Die Bundeswehr soll mehr Verantwortung übernehmen. So verklausuliert meint man den immensen Schub bei der Aufrüstung zur Kriegsvorbereitung.
Nachdem es nur noch die Berufsarmee gibt, hat die Bundeswehr jetzt schon einen riesengroßen Personalmangel. Das liegt auch daran, dass die jungen Menschen, nachdem sie auf die bunten Werbebroschüren hereingefallen sind, nach den Alltagserfahrungen im Dienst, schnell wieder ins Zivilleben wechseln.
Um die zukünftigen Aufgaben personell überhaupt annähernd bewältigen zu können, wird nun nicht gekleckert, sondern richtig geklotzt.
Es gilt schon seit einiger Zeit nicht mehr, dass das Grundgesetz Angriffskriege verbietet und Einsätze nur zur Landesverteidigung zulässt. Im Jahr 2012 hat das Bundesverfassungsgericht (BVG) geurteilt, dass Einsätze bei „Ereignissen katastrophischen Ausmaßes“ gestattet sind, wenn der Bundeskanzler sich dafür ausspricht. Dass die Einsätze nicht nur zur Landesverteidigung durchgeführt werden, zeigten die Einsätze gegen Jugoslawien, gegen die Demonstranten gegen den G-8-Gipfel in Heiligendamm 2007 oder die seit langen schon laufenden Vorbereitungen des Einsatzes der Bundeswehr bei Streiks im öffentlichen Dienst. Auch der verfassungsfeindliche Bundeswehreinsatz im Inneren wird demnächst geprobt.
Das kommt dem entgegen, dass die Regierung die deutschen Wirtschafts- und Machtinteressen mit noch mehr militärischen Aktionen durchsetzen will, um den Konzernen ihre Profitinteressen, billige Rohstoffe und sichere Handelswege zu gewährleisten.
Da scheut man sich nicht, öffentlich die Bevölkerung aufzurufen, sich einen Lebensmittelnotvorrat anzuschaffen und versteckt die Einberufung von Reserve-Offizieren im Arztberuf durchzuführen.
Da bleibt unberücksichtigt, dass laut TNS Infratest- Umfrage der Hamburger Körber Stiftung nur 13 Prozent der deutschen Bevölkerung ein stärkeres Engagement der Bundeswehr wollen. 82 Prozent meinen sogar, das deutsche Militär sollte sich weniger stark in der Welt engagieren.
Das Säbelrasseln wird neuerdings auch ganz offen nach außen gezeigt. Als Mitte August, von der Öffentlichkeit unbemerkt, eine Arbeitsgruppe von 103 UN-Mitgliedsstaaten der UN – Generalversammlung empfehlen wollte, im Oktober Verhandlungen über die atomare Abrüstung zu führen, stimmten 68 Mitglieder für die Resolution, 22 dagegen und 13 enthielten sich. Deutschland hat gegen die Verhandlungen über die atomare Abrüstung gestimmt.
Wenn nun auch noch Druck z.B. von den USA zur Erhöhung der Militärausgaben und neue Aufgaben im Rahmen der NATO-Aggressionen hinzukommen, die gesamte Waffengattung „Cyber-Krieger“ auch zur Überwachung im Inneren aufgebaut wird und gegen Terroristen im Innenbereich gekämpft werden soll, reicht das Personal, das vorgehalten und ausgebildet werden soll, bei weitem nicht aus.
„Personaloffensive“
Nun wird massiv für die Umsetzung dieser Pläne geworben, vor allem sollen die jungen Menschen auf diese Kriegszukunft vorbereitet werden.
In den Jobcentern und Arbeitsagenturen, im Bildungsbereich schon ab der Grundschule und bei Job-Messen wird der Nachwuchs gesucht. Gelockt werden vor allem auch junge Erwerbslose mit Begriffen wie: „sinnstiftend, Einsätze und Missionen, Kameradschaft, Treueverhältnis, und Fürsorgepflicht“ und die Kooperation zwischen Bundeswehr und Bundesagentur für Arbeit (BA) wird weiter ausgebaut.
Neuerdings soll sich die Bundeswehr auch für Flüchtlinge in den Bereichen Handwerk, Technik, Medizin und Logistik öffnen. Dann kann es zu der Situation kommen, dass der Arbeitgeber der Flüchtlinge, die Bundeswehr, dann im Heimatland alles kaputt bombt und hier die Opfer im zivilen Bereich der Bundeswehr einsetzt.
