Am 18.10.2018 verkündete der Vorsitzende Richter Dr. Julian Raphael Burmeister-Bießle am Arbeitsgericht München, dass die Kündigungsschutzklage des Personalratsmitglieds Thomas L. abgewiesen wird. Der Rettungssanitäter könnte damit nach 20 Dienstjahren seinen Arbeitsplatz beim Bayerischen Roten Kreuz (BRK) Kreisverband München verlieren.
Der Richterspruch scheint völlig überzogen, er ist skandalös schlecht begründet. Was den Kohl richtig fett macht: Der Vorsitzende Richter kommt aus Volker Riebles Kaderschmiede ZAAR. (5) Burmeister-Bießle schult in seiner Nebentätigkeit als Referent die Arbeitgeberseite in einschlägigen Seminaren zu Kündigung und Abmahnung (mehr dazu unten).
Zum Abschuss freigegeben: Thomas L. setzte sich für bessere Arbeitsbedingungen ein
Der Gekündigte Thomas L hat sich als gewähltes Mitglied des Personalrats für bessere Arbeitsbedingungen eingesetzt und wurde dadurch zur Zielscheibe für juristische Nachstellungen. So stritt Thomas L. am Abend des 09.01.2017 mit dem Schichtkoordinator und stellvertretenden Personalratsvorsitzenden Peter M. über den hohen Krankenstand im Münchner Rettungsdienst, chronische Unterbesetzung, sowie fehlende Winterbekleidung. Bei der Rückkehr in den Aufenthaltsraum der Wache soll Thomas L. den stellvertretenden Personalratsvorsitzenden als Arschloch bezeichnet haben, behauptet das BRK München.
Die Unverhältnismäßigkeit ist offensichtlich. Thomas L, vertreten durch Rechtsanwalt Atilla Graf von Stillfried (Kanzlei Kupka & Stillfried), legte Berufung ein.
Surreales Theater: Urteilsbegründung im Zirkelschluss
Vor Gericht wurde eine surreale Tragikomodie inszeniert, die nicht nur auf Laien höchst befremdlich wirkt: Zweck der Kündigung, so der Vorsitzende Richter Burmeister-Bießle, sei nicht die Sanktion, sondern die Vermeidung einer Wiederholung – hier die deftige Bezeichnung eines unternehmerhörigen Personalrats-Kollegen als „Arschloch“. (Was unseres Erachtens im kernigen Bayern von der Meinungsfreiheit gedeckt sein könnte.)
In seiner Urteilsbegründung bezieht der Richter sich auf eine frühere Abmahnung mit ähnlicher Konstruktion. Über den Antrag auf Entfernung eben dieser Abmahnung aus der Personalakte hätte beim selben Termin verhandelt werden sollen. Dies verweigerte Burmeister-Bießle mit der Begründung, er werte das Arbeitsverhältnis als beendet, weshalb kein Anspruch auf Entfernung der Abmahnung bestünde.
Das Urteil widerspricht allem Anschein nach nicht nur dem gesunden Menschenverstand, sondern auch den Gesetzen der Logik (siehe wikipedia: Zirkelschluss). (1)
Dritte Kündigung ausgesprochen
Der oben geschilderte „Sachverhalt Arschloch“ wurde zur zweiten Kündigung aufgebauscht, zuvor scheiterte ein erster Kündigungsvesuch (wir berichteten am 28.9.2018)
Das BRK vertraute offensichtlich nicht darauf, dass die mühsam konstruierten Kündigungsgründe vor Gericht stand halten würden. Am 11.10.2018 bastelte BRK-Anwalt Bernd Wittmann vor der Urteilsverkündung am 18.10. flugs eine dritte Kündigung, über deren Begründung noch nichts bekannt ist.
Wie bei den ersten beiden Kündigungen auch, stimmte der unternehmenshörige Personalrat unter Angela Sterlemann der Kündigung zu. (2) Das Verfahren hierzu wurde bis zur Berufung im zweiten Kündigungsverfahren ausgesetzt.
Meinungsfreiheit? arbeitsunrecht.de als ‚radikale Plattform‘ im BRK-Schriftsatz
Es kommt nicht selten vor, dass ein Unternehmeranwalt versucht, das Gericht mit Einlassungen zu beeinflussen, die eigentlich nichts zur Sache tun. Am Arbeitsgericht München taugt hierfür offenbar der Verdacht, es könne sich bei dem Beschuldigten Rettungssanitäter um einen „Radikalen“ handeln. BRK-Anwalt Bernd Wittmann schickte dem Gericht am 26.09.2018 einen Schriftsatz, in dem er Berichte und Termine auf unserer der Website https://arbeitsunrecht.de/tag/brk/ als Begründung für eine Zerrüttung des Arbeitsverhältnisses anführt.
Unsere Berichterstattung sei Stimmungsmache und deute ebenso auf die Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses mit dem Arbeitgeber wie unsere Aufforderung zum solidarischen Besuch der Gerichtstermine. Beim Verhandlungstermin am 02.10.18 bezeichnete Bernd Wittmann laut Prozessbegleitern den Blog der aktion ./. arbeitsunrecht als „radikale Internetplattform“. (3)
BRK: anti-demokratische Grundorientierung?
Wir halten fest: Die Freiheit der Presse und der Meinungsäußerung, die Verteidigung von Betriebs- und Personalräten, die Koalitionsfreiheit am Arbeitsplatz sind für das BRK Gründe, einen Beschäftigten zu feuern oder vor Gericht anzuschwärzen. Steht das BRK noch fest auf Grundlage der bundesdeutschen Verfassung?
Wir sind daran interessiert, die Vorgänge rund um das BRK näher zu durchleuchten. Wir wissen aus Erfahrung, dass der Fisch vom Kopf her stinkt und die Fäulnis sich meist über mehrere Organe ausbreitet. (Wer weiß mehr? Bitte melden: E-Mail)
Wir müssen uns wehren!
Wer in Bayern solidarisch gegen Arbeitsunrecht vorgehen möchte, möge sich bitte mit Angabe der Postleitzahl in unseren Aktions-Verteiler eintagen: https://aktion.arbeitsunrecht.de/de/freitag13-newsletter
Wir informieren über Treffen und Prozess-Termine in der Region.
Quelle und weitere Infos: https://arbeitsunrecht.de