Die Beschäftigten der Stadtverwaltung Dortmund leiden seit Jahrzehnten unter den Sparkonzepten, die den städtischen Haushalt entlasten sollen. Sie fühlen sich gefangen in ihrer Sandwichpostition; eingeklemmt zwischen den Sparmaßnahmen der Stadt Dortmund, die den Zweck verfolgen, Kosten zu senken, Personal abzubauen und die Arbeit zu verdichten und den stetig steigenden Aufgaben, die das Land NRW und der Bund ihnen aufbürdet.
Die ver.di Vertrauensleute und der Personalrat der Stadtverwaltung lehnen die Haushaltskonsolidierung auf ihre Kosten kategorisch ab und gingen Anfang November an die Öffentlichkeit.
In ihrer Resolution weisen sie auf die Situation ihrer Beschäftigung bei der Stadt Dortmund hin: „ Die Belastungsgrenze vieler Kolleginnen und Kollegen ist dabei bereits vor Jahren überschritten worden. Physische wie psychische Erkrankungen nehmen immer mehr zu und verschärfen die Personalnot dramatisch. Wir vermissen Betroffenheit und Abhilfe seitens der „Verursacher“: Beschäftigte und Beamt/innen in unserer Stadtverwaltung werden zu „Objekten“ (zur sprichwörtlichen Zitrone) degradiert, derer man sich nach dem Auspressen einfach entledigt…. Hilferufe und Klagen aus der Belegschaft häufen sich und entsprechende Kennzahlen belegen: Die dauerhafte Überlastung hält keine(r) über Jahre aus! So ist es traurige Wahrheit, dass viele Beschäftigte und Beamt/innen unserer Verwaltung durch ihre Arbeit krank wurden und unfreiwillig vorzeitig ausscheiden mussten! Das waren und sind meist sog. „Leistungsträger/innen“, die trotz schlechter Rahmenbedingungen und fehlender Wertschätzung aus Pflichtgefühl und Loyalität gute Arbeit erbringen woll(t)en!“
Sie zeigen auf, dass es in anderen Großstädten der Region den Beschäftigten besser geht als ihnen, weil dort nicht nur kaputt gespart wird, sondern in Bezug auf die Arbeitsbelastungen nachhaltiger und zukunftsfähiger entschieden wird.
Dies wird am Beispiel der Berechnung des Personalbedarfs in Dortmund deutlich: Eine seriöse Berechnung ergab, dass die Stadtverwaltung pro Jahr ca. 400 Auszubildende einstellen müsste, damit die Personalfluktuation nicht in Handlungsunfähigkeit endet. Aber anstatt mehr jungen Menschen auszubilden, taucht in der „Sparliste“ auf, dass 47 Ausbildungsplätze gestrichen werden sollen.
Um die kommunale Handlungsfähigkeit zu erhalten und die Beschäftigten auch weiterhin der Garant für das Funktionieren des Staates und des Gemeinwohls sind, fordern die ver.di Vertrauensleute und der Personalrat der Stadtverwaltung Dortmund:
- „Die Aufstellung eines „ehrlichen Haushalts“, der alles das berücksichtigt, was zu einer funktionierenden Stadtverwaltung und für eine lebenswerte Stadt erforderlich ist.
- Von der Kämmerei erwarten wir, dass sie vollständig die Kosten darstellt, die durch Bund und Land überantwortete Aufgaben entstanden sind und demgegenüber darstellt, wie viel Eigenanteil bei der Stadt hängen bleibt.
- Von Ratsherren und Ratsfrauen erwarten wir unter anderem, dass sie aufhören so zu tun, als gebe es in der Verwaltung noch Fachbereiche, in denen das Personal nichts zu tun hätte und deswegen dort noch Sparpotentiale lägen. Weiterhin müssen sie zur Abmilderung der Belastungssituation definieren, welche konkreten Aufgaben nicht mehr erledigt werden sollen.
- Wir erwarten vom Verwaltungsvorstand und der Politik, uns nicht länger mit Sparmaßnahmen zu traktieren, die krank machen, eine gute Arbeit und professionelle Aufgabenerledigung verhindern und damit absolut keine Nachhaltigkeit haben. Stattdessen wäre es dringend erforderlich, ein stadtweites Bündnis aufstellen, welches mit Nachdruck bei Land und Bund unser Recht auf angemessene Finanz- und Personalausstattung einfordert“.
