„Social Peace“ – eine neue, multikulturelle Gewerkschaft

multikultiWenn es bei BMW etwas zu feiern gibt, dann lässt man sich nicht lumpen. Zum 100jährigen Jubiläum wurde für die 2.000 Gäste aus der sogenannten Prominenz die Olympiahalle angemietet, das üppige Nobel-Büffet kam von Käfer.

Die Feierstimmung bei BMW wurde aber getrübt, weil der Betriebsrat Murat Yilmaz eine Arbeitnehmerbewegung namens Social Peace gegründet hat. Über 700 BMW-Mitarbeiter des Münchner Stammwerks haben ihren Mitgliederantrag bislang unterschrieben.

Die Gründung von Social Peace ist eine Antwort auf rassistische Ausfälle von Verantwortlichen der Münchner IG Metall. Diese haben im Münchner BMW-Stammwerk zu massiven Protesten und zu einer Austrittswelle aus der IG Metall geführt, die noch anhält. Ein weiterer Grund für die Gründung ist, dass Deutsche mit Migrationshintergrund und Ausländer in den deutschen Traditionsgewerkschaften kaum Möglichkeiten haben, aufzusteigen und Verantwortung zu übernehmen.

Die neue Gewerkschaft will gegen die zunehmenden Spannungen zwischen unterschiedlichen Gruppen und dem wachsenden Rassismus in den Betrieben vorgehen und deutsche ebenso wie ausländische Beschäftigte gleichermaßen vertreten.

Social Peace will sich auch an anderen BMW-Standorten und bei anderen Autobauern engagieren.

Initiatoren der neuen Gewerkschaft Social Peace sind der Betriebsrat Murat Yilmaz und Christian Lange, der sich seit langem für Menschenrechte in deutschen Konzernen einsetzt.

Für Murat Yilmaz ist die Neugründung eine logische Folge seiner Erfahrungen, die er in der Münchner IG Metall machen musste. Er hatte sich z.B. deshalb schon unbeliebt gemacht, weil er sich mit seiner Betriebsratsliste für eine Absenkung der hohen Zahl an Leiharbeitern bei BMW im  einsetzte. BMW hält die Zeitarbeitsquote in seinen Werken immer schon geheim, vielleicht gerade deshalb, weil die Zeitarbeiterquote dort deutlich über der anderer Autobauer liegt.

Als Murat Yilmaz 2015 die Existenz von schwarze Kassen in der Hand von BMW-Betriebs- räten angeprangerte, reagierten seine Betriebsratskollegen so, dass er im Werk rassistisch beschimpft, mit regelrechten Kampagnen überzogen wurde und anonyme Morddrohungen bekam.

Im Juni 2016 wurden 50 BMW-Betriebsräte der IG Metall vom Münchner Arbeitsgericht verurteilt, bei Wiederholung einer ehrverletzenden Flugblattaktion gegen den Social Peace-Vorsitzenden Murat Yilmaz, ein halbes Jahr Haft antreten zu müssen.

Die neue Gewerkschaft will keine Diskriminierung muslimischer Beschäftigter und Andersdenkender dulden, sie fordert die Reduzierung der Werkverträge und Leiharbeit, höhere Prämien und will sich nicht nur für die Interessen der Band-, sondern auch für die der Facharbeiter einsetzen.

Social Peace scheint für viele enttäuschter Gewerkschafter interessant zu sein. Regen Zulauf bekommt sie nicht nur von BMW. Im Daimler-Werk Sindelfingen haben bereits 2.000 Mitarbeiter ihre Aufnahmeanträge unterschrieben. Betriebsräte und Beschäftigte bei MAN und der Salzgitter AG sind in den vergangenen Monaten zu Social Peace hinzugestoßen, die jetzt auch deutschlandweit expandieren will.

Dass diese Entwicklung im bundesdeutschen Gewerkschaftsbereich keine temporäre Erscheinung ist, zeigen die Initiative „unterbau“ zum Aufbau einer Hochschulgewerkschaft, sowie die in der Versicherungsbranche aktive „Neue Assekuranz Gewerkschaft” (NAG).

Hoffentlich lassen diese Prozesse an der Basis es mal bei den DGB Gewerkschaften kräftig klingeln, denn die Fragestellungen die diese Bewegungen aufwerfen sind höchst aktuell, sie brennen den engagierten Gewerkschaftern förmlich unter den Nägeln.

 

 

Quelle: sozonline.de

Bild: multikulti.de