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17. 10. 2023 „Welttag zur Beseitigung der Armut“ unter dem Motto: „Wohnen ist ein Menschenrecht“ – Vom Leben auf der Straße

Zu den unveräußerlichen Menschenrechten gehören ohne Zweifel eine sichere Unterkunft und das Wohnen in Würde, auch in Deutschland. In den vergangenen 10 Jahren ist die Zahl der Menschen ohne Wohnung stetig angestiegen. Am Stichtag 31.01.2022 waren rund 263.000 Personen wohnungslos, knapp 50.000 davon sind obdachlos. Das ist eine ganze Stadt voller Menschen, denen das Recht auf Wohnen verweigert wird. Hinzu kommt eine Dunkelziffer, die niemand genau abschätzen kann.

Diese Entwicklung wird sich weiter fortsetzen, explodierende Kosten für Miete und Energie, wegbrechender Neubau von Sozialwohnungen und steigende Einkommensarmut sorgen dafür, dass immer mehr Menschen auf der Straße leben müssen.

Hinter den Zahlen verbergen sich Menschen, die in Armut gedrückt wurden, deren Leben irgendwann einmal ins Schlingern kam und die nun dem mörderischen Leben auf der Straße ausgesetzt sind.

Falls sie darüber reden und ihre persönliche Geschichte erzählen wollen, hört ihnen niemand zu. Für ihre Mitmenschen sind sie nur lästig mit ihrer Bettelei, dazu stören sie das Stadtbild und vergraulen die Kunden in den Kaufmeilen.

Für die Politik gibt es sie meistens gar nicht, kommen sie doch angeblich täglich aus anderen Orten in die Stadt und wenn man etwas zu viel für sie tut, werden immer mehr von ihnen angezogen.

Da sie sich nicht wehren oder gar Forderungen stellen, braucht man sich sozialpolitisch erst gar nicht aus dem Fenster zu lehnen. Wird das Problem zu sichtbar, ist es eines für den Einsatz von Polizei und Ordnungskräften.

Im Folgenden wird versucht, sich den obdach- und wohnungslosen Menschen in der Großstadt einmal zu nähern. 17. 10. 2023 „Welttag zur Beseitigung der Armut“ unter dem Motto: „Wohnen ist ein Menschenrecht“ – Vom Leben auf der Straße weiterlesen

Neue Angriffe auf das Streikrecht

Vor ein paar Monaten, wahrscheinlich noch im Windschatten der konzertierten Aktion und des neuen Burgfriedens wurden die Gewerkschaften als Interessenvertretung der abhängig beschäftigten Menschen von Politik, Medien und organisierter Unternehmerschaft des Öfteren gelobt. Dabei wurde hervorgehoben, dass die praktizierte Sozialpartnerschaft mit den Interessen der Unternehmen harmoniert und funktioniert, auch weil im Jahr 2022 und 2023 die Gewerkschaften für die Beschäftigten grottenschlechte Ergebnisse bei den Tarifverhandlungen erzielt haben.

Der Wind hat sich schnell gedreht und weht den Gewerkschaften plötzlich wieder ins Gesicht. Unternehmerfunktionäre von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) oder des Arbeitgeberverband Gesamtmetall blasen sogar Sturm, fordern eine drastische Einschränkung des Streikrechts und sprechen von „Streiks auf dem Rücken der Allgemeinheit zur Erpressung der Staatskasse“ oder unterstellt den Verkehrsbeschäftigten durch ihre Streiks „das halbe Land in Geiselhaft“ zu nehmen. Sie fordern vom Gesetzgeber Regelungen die klar machen, dass „Streiks Ausnahmen bleiben sollen“. Im Chor mit der konservativen Politik wird gefordert, Arbeitsniederlegungen in bestimmten Gesellschaftsbereichen einzuschränken, Warnstreiks zu verbieten, eine neue Regelung für Streiks in der öffentlichen Daseinsvorsorge und in bestimmten Grundversorgungsbetrieben festzulegen.

Die DGB – Vorsitzende Yasmin Fahimi stimmt auch in den Singsang ein und meint, dass „nicht die Zeit für kapitalismuskritische Grundsatzdebatten, sondern für effektives Handeln in der Realität“ sei und für die beiden Gewerkschaften IG Metall und ver.di ist „der Streik immer das letzte Mittel…“. Dieses Bekenntnis zum sozialen Frieden scheint den Gewerkschaften bei den immer heftiger werdenden Angriffen auf das Streikrecht allerdings nicht viel zu helfen. Neue Angriffe auf das Streikrecht weiterlesen

PRO ASYL: Arbeitsverbote für Geflüchtete abschaffen – aber richtig!

