Stellenabbau im Öffentlichen Dienst

BildSeit der deutschen Einheit ist der Anteil der Staatsausgaben am Bruttoinlandsprodukt nahezu stetig zurückgegangen.
Ein wesentlicher Grund dafür ist: Der Staat gibt immer weniger Geld für sein Personal aus. Von 1991 bis 2010 ist die Zahl der Staatsbediensteten um 1,6 Millionen gesunken; das sind über 30 Prozent. Knapp die Hälfte des Stellenabbaus folgte daraus, dass der Staat Wirtschaftsunternehmen, wie die Bahn oder die Post, Kran­kenhäuser und Hochschulen zunehmend aus den Kernhaus­halten ausgliederte.

Für die verschiedenen staatlichen Ebenen sah der Abbau so aus:

Bundesebene: Rückgang um 30 Prozent, besonders bei der Finanzverwaltung, den Verkehrsbehörden und im mili­tärischen Sektor.

Länder: Rückgang um 25 Prozent, besonders bei der politischen Führung und zentralen Verwaltung, der Gesundheit, Erholung und Umwelt, soziale Sicherung sowie Wirtschaftsunternehmen (hier vor allem Förderbanken, Woh­nungs- und Verkehrsunternehmen).

Kommunale Ebene: Rückgang um38 Prozent,  besonders durch die Privatisierung zahlreicher Krankenhäuser und Einsparungen in der sozialen Sicherung und im Bildungssektor.

Die Auswirkungen sind schon jetzt spürbar: Mit dem Stellenabbau im Öffentlichen Dienst ging eine besorgniserregende Verschlechterung der Alters­struktur der Beschäftigten einher. Für die Mitarbei­ter, die in den Ruhestand gingen, wurden keine jüngeren Arbeitskräfte eingestellt, sondern man strich diese Stellen.

In den kommenden Jahren werden nach Expertenschätzungen bis zu 140.000 Beschäftigte des Öffentlichen Dienstes pro Jahr in der in den Ruhestand gehen.

Was heißt dies für die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst?

Laut Bundesinnenministerium ist der durchschnittliche Bundesbeschäftigte seit dem Jahr 1993 um drei Jahre auf etwas über 45 Jahre im Jahr 2010 älter geworden. Im Vergleich zur übrigen Erwerbsbevölkerung liegt das Durchschnittsalter der Bundesbeschäftigten (ohne Bundeswehr) im Jahr 2009 ebenfalls um drei Jahre höher. Der Beschäftigtenanteil der über 45-Jährigen bei Bund, Ländern und Gemeinden hat binnen 10 Jahren um 10 Prozent  auf 53,2 Prozent im Jahr 2010 zugenommen, verdoppelt hat sich der Anteil der über 60-Jährigen auf 7,9 Prozent. Das Renteneintrittsalter stieg von 57,58 Jahren im Jahr 1995 auf nunmehr 61,4. Diese Überalterung ist ein Ergebnis des Personalabbaus und der damit verbundenen restriktiven Einstellungspraxis. Auch steigen die krankheitsbedingten Fehltage seit Jahren an, die Fehltage im Öffentlichen Dienst sind überdurchschnittlich hoch.

Nach Befragungen des DGB-Index Gute Arbeit  fühlen sich 32 Prozent der Beschäftigten im Öffentlichen Dienst dem Zeitdruck in einem sehr hohen Maß ausgesetzt. Gefragt nach den Ursachen, werden mit 41,5  Prozent die zu knappe Personalbemessung, mit 28,7 Prozent   zu viele gleichzeitig zu erledigende Aufgaben und mit 22,4 Prozent  ungeplante Zusatzaufgaben als häufigste Gründe angegeben.

Nimmt man den Umfang des Öffentlichen Dienstes in anderen Staaten als Vorgabe, so besteht bei uns ein Zusatzbedarf z.B. in der Finanzverwal­tung von 4.500 Stellen,
im Bildungssektor fehlen im internationalen Ver­gleich 55.000 Lehrkräfte und
in der Kinderbetreuung sind es 16 000 Stellen.
Vor dem Hintergrund der kürzlich in der Verfassung etablierten Schuldenbremse und der geplanten Schritte zum Schuldenabbau, insbesondere in den Länderhaushalten, ist für die kommenden Jahre eher mit einer restriktiven Haushaltspolitik zu rechnen. Dazu kommt, dass die Kommunen nun den Sozialstaat auf den „Prüfstand“ stellen wollen. Eine „Reform-Agenda 2020“ soll von einer Sachverständigenkommission erarbeitet werden und lässt Böses ahnen.

Völlig unangebracht in der derzeitigen Situation sind die Pläne zur Senkung der Steuern.   Geplant ist ein Entlastungsvolumen von 6,1 Mrd. Euro, dagegen kostet eine Aufstockung des Öffentlichen Dienstes um 100.000 Vollzeitstellen rund 5,5 Mrd. Euro.

Eigentlich müsste hier ein Aufschrei der Entrüstung durch Deutschland gehen; denn die Privatisierung, Rationalisierung und Ausgründung von originären Staatsaufgaben geht nicht nur zu Lasten des verbleibenden Personals, sondern im stärkerem Maße zu Lasten der Bürgerinnen und Bürger, die Ansprüche an den öffentlichen Dienst haben.

 

Weitere Infos: http://www.ak-gewerkschafter.de/wp-content/uploads/2012/03/p_imk_study_25_2012.pdf

und  http://www.gegenblende.de/++co++b8a21582-8831-11e3-b035-52540066f352

Bild: © Miguel Villagran/Getty Images