Liste: Diese Nebeneinkünfte haben die Abgeordneten im Bundestag

Von Martin Reyher, Tania Röttger und Andrea Knabe-Schönemann

Aufsichtsratsposten, Vorträge, Unternehmensbeteiligungen: Seit der letzten Wahl haben viele Bundestagsabgeordnete kräftig dazuverdient. Wer hat wie viel bekommen – und woher stammt das Geld?

Fast könnte man meinen, das Thema Nebeneinkünfte sei dem Bundestag unangenehm. Vor einigen Jahren wurden sie noch direkt in den Abgeordnetenprofilen auf bundestag.de angezeigt. Inzwischen sind die Angaben versteckt: Wer mehr wissen will, muss erst den Menüpunkt „Veröffentlichungspflichtige Angaben“ aufklappen.

Wie viel Bundestagsabgeordnete nebenbei verdienen, ist nicht nur deshalb schwer nachzuvollziehen. Die Angaben sind unübersichtlich, einige Politiker:innen führen mehr als hundert Einzelbeträge in Euro auf.

Gemeinsam mit dem SPIEGEL hat abgeordnetenwatch.de die veröffentlichungspflichtigen Angaben aller 733 Abgeordneten auf der Internetseite des Bundestages seit Beginn der Legislaturperiode ausgewertet. Eine Tabelle am Ende des Textes zeigt, wie viele Euro jede und jeder Abgeordnete zusätzlich zum Mandat erhalten hat.

Das Wichtigste in Kürze:

337 der 733 Abgeordneten (46 Prozent) haben neben ihren Diäten von 11.227 Euro weitere Einkünfte.

  • Bei 130 Abgeordneten stammen die Einkünfte aus einer “entgeltlichen Tätigkeit neben dem Mandat”, sie sind beispielsweise Geschäftsführer:in oder Rechtsanwält:in.
  • 66 Abgeordnete bezogen Einkünfte aus einer Funktion in einem Unternehmen (z.B. Aufsichtsrat),
  • 20 Abgeordnete erhielten Geld aus Unternehmensbeteiligungen in Form von Gewinnausschüttungen,
  • weitere Einkünfte stammen aus Funktionen in Vereinen oder Verbänden (z.B. als Präsident:in) und Spenden. Auch Einladungen zu Reisen müssen als geldwerter Vorteil angegeben werden.

Rechnet man alle veröffentlichungspflichtigen Angaben zusammen, ergibt sich eine Gesamtsumme von mehr als 51 Millionen Euro.

Die Millionenumsätze

Die Summe ist allerdings stark verzerrt. Denn darin sind auch die Angaben von Abgeordneten wie Sebastian Brehm (CSU) und Albert Stegemann (CDU) enthalten. Auf den ersten Blick scheinen die beiden Unionspolitiker die Topverdiener im Bundestag zu sein: Seit der letzten Wahl kommen sie zusammen auf fast 15 Millionen Euro. Doch bei genauerem Hinsehen ergibt sich ein anderes Bild.

Dass der Landwirt Stegemann mehr als 7,8 Millionen Euro beim Bundestag gemeldet hat – so viel wie kein anderer Abgeordneter – liegt daran, dass er seine Umsätze offenlegen muss. Stegemann verkauft mit seinem Betrieb Kuhmilch. Er beschäftigt nach eigenen Angaben mehrere Mitarbeiter:innen, in deren Verantwortung der Betrieb des Hofes liegt. Sie seien es, die den Umsatz erwirtschaften, so Stegemann. Dieser sei aber keineswegs mit seinem persönlichen Gewinn gleichzusetzen.

Ähnlich verhält es sich bei Sebastian Brehm, der als Steuerberater auf seiner Bundestagsseite rund 7,1 Millionen Euro angibt. Auch bei ihm handelt es sich um Bruttoumsätze. „Viele der Mandate meiner Kanzlei, die in die Summe einfließen, werden im Namen meiner Kanzlei von meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern (inklusive angestellter Berufsträger) erarbeitet“, schreibt der CSU-Abgeordnete auf Anfrage. „Weil sie gerade in meinem Namen erzielt werden, müssen sie auch von mir angegeben werden.“ Von den 7,1 Millionen Euro müsse er Personalkosten, Miete, Bürokosten, Umsatzsteuer und andere Abgaben zahlen.

