Viele Menschen glauben, dass der Präsident der USA der mächtigste Mann der Welt ist. Dieser Glaube sitzt unter Politikerinnen und Politikern in der EU besonders tief, weil die EU so machtlos ist.
Der Präsident der USA ist deshalb nicht der mächtigste Mann der Welt (eine Frau als Präsidentin würde daran nichts ändern), weil sie oder er in den USA nicht die Finanzhoheit besitzen. Die Finanzhoheit hat seit 1913 das Federal Reserve System, kurz die FED genannt (FED mit weiblichem Artikel, weil es sich um eine Bank handelt). Die FED kontrolliert den US-Dollar und der Dollar kontrolliert den Staat.
Wenn der Staatshaushalt der USA nicht ausgeglichen ist – und er ist wegen der hohen Militärausgaben nie ausgeglichen -, dann bewilligt die FED einen sogenannten Kredit in Höhe des Defizits, der aber nicht zurückgezahlt wird. Es ist also eine Art Zuschuss, doch Zinsen sind fällig, deren Höhe die FED bestimmt. Dadurch wachsen die Schuldenlast nebst Zinsen in den USA ins Unermessliche. Die FED könnte den Staat und damit den Präsidenten jederzeit zum Bankrott zwingen.
Wer hat die Finanzhoheit?
Es ist nicht irgendeine Clique oder geheime Verschwörung. Die FED ist ein Konsortium von Großbanken, hinter denen die reichsten Leute der USA stecken. Das sind Familien wie die Rockefellers, die seit hundert Jahren zu den Reichsten gehören, aber auch eine Familie Koch, die Erben der Koch-Brothers, welche, statt selbst in die Politik zu gehen, Milliarden an Geld an Politiker verteilt haben. Zur Finanzmacht gehört auch der Neuaufsteiger Elon Musk, der per Zufall mit seinem Elektroauto Tesla der Liebling an der Börse wurde und so ist er eine Zeit lang der reichste Mann der Welt.
Die Reichen, welche über das Konstrukt der FED die Finanzhoheit in den USA haben, sind ein unorganisiertes Konglomerat. Teils drittklassige Erben der reichsten Familien, teils Finanzjongleure wie Warren Buffett, teils Fondsverwalter wie Larry Fink von BlackRock, natürlich aber auch die Manager der Großbanken und neuerdings solche Glücksritter wie Elon Musk und vor ihm schon Mark Zuckerberg und Jeff Bezos und immer noch der auf alles gierige Billy Gates.
Es handelt sich nicht um eine Organisation, sondern um Geldbesitzer verschiedenster Art, die aber das Ziel eint, ihren Geldbesitz zu erhalten und zu vergrößern. Durch ihre Finanzmacht halten sie den Staat indirekt, unter Kontrolle. Ihr Ziel ist, das Finanzsystem so zu erhalten, wie es ist, und dabei immer noch mehr Geld mit ihrem Geld zu verdienen.
Viele von denen wissen es und wir wissen es auch: Dieses System ist selbstzerstörerisch; denn die Geldmenge muss unablässig steigen, damit Zinsen aufgebracht werden. Neues Geld wird durch girale Geldschöpfung bei der Kreditaufnahme erzeugt und dafür sind weitere Schulden fällig. Ein divergentes System, das gegen unendlich strebt und deshalb nicht stabil sein kann. Man nennt das auch einen Teufelskreis. Um eine breite Inflation, die durch immer mehr Geld entsteht, zu verhindern, muss auch strikt dafür gesorgt werden, dass die Geldflut nicht bei der breiten Masse ankommt.
Diese Bedingung, dass Geld nicht breit verteilt wird, sondern immer nach oben driftet, schränkt den Markt für Konsumgüter ein, weil die Kaufkraft der Milliarden Minderbemittelten begrenzt bleibt. Um so gieriger greifen die Anleger an der Börse nach Geschäftsideen, die über den Konsum von Massenware hinausgehen; die Rüstung kommt, wie gerufen.
Geldflut und Trends der Börse
Wer hundert Millionen und mehr hat, kann sorglos seine Finanzen vermehren, indem er breit gestreute Aktien kauft und die Trendaktien im Auge behält. Durch die Geldflut an der Börse entstehen dann Blasen und Überbewertungen. Beim Börsengang von Facebook und Amazon geschah das schon, ehe die Firmen einen Gewinn gemacht hatten. Tesla wurde so wertvoll wie alle deutschen Automobilfirmen zusammen genommen. Demnach müssten die Straßen der Welt voll von Tesla-Fahrzeugen sein. Das zeigt uns, dass der Aktienkurs sich längst von der Realität gelöst hat.
Der „unprovozierte“ aber vorhersehbare Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine hat einen neuen Börsentrend ausgelöst: Die Rüstungsindustrie. Schnell verzehnfachte sich der Kurs von Rheinmetall. Doch, breit verteilt, liegen die USA an der Spitze, mit ihrer riesigen, privaten Rüstungsindustrie, welche den Weltmarkt für Waffen zu etwa 60% beherrscht.
