Der „Flüchtlingsdeal“ und die Konkurrenten auf dem deutschen Arbeitsmarkt

Gerald Knaus fühlt sich geschmeichelt, wenn die Konzernmedien ihn „den Kopf hinter dem Flüchtlingsdeal“ von Bundeskanzlerin Angela Merkel nennen und ihn als Leiter der Berliner „Denkfabrik“ ESI – Europäische Stabilitätsinitiative – vorstellen.

Dabei ist die „Denkfabrik“ ESI eine Initiative, zu deren Förderern die Swedish International Development Cooperation Agency, die Stiftung Mercator, die Open Society Foundations von George Soros und die österreichische ERSTE Stiftung gehören und die den Unternehmensinteressen geschuldet ist.

Gerald Knaus ist wohl mehr der Laufbursche der organisierten Unternehmerschaft, die an einem Überangebot an möglichst gut ausgebildeten Arbeitskräften interessiert ist. Alle Beteiligten versprechen sich von der Zuwanderung junger und mobiler Menschen einen großen wirtschaftlichen Vorsprung vor den anderen EU-Ländern, als Voraussetzung für den weiteren Ausbau der Wirtschaftsmacht und der Arbeitskräftereserve, bei möglichst freiem Waren- und Personenverkehr.

Aus diesem Grund entwickelten die ESI-Leute im Jahr 2015 den sogenannten Merkel-Plan, bei dem zwischen zwei- und fünfhunderttausend syrische Flüchtlinge aus der Türkei direkt nach Deutschland transportiert werden sollten, um die Türkei zu entlasten. Gleichzeitig sollte ein Rückführungsabkommen mit der Türkei umgesetzt werden und alle Flüchtlinge, die Europa über die Ägäis oder über die türkisch-griechische Landesgrenze Griechenland erreichen, in die Türkei abgeschoben werden.

Nach wie vor ist das Verlangen der deutschen Unternehmen nach einem Überangebot an möglichst gut ausgebildeten Arbeitskräften vorhanden. Der alte Grundsatz gilt immer noch, dass, je höher das Arbeitskräfteangebot ist, desto größer wird die Konkurrenz unter den Anbietern der Arbeitskraft, desto niedriger ist der Lohn.

Hier bieten sich derzeit die geflüchteten Menschen an, deren Flucht auch durch die deutsche Politik der letzten Jahre erst mit verursacht wurde.

Da die Unternehmen schon immer die „Nebenkosten“ für die eingewanderten Arbeitskräfte wie Anlernen, Wohnen, Transferleistungen auf die Gesamtgesellschaft abwälzen konnten, sind auch die Lohnkosten für die zugezogenen Flüchtlinge niedriger. Um die Familienangehörigen kümmert sich die öffentliche Infrastruktur mit dem Wohnungs-, Verkehrs- und Bildungssektor, dem Gesundheitswesen und den Bereichen Kommunikation und Erholung.

Damit nichts dem Zufall überlassen wird und die Akkumulationsbedingungen immer günstig bleiben, wurden die Abläufe der Zuwanderung von den Aufnahmeländern immer schon gesteuert, denn es entstehen höhere Kosten, wenn mehr Arbeitskräfte kommen, als es einen Bedarf gibt.

Bis zu einem gewissen Grad ist das Überangebot an Arbeitskräften für den Druck auf die Löhne ja erwünscht. Vor diesem Hintergrund macht der sogenannte Merkelplan auch Sinn, er ist eingebettet in die EU-Politik der deutschen Unternehmerschaft und der Bundesregierung.

Wir befinden uns seit einigen Jahren in einer Überproduktionskrise mit geringem Wirtschaftswachstum, in der vordergründig weitere Arbeitskräfte nicht gebraucht werden, sogar eher überflüssig sind. Darüber täuscht auch nicht das Märchen von dem Fachkräftemangel hinweg, das erzählt, dass Fachkräfte im Pflege-, Hotel- und Gaststättenbereich durch die Arbeitsmigration eingestellt werden können. Dabei sind dies genau die Bereiche, in denen die schlechtesten Lohn-, Arbeits- und Arbeitszeitbedingungen vorherrschen und deshalb auch nicht mit den einheimischen Fachkräften zu besetzen sind, die von ihrem Arbeitsplatz nicht mehr leben können.

Die Arbeitsmigration hat an dieser Stelle die wichtige Funktion, diese klassischen Niedriglohnsektoren zu stabilisieren und mit Arbeitskräften zu versorgen, die die schlechten Arbeits- und Lebensbedingungen in Kauf nehmen müssen, um überhaupt existieren zu können.