Den ver.di Vertrauensleuten und dem Personalrat der Stadtverwaltung Dortmund ist schon bewusst, dass die Erfüllung ihrer Forderungen auch in die Haushaltssicherung führen kann.
In Dortmund ist man aber an einem Punkt angelangt, bei dem eine weitere Runde im Sparkurs ausschließlich auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen wird und deren Gesundheit erheblich gefährdet. Hier muss jetzt abgewogen werden, was schlimmer ist: eine Haushaltssicherung, die als Gespenst in den Fluren der Stadtverwaltung umher geistert und das seit Jahren schon dafür sorgt, dass immer mehr Personal abgebaut und die Beschäftigten krankmachender Mehrbelastungen ausgesetzt sind oder die berechtigte Sorge der Beschäftigten um ihre Gesundheit.
Was hier in Dortmund geschieht ist das Ende einer Entwicklung, die seit Jahrzehnten im öffentlichen Dienst abläuft.
Schauen wir uns die Beschäftigungssituation im öffentlichen Dienst einmal genauer an:
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes ist die
- Zahl der Beschäftigten im öffentlichen Dienst ist seit der Wiedervereinigung um etwa ein Drittel gesunken. Zwischen 1991 und 2008 sank die Zahl von 6,74 auf 4,51 Millionen, bis 2011 erhöhte sie sich leicht auf 4,60 Millionen (Westdeutschland: 3,89 Mio. / Ostdeutschland: 0,71 Mio.).
- Von den 4,60 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst im Jahr 2011 waren 59,1 Prozent Arbeitnehmer, 36,9 Prozent Beamte und Richter sowie 4,0 Prozent Berufs- und Zeitsoldaten. 1991 lag der Anteil der Arbeitnehmer an allen Beschäftigten im öffentlichen Dienst noch bei 68,8 Prozent. Die Reduzierung des Personals ging also vor allem zulasten der beschäftigten Arbeitnehmer – ihre Zahl reduzierte sich zwischen 1991 und 2011 von 4,64 auf 2,72 Millionen (minus 41,4 Prozent). Die Zahl der Beamten und Richter verringerte sich im selben Zeitraum um lediglich 7,9 Prozent.
- Zwischen 2000 und 2011 reduzierte sich die Zahl der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes um 6,2 Prozent. Der Rückgang im kommunalen Bereich war dabei mit 13,0 Prozent am höchsten, gefolgt vom Rückgang auf Bundesebene mit 12,2 Prozent. Im Bereich der Sozialversicherung reduzierte sich die Zahl der Beschäftigten im selben Zeitraum um 7,3 Prozent und auf Landesebene um 2,2 Prozent. Im Jahr 2011 entfielen 11,4 Prozent der Beschäftigten auf den Bund, 50,8 Prozent auf die Länder, 29,7 Prozent auf die Gemeinden und 8,1 Prozent auf die Sozialversicherung
- Zwischen 1991 und 2011 erhöhte sich der Anteil der Teilzeitbeschäftigten von 15,8 auf 32,2 Prozent an den Gesamtbeschäftigten im öffentlichen Dienst. Mitte 2011 waren dort 1,48 Millionen Personen in einem Teilzeitverhältnis beschäftigt. Eine wichtige Rolle spielt in diesem Zusammenhang die Inanspruchnahme der Altersteilzeit.
- Während im Jahr 2000 nur 58.247 Beschäftigte von der Altersteilzeit Gebrauch machten, waren es im Jahr 2011 schon 255.982 (davon arbeiteten 122.800 noch in vollem Umfang, 116.100 befanden sich in der Freistellungsphase und lediglich 17.100 Personen nutzten die Altersteilzeit für den gleitenden Übergang in den Ruhestand). Mitte 2011 befand sich fast jeder vierte Beschäftigte im öffentlichen Dienst, der das 55. Lebensjahr vollendet hatte in Altersteilzeit (24 Prozent). Allerdings lag der entsprechende Anteil Mitte 2010 noch bei 28 Prozent. Auch die absolute Zahl aller Altersteilzeitbeschäftigten verringerte sich gegenüber 2010 um 33.975 Beschäftigte. Dies hat vor allem damit zu tun, dass seit Jahresanfang 2010 die Möglichkeiten zur Altersteilzeit für die meisten Beschäftigten im öffentlichen Dienst stark eingeschränkt wurden.