Aus welchen Quellen haben die Abgeordneten Geld erhalten?

(Politiker:innen mit „veröffentlichungspflichtigen Angaben“ von mehr als 250.000 Euro seit Beginn der Legislaturperiode im Jahr 2021)

  1. Albert Stegemann (CDU): 7.851.118 Euro

Der CDU-Abgeordnete aus Niedersachsen vertreibt mit seinem landwirtschaftlichen Betrieb Kuhmilch. Als Landwirt muss Stegemann seine Bruttoumsätze angeben, die nach eigenen Angaben von Mitarbeiter:innen erwirtschaftet werden. Im Bundestag sitzt Stegemann im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft und stellt auch schon mal parlamentarische Anfragen zu „Verzehrmengen von Milch und Milchprodukten in Deutschland“. Einen Interessenkonflikt sieht er in seiner Tätigkeit als Landwirt und als Abgeordneter nicht. „Entscheidend für mich ist, dass wirtschaftliche Interessen nicht die Ausübung eines Mandates beeinflussen dürfen.“ Auf seiner Webseite gibt Stegemann bekannt, sich 2024 aus der Geschäftsführung „komplett zurückgezogen“ zu haben.

  1. Sebastian Brehm (CSU): 7.122.511 Euro

Der CSU-Abgeordnete und Mitglied im Finanzausschuss übt fünf Geschäftsführer-Tätigkeiten aus, unter anderem bei drei Steuerberatungsgesellschaften. Einnahmen meldete Brehm als Steuerberater. Auf seiner Bundestagsseite listet er Honorare von mehr als 450 Mandanten auf. Viele davon, schreibt er auf Anfrage, „werden im Namen meiner Kanzlei von meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern (inklusive angestellter Berufsträger) erarbeitet“. Auch diese fließen in die Summe der Einkünfte ein. Er betont „dass es keinerlei Überschneidung meiner Arbeit im Deutschen Bundestag mit den Interessen der von mir vertretenen Mandanten gibt“.

  1. Alexander Engelhard (CSU): 3.582.103 Euro

Der CSU-Politiker betreibt eine Mühle für Bio-Getreide und beliefert unter anderem Bäckereien und Tierfutterproduzenten. Bei der Summe handelt es sich laut Engelhardt um den Umsatz inkl. Mehrwertsteuer. Davon müssten unter anderem Wareneinsatz, Personal- und Energiekosten abgezogen werden. Zur Frage des zeitlichen Umfangs seiner Nebentätigkeit schreibt Engelhard, neben den Verpflichtungen als Abgeordneter „bleibt kaum Zeit für den Betrieb“. Er habe als Ersatz einen Müllermeister eingestellt. Engelhardt ist Mitglied im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Verbraucherschutz.

  1. Thomas Heilmann (CDU): 3.511.649 Euro

Der Berliner CDU-Abgeordnete erhält Einkünfte aus der Beteiligung an einer Vermögensverwaltung, die in der Immobilienbranche tätig ist, sowie aus einer Immobilien-Projektgesellschaft. Zu möglichen Interessenkonflikten schreibt er auf Anfrage: „Sollten Vorlagen im Deutschen Bundestag direkte Auswirkungen auf die Beteiligungen meiner vermögensverwaltenden Gesellschaften haben, enthalte ich mich bei der Meinungsfindung in meiner Fraktion.“ Heilmann sitzt im Bundestagsausschuss für Klima und Energie. Bei der Bundestagswahl 2025 tritt er nicht mehr an.

  1. Ophelia Nick (Grüne): 2.897.627 Euro

Den überwiegenden Teil ihrer Einkünfte bezieht Nick aus Gewinnbeteiligungen von drei Unternehmen, die an dem Technologiekonzern Voith beteiligt sind. Das Unternehmen stellt unter anderem Papiermaschinen und Turbinen für Wasserkraft her. Nick sei „zur Vermeidung von Interessenskonflikten nicht operativ für die Unternehmen tätig bzw. an operativen Entscheidungen der Unternehmen beteiligt”, erklärt ihr Abgeordnetenbüro auf Anfrage. Sie ist als Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft tätig.

