Die Bezirksregierung Arnsberg beabsichtigt im zweiten Quartal 2018 mit dem letzten Schritt der Sanierung des ehemaligen Envio-Geländes (Abriss der Hallen 1 und 2 sowie Sanierung der befestigten Freiflächen) zu beginnen.
Die Bezirksregierung Arnsberg hat folgenden Sachstand mitgeteilt:
- „Sachstandsbericht der Bezirksregierung Arnsberg:
1.1 Betriebsgelände Envio
Sanierung des Envio-Geländes
Die Bezirksregierung Arnsberg führt derzeit das Ausschreibungsverfahren für den letzten Sanierungsschritt durch. Die Durchführung dieser Maßnahme hat sich verzögert, da die notwendigen Haushaltsmittel erst verspätet zur Verfügung gestellt worden sind.
In dem nun anstehenden Sanierungsschritt werden zunächst die Hallen I und 2 saniert und zurück gebaut. Anschließend erfolgt die Freiflächensanierung. In den Hallen 1 und 2 werden zunächst Schutzmaßnahmen durchgeführt (u. a. Einrichtung der Schleusen, Unterdruckhaltegeräte mit Aktivkohlefilter). Danach wird die Gebäudetechnik (z. B. Kran- und Tankanlagen, Kabel, Rohre, Lüftungskanäle) demontiert. Nicht zu reinigende Teile werden verpackt und einer externen Behandlung zugeführt (analog dem Räumungsverfahren).
Alle übrigen Metallteile werden vor Ort gereinigt und vor der weiteren Entsorgung überprüft (PCB-Messung). Die Hallen 1 und 2 bestehen aus Fertigbauteilen die zerstörungsfrei demontiert werden können. Die Bausubstanz der Halle 2 ist unbelastet. Nach Demontage der Anlagentechnik erfolgt jedoch eine Feinreinigung aller Oberflächen Die Bausubstanz der Halle 1 ist belastet. Der Betonboden wird bis zu einer Tiefe von 5cm abgefräst (gekapselte Fräse mit Absaugung). Die Wände sind in einer Stärke von 5 mm abzutragen. Die Ausschreibung sieht hier zwei Varianten vor. Abtragen der Wände in der Halle oder in einem direkt benachbarten Behandlungsbereich (z. B. Zeltanlage mit zusätzlichen Abschottungen, Schleusen, Unterdruckhaltegeräte mit Aktivkohlefilter). In diesem Bereich können auch die PCB belasteten Decken-Bimsbetondielen zerkleinert werden bevor sie in einer externen Anlage thermisch behandelt werden. Die Bimsbetondielen sind zu porös, sie können nicht abgefräst werden. Das abgefräste Material des Bodens und der Wände wird ebenfalls thermisch behandelt.
Die Freiflächensanierung umfasst ca 4.700 m2. Die PCB-Belastung beschränkt sich auf den obersten Zentimeter. Für den Wiederaufbau der Deckschicht müssen jedoch weitere drei Zentimeter abgetragen werden. Der oberste Zentimeter wird mit einer Fräse abgefräst, bei der der unmittelbare Fräsbereich mit einer staubdichten mobilen Einhausung ausgerüstet ist. In diesem Bereich wird mit einer leistungsstarken Direktabsaugung Unterdruck erzeugt, Das Fräsgut wird direkt in Big Bags transportiert und anschließend thermisch behandelt.
Die Sanierung wird im zweiten Quartal beginnen und ca. sechs Monate dauern, Während der Sanierung erfolgen zusätzliche Staubniederschlagsmessungen auf dem Envio-Gelände. Weitere Details zu den Sanierungsarbeiten werden nach Auftragsvergabe der Multiplikatorenrunde und der interessierten Öffentlichkeit vorgestellt.
Blindgängerverdachtspunkt
Der Blindgängerverdachtspunkt liegt im geräumten, südlichen Bereich-der Halle 55. Nach der bereits erfolgten Räumung und groben Reinigung können durch die Halle 55 (Südseite) keine schädlichen Umwelteinwirkungen mehr hervorgerufen werden. Bevor dieser Bereich jedoch wieder genutzt werden kann, müssen zum Schutz dort arbeitender Personen weitergehende Sanierungsmaßnahmen durchgeführt werden. Bevor in diesem Zusammenhang hohe mechanische Belastungen —z. B. durch das Abfräsen des Hallenbodens — verursacht werden, ist der Blindgängerverdachtspunkt in Halle 55 (Südseite) zu überprüfen. Für die Überprüfung ist ein Antrag der Grundbesitz Kanalstraße GmbH (bzw. des Zwangsverwalters / Insolvenzverwalters) beim Ordnungsamt der Stadt Dortmund erforderlich. Der Insolvenz- und der Zwangsverwalter wurden entsprechend informiert.