Aktuell wird zwischen Bundesregierung und Opposition diskutiert, ob und wie geltende Arbeitsverbote für nach Deutschland geflüchtete Menschen aufgehoben werden sollen. PRO ASYL begrüßt, dass endlich wieder pragmatische Vorschläge in der Flüchtlingspolitik aus Regierungskreisen eingebracht werden. 

Laut Medienberichten könnte als Teil eines Deutschland-Paktes zwischen Bundesregierung und der Oppositionsfraktion CDU/CSU auch die im Koalitionsvertrag vereinbarte Abschaffung der Arbeitsverbote für Geflüchtete kommen.

„Die Abschaffung von Arbeitsverboten für nach Deutschland geflüchtete Menschen ist überfällig, so wie andere positive Versprechen des Koalitionsvertrags. Arbeitsverbote sind nicht zeitgemäß, grenzen Menschen aus der Gesellschaft aus und sind angesichts des Arbeitskräftemangels in Deutschland auch der Bevölkerung nicht vermittelbar. Um das Problem richtig anzugehen, sollte die Bundesregierung auch direkt die Anerkennung ausländischer Abschlüsse erleichtern und die diskriminierende Duldung light abschaffen, die stets mit einem Arbeitsverbot einhergeht“, fordert Wiebke Judith, rechtspolitische Sprecherin von PRO ASYL. PRO ASYL: Arbeitsverbote für Geflüchtete abschaffen – aber richtig! weiterlesen

Dumont jagt 200 Druckerei-Angestellte vom Hof – Betriebsrat überrascht

Von Jessica Reisner

Druckerei-Belegschaft und Betriebsrat rufen zum Protest auf

Das Management des Kölner Verlags Dumont schloss seine hauseigene Druckerei und lässt den Kölner Stadt-Anzeiger, die Kölnische Rundschau und den Express Oktober 2023 in der tariflosen Druckerei Mittelrhein-Verlag Koblenz drucken. Die rund 200 Angestellten setzte das Management ohne jede Vorwarnung auf die Straße.1

Den Feiertag zum Tag der Deutschen Einheit nutzte das Management, um Materialien abtransportieren zu lassen. Am Morgen des 04.10.2023 teilte das Management der ahnungslosen Belegschaft bei einer Betriebsversammlung in der Frühschicht mit, dass die Beschäftigten ab sofort freigestellt sind und das Gelände zu verlassen haben. Willkommen im besten aller Systeme.

Auch den Betriebsrat traf das Vorgehen der Firmenleitung unvorbereitet. Den Verstoß gegen das Betriebsverfassungsgesetz, den man zunächst vermuten darf, hat das Management scheinbar billigend in Kauf genommen. Dumont jagt 200 Druckerei-Angestellte vom Hof – Betriebsrat überrascht weiterlesen

NATO-Chef gibt zu, dass die NATO-Erweiterung der Grund für die russische Invasion in die Ukraine war

Während des grausamen Vietnamkriegs wurde gesagt, dass die US-Regierung die Öffentlichkeit wie eine Pilzzucht behandelte: Sie ließ sie im Dunkeln und fütterte sie mit Dung. Der heldenhafte Daniel Ellsberg ließ die Pentagon-Papiere durchsickern, in denen die unerbittlichen Lügen der US-Regierung über den Krieg dokumentiert wurden, um Politiker zu schützen, die sich für die Wahrheit schämen würden. Ein halbes Jahrhundert später, während des Ukraine-Krieges, wird der Mist noch höher aufgetürmt.

Von Jeffrey D. Sachs

[Mit der Veröffentlichung dieses Artikels soll in keiner Weise Russlands Angriff auf sein Nachbarland und die völkerrechtswidrige Verletzung der territorialen Souveränität von der Ukraine gerechtfertigt werden. Dieser Krieg, hätte von allen Beteiligten (Russland, Ukraine und dem Westen unter Führung der USA) verhindert werden können und müssen. Da die westliche Mitschuld an diesem Krieg weitgehend in der Berichterstattung unerwähnt bleibt, ist es uns ein Anliegen unsere mehrheitlich im globalen Westen lebende Leserschaft auf diesen Zusammenhang hinzuweisen. Anmerkung der Redaktion Berlin]

Nach der Ansicht der US-Regierung und der stets unnachgiebigen Nachrichtenagentur New York Times, war der Krieg in der Ukraine „provoziert“, das Lieblingsadjektiv der Times zur Beschreibung des Krieges. Putin, der sich angeblich mit Peter dem Großen vergleicht, fiel in die Ukraine ein, um das Russische Reich wieder zu errichten. Doch in der vergangenen Woche passierte der NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Washington ein Ausrutscher, nämlich eines, in dem er versehentlich die Wahrheit aussprach.

