Die Schuldnerberatung ist eine Pflichtaufgabe der Kommune. Mit der Beratung sind in Dortmund das Diakonische Werk, die Verbraucherzentrale und der Sozialdienst katholischer Männer und Frauen betraut, außerdem eine private Schuldnerberatung und die Beratung der Grünbau gGmbH.
Unter den 10 größten deutschen Städten ist Dortmund bei der Privatverschuldung hinter Duisburg auf Platz 2. Jeder siebte Dortmunder ist nach dem aktuellen Schuldner-Atlas überschuldet. Im Vergleich zu anderen Städten mit mehr als 400 000 Einwohnern wird für Dortmund die zweithöchste Schuldnerquote in Höhe von 14,01 Prozent ausgewiesen. Im Postleitzahlbezirk 44145 sind es sogar 28 Prozent, dort ist mehr als jeder 4. Bewohner überschuldet.
So, wie die Überschuldung in den vergangenen Jahren zugenommen hat, hat auch, trotz gestiegener Fördersummen, das gemeinnützige und kostenlose Beratungsangebot abgenommen.
Immer mehr Menschen in Deutschland kämpfen gegen ihre Schulden an. Momentan hat sich ein Schuldenvolumen von insgesamt 235 Milliarden Euro aufgetürmt. Rund jeder Zehnte steckt demnach finanziell in der Klemme. Betroffen sind hierzulande etwa 6,85 Millionen Menschen – 131.000 mehr als vor einem Jahr. Derzeit haben vor allem Jüngere und Bürger im mittleren Alter Probleme mit Überschuldung. Doch auch ältere Menschen geraten zunehmend in die Schuldenfalle.
Bei den über 70-Jährigen ist der Zuwachs mit 16,4 Prozent oder 25.000 Fällen der stärkste in der aktuellen Schuldnerstatistik. Rund 174.000 Senioren in Deutschland werden als überschuldet eingestuft. Mit einer Quote von 1,3 Prozent ist der Anteil der Älteren im Vergleich zu anderen Altersgruppen zwar gering, doch es sind die ersten Anzeichen der deutlichen Zunahme der Altersarmut.
Im Vergleich zu anderen Städten mit mehr als 400.000 Einwohnern wird für Dortmund die zweithöchste Schuldnerquote in Höhe von 14,01 Prozent ausgewiesen. Im Postleitzahlbezirk 44145 sind es sogar 28 Prozent, dort ist mehr als jeder 4. Bewohner überschuldet.
Die Schulden der einen sind die Vermögen der anderen.
In einer Gesellschaft, die in Arme und Reiche gespalten ist, müssen die einen sich verschulden, um leben zu können und die anderen sind so reich, dass sie Geld verleihen können und noch Profit davon erzielen.
So gibt es Schulden, ohne dass es eine moralische Schuld der Verschuldeten gibt. Den Schulden entsprechen immer Guthaben. Wirtschaftlich gesehen sind Schulden notwendig. Sie sind die Investitionen in die Zukunft. Gibt es keine Schulden, gibt es auch keine Ersparnisse. Gibt es keine Ersparnisse gibt es keine Investitionen. Werden keine Schulden gemacht, kann nicht investiert werden. Es ist eine ganz normale Angelegenheit in unserem Wirtschaftssystem, Schulden zu haben. Ohne eine Kreditaufnahme, Ratenzahlung und Überziehung des Kontos funktioniert es nicht. Die aggressive Bewerbung der Finanzdienstleistungen soll ständig neue Kaufanreize schaffen und sie durch Kredite realisieren. Falls dann ungeplante Ereignisse geschehen, müssen immer mehr Menschen erleben, dass ihre Einnahmen nicht mehr reichen, um neben den Ausgaben des täglichen Lebensunterhaltes, ihre Zahlungsverpflichtungen fristgerecht erfüllen können. Sie rutschen in die Überschuldung ab.
