Nach sieben Jahren haben sich Europas höchste Bankenregulierer endlich auf eine neue Haltelinie für das Schönrechnen von Bankenrisiken geeinigt. Das Ergebnis wurde jedoch von der Bankenlobby weichgespült. Damit ist wieder wertvolle Zeit für die Umsetzung von dringend notwendigen Finanzmarktregeln verstrichen.
Es ist geschafft! Nach mehr als 7 Jahren mühseligem Hin und Her konnten sich die höchsten Bankenregulierer jüngst auf den Abschluss der sogenannten Basel III-Regeln verständigen. Besonders Deutschland hat die Verhandlungen des Basler Ausschusses über neue Regeln auf dem Bankenmarkt behindert. Wertvolle Zeit für die dringend notwendige Umsetzung neuer Finanzmarktregeln ist dadurch verloren gegangen. Zwar gibt es nun neue Kapitalregeln für Banken und eine Haltelinie für das Schönrechnen der Bankenrisiken, aber das Ergebnis konnte durch Lobbyarbeit aus Sicht der Bankenbranche erfolgreich weichgespült werden.
Zentraler Streitpunkt: Risikoabsicherung
Zentraler Streitpunkt bei den Verhandlungen waren unterschiedliche Auffassungen über die Nutzung interner Modelle zur Risikoabsicherung durch Eigenkapital. Der Hintergrund: Vergibt eine Bank einen Kredit, muss sie diesen für den Fall eines Ausfalls mit eigenem Kapital absichern. Mit wie viel hängt von der Bonität des Schuldners, der Laufzeit und Art des Kredits ab. Der Einsatz von Eigenkapital ist aus Bankenperspektive aber unattraktiv: je höher der Eigenkapitaleinsatz, desto niedriger die Eigenkapitalrendite, die eine maßgebliche Kennziffer des Unternehmenserfolges für Aktionäre und Manager ist.
Schön für die Banken, schlecht für die Finanzstabilität
Nun dürfen die Banken das Eigenkapital für Kredite mit eigenen Bewertungsmodellen kleinrechnen. Schön für die Banken, schlecht für die Finanzstabilität. Die Verwendung solcher internen Modelle war eigentlich auch ein Grund für die Finanzkrise. Nun wurde dieser missbrauchsanfälligen Möglichkeit zumindest ein Riegelchen – aber ohne Schloss – vorgeschoben. Ebenso hat man sich im Basler Ausschuss darauf geeinigt, sogenannte systemrelevante Banken mit einem zusätzlichen Eigenkapitalaufschlag zu versehen. Aber damit können sie leben, denn ein kleiner Aufschlag auf fast nichts, bleibt immer noch fast nichts.
Eigenkapitaldecke hat sich verbessert
Immerhin hat sich die Eigenkapitaldecke deutscher Banken seit der Finanzkrise verbessert, aber gerade Großbanken stehen den Genossenschaftsbanken und Sparkassen um einiges nach (siehe Abbildung). Unterm Strich dürfte Basel III den Banken, vor allem den Großbanken, keinen Schrecken einjagen. Zumal ihnen für die vollständige Umsetzung großzügige Übergangsfristen eingeräumt werden. Erst 2027, also 20 Jahre nach der Finanzkrise, sollen die Regeln vollumfänglich greifen. Prompt schnellten die Aktienkurse der Banken nach Bekanntwerden von Basel III nach oben.
Mit Basel III ist es nicht getan
Fakt ist: Basel III reiht sich ein in die lange Liste, der ehemals ambitionierten und nunmehr verwässerten Reformprojekte im Finanzmarktbereich. Das europäische Trennbankensystem ist vom Tisch. Bis heute gibt es immer noch keine Finanztransaktionssteuer, die Spekulieren auf den Finanzmärkten Einhalt gebietet. Die Bankenunion, das zentrale Projekt der EU, bleibt, so wie sie derzeit gestaltet ist, ein zahnloser Tiger. Kurzum: Die Aufseher und Politik täten gut daran, den Banken strikte und wirksame Regeln aufzulegen, um die Gefahren zukünftiger Finanzkrisen auf die Realwirtschaft einzudämmen. Mit Basel III ist es nicht getan.
Quelle: dgb-klartext 46/2017: Finanzmarktregulierung: Basel III erfreut Banken (PDF, 121 kB Grafik: Dt. Bank/dgb