In seiner Aussage vor dem Parlament der Europäischen Union machte Stoltenberg deutlich, dass der wahre Grund für den Krieg, der bis heute andauert, Amerikas unnachgiebiges Drängen auf eine Erweiterung der NATO auf die Ukraine war. NATO-Chef gibt zu, dass die NATO-Erweiterung der Grund für die russische Invasion in die Ukraine war weiterlesen

Der Sozialdemokratie zur Erinnerung: „Dem Karl Liebknecht haben wir’s geschworen…“

Bei vielen SPD-Mitgliedern schlug das wie ein Blitz aus heiterem Himmel ein, als Bundeskanzler Scholz am Sonntag, dem 27.02.2022 im Bundestag eine Zeitenwende verkündete. Damit meinte er eher eine politische 180-Grad-Wende: Deutschland will Waffen an die Ukraine liefern und unterstützt weiterhin harte Wirtschaftssanktionen gegen Russland. Vor allem aber kündigte Olaf Scholz an, ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Aufrüstung zu bilden, das im Grundgesetz verankert werden soll und wie schon lange von den USA gefordert, dauerhafte Rüstungsausgaben von über zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts pro Jahr bereitzustellen.

Besonders die älteren SPD-Mitglieder, das sind vielfach Menschen, die noch die Parteischulungen engagiert mitgemacht haben und die Parteigeschichte aus dem Effeff aufsagen können, wollten es nicht wahrhaben, was sie da hörten. Hatten sie doch sofort Kaiser Wilhelm vor Augen, der bei Kriegsbeginn 1914 keine Parteien mehr kannte, sondern nur noch Deutsche und erinnerten sich an den mutigen Karl Liebknecht, der als SPD-Reichstagsabgeordneter gegen die Kriegskredite stimmte und dafür in seinem weiteren kurzen Leben schlimm büßen musste. Der Sozialdemokratie zur Erinnerung: „Dem Karl Liebknecht haben wir’s geschworen…“ weiterlesen

Die ökosoziale und dekoloniale Frage der Klimakrise – Gemeinsame Arbeitskämpfe?

Von Magdalena Taube

Die Produktionsmittel sind zu Mitteln der Klimaproduktion geworden. Wie also können wir – alle Arten von ausgebeuteten Arbeiter*innen auf der ganzen Welt – uns eben dieser Mittel bemächtigen und sowohl die ökosoziale als auch die dekoloniale Frage der Klimakrise angehen?

Internationale Zusammenarbeit ist in einer globalisierten Welt mehr denn je gefragt. Denn die Herausforderungen und Probleme haben immer eine transnationale Dimension und können daher nur durch grenzüberschreitende Zusammenarbeit angegangen und bewältigt werden. Doch die Staaten sind mit sich selbst und einem zunehmend rücksichtslosen Wettbewerb untereinander beschäftigt. Basisbewegungen, Vereine, Solidargemeinschaften und Arbeiter*inneninitiativen sehen sich nach zwei Jahren Pandemie und steigender Inflation geschwächt und auf lokale Überlebenskämpfe zurückgeworfen. Auch die internationalen Organisationen sind mit den Herausforderungen überfordert; die UNO beispielsweise scheint, wie der Einmarsch Russlands in die Ukraine wieder einmal gezeigt hat, unfähig zu sein, gegen imperiale Aggressionen vorzugehen und den Imperialismus der Grossmächte in seine Schranken zu weisen.