Schuldnerberatung
Die Schuldnerberatung ist eine Pflichtaufgabe der Kommune. Mit der Beratung sind in Dortmund das Diakonische Werk, die Verbraucherzentrale und der Sozialdienst katholischer Männer und Frauen betraut, außerdem eine private Schuldnerberatung und die Beratung der Grünbau gGmbH.
Förderpraxis lässt zahlreiche Zielgruppen außen vor
Bei der derzeitigen Förderungspraxis können zahlreiche Zielgruppen für die Schuldner – und Insolvenzberatung nicht adäquat mit Beratungsangeboten versorgt werden. So stehen die anwachsende Gruppe der überschuldeten älteren Menschen, überschuldete Jugendliche und junge Erwachsene und die überschuldeten Geringverdiener nicht im Fokus.
Es fehlt z.B. ein Beratungsangebot für überschuldete ältere Menschen in Dortmund.
Die Zahl der Insolvenzen bei Personen, die über 60 Jahre alt sind, stieg in den vergangenen Jahren in Deutschland im zweistelligen Prozentbereich an.
Bei den Überschuldungsfaktoren kommen bei älteren Menschen noch einige weitere hinzu, so z.B.:
– Einkommensreduzierung bei Renteneintritt, Auswirkung der steigenden Altersarmut
– steigende Energie- und Lebenshaltungskosten bei stagnierenden Renteneinkünften
– steigende Gesundheitsausgaben
– mangelnde Unterstützung durch Angehörige
– finanzielle Unterstützung für die Familien ihrer Kinder und für die Enkel
– aus Scham werden oft die notwendigen finanziellen Hilfen des Staates nicht in Anspruch genommen
– Tod des Ehepartners, Mitverpflichtung bei Krediten des Verstorbenen, keinen Überblick über die Finanzen, da nur der Ehepartner allein Einblick hatte
– hohe Ratenzahlung, die die Existenz gefährden und fehlende Prioritätensetzung bei der Ratenzahlung
– Überschuldung für Pflegedienstleistungen
und ältere Menschen werden häufig Opfer von Haustürgeschäften und unseriösen Geschäften.
Schulden zu haben, ist für viele ältere Menschen ein Tabuthema.
Als Ansprechpartner müssen die Beratungsstellen auch langfristig zur Verfügung stehen und die älteren Menschen aktiv begleiten, z.B. beim Leben an der Pfändungsgrenze oder während des Insolvenzverfahrens. Es müssen auch in Dortmund passgenaue Angebote für ältere überschuldete Menschen entwickelt und die Präventionsarbeit ausgebaut werden. Notwendig ist eine frühzeitige Budgetberatung, Informationen über Sozialleistungen, Abbau von Beratungshemmschwellen und die Bearbeitung typischer Schuldenfallen im Alter.
Fördermittel
Hier muss auf die Zahlen aus dem Jahr 2010 zurückgegriffen werden, da eine aktuelle Erhebung nicht zu Verfügung steh.
In Dortmund standen im Jahr 2010 den Trägern der gemeinnützigen Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatung insgesamt ca. 539.000 Euro pro Jahr an öffentlicher Förderung zu. Hierbei handelt es sich um
- Kommunale SGB II Mittel (Schuldnerberatung als Eingliederungshilfe) 189.000 €
- Kommunale Komplementärmittel für Insolvenzberatung 27.000 €
- Sparkassenmittel (Fonds) 83.000 €
- Sparkassenmittel (Kommune) 80.000 €
- Landesmittel für Verbraucherinsolvenzberatung 160.000 €
gesamt: 539.000 €.
Bei damals ca. 581.000 Dortmundern ergab sich ein Anteil von 0,92 Euro pro Einwohner. Der kommunale Anteil an der öffentlichen Förderung betrug rund 216.000 Euro pro Jahr. Bei den kommunalen Mitteln ergab sich im Jahr 2010 ein Anteil von nur 0,37 Euro pro Einwohner.