  1. Carl-Julius Cronenberg (FDP): 2.137.081 Euro

Der Großteil von Cronenbergs Nebeneinkünften kommt von Beteiligungen an Firmen. Von der Athmer oHG, die Türdichtungen herstellt, erhält er eine monatliche Ausschüttung in Höhe von 11.000 Euro. Die österreichische Firma Sonnleithner, die Schranken, Poller und Sperranlagen produziert, schüttete an den Abgeordneten in dieser Legislaturperiode 1.018.011,72 Euro aus. Cronenberg meldete außerdem einen bezahlten Geschäftsführer-Posten bei der Via Guide GmbH, die Personenleitsysteme anbietet. Auf Anfrage schreibt er: „Alle geschäftsführenden Tätigkeiten im Zusammenhang mit unserem Familienunternehmen habe ich seit Annahme des Mandats ruhend gestellt. Mein Bundestagsmandat fülle ich vollumfänglich aus.“ Cronenberg ist Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales.

  1. Nezahat Baradari (SPD): 1.350.165 Euro

Die SPD-Politikerin aus Nordrhein-Westfalen ist Fachärztin für Kinder und Jugendliche, im Bundestag sitzt sie im Gesundheitsausschuss. An ihre Praxis gingen hohe Beträge von der Kassenärztlichen Vereinigung, denen alle Vertragsärzte angehören müssen. Auf Anfrage teilt Baradari mit: “Ich habe seit Antritt meines Mandats einen leitenden Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin in meiner Praxis eingestellt, der sich zusammen mit einem anderen Arzt und weiteren vier Personen um den Praxisbetrieb kümmert. Hieraus resultieren die Umsätze.” Sie meldete zudem ein regelmäßiges Honorar von der Praxis ihres Ehemannes: „Meine Tätigkeit bei Hr. Baradari ist eine geringfügige Beschäftigung und erstreckt sich auf Analyse und Beratung.“ Die Frage nach dem zeitlichen Umfang beantwortete sie nicht.

  1. Fritz Güntzler (CDU): 1.229.101 Euro

Güntzler ist Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in Göttingen. Ein Großteil seiner Einkünfte stammen aus Gewinnausschüttungen von zwei Kanzleien, deren Mandanten unter anderem aus dem Maschinenbau, der Automobilbranche und dem Gastgewerbe kommen. Monatlich erhält er mehr als 20.000 Euro als „Vorabzahlungen“, wie er auf Anfrage erklärt. Hinzu kommen jährliche Ausschüttungen. Auf Anfrage schreibt Güntzler, er sei mit “Herz und Seele” Abgeordneter. Und: “ Ich arbeite durchschnittlich weit über 60 Stunden die Woche. Der weitaus größte Anteil entfällt davon auf meine Abgeordnetentätigkeit. Selbstverständlich steht das Bundestagsmandat als Vollzeitaufgabe im Mittelpunkt aller Tätigkeiten. Freie Abende und Wochenenden sind in meinem Kalender eher der Ausnahmefall.” Im Bundestag ist er Obmann im Sportausschuss.

  1. Robert Farle (fraktionslos): 1.014.000 Euro

Farle, im September 2022 aus der AfD-Fraktion ausgeschieden, ist Rechtsanwalt und Geschäftsführer zweier Steuerberatungsgesellschaften, wofür er monatliche Einkünfte in Höhe von insgesamt 4.000 Euro erhält. Hinzu kommen Gewinnausschüttungen von mehr als 670.000 Euro seit 2022. Auf Anfrage schreibt er: „Mein wöchentlicher Zeitaufwand für Nebentätigkeiten beträgt maximal vier Stunden, überwiegend am Wochenende.“ Die 4.000 Euro pro Monat erhalte er in einer „kontrollierenden Funktion als zweiter Geschäftsführer.“

  1. Enrico Komning (AfD): 1.008.481 Euro

Komning ist Rechtsanwalt und Mitglied im Wirtschaftsausschuss. Für seine Kanzlei in Neubrandenburg meldete er mehr als 100 Mandanten, unter anderem aus dem Bauhandwerk, der Unterhaltungsbranche sowie aus dem Privatbereich. Die meisten Mandanten würden von seinen Mitarbeitern betreut, er selbst werde “nur sporadisch in wenigen Einzelmandaten tätig, die meine Mandatstätigkeit weder inhaltlich noch umfänglich einschränken”, schreibt der AfD-Politiker auf Anfrage.