Der Markt für Waffen
Die neoliberale Ideologie besagt, dass der Markt die Preise regelt und zwar so, dass es für alle gerecht ist. Selbst, wenn das stimmt, muss man fragen: Wo ist der Markt für Waffen? Ist der Markt das Schlachtfeld? Sind Soldaten die Konsumenten? Oder sind es die Generäle an der Front, welche die Waffen disponieren? Wo ist der Markt für das Patriot Raketensystem, von dem die Einheit eine Milliarde US-Dollar kostet? Dieser Markt existiert aber; denn das Patriot-System wird gekauft. Die Preise der privaten Rüstungsindustrie sind stark überhöht, aber sie werden akzeptiert.
Man sieht daran, der Markt für Rüstung sind die Regierungen, welche für die Hochrüstung einfach Schulden aufnehmen. Genau das geschieht jetzt überall, erst in den USA, und jetzt in Europa. Die Schuldenaufnahme ist auch ein standardmäßiges Geschäft für die Banken: Mehr Schulden, mehr Geldschöpfung, mehr Zinsen, mehr Gewinn.
Rettung des Dollars durch Rüstung
In diesem, auch für die dümmsten, skrupellosen Anleger leicht erkennbaren Boom der Rüstung machen die Shareholder, also die Aktienbesitzer, ein Vielfaches an Gewinn gegenüber den Firmen, deren Aktien so rasant steigen. (Das gilt für alle Aktien, die ein Börsenhit sind.) Das Börsengeschäft hinter der Rüstung ist ein Vielfaches von dem, was Regierungen aufwenden. Es ist keine Blase, sondern ein riesiger Ballon, der das System aber nicht retten wird, denn die Entmachtung des Dollars ist bereits eingeleitet, durch China und die BRICS-Staaten und das sind auch die neuen Feindbilder von Donald Trump: China und BRICS.
Mentalität von Untergebenen
Über den Hebel der Nato ist es im Sinne der Finanzmacht gelungen, die europäischen Politikerinnen und Politiker in eine völlig losgelöste Rüstungsorgie zu treiben. Der US-Präsident hat sein Ziel schon erreicht, dass die Nato-Staaten 5% Ihres Nationalproduktes für die Hochrüstung ausgeben. Unsere Regierungen überschlagen sich bei der Zustimmung.
Keir Starmer, Emanuel Macron, Friedrich Merz und die vielen anderen sind, wie man sagt, Atlantiker, das heißt sie folgen mit ihren Entscheidungen blind den USA. Das gilt pauschal, etwas genauer ist die Beobachtung, sie folgten den Präsidenten: Joe Biden in den Stellvertreterkrieg und sie folgen jetzt Donald Trump in die Hochrüstung, eine Rüstung, ohne direktes Ziel, aber unter der irrwitzigen Vorstellung, dass Russland in ein paar Jahren Westeuropa erobern wolle, bei der vielfachen Nato-Überlegenheit, die bereits besteht. Die Bedrohung Europas durch Russland hat genau so wenig Realität wie die Bedrohung durch das Corona-Virus fünf Jahre vorher, aber die weitere Hochrüstung schafft eine ganz andere Bedrohung, gegen Feinde, die durch deren Bedrohung geweckt werden.
Europäer sind auch dem Dummkopf Doubleyou Bush gefolgt in die sinnlosen Kriege gegen den Terror. Sie folgen eben jedem Präsidenten der USA. Der Grund ist ganz einfach, sie glauben, dass der US-Präsident der mächtigste Mann der Welt ist und dass sie in seinem Schatten oder neben ihm von seiner Macht persönlich profitieren können. Doch damit liegen sie falsch. Die Präsidenten von Russland und China sind mächtiger als der Präsident der USA, weil die Regierung in ihren Ländern auch das Finanzsystem kontrolliert, nicht nur das Militär und die Verwaltung. Man nennt solche Staatsmacht hierzulande Totalitarismus, das ist eine Art Schimpfwort. (Im Bereich der Öffentlich-Rechtlichen Staatsmedien mit Zwangsgebühren, könnte man das Wort auch auf Deutschland anwenden.)
Finanzmacht als Feind der Menschen
Die Finanzwelt hat selten oder nie so schnelle Gewinne gemacht wie in der Rüstungsphase 2025. Mit der Hochrüstung auf Kredit der europäischen Staaten hat sich das Finanzsystem in die nächste Runde vor dem Zusammenbruch gerettet. Für die Staaten ist es hochriskant, denn es könnte sie in einen Schlagabtausch treiben, der nicht mehr zu kontrollieren ist.
Die erste Niederlage für die Schlacht der Geldherren wäre jetzt eine breite Bewegung in ganz Europa:
- gegen jeden Krieg
- gegen die Rüstung auf unsere Kosten
- gegen die rücksichtslose Schuldenaufnahme für kommende Generationen
- gegen die absurde Geldverschwendung für den Kauf von Waffen
- gegen die Trägheit der verschlafenen Konsumwelt
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Rob Kenius betreibt die systemkritische Webseite https://kritlit.de und hat entsprechende Bücher veröffentlicht, darunter mehrere Bücher über das Finanzsystem. https://kritlit.de/index.htm#RK_alle_Buecher
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