Nach Angaben der Bundesregierung wurden im Jahr 2014 für die Öffentlichkeits- beziehungsweise Informationsarbeit der Bundeswehr Haushaltsmittel in Höhe von rund 2,17 Millionen Euro ausgegeben. Dabei hat die Bundeswehr an sieben Fach- und Verbrauchermessen, sowie an der Veranstaltung der Bundesregierung „Tag der offenen Tür“ teilgenommen. Für die Teilnahme allein an diesen acht Veranstaltungen wurden Haushaltsmittel in Höhe von rund 429.000 Euro ausgegeben.
Im Rahmen der Personalwerbung hat sich die Bundeswehr im Jahr 2014 an etwa 1.800 Messen, Ausstellungen und ähnlichen Veranstaltungen beteiligt. Dafür wurden rund 3,5 Millionen Euro aufgewendet. Es gibt für diese Aktivitäten mittlerweile das Zentrale Messe- und Eventmarketing der Streitkräfte, bei dem die Fäden zusammenlaufen. Daneben wurden die Karrierecenter der Bundeswehr aufgebaut, die im vergangenen Jahr an rund 1.700 Messen und Ausstellungen teilgenommen haben. Allein hier sind Ausgaben in Höhe von etwa 1,8 Millionen Euro angefallen. Für das Jahr 2015 betrugen die vorgesehenen Gesamtausgaben im Rahmen der Nachwuchswerbung laut Bundesregierung 35,3 Millionen Euro.
Bei dieser „Personaloffensive“ werden regelmäßig internationale Standards und Abkommen übergangen. Wenn die Bundeswehr jährlich über 1.300 17jährige Jugendliche zum Dienst einzieht, wird z.B. gegen die UN-Kinderrechtskonvention verstoßen. Junge Menschen unter 18 Jahren dürfen zwar nicht wählen, nicht selbständig Autofahren oder gewaltverherrlichende Videospiele nutzen, fahren aber mit 17 Jahren bei der Bundewehr Militärfahrzeuge und bedienen echte Computer, bei denen die Tötungen von Menschen simuliert wird. Für die jungen Menschen gilt das Jugendarbeitsschutzgesetz nicht und sie sind bei Übungen und Trainingseinheiten häufig sexuellen Belästigungen ausgesetzt.
Werbung im Bildungsbereich
Besonders erfolgreich ist die intensive Werbung von Personal im Bildungsbereich.
Mit Zustimmung der Kultus- und Schulministerien bewirbt man Kinder und Jugendliche auf Grundlage der stetig anwachsenden Kooperationsvereinbarung zwischen den Schulministerien und der Bundeswehr. Erfolgreich ist auch das direkte Einwirken in die Lehrerausbildung. Immer mehr Jugendoffiziere bilden die pädagogischen Fachkräfte an den staatlichen Schulen aus und sie bekommen großzügig ganze Unterrichtseinheiten in der Schule für die Werbung zugestanden.
Ganz neu bei dieser Offensive ist die Einrichtung eines zusätzlichen „Dualen Studiengangs“ als Kooperation mit der Bundeswehr an der Hochschule Bremen.
Zusammenarbeit mit der Arbeitsverwaltung
Die Zusammenarbeit der Bundeswehr mit der Bundesagentur für Arbeit (BA) schein zzt. am weitesten fortgeschritten zu sein. Dazu sagt die Bundeswehr selbst:
„Die Bundeswehr ist auch nach Erreichen der neuen Personalstrukturen mit 185.000 Soldatinnen/Soldaten und 55.000 Zivilangestellten einer der größten Arbeitgeber in Deutschland und bietet ein breites Spektrum an militärischen Dienst- sowie zivilen Ausbildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten mit unterschiedlichsten Zugangsvoraussetzungen und Entwicklungsmöglichkeiten. Gleichzeitig stehen jährlich viele gut qualifizierte Soldatinnen/Soldaten auf Zeit vor dem Übergang in das zivile Berufsleben.
Basis der Zusammenarbeit zwischen Bundeswehr und BA sind:
- Die Kooperationsvereinbarung vom Februar 2010 zum Bereich Personalgewinnung.
- Die Kooperationsvereinbarung vom Dezember 2011 zum Bereich Personaltransfer.
- Grundsätze der Zusammenarbeit zwischen der Bundeswehr und der Bundesagentur für Arbeit vom Mai 2012.