  1. Sarah Wagenknecht (BSW): 847.170 Euro

Den größten Teil ihrer Nebeneinkünfte erzielte Sahra Wagenknecht mit ihrem Buch „Die Selbstgerechten“. Außerdem hielt die BSW-Vorsitzende Vorträge, für die sie teilweise mehr als 10.000 Euro Honorar erhielt.

  1. Markus Herbrand, FDP): 813.270 Euro

Herbrand ist Obmann im Finanzausschuss und außerhalb des Parlaments als Steuerberater tätig. Er hat dem Bundestag Einkünfte von knapp 90 Mandanten gemeldet. Sie kommen aus unterschiedlichen Bereichen, darunter ein Bekleidungsgeschäft, ein Imbiss und eine Kfz-Werkstatt.

  1. Olav Gutting, CDU): 779.017 Euro

Gutting, der dem Finanzausschuss des Bundestags angehört, ist Rechtsanwalt und Steuerberater. Auf seiner Bundestagsseite führt er seit Beginn der Legislaturperiode 44 Mandanten auf, die aus dem Privatbereich kamen. Zudem bezog er Einnahmen als Vertrauensmann bei der Wüstenrot Bausparkasse AG und durch Aufsichtsratsposten in zwei regionalen Banken.

  1. Judith Skudelny (FDP): 713.097 Euro

Die Abgeordnete aus Stuttgart meldete Nebeneinkünfte aus ihrer Tätigkeit als Rechtsanwältin und Insolvenzverwalterin für das Land Baden-Württemberg. 

  1. Bernhard Loos (CSU): 600.654 Euro

Loos ist Unternehmer und Mitglied im Wirtschaftsausschuss. Er meldete monatliche Einkünfte aus der Vermietung von Gewerberaum an eine Fachschule in Leipzig.

  1. Thomas Röwekamp (CDU): 505.573 Euro

Röwekamp erzielte Einkünfte als Rechtsanwalt und Notar sowie Gewinnausschüttungen aus seiner Kanzlei. Die Mehrzahl der 240 Mandanten waren nach eigenen Angaben „Verbraucher“ oder kamen unter anderem aus den Branchen „Versicherungen“ und „Hausverwaltung“.

  1. Gregor Gysi (Die Linke): 453.404 Euro

Die Einkünfte des Linken-Politikers stammen aus mehr als 130 Vorträgen und Diskussionsveranstaltungen. Dazu kommen publizistische Tätigkeiten. Gysi meldete außerdem Einkünfte für seine Beiratstätigkeit bei der Spielbank Berlin von mehr als 31.000 Euro seit 2022.

  1. Peter Ramsauer (CSU): 442.025 Euro

Der CSU-Abgeordnete hat als Strategieberater für das laufende Jahr 42.300 Euro von einem unbekannten “Mandanten 6” angegeben. Hinzu kommen Honorare von zwei weiteren Auftraggebern. Geld erhielt Ramsauer auch von mehreren Firmenposten, etwa rund 50.350 Euro “Gewinn vor Steuern” im laufenden Jahr als Verwaltungsrat der Aebi Schmidt Holding AG, einem Schweizer Hersteller von landwirtschaftlichen Fahrzeugen.

  1. Bernd Schattner (AfD): 386.366 Euro

Der Politiker aus Rheinland-Pfalz bezieht ein monatliches Zusatzeinkommen von knapp 3.150 Euro als Geschäftsführender Gesellschafter einer Küchen- und Granitvertriebsgesellschaft sowie jährliche Gewinnausschüttungen. Außerdem erhält Schattner eine Aufwandsentschädigung für seine Tätigkeit im Verwaltungsrat der Sparkasse Südpfalz.