Die kommunalen Sozialgesetzbuch-II-Mittel (Schuldnerberatung als Eingliederungshilfe) und die kommunale Komplementärmittel für Insolvenzberatung bilden den größten Fördereinzelposten, der für das Jahr 2017 auf 400.000 Euro aufgestockt wird. Diese Summe wird fast ausschließlich über das Jobcenter für die Schuldnerberatung als Eingliederungshilfe gemäß § 16 SGB II verwendet.
Studie „Einbeziehung der kommunalen Leistungen in die Zielsteuerung des SGB II“
Die Schuldnerberatung als Eingliederungshilfe und die Sucht- und psychosoziale Beratung gemäß § 16 SGB II hat die Bundesagentur für Arbeit (BA) mit der Studie „Einbeziehung der kommunalen Leistungen in die Zielsteuerung des SGB II“ genauer beleuchtet und brisante Daten zur psychosozialen Lage der rund 4,3 Millionen Bezieher von Arbeitslosengeld II erfasst.
Die Untersuchung zeigt auf, dass der erhebliche Hilfe-, Betreuungs-, Behandlungs- und Beratungsbedarf vieler Hilfeempfänger nicht einmal ansatzweise gedeckt wird.
Ein Beispiel: 25 Prozent der erwerbsfähigen Arbeitslosengeld II-/Hartz-IV-Empfänger, also mehr als eine Million Menschen, habe Schuldenprobleme. Im Jahr 2011 erhielten aber nur 34.000 von ihnen eine Schuldnerberatung.
Weiter geht die Studie davon aus, dass knapp eine Million der 4,3 Millionen Empfänger der Grundsicherung psychosoziale Probleme haben. Eine Betreuung erhielten 2011 aber nur 19.000 Menschen.
Oft verstärkten sich die genannten Probleme sogar gegenseitig.
In der Studie wird darauf hingewiesen, dass psychische Störungen häufig nicht offenbart würden. Auch sind die Hilfen von Jobcenter zu Jobcenter sehr unterschiedlich. In den zuständigen Behörden fehlt es häufig an konkretem Wissen und teilweise wohl auch am Wollen relevanter Akteure. Ob die Angebote der sozialintegrativen Leistungen und deren Verzahnung mit den arbeitsmarktpolitischen Leistungen funktionieren oder nicht, ist oft abhängig von der Kompetenz und dem Engagement der örtlichen Mitarbeiter in den Jobcentern. Die Betreuungs- und Beratungsplätze sind bei weitem nicht ausreichend.
Deutlich wird, dass von einer „Hilfe aus einer Hand”, eines der Ursprungsziele der Hartz-IV-Reform aus dem Jahr 2005, jedenfalls keine Rede mehr sein kann.
Es gibt bis heute bundesweit keine Standards für die Umsetzung der Schuldner-, Sucht- und psychosozialen Beratung wie auch der Kinderbetreuung.
Auch der DGB hat die Studie der BA aufgearbeitet und weitere Infos unter http://www.dgb.de/themen/++co++ba428d76-837d-11e3-af64-52540023ef1a zur Verfügungsgestellt.
Die Erhöhung der Fördersumme auf 400.000 Euro für die Beratung von überschuldeten Menschen Euro durch die Stadt Dortmund ist auf jeden Fall zu begrüßen, ausreichend ist die Summe aber noch lange nicht.
Es ist an der Zeit, die Förderpraxis den Entwicklungen der letzten Jahre anzupassen, mal genau zu benennen, welche Bevölkerungsgruppen komplett aus der kostenlosen Schuldnerberatung herausfallen bzw. gar keinen Zugang zur Beratung erhalten und sicherzustellen, dass die Fördermittel auch bei den überschuldeten Menschen ankommen.
Weitere Infos: Die Schulden der einen sind das Vermögen der anderen – Überschuldung in Dortmund beim gewerkschaftsforum-do.de
Quelle: radio 91,2, Wirtschaftsauskunftei Creditreform, dgb, AG Schuldner- und Insolvenzberatung Dortmund
Bild: dgb/themen.de