Unterdessen steht die Lebensgrundlage einer wachsenden Zahl von Menschen auf der Welt auf dem Spiel, da die grundlegenden Überlebensmittel und die Gemeingüter im Allgemeinen zerstört werden. Die ökosoziale und dekoloniale Frage der Klimakrise – Gemeinsame Arbeitskämpfe? weiterlesen

Ukraine: Ein Friedensvorschlag gegen die gefährliche Eskalation

Wollen wir den Krieg in der Ukraine friedlich beenden, gibt es zu diesem Friedensvorschlag keine Alternativen.

upg. Der noch beratend tätige Autor Michael von der Schulenburg war deutscher Diplomat der OSZE und der UNO. Er vertritt die Ansicht, Europa sollte aus ureigenem Interesse heraus einen Verhandlungsfrieden im Ukrainekrieg anstreben und nicht durch eine weitere Intensivierung des Krieges auf einen Siegfrieden hoffen. Im folgenden Gastbeitrag kommentiert er den neuen Friedensplan, den vier deutsche Persönlichkeiten Ende August veröffentlichten (Wortlaut siehe unten), und über den grosse Medien bisher nicht informierten.

Von Michael von der Schulenburg für die Onlinezeitung Infosperber

«Legitime Selbstverteidigung und das Streben nach einem gerechten und dauerhaften Frieden sind kein Widerspruch»: Unter diesem Titel haben vier hoch angesehene deutsche Persönlichkeiten[i] Ende August einen Friedensplan vorgestellt, wie der Krieg in der Ukraine durch einen Waffenstillstand und durch darauffolgende Friedensverhandlungen beendet werden kann. Es ist wohl der umfassendste und wegweisendste Friedensvorschlag, der seit dem Beginn des Krieges vor 18 Monaten von einer Regierung, einer internationalen Organisation oder, wie hier, von privater Seite gemacht wurde.

[i] Friedensplan der Professoren Peter Brandt, Hajo Funke, Horst Teltschik sowie General a. D. Harald Kujat: Wortlaut siehe unten.

Dieser Vorschlag kommt zu einem äusserst kritischen Zeitpunkt im Ukrainekrieg. Ukraine: Ein Friedensvorschlag gegen die gefährliche Eskalation weiterlesen

Fachkräftemangel im Gastgewerbe: Organisierte Unternehmerschaft schlägt Alarm – dabei ist das Problem hausgemacht

Im Sommer 2023 wurde wieder einmal Alarm geschlagen: Fachkräftemangel im Gastgewerbe und keine Besserung in Sicht. Wie das unternehmernahe Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung des Instituts der deutschen Wirtschaft mitteilt, stehen den knapp 44.000 offenen Stellen für Fachkräfte in Hotel und Gaststättenberufen nur gut 29.000 entsprechend qualifizierte und arbeitslos gemeldete Menschen gegenüber.  Besonders betroffen ist die Hotellerie, dort können aktuell 42,8 Prozent der offenen Stellen nicht mit passend qualifizierten erwerbslosen Menschen besetzt werden. In der Gastronomie allgemein gilt dies für 40,1 Prozent der offenen Stellen.

Bei den Berufen Köchinnen und Koch ist die Lücke am größten, hier fehlen insgesamt 7.555 Fachkräfte.

Der Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) in NRW beklagt, dass die Gastronomie und Hotellerie im Land in der Pandemie binnen Monaten fast 100.000 Beschäftigte verloren habe. Aber das ist nur die halbe Wahrheit, der Personalmangel im Gastgewerbe ist hauptsächlich hausgemacht. Fachkräftemangel im Gastgewerbe: Organisierte Unternehmerschaft schlägt Alarm – dabei ist das Problem hausgemacht weiterlesen

Große Koalition in Hamburg verteidigt den menschenverachtenden „Sozialen Arbeitsmarkt“ – begleitet von den Krokodilstränen der Beschäftigungsträger

Nachdem sich die Tafelbewegung über die wachsende Anzahl von Unterstützern, auch aus dem Lager ihrer früheren Kritiker erfreuen kann, hat sich nun in Hamburg eine große Koalition von Sozialpolitikern der Fraktionen der Bürgerschaft (konkret CDU, SPD, Linke und Grüne), Gewerkschaften, Medien und Anstellungsträgern von 1- Euro-Jobbern gebildet, die sich dafür einsetzt, die menschenverachtenden Beschäftigungsmaßnahmen der Arbeitsverwaltung in dem bisherigen Umfang beizubehalten, wenn nicht sogar auszubauen.

