-Personalchef Arne Meisewinkel.“ (Junge Welt, 26.9.24).
Und produktiver bedeutet nicht einfach, dass in der gleichen Zeit mehr Autos hergestellt werden, sondern dass die so hergestellten Produkte auch weniger kosten und in der Masse auf dem Markt mehr erlösen. Technik wird eingesetzt, um mit weniger oder gleich viel bezahlter Arbeit mehr herzustellen. Deswegen fallen dann auch Arbeitsplätze weg. Und die Mittel für die Rationalisierung und Abschaffung von Arbeitsplätzen sollen diejenigen erwirtschaften, die von diesen Maßnahmen betroffen sind.
Diese marktwirtschaftliche Realität kann man sich natürlich auch wegdenken. Kritische Stimmen können sich z.B. vorstellen, dass die jetzt zur Stilllegung anstehenden Werke zur Herstellung anderer nützlicher Dinge benutzt werden, was ebenfalls eine Weiterbeschäftigung von VW-Beschäftigten ermöglichen würde: „Öffentliche Verkehrsmittel, selbst Schienenfahrzeuge werden als Möglichkeiten genannt, um Standorte und alle Arbeitsplätze zu erhalten.“ (Th. Donnermeier im LabourNet Germany, 19.9.24)
Die Sache hat nur einen Schönheitsfehler: Die Hersteller dieser Produkte gibt es bereits und auch deren Käufer führen bekanntlich Preisvergleiche durch. Wegdenken muss man sich bei diesem Vorschlag also „nur“, was die Grundlage dieses Wirtschaftssystems ist. Es geht nicht einfach darum, nützliche Dinge herzustellen. Deren Herstellung findet vielmehr nur statt, wenn damit ein Geschäft zu machen ist, wenn die Produktion also Gewinn abwirft. Es geht eben in dieser Gesellschaft nicht um die Versorgung der Bürger, deren Bedarf und dessen Deckung dienen vielmehr einem übergeordneten Zweck: der Vermehrung des Reichtums derer, die über Reichtum verfügen.
Protest wogegen? Zur Weiterführung des Geschäfts!
Die Kritik wie auch der Protest machen deutlich, dass die Abhängigkeit des Lebensunterhalts der Beschäftigten vom Gang des Geschäfts keineswegs als eine Härte oder ein zu beseitigender Mangel gilt. Sie wird vielmehr als positive Grundlage – auch von Seiten der Kritiker in der Öffentlichkeit wie der Vertreter der Gewerkschaft – be- und aufgegriffen. Bei der Gelegenheit wird etwa mit kritischer Häme auch noch vermerkt, dass die Kündigung des Zukunftstarifvertrags zur Beschäftigungssicherung VW teuer zu stehen kommen könnte:
„Paradoxerweise führt die Aufkündigung nämlich zu einer automatischen Entgeltanhebung für die tariflichen VW-Beschäftigten. Der Kündigungsschritt aktiviert alte tarifliche Regelungen, die nun wieder in Kraft treten – ein Mechanismus, der in Gewerkschaftskreisen ‚Schattentarif‘ genannt wird. Mit der Einführung der 4-Tage-Woche wurde das Entgelt auf das Niveau der Branche abgesenkt. Vor 20 Jahren wurde dann die Arbeitszeit ohne Entgelterhöhung angehoben. Im Gegenzug wurde der tarifliche Schutz vor Entlassungen vereinbart.“ (IG Metall Wolfsburg, LabourNet Germany, 10.9.24) Es erfüllt die Gewerkschaft nicht mit Genugtuung, dass ihre Mitglieder (die wegen der von ihr mitgeregelten Lohnsenkung weniger arbeiten mussten) jetzt etwas mehr Geld bekommen. Demonstriert wird hier eher Schadenfreude. Dem Kontrahenten kann man reinreiben, dass er sich einen Nachteil eingehandelt hat.
Gefordert wird vom Vorstand ganz konstruktiv ein Erfolgskonzept: „Stattdessen muss der Vorstand schleunigst ein überzeugendes Konzept vorlegen, das Volkswagen nachhaltig strategisch aufstellt.“ (IG Metall Bezirk Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, 2.9.24; LabourNet Germany) Wer wie die Gewerkschaft eine Zukunftsstrategie für das Unternehmen oder mehr zielführende Investitionen fordert, ist am Erfolg des Unternehmens interessiert. Und das heißt: Er nimmt Opfer als notwendiges Übel in Kauf, über deren Abwicklung dann gestritten und im Protest gerechtet wird.