- Kooperationskonzept zwischen Berufsförderungsdienst (BFD) und BA vom Mai 2014.
Die gute Zusammenarbeit zwischen Bundeswehr und BA in den Kooperationsfeldern Personalgewinnung von Soldatinnen/Soldaten und zivilen Beschäftigten, Personalvermittlung von ausscheidenden Soldatinnen/Soldaten auf Zeit sowie Personaltransfer wird weiter ausgebaut. Vorhandene Prozesse werden optimiert und verstetigt“.
Nach Angaben des Verteidigungsministeriums halten in rund 200 Arbeitsagenturen und Jobcentern Berater der Bundeswehr regelmäßig Sprechstunden in Büros der Einrichtungen ab und an 160 Agenturstandorten finden Vorträge statt.
Durch diese intensive militärische Nutzung werden die Arbeitsagenturen praktisch zu Filialen der Bundeswehrrekrutierung.
Besonders schnell werden die Menschen im HARTZ-IV-Bezug zu Opfern der Zusammenarbeit zwischen der Bundeswehr und Arbeitsverwaltung. Beim massiven Anwerben über die Bundesagentur wird ihre finanzielle Not ausgenutzt und wenn sie das Arbeitsangebot ablehnen, wird sanktioniert und die Leistung gekürzt.
„Arbeitgeber Bundeswehr“
Damit die Truppe bei der Anwerbung von Fachkräften im Wettbewerb mit Wirtschaftsunternehmen besser bestehen kann, soll flankierend zur den ganzen Offensiven auch der „Arbeitgeber Bundeswehr“ aufgehübscht werden.
Das Gesetz zur Steigerung der Attraktivität des Dienstes in der Bundeswehr, kurz Bundeswehr-Attraktivitätssteigerungsgesetz (BwAttraktStG), wurde im Februar 2015 verabschiedet. Das Gesamtpaket kostet in den nächsten vier Jahren fast eine Milliarde Euro und soll den Soldatenberuf attraktiver machen.
Dazu gehört nun
- die Einführung einer regelmäßigen Arbeitszeit von 41 Stunden in der Woche,
- besserer Bezahlung, Einführung eines Personalbindungszuschlages,
- strukturelle Verbesserung bei den Erschwerniszulagen,
- Anpassung von Stellenzulagen mit besonderer Bedeutung für den Dienstbetrieb,
- erweiterte Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung,
- Aufhebung der Anrechnung von nachdienstlichem Einkommen aus privatwirtschaftlicher Tätigkeit auf die Dienstzeitversorgung bis zum Erreichen der geltenden besonderen Altersgrenzen,
- die Verminderung der Belastung für pensionierte Berufssoldatinnen und Berufssoldaten bei den Verpflichtungen aus einem Versorgungsausgleich,
- mehr Teilzeitarbeit,
- verbesserte Beförderungschancen,
- höhere Renten für Zeitsoldaten,
- schönere Stuben,
und flexiblere Einsatzzeiten.
In diesen Zusammenhang wurde auch das Bundeswehrmotto „Wir! Dienen! Deutschland!“ in das Kuschelmotto „Mach, was wirklich zählt“ geändert.
Doch was junge Menschen in Uniform dann im Kasernenalltag erleben, steht für viele im Widerspruch zu dem Anspruch der Armee als attraktiver Arbeitgeber. Jeder vierte Freiwillige bricht seinen Freiwilligen Wehrdienst vorzeitig ab. Der Einsatz von Waffen und die Auslandseinsätze selbst schrecken immer mehr junge Menschen ab. Der raue Ton auf dem Kasernenhof, der Drill und die geforderte Disziplin führen dazu, die Grundausbildung abzubrechen.
Der geforderte Gehorsam wird immer mehr als Schikane verspürt. Die strengen Hierarchien, immer wieder als Machtmissbrauch erlebt. Die körperlichen und psychischen Übergriffe werden nicht nur von Soldatinnen gefürchtet.
Aber die wichtigste Frage ist doch:
Braucht die Bundeswehr überhaupt ein Selbstverständnis als modernes und arbeitnehmerfreundliches Unternehmen, wo doch ihr Zweck und ihre Daseinsberechtigung sich lediglich aus dem Töten ergeben?
Quelle: Linksfraktion Bundestag, Bundeswehr
Bild: dfg-vk.de