Die Landesarbeitsgemeinschaft der Beschäftigungsträger (LAG) deren Mitglieder sich als Anstellungsträger mit der Ausbeutung der langzeitarbeitslosen Menschen eine goldene Nase verdienen, wirft dem Jobcenter Hamburg vor, ohne Not den „Sozialen Arbeitsmarkt“ zu zerstören. Der Vorstand und die Geschäftsführung der LAG haben den Senat aufgefordert, seine Rolle in der Trägerversammlung des Jobcenters mit 50 Prozent der Eigentumsanteile aktiv zu nutzen und eine Stärkung der öffentlich geförderten Beschäftigung in Hamburg zu gewährleisten. Große Koalition in Hamburg verteidigt den menschenverachtenden „Sozialen Arbeitsmarkt“ – begleitet von den Krokodilstränen der Beschäftigungsträger weiterlesen

Soziale Verteidigung als Alternative zu militärischen Optionen

Von Victoria Kropp

Im Zusammenhang mit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine werden hierzulande Waffenlieferungen und Ausbildung an der Waffe oft als einzig gangbare Option zur Unterstützung der Ukraine gesehen. Dabei wird übersehen, dass diese Waffenlieferungen letztlich dazu beitragen, den Krieg zu verlängern und die Zahl der Verletzten und Toten zu erhöhen. Eine andere, oft vergessene Alternative ist die Soziale Verteidigung, bei der sich eine Gesellschaft gegen gewaltsame Angriffe verteidigt, ohne selbst Gewalt anzuwenden. Soziale Verteidigung als Alternative zu militärischen Optionen weiterlesen

Artikelserie zu Formen gesellschaftlicher Arbeit und Klassenpolitik: (II – Industriearbeit)

Von Ingo Schmidt

Früher war Proletariat, heute ist Prekariat. Bestenfalls. Mit der Industrie hat der Kapitalismus nicht nur ungeahnte Produktiv- bzw. Profitkräfte geschaffen, sondern auch seinen Totengräber, Massen verelendeter Proletarier, die sich zu einer Klasse vereinigen und die industriellen Produktivkräfte in eigener Regie übernehmen würden. So wollte es die Theorie. Doch soweit ist es nicht gekommen.

Immerhin reichten die Kämpfe und Organisation verschiedener Arbeitergruppen, mehrheitlich, aber nicht ausschließlich in der großen Industrie beschäftigt, zur Durchsetzung sozialer Reformen: Arbeitszeitregelungen und die Verknüpfung von Lohnarbeit und dem Erwerb von Versorgungsansprüchen im Falle von Krankheit, Arbeitsunfähigkeit und Alter schufen das Normalarbeitsverhältnis, aus dem die heutigen Prekarier ausgeschlossen sind – eine Minderheit, die in Teilzeit arbeitet, oft befristet, mit begrenztem oder gar keinem Zugang zur Sozialversicherung.
In den letzten Jahren haben eine Reihe linker Akademiker und Aktivisten die Prekarier als potenzielle Basis einer neuen sozialen Bewegung entdeckt. Von Massen, gar einer breiten Mehrheit der Bevölkerung, deren historische Mission die Überwindung von Ausbeutung und Klassenherrschaft sei, ist dabei allerdings nicht die Rede. Das Prekariat wird in die anderen, gegenüber der alten proletarischen Bewegung weiterhin als neu bezeichneten sozialen Bewegungen eingereiht. Ein weiteres Steinchen der Mosaiklinken, von der niemand weiß, was sie im Innersten zusammenhält. Es ist ein Fortschritt, sich nicht an die Vorstellung von Klasseneinheit und dem unaufhaltsamen Übergang zum Sozialismus zu klammern, wenn Klassenfragmentierung und Niederlagen proletarischer und anderer sozialer Bewegungen die reale Welt kennzeichnen. Artikelserie zu Formen gesellschaftlicher Arbeit und Klassenpolitik: (II – Industriearbeit) weiterlesen

Neun Punkte zum Tarifabschluss der EVG mit der DB

Statement der Bahnvernetzung.de  

Dieser Text ist das Produkt einer gemeinsamen Diskussion von Bahnbeschäftigten aus EVG und GDL.

1. Forderungen – nicht erfüllt

Mindestens 650 Euro in die Tabelle (für Nachwuchskräfte die Hälfte), ein Jahr Laufzeit waren gefordert. Heraus kam eine steuerfreie Einmalzahlung von 2850 Euro, genannt Inflationsprämie, im Oktober 2023 sowie eine Erhöhung von 410 Euro (Nachwuchskräfte erhalten jeweils die Hälfte) in zwei Schritten. Laufzeit: 25 Monate – satzungswidrig!
Natürlich wurde das Ganze damit begründet, dass man ja nie das bekommt, was gefordert wird. Mit dieser Einstellung kann hohen und berechtigten Erwartungen, die der Inflation entsprechen, natürlich nicht gerecht werden. Warum führen wir Tarifauseinandersetzungen nicht eskalativ? Ein „Sozialpartner“, der Verhandlungen einfach so verlässt, hat neben Streik keine andere Antwort verdient, außer, dass wir dann eine noch höhere Forderung stellen, wir den Preis nach oben treiben. Neun Punkte zum Tarifabschluss der EVG mit der DB weiterlesen