  1. Dirk Spaniel (fraktionslos): 385.753 Euro

Spaniel, der kürzlich aus der AfD-Fraktion ausgeschieden ist, war bisher Obmann im Verkehrsausschuss. Von 2000 bis 2017 war er Manager bei der Daimler AG, Sindelfingen/Stuttgart. Seine gemeldeten Einkünfte stammen aus einem Aufhebungsvertrag vom Dezember 2022 inklusive einer Abfindung von der Mercedes-Benz Group, zu der Daimler gehört.

  1. Lars Klingbeil (SPD): 319.395 Euro

Klingbeils Einkünfte stammen größtenteils aus der Tätigkeit als SPD-Parteivorsitzender in Höhe von 9.000 Euro monatlich.

  1. Kevin Kühnert (SPD): 315.000 Euro

Als SPD-Generalsekretär erhielt Kühnert monatlich 9.000 Euro. Anfang Oktober hat der Politiker aus gesundheitlichen Gründen seinen Rücktritt von dem Amt erklärt.

  1. Saskia Esken (SPD): 315.000 Euro

Als Parteivorsitzende erhält Saskia Esken von der SPD monatlich 9.000 Euro.

  1. Dietmar Nietan (SPD): 313.000 Euro

Als Bundesschatzmeister der SPD verdient Nietan monatlich 9.000 Euro nebenher.

  1. Mario Czaja (CDU): 280.984 Euro

Der Abgeordnete bezog von Ende Januar 2022 bis Januar 2024 Einkünfte als CDU-Generalsekretär in Höhe von monatlich 10.662 Euro plus einem 13. Monatsgehalt.

  1. Esther Dilcher (SPD): 251.749 Euro

Die SPD-Abgeordnete ist als Rechtsanwältin und Notarin tätig und führt auf ihrer Bundestagsseite zahlreiche Mandant:innen auf, bei denen es sich überwiegend um Privatpersonen handelt.

Einnahmequelle Unternehmensbeteiligungen, Buchhonorare, bezahlte Vorträge

Tatsächlich sind die Finanzangaben der Abgeordneten nicht ohne weiteres vergleichbar. Die Grünen-Politikerin Ophelia Nick weist auf ihrer Bundestagsseite mehr als 2,8 Millionen Euro aus. Bei ihr handelt es sich jedoch nicht um Umsätze, sondern um Gewinnausschüttungen von Unternehmen, an denen sie beteiligt ist. Bei der BSW-Vorsitzenden Sahra Wagenknecht stammt ein Großteil der Nebeneinkünfte von insgesamt knapp 850.000 Euro aus einem Buchhonorar. Gregor Gysi (Linke) verdiente gut 450.000 Euro nebenbei, das meiste davon durch Vortragshonorare. (Details zur Herkunft der Einkünfte siehe oben: Aus welchen Quellen haben die Abgeordneten Geld erhalten?)

Dass Abgeordnete mit Nebentätigkeiten mitunter Hunderttausende Euro verdienen, ist nicht verboten. Das Abgeordnetengesetz erlaubt das sogar – solange das Bundestagsmandat „im Mittelpunkt der Tätigkeit“ steht. Aber ist das immer der Fall?

Mehrere Tausend Euro im Monat – zusätzlich zu den Diäten

Der fraktionslose Abgeordnete Robert Farle, bis 2022 Mitglied der AfD-Fraktion, ist neben seinem Bundestagsmandat Geschäftsführer von drei Steuerberatungsgesellschaften, von zweien erhält er ein monatliches Gehalt von insgesamt 4.000 Euro. Hinzu kommen jährliche Gewinnausschüttungen von insgesamt mehreren hunderttausend Euro. Wie bringt er diese Jobs mit seinem Bundestagsmandat zeitlich unter einen Hut? Farle sagt, sein wöchentlicher Zeitaufwand für Nebentätigkeiten betrage maximal vier Stunden, überwiegend am Wochenende. Die 4.000 Euro pro Monat erhalte er in einer „kontrollierenden Funktion als zweiter Geschäftsführer.“