Deutschland verspricht sich von der Zuwanderung junger und mobiler Menschen einen großen wirtschaftlichen Vorsprung vor den anderen EU-Ländern, als Voraussetzung für den weiteren Ausbau der Wirtschaftsmacht und der Arbeitskräftereserve, bei möglichst freiem Waren- und Personenverkehr.

Politik und Unternehmerschaft berücksichtigen dabei, dass es in der EU keinen einheitlichen Arbeitsmarkt gibt, der auch Schutzfunktionen bieten würden, wie z.B. gleiche Arbeitsgesetze und soziale Sicherungen, starke Gewerkschaften und einheitliche Lohnstrukturen und dass auf dem EU-Arbeitsmarkt der freie Personenverkehr für die Beschäftigten nur bedingt gilt. Arbeit finden die Migranten nur in den wirtschaftlich stärkeren Regionen in der EU, in denen zumindest die Aussicht besteht, dass auch höhere Löhne gezahlt werden können, als in den Randzonen.

Die Profiteure von dem freien Personenverkehr sind, wie schon beim freien Warenverkehr, vor allem die deutschen Unternehmen.

Die bundesdeutsche Migrationspolitik im Jahr 2015 sah vor, dass viele Einwanderer in die EU hineinkommen, sie in der EU verteilt werden, um innerhalb der EU eine Auswahl der Menschen treffen zu können. Gleichzeitig sollte die EU-Außengrenze möglichst geschlossen und der Personenverkehr in der EU möglichst frei sein.

Das hat aber nicht ganz so geklappt, wie gedacht, denn die große Mehrheit der EU-Staaten schottete sich gegenüber den Einwanderern ab und schränkte den freien Personenverkehr ein. Wie mit den Einwanderern in der EU umgegangen wird, wird mittlerweile fast nur noch in den einzelnen Nationalstaaten entschieden und die wichtigen Entscheidungen fallen nur in den mächtigen EU-Staaten.

Unter dem Strich ist Deutschland der größte Profiteur dieser Entwicklung, auch wenn dies ein großer Teil der Bevölkerung derzeit anders sieht.

Ob ein oft geforderter europäisch einheitlicher Arbeitsmarkt unter den derzeitigen Bedingungen überhaupt anstrebenswert ist, sei einmal dahingestellt. Jedenfalls laufen die Entwicklungen in eine gegensätzliche Richtung. Niemand aus der deutschen Regierung und Unternehmerschaft hat derzeit ein Interesse daran, europaweit die Lohnkonkurrenz abzubauen, verbindliche kollektive Lohnverhandlungen einzuführen, die Tarifbindung und die Mindestlöhne durchzusetzen und die Lohnentwicklung wieder an der gesamtwirtschaftlichen Produktionsentwicklung auszurichten. Die reale europäische Krisenbewältigung sieht im Gegenteil so aus, dass z.B. die südeuropäischen und südosteuropäischen Mitgliedsstaaten ganz massiv bedrängt werden, auf Lohnsenkungen und den Abbau von Rechten der Beschäftigten zu setzen. Und man setzt nach wie vor auf die Arbeitsmigration zur Aufrechterhaltung der Lohnkonkurrenz, bei der die Herkunftsländer der Migranten ihre Arbeitskräfte verlieren und förmlich ausbluten.

Damit dieser Prozess weiterlaufen kann, werden Leute wie Gerald Knaus eingekauft, die mit pseudowissenschaftlichem Habitus, bezahlt von der organisierten Unternehmerschaft über deren Stiftungen, für nachhaltige Konkurrenz auf dem deutschen Arbeitsmarkt sorgen.

Weil er so erfolgreich war, arbeitet Geralds Knaus schon an einer „Lösung für Afrika“: Er veröffentlichte am 3. Februar 2017 in einer Rundmail einen „Malta-Plan“, in dem die geltende „Dublin-Regelung“ ersetzt und somit eine großflächige Ansiedlung von afrikanischen Migranten in Europa ermöglicht werden soll.

Dieser Vorschlag entspricht im Übrigen dem Ziel der Open Society Foundation von George Soros, der daran glaubt, dass konkurrierende Märkte die beste Möglichkeit sind, eine Gesellschaft zu ordnen und der deshalb das ESI maßgeblich unterstützt.

Quellen: Marios Nikolinakos, WAZ, Hans Böckler Stiftung, ESI-Newsletter 

Bild: nord-dgb.de