Einfach mal kurz mit dem Partner über die dienstliche E-Mail-Adresse klären, wer die Kinder von der Schule abholt. Oder schnell einem Freund eine Messenger-Nachricht vom Diensthandy schicken und zum Fußball verabreden. Darf man das? Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte setzt neue Maßstäbe.
In seinem Urteil vom 5. September 2017 hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) vor allem eines klargestellt: Der Arbeitgeber darf die digitale Kommunikation seiner Arbeitnehmer nicht einfach so überwachen – auch nicht bei dienstlichen Adressen oder Accounts.
Kündigung wegen privater Chats?
Im konkreten Fall ging es um einen rumänischen Arbeitnehmer. Er war von seinem Arbeitgeber aufgefordert worden, bei einem Messenger-Dienst einen Account anzulegen und darüber Kundenanfragen zu beantworten. Der Arbeitnehmer hatte den Messenger aber auch dazu genutzt, private Nachrichten mit seiner Verlobten und seinem Bruder auszutauschen. Der Arbeitgeber hatte ihn überwacht und 45 Seiten private Chats dokumentiert. Schließlich erhielt der Arbeitnehmer die Kündigung, weil die private Nutzung des Messenger-Dienstes verboten gewesen sei.
Chef darf nicht „einfach so“ E-Mails oder Chats überwachen
Der EGMR urteilte jetzt: Die Überwachung war so nicht rechtens. Der Arbeitnehmer sei vorab weder darüber informiert worden, dass seine Kommunikation überwacht werden könne, noch in welchem Umfang diese Überwachung stattfindet.
Überwachung aber grundsätzlich möglich
Damit setzt der EGMR einen neuen Maßstab: Die Überwachung von E-Mails und Messenger-Nachrichten ist bei dienstlichen Accounts zwar nicht grundsätzlich verboten. Aber Arbeitnehmer müssen vorab sehr genau informiert werden, ob und in welchem Umfang sie überwacht werden können.
So klar war auch in Deutschland die Rechtslage bisher noch nicht. „In Deutschland gibt es nur eine sehr rudimentäre Regelung des Beschäftigtendatenschutzes“, erklärt DGB-Rechtsexpertin Marta Böning.
Arbeitgeber kann private Internetnutzung verbieten, dulden oder erlauben
Auch in Deutschland kann der Arbeitgeber die private Internetnutzung aber grundsätzlich verbieten – zum Beispiel über eine Betriebsvereinbarung. „In vielen Betrieben wird die private Internetnutzung über lange Zeit einfach geduldet“, sagt Marta Böning. Das sei dann eine „konkludente Erlaubnis“. Natürlich kann der Arbeitgeber die private Internetnutzung auch ausdrücklich erlauben. Trotzdem gilt laut DGB-Expertin Böning: „Es geht immer um eine geringfügige Nutzung, etwa während Pausen oder nach Feierabend.“
Quelle: dgb.de Bild: dgb.de