Der CDU-Abgeordnete Fritz Güntzler gibt auf seiner Bundestagsseite monatliche Nebeneinkünfte von mehr als 20.000 Euro an. Güntzler arbeitet laut Eigenauskunft als „Wirtschaftsprüfer/Steuerberater“ für zwei Kanzleien und erhält als Präsident der Steuerberaterkammer Niedersachsen eine vierstellige Vergütung pro Monat. Steht das Bundestagsmandat im Mittelpunkt seiner Arbeit? Ja, versichert Güntzler auf Nachfrage. „Ich arbeite durchschnittlich weit über 60 Stunden die Woche. Der weitaus größte Anteil entfällt davon auf meine Abgeordnetentätigkeit.“

Doch nicht nur die hohen Summen werfen Fragen auf.

Geld von einer Lobbyagentur

Da sind zum Beispiel die Abgeordneten Peter Ramsauer (CSU), Bernd Westphal (SPD) und Otto Fricke (FDP). Sie sitzen im „Expertenrat“ von Kekst-CNC, einer Agentur, die für Unternehmen wie die Generali-Versicherung – oder im vergangenen Jahr für die Rohstoffkonzerne Thyssengas und Vitol – beim Bundestag und bei der Bundesregierung lobbyiert. „Hierbei werden zu den für die jeweiligen Unternehmen relevanten Themen auch Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern der Bundesregierung sowie des Deutschen Bundestages geführt“, gibt Kekst-CNC im Lobbyregister an. „Wir beraten unsere Kunden im Hinblick auf den Dialog mit der Politik und unterstützen sie dabei, ihre legitimen Interessen zu vertreten.“

Ein Interessenkonflikt? Diese Frage lassen die Abgeordneten unbeantwortet

Sehen die Abgeordneten in ihrer Tätigkeit für Kekst-CNC einen Interessenkonflikt? Der SPD-Abgeordnete Westphal, der eine jährliche Aufwandsentschädigung von 10.000 Euro erhält, erklärt auf Anfrage, er halte sich an Recht und Gesetz. Die Frage nach einem möglichen Interessenkonflikt lässt der SPD-Obmann im Wirtschaftsausschuss unbeantwortet. Ramsauer (9.000 Euro im Jahr) und Fricke (keine Einkünfte angegeben) reagierten gar nicht.

Auch andere Konzerne haben ihre Gremien mit mehreren Abgeordneten besetzt, über die sie einen Zugang zu Entscheidungsträger:innen erhalten:

  • Im „Zukunftsrat“ der Westenergie AG, einer Eon-Tochter, sitzen Andreas Rimkus (SPD) und Thomas Rachel (CDU).
  • Dem Aufsichtsrat der Lausitz Energie Bergbau AG gehören Lars Rohwer (CDU) und Maja Wallstein (SPD) an.
  • Der “Politische Beirat” des Dämmstoffherstellers Deutsche Rockwool wird vom FDP-Abgeordneten Christoph Meyer geleitet. Christian Hirte (CDU) ist ebenfalls Mitglied des Gremiums.

Die Vergütung der sechs Abgeordneten liegt zwischen 3.000 und 25.000 Euro jährlich und damit im Vergleich zu anderen Nebentätigkeiten im unteren bis mittleren Bereich. Dennoch bleibt die Frage: Wie unabhängig kann man als Abgeordneter sein, wenn man Geld von einem Unternehmen erhält?

Die problematische Doppelrolle der Bundestagspräsidentin

Sollten Abgeordnete gegen Pflichten verstoßen, käme Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) ins Spiel. Sie muss für die Einhaltung des Abgeordnetengesetzes und der Verhaltensregeln sorgen und bei Verstößen Sanktionen verhängen. Das Problem: Bas ist nicht nur Bundestagspräsidentin, sondern auch Abgeordnete mit bezahlten Nebentätigkeiten. Die Hüttenwerke Krupp Mannesmann zahlen ihr als Aufsichtsrätin gut 7.500 Euro im Jahr.

Ganz wohl scheint es Bas mit ihrer Doppelrolle als Präsidentin und Abgeordnete nicht zu sein. „Als Bundestagspräsidentin bin ich offen dafür, eine Diskussion darüber zu führen, die Prüf- und Sanktionskompetenzen an eine unabhängige Stelle zu übertragen“, schreibt sie. Diese Debatte müsste aber in den Fraktionen geführt werden.

