Im Bereich der Werkverträge haben sich die Unternehmen etwas Neues ausgedacht – die On-Site-Werkverträge. Diese Werkverträge sind dadurch gekennzeichnet, dass die Werkvertragsleistungen auf dem Betriebsgelände des Auftraggebers durchgeführt werden, insbesondere dann, wenn bei Auftragsspitzen die Erhöhung der Flexibilität gefragt ist und dem Unternehmen dann enorme Kosteneinsparungen bringen.
Die Daten einer repräsentativen Befragung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zeigen auf, dass rund 26.000 Betriebe, allein im vierten Quartal 2015 mit etwa 212.000 betroffenen Beschäftigten diese Arbeitsverhältnisse nutzten und diese Entwicklung keine Randerscheinung auf dem Arbeitsmarkt ist.
Die Unterscheidung von Werkverträgen und Leiharbeit ist in der Praxis nicht selten kompliziert und es gibt kaum wissenschaftliche Erkenntnisse zur betrieblichen Nutzung von Werkverträgen, insbesondere von sogenannten On-Site-Werkverträgen. Dieses Wissen ist aber sehr wichtig, weil On-Site-Werkverträge am ehesten in Konkurrenz zur Nutzung von Leiharbeit oder der Beschäftigung eigener Mitarbeiter stehen.
Der größte Anteil dieser Werkverträge findet sich im Bereich Ernährung/Textil/Bekleidung/ Möbel und Großbetriebe nutzen sie häufiger als die kleinen. Die im Rahmen von On-Site-Werkverträgen ausgeführten Arbeiten sind breit gefächert. Sie reichen von einfachen Arbeiten wie Reinigung und Grünanlagenpflege bis hin zu hochqualifizierten Tätigkeiten wie spezialisierten Bau- und Montagetätigkeiten oder Projektentwicklung.
Grundsätzlich werden im Rahmen von Werkverträgen die zu erbringenden Arbeiten vom Werkvertragsnehmer selbstständig organisiert und durchgeführt. Die dabei eingesetzten Beschäftigten unterliegen nicht dem Weisungsrecht des Auftraggebers, sondern des Werkvertragsbetriebs, bei dem sie angestellt sind. Dieser ist auch für alle personalrechtlichen und personalwirtschaftlichen Belange dieser Beschäftigten verantwortlich, Solo-Selbstständige agieren entsprechend eigenverantwortlich.
Für die Auftraggeber steht die vertragsgemäße Ausführung der vereinbarten Leistung im Vordergrund. Die Leistung wird vom Werkvertragsbetrieb geplant und erbracht.
Die meisten der befragten Betriebe gaben an, dass sich die Tätigkeiten zwischen Stammbelegschaft und Werkvertrags-Arbeitnehmern unterscheiden, besonders dann, wenn Kosteneinsparungen als Motiv der Nutzung von On-Site-Werkverträgen genannt wurden.
Wenn man aber die gleichen Tätigkeiten bei den Beschäftigten mit On-Site-Werkverträgen mit denen der Stammbelegschaft vergleicht, wird schnell deutlich, dass die Werkvertragsarbeiter die Tätigkeiten in kürzerer Zeit verrichten. So rechnet sich der Einsatz der On-Site-Werkvertragsarbeiter immer dann besonders gut, wenn im Betrieb die Steigerung der Flexibilität angesagt ist, zum Beispiel bei kurzfristigen Auftragsspitzen.
Besonders paradox scheint die Argumentation der Unternehmen bei den sogenannten Fachkräfteengpässen zu sein. Die befragten Auftraggeber sehen in den On -Side-Werkvertragsarbeitern eine erfolgreiche Strategie, um den negativen Auswirkungen von dem Fehlen der Fachkräfte auf betrieblicher Ebene zu entgehen. Was darauf hindeutet, dass die Stammbelegschaft mit Werkvertragsarbeitern häufig ergänzt und seltener ersetzt zu werden scheint, weil wohl dieses spezialisierte Wissen im Betrieb gar nicht vorhanden ist.
Auf der anderen Seite stellt sich die Frage, warum Werkvertragsunternehmen so schnell Personal zur Verfügung stellen können, das aus Sicht der Auftraggeber passend qualifiziert ist, während die Auftraggeber von einem allgemeinen Fachkräftemangel ausgehen bzw. zu hohe Kosten der Personalrekrutierung erwarten.
Es bleiben nach der Untersuchung aber noch eine Reihe von offenen Fragen, vor allem die die Auswirkungen betreffen, die beim Einsatz von On-Side-Werkverträgen zu befürchten sind, dass z.B.
- Fachkräfte eher durch Werkverträge eingekauft, als im Betrieb ausgebildet werden.
- Einsparungen bei der Personalsuche und der Personalverwaltung als Motive zu erwarten sind, vor allem, wenn es sich nur um kurzfristige oder projektbezogene Tätigkeiten handelt.
- ob und inwieweit Werkverträge die Stammbelegschaft ersetzen.
- ob On-Site-Werkverträge verstärkt anstelle von Leiharbeit genutzt werden.
- Werkverträge zu erheblichen sozialpolitischen Probleme führen und der Arbeitsmarkt weiter aufgesplittert wird.
- die Arbeits- und Entlohnungsbedingungen der Beschäftigten, die im Rahmen von Werkverträgen im Betrieb des Auftraggebers tätig sind, negative Auswirkungen auf die gesamte Belegschaft bzw. auf die Branche selbst haben
und
die negativen Auswirkungen der Nutzung von Werkverträgen auf potenzielle Ausbildungsplätze.
Was aber heute klar ist: die Unternehmen können mit den On-Side-Werkverträgen mindestens sechs Fliegen mit einer Klappe schlagen – sie kommen an billiges Fachpersonal heran, sie können Tätigkeit anbieten, die nicht ihr Kerngeschäft sind, sie sparen Kosten der Ausbildung, der Personalsuche, die im Einstellungsprozess entstehen und in der Personalverwaltung.
Quelle: IAB Die IAB-Studie ist im Internet abrufbar unter http://doku.iab.de/kurzber/2016/kb2616.pdf. Bild: Flickr