- Zur Erhöhung der Teilzeitquote führte auch der langfristig gestiegene Frauenanteil. Die Frauenquote im öffentlichen Dienst stieg zwischen 1991 und 2011 von 47 auf 54,2 Prozent. Allerdings variiert der Frauenanteil stark zwischen den Arbeitsbereichen: Mitte 2011 waren z.B. im Bereich „Soziale Sicherung, soziale Kriegsfolgeaufgaben, Wiedergutmachung“ drei von vier Beschäftigten weiblich (75,5 Prozent, insgesamt 553.844 Frauen). In dem Bereich „Tageseinrichtungen für Kinder“ lag der Frauenanteil sogar bei 96,7 Prozent (159.843 Beschäftigte). Auch die allgemeinbildenden und beruflichen Schulen stellen mit 664.159 weiblichen von insgesamt 957.943 Beschäftigten einen Bereich mit einer hohen Frauenquote dar (69,3 Prozent). Auf der anderen Seite lag der Frauenanteil in den Bereichen Verteidigung (17,1 Prozent), Verkehrs- und Nachrichtenwesen (21,1 Prozent), Wirtschaftsunternehmen (23,1 Prozent) sowie Bundespolizei, Polizei (24,7 Prozent) bei weniger als einem Viertel.
- Im Jahr 2011 waren 6,2 Prozent der Beschäftigten im öffentlichen Dienst jünger als 25 Jahre, 17,9 Prozent waren zwischen 25 und unter 35 Jahre und gut die Hälfte gehörte der Gruppe der 35- bis unter 55-Jährigen (52,9 Prozent) an. 14,3 Prozent waren zwischen 55 und unter 60 Jahre, die 60-Jährigen und Älteren hatten 2011 einen Anteil von 8,7 Prozent an allen im öffentlichen Dienst Beschäftigten.
- Das durchschnittliche Brutto-Monatsentgelt der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes lag im Juni 2011 bei 2.840 Euro. Dabei findet man die Bezüge bei Beamten, Richtern, Berufs- und Zeitsoldaten bei durchschnittlich 3.280 Euro und bei Arbeitnehmern bei durchschnittlich 2.540 Euro. Die Höhe der Bezüge hängt aber entscheidend von der jeweiligen Besoldungs- bzw. Entgeltgruppe ab. So lagen Mitte 2011 die durchschnittlichen Brutto-Monatsbezüge bei Beamten, Richtern, Berufs- und Zeitsoldaten zwischen 1.130 Euro (Auszubildende) und 7.290 Euro (Besoldung nach Besoldungsordnung B). Die Spanne war bei den Arbeitnehmern mit durchschnittlich 860 Euro für Auszubildende und 7.420 Euro für außertariflich bezahlte Arbeitnehmer noch größer.
Aber zurück nach Dortmund
Im Rahmen einer Mitarbeiterversammlung sagte Oberbürgermeister Ulrich Sierau , dass in Dortmund angestrebt wird, bis 2015 die Personalkosten um 1,5 Prozent jährlich zu kürzen. Bei der letzten Mitarbeiterversammlung im Dezember 2013 forderte der Personalrat die pauschale Personalkürzung von mittlerweile 2 Prozent aufzuheben.
Es ist an der Zeit, das Ziel der Personalkostenreduzierung grundsätzlich in Frage zu stellen.
Die Gewerkschaften und hier, vor allem ihre Mitglieder selbst sind gefordert, die Diskussion um die Rahmenbedingungen ihrer Erwerbsarbeit aufzugreifen und öffentlich lautstark zu führen.
Die ver.di Vertrauensleute und der Personalrat der Stadtverwaltung Dortmund haben jetzt ja schon mal damit begonnen.
weitere Infos: https://gewerkschaftsforum.de/stellenabbau-im-oeffentlichen-dienst/
und https://gewerkschaftsforum.de/arbeitsmarkt-und-beschaeftigung-in-dortmund/
Quellen Statistisches Bundesamt, DGB, Resolution ver.di VL u. PR Stadt Do,
Bild: lecker.de