Eine Reise in die Türkei – auf Einladung der türkischen Regierung

Zu den „veröffentlichungspflichtigen Angaben“ der Abgeordneten gehören auch die Kostenübernahmen von Reisen. Der Bundestag übernimmt zwar die Kosten, wenn Parlamentarier:innen dienstlich unterwegs sind („genau wie ein Arbeitgeber, der seine Mitarbeiter auf Geschäftsreise schickt“). Viele Reisen in dieser Legislaturperiode wurden aber nicht vom Bundestag, sondern von Dritten bezahlt. Meist sind dies Stiftungen wie die Robert Bosch- oder die CDU-nahe Konrad Adenauer-Stiftung. Manchmal aber auch andere Staaten oder staatsnahe Organisationen.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Joe Weingarten reiste 2022 auf Einladung des Investment Office of Turkey in die Türkei. Dieses untersteht dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan und übernahm die Kosten in Höhe von 3.115 Euro. Was hat ihn dazu bewogen, sich von einer anderen Regierung einladen zu lassen? „Ich war und bin überzeugt davon, dass es an dieser Reise, die genehmigt wurde und über die ich einen differenzierten Reisebericht hinsichtlich der Lage in der Türkei verfasst habe, nichts auszusetzen gibt“, schreibt Weingarten. Er habe sich auch ausführlich mit Vertretern der Opposition und der Zivilgesellschaft getroffen.

Interaktive Wahlkreiskarte: So viel verdienen Ihre Abgeordnete nebenbei

Der AfD-Abgeordnete Malte Kaufmann reiste 2023 auf Kosten des Hafenbetreibers DP World zu einer Konferenz nach Dubai (Kosten: 6.081 Euro). Hinter dem Sponsor steht die Investmentgruppe „Dubai World“, die der Regierung des Emirats Dubai gehört. Kaufmann schreibt, er habe keine finanziellen Vorteile in Anspruch genommen und sei auch nicht beeinflussbar. An der Konferenz habe er als Mitglied des Wirtschaftsausschusses des Bundestages teilgenommen und eine Rede gehalten.

Die SPD-Abgeordneten Bernd Westphal und Andreas Rimkus ließen sich 2023 nach China einladen („International Cooperation and Exchange“). Kostenpunkt: jeweils 3.626 Euro. Inhaltlich wollten sie sich zu der Einladung nicht äußern. Beide gaben an, sich an die Regeln gehalten zu haben.

Was prominente Politiker:innen nebenher verdienen

In der Nebeneinkunftsliste finden sich auch zahlreiche Politpromis. Der frühere CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet kommt auf 153.000 Euro, die ihm Kuratoriumsposten bei der RAG-Stiftung und einer weiteren Stiftung einbringen. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und der ehemalige Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) verdienten als Buchautoren 88.270 Euro bzw. 63.750 Euro nebenher. Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) kommt auf rund 218.000 Euro – vor allem als Vortragsredner und Rechtsanwalt mit Mandanten aus dem Baugewerbe, Großhandel und der Immobilienwirtschaft.

In Kubickis “veröffentlichungspflichtigen Angaben” findet sich außerdem ein Posten, mit dem er 2023 für Schlagzeilen sorgte: Die Einladung zu einer einwöchigen Karibik-Kreuzfahrt mit der „MS Europa 2“, bezahlt von einer Produktionsfirma. An Bord nahm der FDP-Politiker dafür an einer Gesprächsveranstaltung teil. Gegenwert der Reise: 3.411,30 Euro.

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Anmerkung: In einer vorherigen Version dieses Artikels hieß es, die SPD-Bundestagsabgeordnete Maja Wallstein gehöre dem Aufsichtsrat der Lausitz Energie Bergbau AG als Vorsitzende an. Tatsächlich ist Frau Wallstein einfaches Mitglied. Wir haben dies korrigiert. Die Abgeordnete wurde nach eigener Aussage von der Arbeitgeberseite berufen und spendet ihre Aufsichtsratsvergütung.

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Quelle: https://www.abgeordnetenwatch.de/
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