Überwachung Fegestaub Envio-Gelände
Zur Beurteilung der PCB-Belastung des Envio-Geländes lässt die Bezirksregierung Arnsberg in regelmäßigen Abständen Fegestaubbeprobungen durchführen. Hierdurch soll beobachtet werden, ob von dem Gelände immissionsschutzrechtlich relevante PCB-Emissionen ausgehen können. Als Maßstab dient hier die Einhaltung des vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) empfohlenen Reinigungszielwertes von 2,5 mg PCB/m 2 . Bei diesen Messungen wurde im August 2017 an einer Messstelle vor Halle 2 eine Belastung von 3, 034 mg PCB ges/m 2 festgestellt. Eine Flächenreinigung wurde durchgeführt.
1.2 Überwachung Hafenbereich
Die Überwachung des Hafengeländes erfolgt weiterhin durch Überwachungsmaßnahmen im Bereich potentieller PCB-Quellen (z. B durch Fegestaubproben), durch Staubniederschlags/ Luftkonzentrationsmessungen sowie durch Untersuchungen von Nahrungspflanzen.
Die Fegestaubuntersuchungen bei potentiellen PCB- Verursachern (Envio-Gelände s. o) und die Staubniederschlagsmessungen am Containerhafen dienen der Beobachtung der Emissionssituation, um Auffälligkeiten rechtzeitig erkennen und Maßnahmen einleiten zu können. Die Staubniederschlagsmessungen im Fredenbaumpark und an der Kleingartenanlage (KGA) Hafenwiese sowie die Luftkonzentrationsmessungen an der KGA Hafenwiese dienen der Beobachtung der Immissionssituation, um die Belastung der Nachbarschaft zu beobachten.
Ergänzend werden jährlich Untersuchungen der Grünkohlbelastung durchgeführt.
Staubniederschlags- und Luftkonzentrationsmessungen
Die PCB-Belastung wird durch Luftkonzentrationsmessungen am Standort der Kleingartenanlage Hafenwiese und durch Depositionsmessungen am Containerhafen, im Fredenbaumpark und in der Kleingartenanlage (KGA) Hafenwiese überwacht.
Die PCB-Luftkonzentrationsmessungen liegen mit Jahresmittelwerten von ca. 20fg WHOTEQ (PCDD/PCDF+PCB)/m 3 erheblich unter dem Zielwert (JMW) der Bund/ Länderarbeitsgemeinschaft Immissionsschutz (LAI) für die langfristige Luftreinhalteplanung von 150fg. Die PCB-Belastung im Staubniederschlag (Deposition) liegt an den immissionsrelevanten Stellen (Fredenbaumpark und Hafenwiese) zwischen 0,14 und 0,24 gg/(m 2(Jahresmittelwerte 2011 bis 2016). Für das Jahr 2017 wurden bis Oktober Jahresmittelwerte von 0,11 gg/(ni 2xd) (Fredenbaumpark) und von 0,18 gg/(m2xd) (Hafenwiese) ermittelt.
Für die PCB-Belastung im Staubniederschlag besteht kein Ziel- oder Immissionswert. Ein Abgleich kann lediglich mit den landesweitfestgestellten Belastungswerten erfolgen (zwischen O, 023 und 0,42 gg/(m 2xd)). Ergänzend wird auf die Stellungnahme der Verwaltung an den A USW vom 22.10.2017 (Drucksache Nr. • 08701-17-E2) verweisen.
Fegestaubuntersuchungen bei potentiellen PCB- Verursachern
Im Auftrag der Bezirksregierung Arnsberg und der Unteren Umweltschutzbehörde wurden im Jahr 2017 bei potentiellen PCB-Verursachern (sieben Betriebe) insgesamt 14 Fegestaubproben genommen und analysiert. Die Untersuchungen erfolgten unangemeldet: Der Reinigungszielwert von 2,5 mg PCB/m 2 wurde bei allen Messungen unterschritten. Maßnahmen mussten nicht veranlasst werden.
Verzehrempfehlung für Nahrungspflanzen aus den Kleingartenanlagen im Umfeld des Envio- Geländes
Das LANUV hat am 18.07.2017 den ‚Untersuchungsbericht zur Immissionsbelastung von Nahrungspflanzen im Einwirkungsbereich Dortmunder Hafen 2016‘ vorgelegt. Die PCB Belastung des Grünkohls lag danach im Jahr 2016 auf dem gleichen Niveau wie 2015. Auf der Basis seiner neuen Untersuchungsergebnisse hält das LANUV an der Verzehrempfehlung aus dem Vorjahr fest. Während für die Kleingartenanlagen Hobertsburg und Hafenwiese weiterhin der Verzehr von zwei Portionen (zusammen 50Q g) selbst angebautem Grünkohl pro Woche aus gesundheitlicher Sicht tolerabel ist, sollte der Grünkohl aus der Kleingartenanlage Westerholz nur einmal in der Woche (eine Portion von 250 g) verzehrt werden. Die Grünkohluntersuchungen wurden 2017 fortgesetzt. Die Ergebnisse werden Mitte 2018 erwartet. Den Verzehr von Kopfsalat und Endivie hatte das LANUV bereits nach den Untersuchungen aus dem Jahr 2011 als gesundheitlich unbedenklich eingestuft.
2. Sanierungsmaßnahmen der Stadt Dortmund auf dem Envio-Gelände
Neben den unter 1.1 genannten Sanierungsmaßnahmen, die von der Bezirksregierung Arnsberg in Ersatzvornahme vorgenommen werden, werden Sanierungsmaßnahmen im Bereich der wenigen unversiegelten Freiflächen durch die Stadt Dortmund durchgeführt.
Bereits im Jahr 2010 wurde als Sofortmaßnahme die kontaminierte obere Bodenschicht der unversiegelten Freiflächen abgetragen und entsorgt. Zunächst wurde dies durch die Envio Recycling GmbH durchgeführt. Nach Insolvenz des Unternehmens wurde die Maßnahme im Wege der Ersatzvornahme durch die Stadt Dortmund fortgeführt. Während in den meisten Bereichen durch einen Bodenabtrag von 10 bis 15 cm der Sanierungszielwert für PCB erreicht werden konnte, wurden rd. 1000 m2 mit weitgehend geringen Restbelastungen staubdicht abdeckt, mit dem Ziel diese Bereiche im Zuge der Gesamtsanierung abzutragen. Dabei handelt es sich um kleine Flächen entlang der Halle 55 und um Randbereiche des ehemaligen Zeltstandortes.
Bei den nächsten Sanierungsschritten erfolgt zunächst die Bestimmung der Schadstoffgehalte des abzutragenden Materials, um eine ordnungsgemäße Entsorgung vorzubereiten.
Anschließend werden der Schotter und Boden in einer Stärke von etwa 30 cm abgetragen und unmittelbar entsorgt. Sämtliche Aushubarbeiten werden unter kontinuierlichen Schutzmaßnahmen zur Staubniederschlagung und unter gutachterlicher Begleitung durchgeführt. Anschließend werden die Bereiche mit Natursteinschotter wieder bis auf das Ursprungsniveau aufgefüllt. Die Durchführung der Arbeiten ist für den Februar 2018 vorgesehen.
3. Untersuchungen der Stadt Dortmund
Zur Überprüfung der Grundwassersituation auf dem Grundstück Kanalstraße 25 werden im Auftrag des Umweltamtes seit 2011 jährlich Untersuchungen des Grundwassers durchgeführt. Für die Beprobungen stehen auf dem Grundstück insgesamt 21 Messstellen zur Verfügung.
Die bisher durchgeführten sieben Messkampagnen lassen sich wie folgt zusammenfassen: Die PCB-Gehalte in allen Grundwassermessstellen lagen bei allen sieben Kampagnen unterhalb der analytischen Bestimmungsgrenze. Erhöhte Werte an leichtflüchtigen halogenierten Kohlenwasserstoffen (LHKW) ergaben sich in der Messstelle GWM 7, die im Bereich der Halle 4 liegt. Die Ursache der LHKW-Belastung ist nicht bekannt. Dabei handelt es sich um eine singuläre, sehr kleinräumige Auffälligkeit mit insgesamt abnehmender Tendenz der Gehalte. In der GWM 4, die sich im Bereich eines sanierten Mineralölschadens östlich der Halle 4 befindet, zeigten sich wiederholt leichte Heizölgerüche. Die Grundwasseranalysen des Pegels ergaben in den letzten vier aufeinanderfolgenden Beprobungskampagnen keinen Nachweis von Mineralölkohlenwasserstoffen.
Die aktuellen Ergebnisse zeigen hinsichtlich der Schadstoffkonzentrationen ein lediglich punktuelles und weitgehend unverändertes Belastungsbild, Ein Handlungsbedarf ergibt sich aus bodenschutz- und wasserrechtlicher Sicht nicht. Die Beprobungen werden bis zum Abschluss der Gesamtsanierung (Hallen 1 und 2, Freifläche) fortgesetzt.
4. Untersuchungs- und Nachsorgeprogramm für PCB-belastete Personen im Umfeld der Fa. Envio (HELPcB)
Über das Thema wurde der AUSW bereits mit Stellungnahme der Verwaltung vom 22.10.2017 (Drucksache Nr.: 08842-17-E2) informiert. Darin nimmt die Bezirksregierung Arnsberg wie folgt Stellung: „ Das Nachsorge – Programm „ HELPcB “ wird zunächst bis Ende 2020 weitergeführt. Es nehmen noch 147 Personen aktiv teil: 123 Arbeitnehmer der Fa. ENVIO oder anderer betroffener Firmen. 24 weitere Personen (u.a. Angehörige von Arbeitnehmern der Fa. ENVIO oder Personen, die einen Kleingarten in der zu ENVIO benachbarten Kleingartenanlage nutzen).
Die Untersuchungen zeigen, dass es eine erhöhte Häufigkeit von Veränderungen im Schilddrüsenstoffwechsel, eine gegenüber der Allgemeinbevölkerung erhöhte Prävalenz für Diabetes, Veränderungen im Neurotransmitterstoffwechsel, vermehrte Hautveränderungen und erste Hinweise auf andere Erkrankungszusammenhänge gibt. Diese sind Gegenstand weiterer wissenschaftlicher Untersuchungen der Arbeitsgruppe von Herrn Prof Dr. Kraus. Herr Prof. Dr. Kraus ist der federführende medizinische Experte der Untersuchungskommission, der deutschlandweit die Untersuchungen zum Thema PCB- Belastungen (HELPéB) koordiniert und bewertet.
Nach der gemeinsamen Einschätzung der Bezirksregierung Arnsberg und der federführenden Forschungsgruppen wurde der wissenschaftliche Kenntnisstand durch HELPcB vorangetrieben. Die bislang gewonnen Erkenntnisse werden derzeit im ärztlichen Sachverständigenbeirat des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales erörtert. Eine Entscheidungsvorlage über die Voraussetzungen für die Anerkennung von nicht-malignen Hautveränderungen und eines Diabetes mellitus im Rahmen einer Berufskrankheit N. 1302 (Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe) wird derzeit erarbeitet. “
Zwischenzeitlich haben sich nach Aussage der Bezirksregierung Arnsberg keine neuen Erkenntnisse ergeben.
5. Information der Öffentlichkeit
Es ist geplant, die Öffentlichkeit rechtzeitig vor Beginn der Sanierungsarbeiten zum genauen Ablauf der Arbeiten und den begleitenden Sicherungsmaßnahmen sowie über die aktuellen Entwicklungen zu informieren. Hierzu findet im zweiten Quartal 2018 eine Multiplikatorenrunde, erweitert um die interessierte Öffentlichkeit statt.
6. Grundbesitz Kanalstraße GmbH
Über das Vermögen der Grundbesitz Kanalstraße GmbH wurde am 02.05.2016 das Insolvenzverfahren eröffnet.
Unabhängig davon hatte die Stadt Dortmund zur Sicherung ihres Anspruchs auf Zahlung des Erbbauzinses beim Amtsgericht Dortmund die Zwangsverwaltung beantragt. Dem Antrag wurde vom Amtsgericht Dortmund im Januar 2016 statt gegeben.
Der eingesetzte Zwangsverwalter führt die Geschäfte der Grundbesitz Kanalstraße GmbH, soweit es die Liegenschaft (beschlagnahmtes Erbbaurecht mit sämtlichen Bestandteilen) betrifft. Insbesondere stellt er die Vermietbarkeit der Immobilie im Rahmen der Möglichkeiten sicher und vermietet freie Flächen. Er beseitigt darüber hinaus sukzessive den Instandhaltungsrückstau an Grund und Boden und Gebäuden.
Weiterhin veranlasst und begleitet der Zwangsverwalter die der Ersatzvornahme der Bezirksregierung Arnsberg nachfolgenden Sanierungsmaßnahmen“.
Bezirksregierung Arnsberg Bild: der westen.de