Bundesdeutscher Tag des Flüchtlings: Lösungsvorschläge umsetzen, statt auf rechte Stimmungsmache aufspringen

Von PRO ASYL (PM)

Mit Blick auf die seit Wochen aufgeheizte Debatte zur Flüchtlingspolitik und den ausufernden Vorschlägen zu immer mehr Abschreckungsmaßnahmen appelliert PRO ASYL am bundesdeutschen Flüchtlingstag an alle Politiker*innen der demokratischen Parteien: Beteiligen Sie sich nicht weiter an den rechten Diskursen, die sich allein darum drehen, Menschenrechte einzuschränken und nicht-demokratische politische Prozesse anzustoßen. Halten Sie dagegen, nehmen Sie die Lösungsvorschläge der Zivilgesellschaft ernst, die tagtäglich mit geflüchteten Menschen arbeiten. Die aufgeheizte Debatte um Geflüchtete entgleitet zusehends.

Nicht nur die erstarkte AFD, sondern auch viele Wortbeiträge aus den demokratischen Parteien haben in den letzten Wochen und Monaten rechte Narrative normalisiert. Geflüchtete werden zum Sündenbock für jahrzehntelang verfehlte Sozial- und Wohnungsbaupolitik gemacht. Das ist nicht nur fernab der Realität, sondern auch brandgefährlich. Vorhandene konkrete Lösungsvorschläge spielen in der öffentlichen Debatte kaum noch eine Rolle. Bundesdeutscher Tag des Flüchtlings: Lösungsvorschläge umsetzen, statt auf rechte Stimmungsmache aufspringen weiterlesen

Die Party der börsennotierten Wohnungsunternehmen ist vorerst vorbei – Der richtige Zeitpunkt für Enteignungen oder nur für teure öffentliche Rückkäufe?

Trotz steigender Mieten und sinkendem Leerstand steigen bei den größten Wohnungskonzernen die Verluste. Im ersten Halbjahr 2023 musste allein Vonovia einen Immobilienwert von 6,4 Milliarden Euro abschreiben, bei der LEG sah es mit 1,3 Milliarden Euro Abschreibung nicht viel besser aus.

Damit wird deutlich, wie sehr das Geschäftsmodell der börsennotierten Wohnungsriesen von den niedrigen Zinsen abhängig war und auch Wohnungsgiganten vor einem Scherbenhaufen stehen können. Weiter steigende Zinsen und Kosten machen kreditfinanzierte Unternehmensübernahmen und lukrative Bauinvestitionen unmöglich. Die in den letzten Jahrzehnten gepushten bilanziellen Wertzuschreibungen der Immobilien beginnen zu zerbröseln, die Verschuldungsquoten nehmen zu und die Ablösung auslaufender Anleihen wird teuer.

Die angeschlagenen Konzerne wollen im großen Stil Wohnungen verkaufen, aber dafür gibt es derzeit gar keinen Markt. Es bleiben vorerst deftige Mieterhöhungen und knapperer  Wohnraum um die Preise in die Höhe zu treiben. So hat Vonovia alle für 2023 vorgesehenen Neubauprojekte gestoppt und Planungen für insgesamt 60.000 Wohnungen, die bis zum Baurecht abgeschlossen sind, in der Schublade verschwinden lassen. Damit will das Unternehmen zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Einmal will der Konzern den Neubau so lange auf Eis legen, bis deutlich mehr staatliche Fördergelder fließen und sich so die Mieten weiter nach oben schrauben lassen. Zum anderen rechnen sie damit, dass die öffentliche Hand, Teile ihres Immobilienbestandes zu den in ihren Büchern noch immer sehr hohen Immobilen-Zeitwerten erwirbt.

Während in Berlin die Enteignung der großen Wohnungsunternehmen diskutiert wird, wird an anderen Orten zunehmend der Rückkauf durch die öffentliche Hand ins Spiel gebracht. Die Party der börsennotierten Wohnungsunternehmen ist vorerst vorbei – Der richtige Zeitpunkt für Enteignungen oder nur für teure öffentliche Rückkäufe? weiterlesen