Wenn die IG Metall und der Gesamtbetriebsrat jetzt in die Tarifrunde einsteigen und als Ziel die Verhinderung von Entlassungen und Werksstilllegungen vorgeben, dann sind Erhöhungen der Lohntarife als Ausgleich für die Inflation kein Thema mehr. Und auch gesteigerte Leistungen, die auf die Weiterbeschäftigten zukommen, sind damit im Prinzip abgehakt. Insofern kann VW bei allem gewerkschaftlichen Getöse schon den ersten Erfolg verbuchen.
Dass die Gewerkschaft bereit ist, die Tarifrunde vorzuziehen, soll ihr wohl ermöglichen, nicht nur zu demonstrieren, sondern auch zu streiken. Denn Streiks gegen Entlassungen sind in der BRD verboten und nur im Rahmen von Tarifrunden erlaubt: „Vom VW-Standort Emden werde man am Mittwoch mit fünf Bussen nach Hannover reisen, wo die Gewerkschaft mit dem VW-Management zusammentrifft. ‚Das ist eine hohe Anzahl, wenn man bedenkt, dass wir uns noch nicht im Warnstreik befinden.‘ Die Kollegen nähmen sich dafür Urlaub.“ (Junge Welt, 25.9.24) So geht eben erlaubter Protest, der der Firma nicht schaden will!
„Auf verlorenem Posten“
Mit dieser Politik der Sozialpartnerschaft, die VW aufkündigt, an der die Gewerkschaft aber festhalten will, findet konsequenterweise eine Scheidung innerhalb der Belegschaft statt – in die, die zur Entlassung anstehen, und die, die bleiben können. Nach dieser Logik dürfen die Entschädigungen für die Entlassungen auch nicht zu viel kosten und von den Weiterbeschäftigten werden dann ebenfalls wieder Opfer verlangt – eben zur Sicherung „ihrer“ Arbeitsplätze, die, wie gesagt, nie sicher sind. Und bei aller Beteuerung der Solidarität betreiben Gewerkschafter die Entsolidarisierung mit, sofern es hier überhaupt viel zu destruieren gibt. Wie gewerkschaftliche Solidarität aussieht, dafür gibt es in der BRD ja eindeutige Beispiele. Die Werksstillegung von Audi in Brüssel – ebenfalls ein Teil des VW-Konzerns – war der IG-Metall allenfalls eine hohle Erklärung wert.
Die Hauptfrage, die sich viele Beschäftigte stellen, lautet jetzt: Trifft es mich? Dabei sind alle betroffen – entweder als zur Entlassung Anstehende oder als Weiterbeschäftigte mit Abstrichen beim Lohn und mit gesteigerten Leistungsanforderungen am Arbeitsplatz. Die Entlassenen leisten dabei einen doppelten Dienst fürs Kapital: Sie entlasten unmittelbar die Kostenseite des Unternehmens und als Konkurrenten auf dem Arbeitsmarkt erlauben sie es allen Unternehmen, die Löhne zu drücken.
Unterstützt wird das von Seiten des Staates, der mit Streichungen von Sozialleistungen seinerseits den Druck auf die Arbeitslosen erhöht – siehe die aktuelle Debatte um das Bürgergeld. So gehen die Massenentlassungen immer alle an, die vom Verkauf ihrer Arbeitskraft leben müssen – insofern sind sie auch immer eine Klassenfrage. Aber eine Organisation, die sich dieser Frage annimmt, gibt es hierzulande leider nicht.
Wer sich die Senkung seines Lebensunterhalts angesichts der Drohungen von VW und Co. nicht gefallen lassen will, steht blöd da: „Auf verlorenem Posten“, wie die Junge Welt zuletzt in einer Bilanz der neueren Kämpfe um Arbeitsplatzsicherung festhielt und dabei noch einmal an die verlogene Rede vom Beruf des „Arbeitgebers“ erinnerte. Arbeitsplätze sind eben kein Mittel für einen gesicherten Lebensunterhalt. Der ist in der Marktwirtschaft per Lohnarbeit einfach nicht zu haben.
Wer dennoch an einem sicheren Lebensunterhalt festhalten will, der muss sich über eins im Klaren sein: Er stellt sich damit gegen das System und braucht Mitkämpfer, die auf der Linie der deutschen Gewerkschaften leider nicht zu finden sind. Selbst für einen Kampf um Schadensbegrenzung braucht es eine breite Solidarität, für die die Gewerkschaft nicht zu haben ist. Ihr geht es um die Sicherung des Erfolgs von VW – und genau so der anderen Firmen, die sich erfolgreich gegen Konkurrenten aufstellen wollen und ihre Beschäftigungsprobleme sozialpartnerschaftlich lösen sollen.
Der Beitrag erschien auf https://overton-magazin.de/ und wird mit freundlicher Genehmigung der Redaktion und des Autors hier gespiegelt. Bild: