Aufstand gegen den Militärisch-industriellen Komplex (MIK) notwendig

Von Ulrich Sander

Es war der Schwur „Nie wieder Krieg – nie wieder Faschismus!“, der alle vernünftigen Menschen in Deutschland im Jahr 1945 einte. Das kommende Jahr hat viele 80. Jahrestage, an denen daran erinnert wird, vor allem der 8. Mai ist da zu nennen. Ein 80. Jahrestag blieb leider ausgeblendet, der Tag da die erste deutsche Großstadt vom Faschismus befreit wurde: Am 21. Oktober 1944 wurde in Aachen die weiße Fahne gehisst, und die US-Army rückte ein. Noch vor dem Befreiungstag 8. Mai 1945 tagte in Aachen ein erster freier Gewerkschaftskongress. Von ihm ging am 18. März 1945 der Ruf in die Welt: „Wir wollen nicht, dass unsere Nachkommen wieder in ein Völkerringen gestürzt werden.“ Daher solle im Sinne der Völkerverständigung die Gewerkschaftsbewegung der ganzen Welt zusammenarbeiten. In diesem Sinne sei die Jugend in Wort und Schrift aufzuklären. Und gefordert wurde der „Kampf gegen preußischen Militarismus und Faschismus“.

Zwar begeht der DGB jedes Jahr den 1. September in Erinnerung an den Überfall auf Polen 1939 als Antikriegstag. Doch die Gewerkschaften sind sehr zurückhaltend, wenn es um konkrete Forderungen an die Regierung geht, sich gegen den Krieg und für Abrüstung zu positionieren.

Doch nun war in der Zeitschrift „Metall“ knallharte Kritik an der Regierung zu lesen: „Die Zeitenwende ging für uns in Manching allerdings erstmal nach hinten los. Die Bundesregierung kaufte in den USA 35 amerikanische Kampfjets unseres Konkurrenten ein und eben keine Eurofighter.“ So sprach der Kollege Thomas Pretzl, Betriebsratsvorsitzender bei Airbus Defence and Space, in einem Interview mit seiner Gewerkschaftszeitung. Die Zeitung kommentierte es nicht. Inzwischen habe Kanzler Scholz die Absicht geäußert, 20 weitere Eurofighter zu beschaffen, meldet Pretzl. Das sei das Ergebnis einer erfolgreichen Aktionswoche der IG Metall gewesen. Es gehe doch um den Schutz der Arbeitsplätze.

Es gab eine Zeit, da bestanden in den Metallbetrieben Friedensinitiativen der Gewerkschaften, und diese machten sich durchaus Gedanken über die Sicherung von Arbeitsplätzen, und zwar durch Konversion von Rüstungsproduktion hin zu Friedensproduktion, so im Umweltschutz und Dienstleistungen. Lang ist es her.

Reiht sich die IG Metall in den MIK ein? Dieser Militärindustrielle Komplex bildet sich derzeit in Reinkultur heraus, worüber Dr. Fred Schmid in einer Untersuchung des Instituts für sozial-ökologische Wirtschaftsforschung e.V. (isw) aus München berichtet. Darin heißt es: „Mit der NATO-2%-Marke, dem Ukrainekrieg und der damit postulierten ‚Zeitenwende‘ gewinnt der Militär-Industrie-Komplex zunehmend auch in großen europäischen NATO-Ländern an Einfluss.“ In Deutschland vereinigen sich die Säulen Waffenindustrie, Militär und politische und personelle Lobby zum MIK. Lobby nun auch seitens der Gewerkschaften. Dies in einer Zeit, da weltweit alle dreizehn Sekunden ein Kind an den Folgen von Hunger stirbt, stellte die Welthungerhilfe fest. „Nein, es stirbt nicht, es wird ermordet,“ zitiert Fred Schmid den langjährigen UNO-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung, Jean Ziegler. Wenn es nicht Rüstung und Kriege gäbe, könnte heute zwölf Milliarden Menschen ausreichend ernährt werden. „Rüstung tötet“, sagte Dorothee Sölle einst, und zwar durch Krieg, aber auch ohne Krieg. Haupttreiber ist der MIK. Es gilt, sich ihm entgegenzustellen. Das Jahr 2025 stellt uns viele Aufgaben.

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Die VVN-BdA Kreisorganisation Aachen hat zum Jahrestag der Befreiung die Broschüre „Der deutsche Militarismus war nie tot – Wie konnte rechtes Gedankengut so erstarken?“ herausgegeben. (63 Seiten, 5,–€, zu beziehen bei info-ac@vvn-bda.de) – Die Studie „Die ‚Zeitenwende‘ und der Militär-Industrielle-Komplex“ ist zu beziehen bei isw_muenchen@r-online.de

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Der Autor:

Ulrich Sander ist Journalist, Buchautor und war von 2005 bis 2020 Bundessprecher der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten.

 

 

 

 

 

Bild: Military-Industrial-Complex-Julien Florkin